Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 180/2004
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U 180/04

Urteil vom 11. April 2005
II. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Schön und Frésard; Gerichtsschreiber Grunder

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdeführerin,

gegen

K.________, 1938, Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher Sven Marguth,
Aarbergerstrasse 21, 3011 Bern

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 13. April 2004)

Sachverhalt:

A.
Der 1938 geborene K.________ war bei der Firma C.________ als Maler
angestellt und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) gegen die Folgen von Unfällen obligatorisch versichert. Am 12.
September 2000 kam es zwischen dem vom Versicherten gelenkten Personenwagen
und einer die Strasse auf dem Fussgängerstreifen überquerenden Frau trotz
eingeleiteter Vollbremsung zur Kollision. Die Fussgängerin wurde auf die
Kühlerhaube gehoben und nach einem Anprall an der Windschutzscheibe zu Boden
geschleudert, wo sie verletzt liegen blieb. K.________ leistete erste Hilfe,
als er plötzlich unter Schweissausbrüchen und Schüttelfrost litt. Die
herbeigerufene Polizei wies ihn ins Notfallzentrum des Spitals I.________
ein, wo die Ärzte Nackenschmerzen und -verspannungen mit eingeschränkter
Kopfbeweglichkeit und Hypästhesie Dig I-II links ohne im Röntgenbild
sichtbare Läsionen feststellten (Bericht vom 16. Dezember 2000). Noch am
gleichen Tag entliess das Spital den Patienten in die Kontrolle des
Hausarztes Dr. med. B.________, der nach erfolglosen Massnahmen (Tragen einer
Stützkrause, medikamentöse Therapie, Bettruhe) von Dr. med. G.________,
Spezialarzt für Neurologie FMH, eine fachärztliche Untersuchung und
Beurteilung einverlangte (Bericht vom 24. Oktober 2000). Dieser Arzt ordnete
intensive Physiotherapie an und betreute den Versicherten in der Folge
medizinisch weiter (Berichte vom 11. Januar 2001, 30. November 2001, 16.
April 2002). Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Taggeld,
Heilbehandlung). Nach einer kreisärztlichen Untersuchung (Bericht des Dr.
med. R.________ vom 9. Februar 2001) hielt sich K.________ vom 4. April bis
4. Mai 2001 in der Klinik E.________ auf. Die Ärzte veranlassten ein
psychosomatisches (Bericht vom 24. April 2001) und neurologisches Konsilium
(Bericht vom 26. April 2001) und kamen im Austrittsbericht vom 7. Juni 2001
zum Schluss, 8 1/2 Monate nach Verkehrsunfall mit HWS-Distorsionstrauma
(Akzelerations-/Dezelerationstrauma) bei vorbestehendem unfallfremdem Zustand
nach Diskektomie sowie interkorporeller Spondylodese C5/C6 wegen radikulärer
Ausfälle der Wurzel C6 (1987) bestehe ein therapie-refraktäres
zervikovertebrales Schmerzsyndrom mit gelegentlich spondylogener Komponente
(Ausstrahlung in die restliche Wirbelsäule), mässiggradig schmerzhafter
Einschränkung der HWS-Beweglichkeit und neurologisch noch geringen
Beeinträchtigungen des Gleichgewichtssystems. Beim Unfall sei
definitionsgemäss nur fraglich eine milde traumatische Hirnverletzung
durchgemacht worden. Aus psychosomatischer Sicht bestehe eine
Anpassungsstörung mit gemischter depressiver Reaktion (ICD-10 F43.22), welche
weiterhin einer pharmakologischen Behandlung bedürfe. Die von der Klinik
E.________ empfohlene, ambulant durchzuführende physikalische Therapie mit
Schwerpunkt auf allgemein rekonditionierenden Massnahmen wurde im September
2001 abgebrochen (Bericht des Dr. med. G.________ vom 30. November 2001). In
der Folge holte die SUVA eine biomechanische Kurzbeurteilung (Triage) der
Arbeitsgruppe für Unfallmechanik vom 27. Februar 2002 ein und veranlasste
eine weitere kreisärztliche Untersuchung (Bericht des Dr. med. R.________ vom
2. April 2002). Mit Verfügung vom 4. April 2002 stellte sie ihre Leistungen
ab 8. April 2002 ein, weil die geltend gemachten, andauernden Beschwerden
nicht mehr in einem natürlichen Kausalzusammenhang zum Unfall stünden. Eine
Einsprache lehnte sie nach einer weiteren Beurteilung des Dr. med. R.________
vom 2. Juli 2002 unter Entzug der aufschiebenden Wirkung einer gegen diesen
Entscheid gerichteten Beschwerde ab (Einspracheentscheid vom 28. November
2002).

B.
K.________ liess dagegen Beschwerde führen mit dem Begehren, es sei
festzustellen, dass er infolge des Unfalles vom 12. September 2000 weiterhin
vollständig arbeitsunfähig sei und ihm die gesetzlichen Leistungen zu
erbringen seien. Das gleichzeitig gestellte Gesuch um Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Bern ab (Entscheid vom 28. Oktober 2003). Mit Entscheid vom 13. April 2003
hiess das kantonale Gericht die Beschwerde in dem Sinne gut, dass es den
Einspracheentscheid vom 28. November 2002 aufhob und die Sache zur neuen
Beurteilung nach erfolgter Aktenergänzung im Sinne der Erwägungen an die SUVA
zurückwies.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die SUVA, der vorinstanzliche
Entscheid sei aufzuheben.

Der Versicherte lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliessen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Vorinstanz hat zutreffend erkannt, dass das am 1. Januar 2003 in
Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 nicht anwendbar ist.
Richtig sind auch die Ausführungen zu dem für die Leistungspflicht des
Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen
dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität,
Tod; vgl. auch BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 406 Erw. 4.3.1, je mit Hinweisen).
Darauf wird verwiesen.

1.2 Wird durch einen Unfall ein krankhafter Vorzustand verschlimmert oder
überhaupt erst manifest, entfällt die Leistungspflicht des Unfallversicherers
erst, wenn der Unfall nicht die natürliche und adäquate Ursache des
Gesundheitsschadens darstellt, wenn also letzterer nur noch und
ausschliesslich auf unfallfremden Ursachen beruht. Dies trifft dann zu, wenn
entweder der (krankhafte) Gesundheitszustand, wie er unmittelbar vor dem
Unfall bestanden hat (status quo ante), oder aber derjenige Zustand, wie er
sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften Vorzustandes auch
ohne Unfall früher oder später eingestellt hätte (status quo sine), erreicht
ist (RKUV 1994 Nr. U 206 S. 328 Erw. 3b, 1992 Nr. U 142 S. 75 Erw. 4b, je mit
Hinweisen). Ebenso wie der leistungsbegründende natürliche Kausalzusammenhang
muss das Dahinfallen jeder kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen
eines Gesundheitsschadens mit dem im Sozialversicherungsrecht allgemein
üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein.
Die blosse Möglichkeit nunmehr gänzlich fehlender ursächlicher Auswirkungen
des Unfalls genügt nicht. Da es sich hiebei um eine anspruchsaufhebende
Tatfrage handelt, liegt die Beweislast - anders als bei der Frage, ob ein
leistungsbegründender Kausalzusammenhang gegeben ist - nicht beim
Versicherten, sondern beim Unfallversicherer (RKUV 2000 Nr. U 363 S. 46 Erw.
2, 1994 Nr. U 206 S. 329 Erw. 3b, 1992 Nr. U 142 S. 76 Erw. 4b).

1.3 Der Sozialversicherungsprozess ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht.
Danach hat das Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollständige
Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen. Dieser Grundsatz
gilt indessen nicht uneingeschränkt; er findet sein Korrelat in den
Mitwirkungspflichten der Parteien (BGE 125 V 195 Erw. 2, 122 V 158 Erw. 1a,
je mit Hinweisen; vgl. BGE 130 I 183 Erw. 3.2).
Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne einer
Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Im Sozialversicherungsprozess
tragen mithin die Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im
Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt,
die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese
Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist,
im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen
Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat,
der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweisen).

2.
Die SUVA bringt zunächst mit Hinweis auf das Urteil M. vom 25. März 2004 (U
131/03) vor, nach den Umständen des Geschehens vom 12. September 2000 habe
der Beschwerdegegner keinen Unfall erlitten. Dieser Auffassung ist nicht
beizupflichten. Im erwähnten Urteil hielt das Eidgenössische
Versicherungsgericht fest, dass das starke und völlig unerwartete Abbremsen
bei Autofahrten das Kriterium der Ungewöhnlichkeit (Art. 9 Abs. 1 UVV in der
bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) nicht erfüllt, wenn nichts
Besonderes, wie zum Beispiel ein Zusammenstoss, hinzutritt. Vorliegend kam es
zu einer frontalen Kollision zwischen dem vom Beschwerdegegner gelenkten
Fahrzeug und einer Fussgängerin, wodurch der Geschehensablauf, den der Lenker
(objektiv) erwarten durfte, gestört worden war. Auch das weitere Vorbringen,
beim Unfall vom 12. September 2000 handle es sich lediglich um ein
Schreckereignis, ist nicht stichhaltig. Wie die SUVA selber eingesteht, war
der Körper des Versicherten physikalischen Kräften ausgesetzt.

3.
Die SUVA hat ihre Leistungspflicht für Taggelder und Übernahme der
Heilbehandlung unbestrittenermassen zunächst anerkannt und damit auch den
Kausalzusammenhang zwischen den geltend gemachten Leiden und dem versicherten
Unfall bejaht. Das kantonale Gericht hat daher zutreffend geprüft, ob anhand
der Akten das Dahinfallen jeder kausalen Bedeutung von unfallbedingten
Ursachen des Gesundheitsschadens nachgewiesen ist. Es hat diese Frage
verneint und die Sache einerseits zur Anordnung eines umfassenden
psychiatrischen Gutachtens, welches zum gesundheitlichen Vorzustand und einer
eventuell vorliegenden psychischen Überlagerung Stellung zu nehmen habe, und
andererseits zur Aktualisierung der medizinischen Unterlagen hinsichtlich der
somatischen Beschwerden an die SUVA zurückgewiesen.

3.1
3.1.1Dr. med. G.________ veranlasste gemäss Bericht vom 24. Oktober 2000
wegen der komplexen Vorgeschichte eine Röntgenaufnahme sowie ein MRI der HWS,
welche ausgeprägte degenerative Veränderungen, jedoch keine unfallbedingten
Verletzungen zeigten. Nach zwei klinischen Untersuchungen kam er zum Schluss,
dass einzig eine hochgradig eingeschränkte Beweglichkeit der HWS
festzustellen sei. Den depressiven Tendenzen sei entschieden
entgegenzutreten. Er empfahl, das zu Begriffsstutzigkeit, Verlangsamung und
Somnolenz führende Medikament Tramal abzusetzen und intensive Physiotherapie
zur Entwöhnung des Halskragens zu beginnen. Gemäss Verlaufsbericht vom 11.
Januar 2001 bestand ohne neurologische Erklärung ein auffälliges
Schonverhalten ohne Fortschritte in den Funktionsdefiziten der HWS. Im
September 2001 stellte Dr. med. G.________ die physiotherapeutischen
Massnahmen bei regredienten Schmerzen ein, weil keine Funktionsverbesserung
der HWS zu erzielen sei (Berichte vom 30. November 2001 und 16. April 2002).

3.1.2 Kreisarzt Dr. med. R.________ erhob neben einer extrem eingeschränkten
Beweglichkeit des Kopfes, wie sie aktiv vordemonstriert werde, weder
pathologische Befunde, insbesondere keine Verspannung der Paracervical- und
Schultermuskulatur, noch radiologisch nachgewiesene posttraumatische
Veränderungen (Berichte vom 9. Februar 2001 und 2. April 2002).

3.1.3 Laut Austrittsbericht der Klinik E.________ vom 7. Juni 2001 leidet der
Beschwerdegegner nach Verkehrsunfall mit HWS-Distorsionstrauma bei
vorbestehendem unfallfremdem Zustand (Diskektomie sowie interkorporelle
Spondylodese C5/6 wegen radikulären Ausfällen) an einem therapie-refraktären
zervikovertebralen Schmerzsyndrom mit gelegentlich spondylogener Komponente
und mässiggradiger schmerzhafter HWS-Beweglichkeitseinschränkung sowie
neurologisch noch geringen Beeinträchtigungen des Gleichgewichtssystems.
Zudem liege eine unfallfremde Impingementsymptomatik an der rechten Schulter
vor. Es bestehe eine allgemein reduzierte psychophysische Belastbarkeit. Die
Psychiater des psychosomatischen Konsiliums vom 24. April 2001
diagnostizierten eine Anpassungstörung mit gemischter, depressiver Reaktion
(ICD-10 F43.22). Die bereits im Oktober 2000 von Dr. med. G.________
beschriebenen Tendenzen liessen sich aktuell in reduzierter Form bestätigen.
Es mischten sich Symptome, die bei posttraumatischen Belastungsstörungen zu
finden seien (Unfallträume und Flashback-Erlebnisse mit depressiven Gedanken
und sozialem Rückzug), mit einer allgemein verstärkten Ängstlichkeit. Die
berufliche Tätigkeit sei durch die psychische Störung kaum beeinträchtigt.

3.1.4 Hinsichtlich des vor dem Unfall vom 12. September 2000 vorgelegenen
Gesundheitszustands ist dem Bericht des Dr. med. G.________ vom 24. Oktober
2000 zu entnehmen, dass der Beschwerdegegner sich im Jahre 1987 einer
Diskektomie (Abtragen von spondylotischen Randzacken) und interkorporellen
Spondylodese (operativer Versteifung) der HWS auf Höhe C5/6 wegen
therapieresistenter Zervikobrachialgie mit sensomotorischen Ausfällen
unterzog. Er war während einer Dauer von ungefähr sechs Monaten
arbeitsunfähig. Im Oktober 1997 kam es zu erneuten Beschwerden, welche sich
jedoch spontan zurückbildeten. Laut Bericht des Dr. med. R.________ vom 9.
Februar 2001 ging der Beschwerdegegner gemäss eigenen, von der Ehefrau
bestätigten Angaben in den letzten Jahren vor dem Unfall in der Regel bereits
um 18.00 Uhr ins Bett, wobei er zum Schlafen häufig eine Schlinge um den Kopf
legte, welche zur Extension der HWS diente.

3.2 Anhand dieser medizinischen Unterlagen ist eine hinreichend schlüssige
Beurteilung des Gesundheitszustandes vor und nach dem Unfall vom 12.
September 2000 möglich. Die aus neurologischer Sicht einzig noch bestehenden
belastungs- und bewegungsabhängigen zervikalen Beschwerden sind chronifiziert
und können therapeutisch nicht mehr beeinflusst werden. Der psychische
Gesundheitszustand ist in der Klinik E.________ psychiatrisch abgeklärt
worden, wobei sich die vom behandelnden Neurologen erkannten depressiven
Tendenzen in reduzierter Form bestätigten. Wie sich aus dem psychosomatischen
Konsilium vom 24. April 2001 zudem ergibt, steht die Anpassungsstörung vor
allem in Zusammenhang mit dem Unfallerlebnis als solchem (auf die Kühlerhaube
gehobene, an der Windschutzscheibe abgeprallte und zu Boden geschleuderte
Frau, die verletzt liegen bleibt) und weniger mit den nach dem Unfall
aufgetretenen körperlichen Beschwerden. Aus diesen Umständen ist zu
schliessen, dass sich die Symptomatik allmählich verbessert und nicht
verschlimmert hat, zumal ein Unfallerlebnis erfahrungsgemäss in der Regel mit
der Zeit psychisch verarbeitet wird. Zwar empfiehlt Dr. med. G.________ im
Bericht vom 16. April 2002 eine psychiatrische Begutachtung gestützt auf eine
Wertung der Hamilton Depressionsskala, indessen gibt er an, dass die
erreichte Gesamtpunktzahl, die einer schweren Depression entsprechen würde,
in auffälligem Kontrast zum Erscheinungsbild des Beschwerdegegners stehe.
Nach dem Gesagten ist von weiteren Abklärungen abzusehen.

3.3 Auf Grund der Akten steht fest, dass kein organisch fassbarer,
unfallbedingter Gesundheitsschaden mit entsprechendem Korrelat besteht. Ein
für das Vorliegen eines Schleudertraumas der HWS erforderliches typisches
Beschwerdebild mit einer Häufung von Beschwerden wie diffuse Kopfschmerzen,
Schwindel, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Übelkeit, rasche
Ermüdbarkeit, Visusstörungen, Reizbarkeit, Affektlabilität, Depression,
Wesensveränderung usw. (BGE 117 V 360 Erw. 4b) liegt nicht vor. Im Zeitpunkt
des Einspracheentscheids litt der Beschwerdegegner lediglich noch an einem
vertebragenen Zervikalsyndrom mit schmerzhafter Funktionseinschränkung
(Bericht des Dr. med. G.________ vom 16. April 2002) sowie an allgemeiner
psychophysischer Erschöpfung. Die Anpassungsstörung entspricht nach dem in
vorstehender Erwägung Gesagten nicht dem typischen Beschwerdebild eines
HWS-Traumas, sondern ist als selbstständige Gesundheitsschädigung zu
betrachten (vgl. RKUV 2001 Nr. U 412 S. 79 Erw. 2b). Insgesamt können die
Beschwerden im Rahmen der Kausalitätsbeurteilung weder einer
unfallspezifischen Verletzung noch einem Schleudertrauma der HWS oder einem
äquivalenten Mechanismus (RKUV 2000 Nr. U 395 S. 317 Erw. 3) zugeordnet
werden.

In einem solcher Art gelagerten Fall hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht im Urteil M. vom 9. Dezember 2004, U 344/03,
hinsichtlich eines unfallbedingten Zervikalsyndroms erwogen, die muskuläre
Dysbalance im Bereich von Nacken und Schulter und ihre typischen Folgen (wie
Instabilität und Hypomobilität der HWS, Spannungskopfschmerzen) seien
weitverbreitet. Die latente Gegenwart einer solchen alternativen Ätiologie
des Zervikalsyndroms stelle - in Verbindung mit der im Einzelfall fehlenden
Objektivierbarkeit unfallspezifischer Verletzungen - den Kausalzusammenhang
mit einem Unfall, welcher den Zervikalbereich in Mitleidenschaft zieht,
zunehmend in Frage, sobald dieser infolge wachsender zeitlicher Distanz nicht
mehr als dominanter Grund - oder zumindest als auslösender Faktor -
erscheine.
Analog ist auch der vorliegende Fall zu beurteilen. Der Beschwerdegegner litt
prätraumatisch an erheblichen Beeinträchtigungen der HWS, die eine Operation
notwendig machten und zu zeitweiliger Arbeitsunfähigkeit führten. Im Jahre
1997 kam es zu einem Rezidiv, welches spontan abheilte. Radiologisch sind
ausgeprägte degenerative Veränderungen an der gesamten HWS nachgewiesen. In
den letzten Jahren vor dem Unfall ging der Beschwerdegegner jeweils bereits
am frühen Abend zu Bett und benutzte zum Schlafen eine Schlinge, was darauf
schliessen lässt, dass auch schon damals eine deutlich reduzierte
psychophysische Belastbarkeit bestand. Wie in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestützt auf die Kurzbeurteilung der
Arbeitsgruppe für Unfallmechanik vom 27. Februar 2002 sowie die Berichte des
Dr. med. R.________ vom 2. April und 2. Juli 2002 zutreffend erörtert wird,
ist der Unfallablauf vom 12. September 2000 hinsichtlich der auf den Körper
des Beschwerdegegners einwirkenden physikalischen Kräfte einer im täglichen
Strassenverkehr häufig vorkommenden Vollbremsung gleichzusetzen, welche
erfahrungsgemäss kaum je zu Schädigungen an der für Distorsionen anfälligen
HWS führt. Unter diesen Umständen und in Berücksichtigung der fehlenden
objektivierbaren unfallspezifischen Schädigung stellt der Unfall vom 12.
September 2000 nicht die eigentliche Ursache des beeinträchtigten
Gesundheitszustandes dar, sondern bloss einen die Symptome verstärkenden
Faktor. Im Zeitpunkt der Leistungseinstellung am 8. April 2002 ist daher das
Dahinfallen des natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall vom 12.
September 2000 und dem Gesundheitsschaden mit dem im Sozialversicherungsrecht
üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
Demgemäss hat die SUVA im Einspracheentscheid vom 28. November 2002 eine
Leistungspflicht für die zervikalen Beschwerden und die allgemein
psychophysisch reduzierte Belastbarkeit mangels eines natürlichen
Kausalzusammenhangs richtigerweise verneint.

3.4 Die Anpassungsstörung bewirkt gemäss psychosomatischem Konsilium vom 24.
April 2001 keine Arbeitsunfähigkeit, weshalb eine Leistungspflicht der SUVA
(Taggeld, Rente) schon aus diesem Grund entfällt. Der Kausalitätsfrage ist
daher in diesem Zusammenhang nicht weiter nachzugehen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche
Abteilung, vom 13. April 2004 aufgehoben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
(BAG) zugestellt.

Luzern, 11. April 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: