Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 169/2004
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U 169/04

Urteil vom 27. September 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Krähenbühl

B.________, 1944, Beschwerdeführer, vertreten durch
Advokat Markus Schmid, Steinenschanze 6, 4051 Basel,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 2. April 2004)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 10. April 2003 sprach die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) dem 1944 geborenen B.________ mit Wirkung
ab 1. Mai 2003 eine Invalidenrente auf Grund einer 32%igen Erwerbsunfähigkeit
sowie eine Entschädigung für eine 20%ige Integritätseinbusse zu. In
teilweiser Gutheissung der hiegegen erhobenen Einsprache erhöhte sie den
rentenrelevanten Invaliditätsgrad mit Entscheid vom 12. August 2003 auf 36 %,
hielt jedoch bezüglich der Integritätsentschädigung an ihrem ursprünglichen
Standpunkt fest.

B.
Auf Beschwerde des Versicherten hin bestätigte das Verwaltungsgericht des
Kantons Bern mit Entscheid vom 2. April 2004 den Einspracheentscheid der SUVA
vom 12. August 2003.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B.________ wie schon im kantonalen
Rechtsmittelverfahren die Gewährung einer Invalidenrente auf der Grundlage
einer mindestens 70%igen Erwerbsunfähigkeit und einer
Integritätsentschädigung auf der Basis einer 35%igen Integritätseinbusse
beantragen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Zu prüfen ist einerseits der Invaliditätsgrad (nachstehende Erw. 2) und
andererseits die Höhe der dem Beschwerdeführer unbestrittenermassen
zustehenden Integritätsentschädigung (nachstehende Erw. 3).

1.1  Nachdem sowohl die Verfügung als auch der Einspracheentscheid der SUVA
erst nach dem 1. Januar 2003 ergangen sind, hat das kantonale Gericht
bezüglich des streitigen Rentenanspruchs zu Recht die Bestimmungen des auf
dieses Datum in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) als anwendbar
betrachtet, zumal, was von keiner Seite je in Frage gestellt wurde, auch der
Beginn des Rentenanspruchs ins Jahr 2003 (1. Mai) fällt. Ob dies auch
hinsichtlich des Anspruchs auf eine Integritätsentschädigung zutrifft, kann
dahingestellt bleiben, da sich insoweit aus dem ATSG keine materiellen
Änderungen der Rechtslage ergeben.

1.2  Die demzufolge massgebenden Normen über die Begriffe der
Erwerbsunfähigkeit und der Invalidität (Art. 7 und 8 Abs. 1 ATSG) sind im
kantonalen Entscheid richtig wiedergegeben worden, worauf verwiesen wird.
Dasselbe gilt hinsichtlich der gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch
auf eine Invalidenrente gegenüber der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 UVG)
und deren Umfang (Art. 20 Abs. 1 UVG) sowie über die Invaliditätsbemessung
bei Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG)
einschliesslich der dazu zwar noch unter der Herrschaft der bis 31. Dezember
2002 gültig gewesenen Art. 28 Abs. 2 IVG und Art. 18 Abs. 2 Satz 2 UVG
ergangenen, nach dem In-Kraft-Treten des ATSG indessen weiterhin
massgeblichen (vgl. noch nicht veröffentlichtes Urteil A. vom 30. April 2004
[I 626/03] Erw. 3.4.1 sowie BGE 114 V 313 Erw. 3a) Rechtsprechung (vgl. BGE
128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 Erw. 2a und b). Verwiesen werden kann auch auf die
von der Vorinstanz dargelegten Grundlagen für die Gewährung einer
Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1 UVG) und deren Bemessung (Art. 25
Abs. 1 UVG; BGE 115 V 147 Erw. 1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 124 V 35 Erw.
3c).

1.3  Nicht zu beanstanden sind schliesslich die vorinstanzlichen Ausführungen
zur Bedeutung ärztlicher Arbeitsfähigkeitsschätzungen für die
Invaliditätsbemessung und zum Beweiswert ärztlicher Stellungnahmen im
Allgemeinen (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis) sowie zur beweismässigen
Auswertung verschiedener Arten medizinischer Berichte (von
Versicherungsträgern eingeholte Gutachten externer Spezialärzte, Berichte
versicherungsinterner Ärzte, Parteigutachten, hausärztliche Stellungnahmen;
BGE 125 V 352 ff. Erw. 3b mit Hinweisen).

2.
SUVA und Vorinstanz stützten sich bei der Beurteilung des streitigen
Rentenanspruchs im Wesentlichen auf die Ausführungen des Kreisarztes Dr. med.

V. ________ im Bericht vom 13. Januar 2003. Nach dessen Einschätzung
anlässlich der Untersuchung vom 8. Januar 2003 sind dem Beschwerdeführer
trotz der unfallbedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen leichte bis
knapp mittelschwere, wechselbelastend, wenn möglich sitzend auszuübende
Tätigkeiten ohne Knien, Besteigen von Leitern und Gerüsten sowie von Treppen
und ohne Tragen von Lasten von mehr als 15 kg mehrmals täglich in Industrie,
Gewerbe und Administration zumutbar. In Frage kämen Kontroll- und
Überwachungsfunktionen, leichte bis mittelschwere industrielle Produktions-
oder Montagetätigkeiten, Portierdienste oder administrative Aufgaben.

2.1  Wie im kantonalen Entscheid ausführlich und mit überzeugender Begründung
dargelegt wird, erfüllt der Bericht des Kreisarztes Dr. med. V.________ vom
13. Januar 2003 die Erfordernisse, die für eine beweistaugliche ärztliche
Stellungnahme massgeblich sind, in jeder Hinsicht. Dieser Betrachtungsweise
kann sich das Eidgenössische Versicherungsgericht auch unter Berücksichtigung
der dagegen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebrachten Einwände
vollumfänglich anschliessen.
Nicht stichhaltig ist die Rüge, die Arbeitsfähigkeitsschätzung durch Dr. med.

V. ________ sei nicht begründet worden, ergibt sich diese doch direkt aus den
erhobenen Befunden und den gestützt darauf gestellten Diagnosen, ohne dass es
einer weitergehenden Begründung bedürfte. Entgegen der Argumentation des
Beschwerdeführers bieten auch die Angaben der früheren Arbeitgeberfirma,
wonach anlässlich der unternommenen Arbeitsversuche selbst bei leichter
körperlicher Beanspruchung nur eine Leistung von rund 15 % habe erbracht
werden können, keinen Anlass, zusätzliche medizinische Abklärungen in die
Wege zu leiten oder gar einzelne Kontaktpersonen der Arbeitgeberfirma
gerichtlich zu befragen. Aus deren Äusserungen vom 5. und 14. Februar sowie
vom 31. März 2003 gegenüber dem Abklärungsdienst der SUVA kann von vornherein
nicht abgeleitet werden, die kreisärztliche Beurteilung durch Dr. med.

V. ________ werde der konkreten Situation nicht gerecht, ist es doch nicht
Sache des Arbeitgebers, die medizinisch-theoretische Arbeitsfähigkeit unter
dem für die Invaliditätsbemessung ausschlaggebenden Gesichtspunkt der
Zumutbarkeit zu bestimmen. Dazu tragen im Übrigen auch die im
Einspracheverfahren beigebrachten Atteste des Dr. med. H.________ vom 23.
Juni 2003 und die darin enthaltene ungünstige Prognose hinsichtlich einer
allfälligen beruflichen Wiedereingliederung nichts bei. Unter diesen
Umständen kann nicht gesagt werden, die Vorinstanz habe, indem sie den
Anträgen auf Zeugeneinvernahmen und zusätzliche medizinische Abklärungen
nicht stattgab, den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Dies umso
weniger, als sie den fraglichen Arbeitgeberangaben durchaus Berücksichtigung
schenkte, diesen indessen keine entscheidrelevante Bedeutung abgewinnen
konnte, weil der nach dem versicherten Unfallereignis erfolgte Einsatz in der
Schlossereiabteilung der ehemaligen Arbeitgeberfirma gar nicht dem von Dr.
med. V.________ empfohlenen Anforderungsprofil entsprach. Hinzu kommt, dass
die Einsätze nach dem versicherten Unfallereignis einzig auf Grund der - nach
kreisärztlicher Feststellung ohnehin nicht unfallbedingten -
Rückenbeschwerden bloss halbtägig möglich war. Die durchaus plausible
Betrachtungsweise der Vorinstanz, welcher sich das Eidgenössische
Versicherungsgericht anschliesst, wird durch die Ausführungen in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht in Frage gestellt.

2.2  Gegen den im Rahmen des für die Invaliditätsbemessung erforderlichen
Einkommensvergleichs erfolgten Beizug der vom Bundesamt für Statistik
anlässlich der Lohnstrukturerhebung für das Jahr 2002 (LSE 2002) erhobenen
Tabellenlöhne wird in grundsätzlicher Hinsicht auch seitens des
Beschwerdeführers zu Recht nichts eingewendet. Dass SUVA und Vorinstanz dabei
auf die Tabelle TA1 abstellten, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Selbst in
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird denn auch nicht gesagt, welche andere
Tabelle den konkreten Verhältnissen eher gerecht werden würde, sondern
lediglich der bloss 15%ige Abzug von den in der Lohnkategorie 4 ausgewiesenen
Löhnen bemängelt. Mit diesem Abzug wird indessen dem Umstand, dass behinderte
Arbeitnehmer die Lohnansätze in aller Regel nicht erreichen, mit welchen
gesunde und voll einsatzfähige Personen rechnen können, hinreichend Rechnung
getragen. Weder die gesundheitsbedingten Einschränkungen - der bloss
halbtägig mögliche Arbeitseinsatz ist, wie erwähnt, nicht unfallbedingt (vgl.
Erw. 2.1 hievor) - noch das Alter oder die lange Betriebszugehörigkeit in der
früheren Arbeitgeberfirma vermögen den geltend gemachten, nach der
Rechtsprechung maximal zulässigen Abzug von 25 % (BGE 126 V 79 f. Erw. 5b) zu
rechtfertigen. Sämtliche in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde als
abzugsrelevant angeführten Faktoren ändern daran nichts. Dass der
Invaliditätsgrad rein rechnerisch nicht korrekt ermittelt worden wäre, wird
nicht geltend gemacht und ist daher nicht weiter zu prüfen.

3.
Was schliesslich die Bemessung des entschädigungsrelevanten
Integritätsschadens anbelangt, kann davon ausgegangen werden, dass der als
Kreisarzt erfahrene Dr. med. V.________ den üblichen Verlauf einer
Pangonarthrose und die beim Beschwerdeführer künftig zu erwartende
Entwicklung in seine Beurteilung mit einbezogen hat. Anhaltspunkte, welche
daran und an der Angemessenheit der prozentualen Gewichtung des
ärztlicherseits festgestellten Beschwerdebildes Zweifel aufkommen lassen
könnten, sind nicht ersichtlich. Von der beantragten Einholung einer
diesbezüglichen Expertise ist daher abzusehen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
(BAG) zugestellt.
Luzern, 27. September 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: