Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 225/2004
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U 225/04

Urteil vom 20. März 2006
IV. Kammer

Präsident Ursprung, Bundesrichter Schön und Frésard; Gerichtsschreiberin
Durizzo

E.________, 1966, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Peter Volken,
Englisch-Gruss-Strasse 6, 3900 Brig,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Kantonales Versicherungsgericht des Wallis, Sitten

(Entscheid vom 10. Mai 2004)

Sachverhalt:

A.
E. ________, geboren 1966, war am 24. Oktober 1995 für seine Arbeitgeberin
Frima S.________ AG in einem etwa 60 cm tiefen Schacht mit Kabelarbeiten
beschäftigt. Dabei wurde er von hinten beziehungsweise seitlich von einem
Auto angefahren und zog sich bei einem Aufschlag mit dem Kopf gemäss Bericht
des Spitals B.________ vom 7. November 1995 ein Schädelhirntrauma bei/mit
Commotio cerebri und Nasenbeinbruch zu. Nachdem der Versicherte die Arbeit im
April 1996 zu 50 % und ab 21. Mai 1996 zu 100 % hatte aufnehmen können,
musste er am 30. September 1996 wegen einer Konversionsneurose hospitalisiert
werden. Seither hat er seine Erwerbstätigkeit nicht mehr aufgenommen. Die
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) lehnte den Anspruch auf
Versicherungsleistungen nach dem 21. August 1996 mit Verfügung vom 20. August
1997 ab. Die Einsprache des Versicherten wies sie mit Entscheid vom 20.
Februar 1998 ab. Nachdem das Kantonale Versicherungsgericht des Wallis die
Sache mit Entscheid vom 12. August 1998 zu weiteren Abklärungen an die SUVA
zurückgewiesen hatte, liess die Versicherung E.________ im Institut
M.________ sowie im Institut N.________ untersuchen. Gestützt auf die
Gutachten vom 1. März 1999 und vom 12. Oktober 1999 lehnte die SUVA den
Anspruch auf Versicherungsleistungen ab 21. August 1996 mit Verfügung vom 20.
Dezember 1999 erneut ab. Nachdem der Versicherte wiederum Einsprache erhoben
hatte, liess ihn die SUVA zunächst wegen hochgradiger Schwerhörigkeit durch
Dr. med. T.________, SUVA Arbeitsmedizin, untersuchen (Bericht vom 3. August
2000) und schliesslich durch die Klinik U.________ begutachten (Expertise vom
3. Juli 2002). Mit Entscheid vom 5. Februar 2003 lehnte sie die Einsprache ab
mit der Begründung, dass die geltend gemachten Beschwerden (Schmerzen am
ganzen Körper, insbesondere Kopf- und Rückenschmerzen, Schwindel,
Magenbeschwerden, Schwerhörigkeit) gemäss dem Gutachten der Klinik U.________
nicht organischer Genese seien, dass der Versicherte mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit kein Schleudertrauma erlitten habe und auch keine fassbare
traumatische Hirnverletzung vorliege. Überdies habe der Unfall keine
psychische Fehlentwicklung auszulösen vermögen.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonale Versicherungsgericht des
Wallis mit Entscheid vom 10. Mai 2004 ab.

C.
E.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Anträgen, unter
Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Sache zu neuer Beurteilung an
die Vorinstanz zurückzuweisen und es sei ihm die unentgeltliche
Verbeiständung zu gewähren und eine angemessene Entschädigung für das
Verfahren vor dem kantonalen und dem Eidgenössischen Versicherungsgericht
zuzusprechen.

Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

D.
Nach Abschluss des Schriftenwechsels reicht E.________ verschiedene weitere
Arztberichte und sonstige Schriftstücke ein.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen und die Rechtsprechung zur
Anwendung des ATSG (BGE 130 V 445), zu dem für die Leistungspflicht des
Unfallversicherers (Art. 6 UVG) vorausgesetzten natürlichen und adäquaten
Kausalzusammenhang (BGE 129 V 181 Erw. 3.1 und 3.2), insbesondere bei
Diagnose eines Schleudertraumas der Halswirbelsäule (HWS) oder einer
äquivalenten Verletzung sowie eines Schädel-Hirntraumas (BGE 117 V 360 ff.
Erw. 4 und 5, 376 ff. Erw. 3 und 4) und bei Fällen, in welchen die zum
typischen Beschwerdebild einer solchen Verletzung gehörenden
Beeinträchtigungen zwar teilweise gegeben sind, im Vergleich zur ausgeprägten
psychischen Problematik aber ganz in den Hintergrund treten (BGE 123 V 99
Erw. 2a mit Hinweisen), sowie zur Beweiswürdigung und zum Beweiswert von
Arztberichten und medizinischen Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3, 122 V 160
Erw. 1c mit Hinweisen) richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

2.
Der Beschwerdeführer hat beim Unfall vom 24. Oktober 1995 eine Commotio
cerebri, einen Nasenbeinbruch sowie Quetschwunden erlitten. Die Vorinstanz
hat die Frage, ob es dabei auch zu einem Schleudertrauma oder einer
äquivalenten Verletzung oder einem Schädel-Hirntrauma gekommen ist, offen
gelassen. Dies kann in der Tat dann dahinstehen, wenn die körperlichen
Beschwerden infolge einer Überlagerung durch psychische Leiden völlig in den
Hintergrund getreten sind und sich somit der adäquate Kausalzusammenhang in
jedem Fall nach den Kriterien für psychische Unfallfolgen (BGE 115 V 138 ff.
Erw. 6) beurteilt (BGE 123 V 99 Erw. 2a).

3.
Das bei der Klinik U.________ eingeholte Gutachten vom 3. Juli 2002 ist für
die streitigen Belange umfassend, beruht auf allseitigen Untersuchungen und
berücksichtigt die geklagten Beschwerden. Zudem wurde es in Kenntnis der
Vorakten abgegeben, weshalb ihm für das vorliegende Verfahren Beweiswert
zukommt. Aus diesem Bericht ergibt sich, dass für die erhobenen Befunde
organische Störungen als wenig wahrscheinlich bezeichnet werden können. Bei
der Untersuchung des Schädels wurde keine manifeste Schädigung des Gehirns
gefunden, weshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine organisch
fassbare Ursache für die Leiden des Beschwerdeführers mehr vorliegt. In
dieser Hinsicht weicht das Gutachten der Klinik U.________ auch nicht von den
übrigen Untersuchungsergebnissen ab. Da zahlreiche ärztliche Berichte
vorliegen, kann von weiteren Beweiserhebungen Abstand genommen werden.
Demnach steht bei der medizinischen Exploration des Beschwerdeführers die
psychische Problematik eindeutig im Vordergrund (vgl. die zutreffenden
Ausführungen S. 15 und 16 des vorinstanzlichen Urteils). Die
Adäquanzbeurteilung ist daher nach den Kriterien von BGE 115 V 140 f. Erw. 6c
vorzunehmen.

4.
Mit dem kantonalen Gericht ist festzuhalten, dass es sich beim Ereignis vom
24. Oktober 1995 um einen mittelschweren Unfall gehandelt hat. Es müssen
daher mehrere unfallbezogene Kriterien erfüllt sein, um die Adäquanz bejahen
zu können, soweit nicht eines der Kriterien in besonders ausgeprägter Weise
erfüllt ist. Dies ist nicht der Fall. Es kann auf die zutreffenden
Ausführungen im vorinstanzlichen Urteil (S. 18 ff.), denen das Eidgenössische
Versicherungsgericht nichts beizufügen hat, verwiesen werden.

5.
Nach Ablauf des Schriftenwechsels beigebrachte Beweismittel sind nach der
Rechtsprechung nicht zu berücksichtigen, es sei denn, sie würden eine
Revision im Sinne von Art. 137 lit. b OG rechtfertigen (BGE 127 V 353). Diese
Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, ergeben sich doch aus den
nachgereichten Schriftstücken keine neuen erheblichen Tatsachen.

6.
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird weiter geltend gemacht, das dem
Rechtsvertreter im vorinstanzlichen Verfahren zugesprochene unentgeltliche
Honorar sei zu tief angesetzt. Diese Rüge wird ausschliesslich vom
Beschwerdeführer erhoben. Sein Rechtsvertreter hat auf die Erhebung einer
Verwaltungsgerichtsbeschwerde im eigenen Namen verzichtet. Gemäss Art. 103
lit. a OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur berechtigt, wer durch die
angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren
Aufhebung oder Änderung hat. Der Beschwerdeführer selber ist durch die
beanstandete Höhe des vorinstanzlichen Rechtsspruches nicht berührt. Er ist
daher im vorliegenden Verfahren zur Anfechtung der richterlichen Festsetzung
des Honorars des unentgeltlichen Rechtsbeistandes nicht legitimiert (BGE 110
V 363 Erw. 2; ARV 1997 Nr. 27 S. 151; in BGE 130 V 263 nicht veröffentlichte
Erw. 7 des Urteils B. vom 5. April 2004, P 6/03).

7.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Da die Bedürftigkeit des
Versicherten aktenkundig ist und die Vertretung durch einen Anwalt geboten
war, kann die unentgeltliche Verbeiständung gewährt werden (Art. 152 Abs. 2
OG). Er wird jedoch darauf hingewiesen, dass er gemäss Art. 152 Abs. 3 OG der
Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn er später dazu im Stande
ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird Rechtsanwalt Peter
Volken für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der
Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Versicherungsgericht des
Wallis und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 20. März 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
i.V.