Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 275/2004
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Prozess {T 7}
U 275/04

Urteil vom 14. Dezember 2006
III. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber
Scartazzini

B.________, 1955, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher
Herbert Schober, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

gegen

Winterthur-Versicherungen, General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecher René W. Schleifer,
Stampfenbachstrasse 42, 8006 Zürich

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 20. Juli 2004)

Sachverhalt:

A.
Der 1955 geborene B.________ war Angestellter seiner Firma M.________ SA und
in dieser Eigenschaft bei der Winterthur-Versicherungen (nachfolgend:
Winterthur) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 28.
Februar 1991 erlitt er einen Verkehrsunfall, als sein stillstehender
Personenwagen von einem anderen Fahrzeug von hinten links angefahren wurde.
Mit Verfügung vom 7. Dezember 1994, bestätigt mit Einspracheentscheid vom
12. Oktober 1995, verneinte die Winterthur einen weiterhin bestehenden
natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den vom Versicherten
nach wie vor geklagten Beschwerden und stellte die Heilbehandlung auf den 1.
Oktober 1994 sowie das Taggeld auf den 31. Dezember 1994 ein. Die dagegen
erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit
Entscheid vom 20. November 1996 insofern gut, als die Winterthur angewiesen
wurde, weitere medizinische Abklärungen zu veranlassen. Gestützt u.a. auf ein
unfallanalytisches Gutachten vom 27. August 1997 sowie auf das am 21. Januar
1999 durch das ZMB Basel erstellte interdisziplinäre Gutachten, welches in
der Folge auch die Grundlage einer Verfügung der IV-Stelle Bern vom 11.
Januar 2001 bildete und wonach dem Versicherten für die Zeit vom 1. Februar
1992 bis zum 30. September 1993 befristet eine halbe Rente zugesprochen
wurde, lehnte die Winterthur mit Verfügung vom 21. Juni 1999 einen
unfallkausalen Taggeldanspruch ab dem 1. Januar 1995 und die Übernahme der
Heilbehandlung ab dem 1. Oktober 1994 erneut ab. Dies bestätigte sie mit
Einspracheentscheid vom 20. Februar 2003.

B.
Hiegegen liess B.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern Beschwerde
erheben und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides seien ihm
die gesetzlich geschuldeten Leistungen auch ab dem 1. Oktober 1994 resp. dem
1. Januar 1995 zu bezahlen, insbesondere Taggelder und Heilbehandlung,
eventuell eine Rente und eine Integritätsentschädigung. Das kantonale Gericht
bejahte das Weiterbestehen eines natürlichen, verneinte jedoch das
Vorhandensein eines adäquaten Kausalzusammenhanges und wies die Beschwerde
mit Entscheid vom 20. Juli 2004 ab.

C.
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und unter
Entschädigungsfolge die vorinstanzlichen Rechtsbegehren erneuern.

Die Winterthur lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliessen, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Streitig und zu prüfen ist unter dem Gesichtswinkel des in Art. 6 Abs. 1 UVG
angelegten Anspruchserfordernisses der Kausalität, ob der Gesundheitszustand,
wie ihn der Beschwerdeführer geltend macht, in einem rechtserheblichen
Kausalzusammenhang zum versicherten Unfall vom 28. Februar 1991 steht und ob
dieser bis längstens zum Erlass des Einspracheentscheides vom 20. Februar
2003, welcher die zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis
bildet (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweis; vgl. auch BGE 129 V 4 Erw. 1.2,
169 Erw. 1, 356 Erw. 1, je mit Hinweisen), Anspruch auf
Versicherungsleistungen gibt. Die zur Beurteilung der Frage der Kausalität
rechtsprechungsgemäss erforderlichen Grundsätze hat das kantonale Gericht in
allen Teilen zutreffend dargelegt. Es betrifft dies hauptsächlich die
Adäquanzprüfung bei Unfällen mit Schleudertrauma der Halswirbelsäule (BGE 117
V 359). Darauf wird verwiesen. Richtig wurde auch festgehalten, dass die
Frage offen bleiben kann, ob bezüglich eines Rentenanspruchs das am 1. Januar
2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) nach den von der Rechtsprechung entwickelten
intertemporalrechtlichen Regeln (BGE 130 V 446 f. Erw. 1.2 mit Hinweisen)
anwendbar ist.

2.
2.1 Im angefochtenen Entscheid hat das kantonale Gericht festgestellt, dass im
interdisziplinären Gutachten des ZMB Basel vom 21. Januar 1999 ein Zustand
nach HWS-Distorsionstrauma mit noch intermittierenden zervikogenen
Kopfschmerzen bei wahrscheinlicher Restblockierung C4 links und mit
Neurasthenie mit leichter kognitiver Beeinträchtigung diagnostiziert worden
waren. Anhand dieses Gutachtens sowie weiterer zahlreicher medizinischer
Berichte kam es zum Schluss, es liege ein Schleudertrauma vor, welches mit
dem versicherten Unfall in natürlichem Kausalzusammenhang stehe. Die
ausgewiesenen Leiden seien ab dem 1. Oktober 1994 bzw. dem 1. Januar 1995
allerdings nicht mehr als adäquat kausale Folgen des Unfallgeschehens zu
qualifizieren. Insbesondere wurde im vorinstanzlichen Entscheid festgehalten,
als Folge des dem mittleren Bereich zuzuordnenden Unfalls reiche die geringe
gesundheitliche Beeinträchtigung nicht aus, um Grad und Dauer der
Arbeitsunfähigkeit im Sinne des massgeblichen Kausalitätskriteriums als
erheblich zu bezeichnen. Die intermittierenden Kopfschmerzen würden auch
nicht das Kriterium der ins Gewicht fallenden Dauerschmerzen erfüllen und von
einer lang dauernden Heilbehandlung könne nicht gesprochen werden, wobei
weitere Kausalitätskriterien fehlen würden.

2.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde macht der Beschwerdeführer
hauptsächlich eine unzutreffende Prüfung der Adäquanz geltend, indem er
vorbringt, mehrere Kausalitätskriterien seien in gehäufter und teilweise
derart auffallender Weise erfüllt, dass der adäquate Kausalzusammenhang ohne
weiteres bejaht werden müsse. Die Vorinstanz sei von einer falschen
Feststellung der Unfalldynamik ausgegangen. Zudem könne aus einer gemäss
ZMB-Gutachten attestierten dauernden Arbeitsunfähigkeit von 25 % nicht
geschlossen werden, das Kriterium der langdauernden Arbeitsunfähigkeit sei zu
verneinen, sondern müsse dieses rechtsprechungsgemäss als in besonders
ausgeprägter Weise erfüllt betrachtet werden. Ebenfalls besonders ausgeprägt
sei das Kriterium der Dauerbeschwerden, welches bereits damit erfüllt sei,
dass es sich um Dauerbeschwerden im Sinne des typischen Beschwerdebildes
eines Schleudertraumas handle. Der Beschwerdeführer beanstandet auch die
durch die Vorinstanz getroffene Unterscheidung zwischen therapeutischer und
diagnostischer Arztbetreuung. Dr. med. F.________ sei zwar bereits im Jahr
1994 davon ausgegangen, Heilbehandlungen würden keine erfolgversprechende
Besserung mehr bringen. Die Folgerungen der ärztlichen Studie seien
allerdings nicht ganz unbestritten gewesen. Weil die Beschwerdegegnerin die
Unfallkausalität immer wieder in Abrede gestellt habe, seien die
diagnostischen Abklärungen im Hinblick auf Erkenntnisse über mögliche
Heilbehandlungsmassnahmen notwendig gewesen, wobei diese medizinische und
versicherungsrechtliche Kontroverse nicht dazu führen dürfe, dass die
Adäquanzkriterien deswegen verneint werden. Im Gegenteil seien die Kriterien
der langdauernden ärztlichen Behandlung und des schwierigen Heilverlaufs zu
bejahen. Gleiches gelte angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer
einer enormen Aufprallenergie ausgesetzt gewesen sei, bezüglich des
Kriteriums der besonderen Art der erlittenen Verletzungen.

2.3 Die Argumentation des Beschwerdeführers ist in keiner Hinsicht
stichhaltig und seiner Betrachtungsweise kann daher nicht gefolgt werden.
Insbesondere begründet der Beschwerdeführer anhand der von ihm erwähnten
Rechtsprechung nicht, aus welchem Grund in seinem Fall eine verbleibende
25%ige Arbeitsunfähigkeit in besonders ausgeprägter Weise das Kriterium der
langdauernden Arbeitsunfähigkeit erfülle. Unzutreffend ist auch der
Standpunkt, aus dem typischen Beschwerdebild eines Schleudertraumas sei ohne
weiteres auf Dauerschmerzen zu schliessen. Schliesslich hängt das Kriterium
der langdauernden Heilbehandlung nicht davon ab, ob sich der Versicherte über
Jahre hinweg im Hinblick auf Erkenntnisse über mögliche
Heilbehandlungsmassnahmen diagnostischen Abklärungen unterzogen hat. Auch die
Beschwerdegegnerin weist in ihrer Vernehmlassung zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zutreffend darauf hin, dass der
Beschwerdeführer selber gegenüber Dr. med. F.________ erwähnt hatte,
unmittelbar nach dem Unfall nichts gemerkt zu haben, dass die ärztliche
Erstbehandlung erst etwa 14 Tage nach dem Unfall stattgefunden hatte und dass
er lediglich noch an intermittierenden Kopfschmerzen leide. Entgegen den
Einwendungen des Beschwerdeführers und in vollumfänglichem Verweis auf die
vorinstanzlichen Erwägungen zur Adäquanzprüfung kann von einer besonderen Art
der erlittenen Verletzungen, einer langdauernden ärztlichen Behandlung, einem
schwierigen Heilungsverlauf oder gar von Dauerbeschwerden keine Rede sein.
Ebenso wenig ausgewiesen sind, wie das kantonale Gericht zutreffend befunden
hat, die weiteren durch die Praxis festgelegten Kriterien.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.

Luzern, 14. Dezember 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: