Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 235/2004
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U 235/04

Urteil vom 18. Januar 2005
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen;
Gerichtsschreiber Lanz

A.________, 1957, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Michel
Béguelin, Dufourstrasse 12, 2502 Biel,

gegen

Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft, Hohlstrasse 552, 8048 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 19. Mai 2004)

Sachverhalt:

A.
Der 1957 geborene A.________ war ab 1. Januar 1996 als Fotolaborant bei der
X._________ AG tätig und dadurch bei der Elvia Schweizerische
Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Elvia) obligatorisch gegen die
Folgen von Unfällen sowie Berufskrankheiten und daneben kollektiv für ein
Krankentaggeld versichert. Im Sommer 1997 begab er sich wegen Atembeschwerden
in ärztliche Behandlung bei einem Internisten, welcher ein Asthma bronchiale
und ein hyperirritables Bronchialsystem als eventuelle Berufskrankheit
diagnostizierte und ab 4. August 1997 eine volle Arbeitsunfähigkeit
bescheinigte. Am 28. Februar 1998 endete das bestehende Anstellungsverhältnis
infolge Kündigung durch die Arbeitgeberin. Die Elvia, welcher der Sachverhalt
zwischenzeitlich gemeldet worden war, richtete ein Krankentaggeld aus. Zur
Prüfung ihrer Leistungspflicht nach UVG holte sie ein Gutachten des Dr. med.
G.________, Spezialarzt FMH Innere Medizin, spez. Lungenkrankheiten,
Allergologie und klinische Immunologie, vom 29. Oktober 2001 ein. Gestützt
auf die Feststellungen des Experten und Berichte vom 27. August sowie 25.
November 2002 über eine amtliche Arbeitsplatzabklärung lehnte die Allianz
Suisse Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Allianz) als
Rechtsnachfolgerin der Elvia mit Verfügung vom 25. März 2003 die Ausrichtung
von Leistungen aus der Unfallversicherung ab, da keine Berufskrankheit
vorliege. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 26. November 2003 fest.

B.
Die vom Versicherten hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Bern mit Entscheid vom 19. Mai 2004 ab.

C.
A.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren,
in Aufhebung des kantonalen Entscheides seien ihm die gesetzlichen Leistungen
aus Berufskrankheit zuzusprechen; eventuell sei die Sache zur ergänzenden
Abklärung und neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Allianz schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit hat nicht Stellung genommen.
Mit Eingabe vom 14. Dezember 2004 hat sich A.________ nochmals vernehmen
lassen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Im angefochtenen Entscheid werden die - durch das am 1. Januar 2003 in
Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts inhaltlich nicht veränderten - Bestimmungen über
die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers bei
Berufskrankheit (Art. 6 Abs. 1, Art. 9 UVG; Art. 14 UVV; Anhang 1 zur UVV)
und die hiezu, namentlich auch zu den sich stellenden Kausalitäts- und
Beweisfragen, ergangene Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Hervorzuheben
ist, dass die Bejahung einer Berufskrankheit nebst dem adäquaten
Kausalzusammenhang einen qualifizierten natürlichen Kausalzusammenhang
zwischen beruflicher Tätigkeit und der aufgetretenen Erkrankung erfordert
(BGE 119 V 200 f. Erw. 2; vgl. auch BGE 126 V 186 Erw. 2b und 114 V 110 ff.
Erw. 3), welcher mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE
129 V 181 Erw. 3.1) erstellt sein muss.

1.2 Das Sozialversicherungsverfahren ist vom Untersuchungsgrundsatz
beherrscht. Danach haben Sozialversicherungsträger und im Beschwerdefall das
Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollständige Abklärung des
rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen. Dieser Grundsatz gilt indessen
nicht uneingeschränkt; er findet sein Korrelat in den Mitwirkungspflichten
der Parteien (BGE 125 V 195 Erw. 2, 122 V 158 Erw. 1a, je mit Hinweisen).
Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne einer
Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Im Sozialversicherungsprozess
tragen mithin die Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im
Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt,
die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese
Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist,
im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen
Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat,
der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweisen).

2.
Das kantonale Gericht hat erwogen, gestützt auf die gegebenen Akten sei ein
kausaler Zusammenhang zwischen der Atemwegserkrankung des Versicherten und
dessen beruflicher Tätigkeit als Fotolaborant nicht mit der erforderlichen
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Dies trifft zu und wird vom Beschwerdeführer
auch nicht in Frage gestellt.
Mit dem kantonalen Gericht ist von weiteren Sachverhaltsabklärungen
abzusehen, da davon keine entscheidrelevanten neuen Ergebnisse zur
Kausalitätsfrage zu erwarten sind (antizipierte Beweiswürdigung, BGE 124 V 94
Erw. 4b; RKUV 2003 Nr. U 473 S. 50 Erw. 3.4, 2002 Nr. U 469 S. 527 Erw. 2c).
Der Versicherte opponiert dieser Betrachtungsweise ebenfalls nicht. Er führt
aus, eine ursächliche Bedeutung der Einwirkungen am Arbeitsplatz für die
aufgetretene Krankheit könne namentlich auch wegen des langen Zeitintervalles
seit der Arbeitsplatzexposition nicht mehr mit der erforderlichen
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Lediglich für den Fall, dass das
Eidgenössische Versicherungsgericht die Frage der Notwendigkeit zusätzlicher
Abklärungen anders beurteile, was nicht zutrifft, wird eventualiter die
Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Anordnung einer medizinischen
Oberexpertise beantragt.

3.
3.1 Der letztinstanzlich erneuerte Antrag auf Leistungszusprechung wird in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Wesentlichen damit begründet, die
Beschwerdegegnerin habe die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen. Denn sie
sei es, welche tatbeständliche Behauptungen aufstelle, um einen
Leistungsanspruch ausschliessen zu können.
Darum geht es im vorliegenden Fall indessen nicht. Die Leistungsberechtigung
wird vielmehr verneint, weil der natürliche Kausalzusammenhang zwischen
beruflicher Tätigkeit und gesundheitlicher Beeinträchtigung und damit ein für
die Bejahung einer Berufskrankheit notwendiger Teil des Sachverhalts, aus
welchem der Beschwerdeführer Rechte gegen den Unfallversicherer ableitet,
nicht nachgewiesen werden kann (vgl. Erw. 1.2 hievor). Fehlt es an diesem
Nachweis, obliegt der Beschwerdegegnerin auch nicht, Gegenbeweis für
leistungsausschliessende Tatsachen, wie eine andere Ursache für die
Erkrankung als die berufliche Tätigkeit, zu führen.

3.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird weiter geltend gemacht, das
medizinische Gutachten des Dr. med. G.________ und die Berichte über die
Arbeitsplatzabklärung seien zu spät erstattet worden, was die Möglichkeit
aussagekräftiger Sachverhaltsergänzungen ausgeschlossen habe.
Eine Umkehr der Beweislast, wie sie damit zumindest sinngemäss verlangt wird,
könnte mangels gesetzlicher Grundlage allein gestützt auf den Grundsatz von
Treu und Glauben erfolgen (unveröffentlichtes Urteil B. vom 18. Oktober 1996,
U 127/95, mit Hinweis auf Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern
1983, S. 284, und Rhinow/Krähenmann, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990, Nr. 88 S. 298; vgl.
auch Urteil R. vom 23. Juli 2003, B 107/01, Erw. 3.2 mit weiteren Hinweisen).
Die Voraussetzungen hiefür sind nicht erfüllt. Namentlich hat der
Unfallversicherer nach vorgängigen anderweitigen, im Ergebnis nicht
aussagekräftigen medizinischen Abklärungen das Gutachten bei Dr. med.
G.________ bereits im September 1998 in Auftrag gegeben und in der Folge auch
wiederholt eingemahnt. Der Experte hat jeweils die Verzögerung ausführlich
begründet und zugesichert, den Bericht umgehend zu erstatten. Es ist unter
den gegebenen Umständen nicht zu beanstanden, wenn die Beschwerdegegnerin
darauf vertraut und davon abgesehen hat, den Gutachterauftrag zu widerrufen,
zumal der Experte die eigentlichen Untersuchungen am Versicherten bereits
zwischen Oktober 1998 und März 1999 vorgenommen hatte und einzig noch die
Verarbeitung der Ergebnisse in Berichtsform ausstand. Der Unfallversicherer
musste überdies davon ausgehen, dass die Vergabe des Abklärungsauftrages an
eine neue Begutachtungsstelle ebenfalls mit einer zeitlichen Verzögerung
verbunden gewesen wäre. Einsprache- und angefochtener Entscheid sind somit
auch in dieser Hinsicht rechtens.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
(BAG) zugestellt.
Luzern, 18. Januar 2005

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: