Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 185/2004
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2004
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2004


U 185/04

Urteil vom 2. Dezember 2004
IV. Kammer

Bundesrichter Meyer, Ursprung und Kernen; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdeführerin,

gegen

CSS Kranken-Versicherung AG, Rösslimattstrasse 40, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin,

betreffend S.________

Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern

(Entscheid vom 27. April 2004)

Sachverhalt:

A.
S. ________ (geboren 1957) ist seit 1. Januar 2001 bei der Firma T.________
angestellt und bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(nachfolgend: SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 8. September
2001 wollte sie sich beim Aufstehen in einem Car zu den hinter ihr sitzenden
Personen umdrehen und verspürte einen "Schnall" im Knie. Zwei Tage später
suchte sie Dr. med. A.________ auf. Dr. med. C.________ nahm am 2. Oktober
2001 eine arthroskopische Kreuzbandstumpfresektion vor. Die SUVA lehnte mit
Verfügung vom 7. Februar 2002 jegliche Leistungen ab, woran sie auch nach
Einsprache von S.________ sowie deren Krankenversicherer, der CSS
Kranken-Versicherung AG (nachfolgend: CSS) mit Einspracheentscheid vom 18.
März 2002 festhielt.

B.
Die von der CSS hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern mit Entscheid vom 27. April 2004 gut, hob den
Einspracheentscheid vom 18. März 2002 auf und verpflichtete die SUVA, die
gesetzlichen Leistungen zu erbringen.

C.
Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der
vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben. Die Vorinstanz und die CSS
schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. S.________ und
das Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Kranken- und Unfallversicherung,
verzichten auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die zeitliche
Anwendung des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG; BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit
Hinweisen) und den Begriff der unfallähnlichen Körperschädigung (Art. 9 Abs.
2 UVV in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 UVG; BGE 129 V 466 mit Hinweisen)
zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für das Glaubhaftmachen der einzelnen
Umstände des massgeblichen Geschehens (BGE 116 V 140 Erw. 4b; SVR 1997 UV Nr.
74 S. 256 Erw. 2c, je mit Hinweisen) sowie die Aussagen der ersten Stunde
(BGE 121 V 47 Erw. 2a mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

2.
2.1 Streitig ist einzig, ob der Vorfall vom 8. September 2001 ein äusseres,
sinnfälliges Ereignis darstellt.

2.2 Gemäss Unfallmeldung vom 12. September 2001 wollte die Versicherte im Car
vom Sitz aufstehen und sich abdrehen; dabei habe es ihr einen "Schnall" ins
Knie gegeben. Dr. med. A.________ hält in seinem Zeugnis vom 22. Oktober 2001
fest, die Patientin habe sich am 8. September 2001 bei einer ungeschickten
Drehbewegung das rechte Knie massiv ausgedreht. Im Fragebogen vom 23. Oktober
2001 schildert die Versicherte das Geschehen: "Am 8. September 2001 im Car
bei Hochzeitseinladung zirka 13.00 beim Aussteigen vom Sitz aufgestanden;
wollte nach rechts abdrehen und mich beim hinteren Paar bekannt machen. Da
hat es im Knie geknackst." Gleich danach seien die ersten Beschwerden
aufgetreten. Am 26. November 2001 schreibt die Versicherte an die SUVA, dass
durch das Abdrehen nach rechts ihr Fuss blockiert gewesen sein musste und
sofort Schmerzen aufgetreten seien. Dr. med. H.________ hält in seinem
Bericht vom 8. Januar 2002 ein Rotationstrauma am rechten Knie fest.
Anlässlich der Befragung durch die SUVA gibt die Versicherte am 31. Januar
2002 zu Protokoll: "Wir waren mit einer Hochzeitsgesellschaft mit dem Car
unterwegs. Als der Car anhielt, habe ich mich aufrecht gerade vom Sitz
erhoben. Da noch Leute im Gang standen, wollte ich mich umdrehen, um mit den
Leuten hinter mir zu sprechen. Beim Abdrehen nach rechts blockierte das
rechte Knie. Ich hörte ein "Chrosen" im Knie. Dies ohne dass ich irgendwo
angeschlagen hätte. Auch etwas Aussergewöhnliches wie Ausrutschen hat sich
nicht ereignet. Bei meinem Schreiben vom 26. November 2001 "Fuss blockiert"
handelt es sich um einen Verschrieb. Gemeint war natürlich das rechte Knie."
2.3 Der in seinem Verlauf von der SUVA unbestritten gebliebene Vorfall vom 8.
September 2001 entspricht nicht einer einfachen Lebensverrichtung wie
Aufstehen, Absitzen, Abliegen u.ä. Das geschilderte Aufstehen mit Abdrehen
ist ein Bewegungsablauf, der über eine normale physiologische Beanspruchung
des Körpers hinaus geht. Auf Grund der engen Raumverhältnisse in einem Car,
die kein vollkommen aufrechtes und damit entlastetes Stehen erlauben, was bei
entsprechender, ungünstiger Krafteinwirkung - etwa durch eine Drehbewegung -
ein körpereigenes Trauma zu bewirken vermag, sowie der Blockierung des Knies
sind zur Unkontrolliertheit der Abdrehbewegung führende Faktoren
hinzugetreten. Somit ist ein entsprechendes gesteigertes Schädigungspotenzial
zu bejahen. Da das Geschehen vom 8. September 2001 demnach die Erfordernisse
an ein unfallähnliches Ereignis im Sinne der Rechtsprechung erfüllt, ist die
SUVA im Grundsatz für die Folgen daraus leistungspflichtig. Daran vermag auch
die (unbelegte) Behauptung der SUVA, gemäss Auskunft ihrer Abteilung
Versicherungsmedizin könnten Abdrehbewegungen ohne sonstige Zusatzbelastung
auf das Knie nicht Kreuzbandrupturen bewirken, nichts zu ändern, ist doch
gerade durch das nicht aufrechte Stehen und die Blockierung des Knies eine
solche Zusatzbelastung beim Abdrehen gegeben.

3.
3.1 Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern über Leistungen aus
Unfallfolgen für einen gemeinsamen Versicherten sind kostenpflichtig (BGE 126
V 192 Erw. 6 mit Hinweisen). Die unterliegende SUVA hat somit die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).

3.2 Nach Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG darf im Verfahren der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde obsiegenden Behörden oder mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen in der Regel keine
Parteientschädigung zugesprochen werden. In Anwendung dieser Bestimmung hat
das Eidgenössische Versicherungsgericht der SUVA und privaten
UVG-Versicherern sowie - von Sonderfällen abgesehen - den Krankenkassen keine
Parteientschädigung zugesprochen, weil sie als Organisationen mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben zu qualifizieren sind (BGE 123 V 309 Erw. 10
mit Hinweisen). Demnach hat die CSS keinen Anspruch auf eine
Parteientschädigung.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der SUVA auferlegt und mit dem
geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und S.________ zugestellt.

Luzern, 2. Dezember 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Vorsitzende der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: