Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 15/2004
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2004
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2004


U 15/04

Urteil vom 7. Juli 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und nebenamtlicher Richter
Weber; Gerichtsschreiber Scartazzini

Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft, Direktion, Laupenstrasse 27, 3001
Bern, Beschwerdeführerin,

gegen

1. I.________, 1962, vertreten durch Rechtsanwalt Christian Thöny,
Bahnhofstrasse 8, 7000 Chur,
2. OeKK Kranken- und Unfallversicherungen AG, Bahnhofstrasse 9, 7302
Landquart, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Schmid, Hartbertstrasse
11, 7000 Chur, Beschwerdegegnerinnen,

Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Chur

(Entscheid vom 11. November 2003)

Sachverhalt:

A.
I. ________, die im Krankenhaus X.________ als Schwesternhilfe tätig und über
ihren Arbeitgeber obligatorisch bei den Berner Versicherungen (heute Allianz
Suisse Versicherungs-Gesellschaft) gegen Unfälle versichert war, schlug
gemäss Unfallmeldung von Dr. med. S.________, Chefarzt chirurgische Abteilung
Krankenhaus X._______, am 15. Oktober 1994 den rechten Daumen an einer
Tischkante an. Die Blutung unter dem Nagel verursachte zunehmende Schmerzen,
so dass sich I.________ am 17. Oktober 1994 erstmals in ärztliche Behandlung
begab. Das Panaritium am rechten Daumen wurde mehrfach operiert. In der am
18. August 1995 erfolgten Daumenkuppenkorrektur wurde der Nagel distal
gekürzt. Über einen Fischmaulschnitt erfolgte das Resezieren von
Narbengeweben und das Lösen von Verwachsungen, wobei der eingezogene
Hautbezirk reseziert wurde. Im ärztlichen Zwischenbericht UVG vom 5. Dezember
1995 hielt Dr. med. M.________, leitender Arzt Handchirurgie des Spitals
Y.________ fest, dass der gegebene Zustand definitiv sei und durch keine
medizinischen Massnahmen mehr verändert werden könne. Es werde vorgeschlagen,
den Fall mit einer Integritätsentschädigung von 5 % am 21. Dezember 1995
abzuschliessen. Eventuell erfolge durch die Patientin eine Anmeldung an die
Invalidenversicherung. Dementsprechend wurde I.________ am 11. Dezember 1995
eine Integritätsentschädigung von 5 % von den Berner Versicherungen
zugesprochen. Diese Verfügung erwuchs in Rechtskraft. Seit 4. November 1998
war I.________ bei Dr. med. K.________, Allgemeine Medizin FMH, Z.________,
wegen Druckdolenz vor allem des Prozessus styloideus radii rechts, weniger
der Daumengelenke in Behandlung. Eine neue Unfallmeldung wurde bei der
Unfallversicherung am 25. Januar 1999 eingereicht. Dr. med. K.________
diagnostizierte ein Schmerzsyndrom des rechten Daumens und Vorderarmes bei
posttraumatischer Beeinträchtigung der Daumenfunktion. Am 10. März 1999 nahm
Dr. med. M.________, der als Operationsdiagnose eine klinisch eindeutig
schwere Tendovaginitis stenosans de Quervain des ersten Strecksehnenfaches
rechts diagnostizierte, eine Spaltung des ersten Strecksehnenfaches vor. Dr.
med. K.________ hielt am 23. April 1999 gegenüber den Berner Versicherungen
fest, dass im Rahmen einer erhöhten beruflichen Beanspruchung als Verkäuferin
bei I.________ ab Ende September 1998 Schmerzen aufgetreten seien, welche
dauernd zugenommen hätten und mit grösserer Wahrscheinlichkeit auf die
eingeschränkte Funktion des Daumens zurückzuführen seien. In diesem Sinne
scheine ihm der Zusammenhang mit dem Unfall von 1994 mit grosser
Wahrscheinlichkeit gegeben.
Am 7. Juni 1999 stellten die Berner Versicherungen in ihrer Verfügung fest,
dass die operative Sanierung vom 10. März 1999 im Zusammenhang mit der
chronischen Tendovaginitis stenosans de Quervain nicht als Rückfall zum
Unfallereignis vom 14. Oktober 1994 (recte 15. Oktober 1994) zu werten sei.
Die Leistungspflicht der Berner Versicherungen unter dem Titel "Rückfall" sei
somit nicht gegeben.

Am 11. Juni 1999 erhoben die OeKK Kranken- und Unfallversicherung AG
(Krankenkasse OeKK) und am 23. Juni 1999 I.________ Einsprache. Die Berner
Versicherungen holten darauf am 10. August 1999 bei PD Dr. med. A.________,
Chefarzt Orthopädische Handchirurgie der Klinik B.________, ein Gutachten
ein, das am 6. Dezember 1999 abgeliefert wurde. Dort wurde festgestellt, dass
der Unfall mit Sicherheit (100 %) die Ursache der im Zeitpunkt der
Begutachtung festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigung sei. Es liege
eindeutig eine Deafferenzierungsproblematik ausgehend vom Daumenendglied vor.
Am 15. Mai 2000 wurden von den Berner Versicherungen noch Zusatzfragen an PD
Dr. med. A.________ gestellt, die am 24. August 2000 beantwortet wurden.
Dabei hielten Dr. med. W.________ und PD Dr. med. A.________ daran fest, dass
grundsätzlich der Unfall vom 17. Oktober 1994 (recte 15. Oktober 1994) mit
Sicherheit die Ursache aller darauf folgenden gesundheitlichen
Beeinträchtigungen sei. Bezüglich Schmerzzunahme müssten sie sich auf die
Anamnese der Patientin verlassen, welche versicherte, dass die Schmerzen nie
vollständig zum Verschwinden gebracht werden konnten, sondern eher wieder
zugenommen hätten. Die Berner Versicherungen stellten sich am 28. April 2000
auf den Standpunkt, dass das von ihnen eingeholte Gutachten auf Grund des
fehlenden Nachweises eines organischen Substrates es nicht erlaube, mit dem
erforderlichen Beweisgrad auf einen natürlichen Kausalzusammenhang zwischen
diesen Beschwerden und dem Ereignis vom 17. Oktober 1994 (auch hier recte 15.
Oktober 1994) zu schliessen. Gleichzeitig wurde bezüglich der am 17. März
2000 vom Rechtsvertreter von I.________ aufgeworfenen Fragestellung in
haftpflichtrechtlicher Hinsicht dargelegt, dass die Berner Versicherungen
auch Haftpflichtversicherer (und nicht nur Unfallversicherer) des Spitals
X.________ seien. Mit Schreiben vom 20. November 2000 und vom 19. Januar 2000
(recte 2001) wurde bei Dr. med. C.________, leitender Arzt Neurologie der
Klinik B.________ von der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft ein
weiteres Gutachten eingeholt, das am 12. Dezember 2001 abgeliefert wurde.
Zusammen mit der Expertise wurde auch noch ein Teilgutachten vom 14. November
2001 von Prof. Dr. med. R.________, leitender Arzt Schmerzzentrum der Klinik
B.________, vorgelegt. Die Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft legte am
18. Juni 2002 noch weitere Unterlagen bezüglich einer Dokumentationslücke
zwischen Dezember 1995 und November 1998 vor. Dr. med. H.________, der
I.________ in den Jahren 1995 bis 1997 mehrmals in seiner Sprechstunde in
Behandlung hatte, führte aus, diese sei nicht im Zusammenhang mit dem
Unfallereignis gestanden. Dr. med. K.________ behandelte I.________ wegen
eines Cervikalsyndroms und wegen Nacken- und Kopfschmerzen im Zeitraum
Dezember 1995 bis November 1998. Eine Behandlung des Daumens anlässlich der
Konsultation wegen Nacken- und Kopfschmerzen habe nicht stattgefunden. Mit
einer gewissen Wahrscheinlichkeit habe aber ein Zusammenhang des
Daumenleidens mit dem Cervikalsyndrom und eventuell mit dem
Costovertebralsyndrom bestanden. Dr. med. M.________ gab an, I.________ vom
19. Dezember 1994 bis 20. Dezember 1995 und vom 20. Januar 1999 bis 21. April
1999 behandelt zu haben. Die von der Allianz Suisse
Versicherungs-Gesellschaft gestellten Zusatzfragen auf Grund der zusätzlich
eingeholten Akten wurden am 23. Dezember 2002 von Dr. med. C.________
beantwortet, wobei dieser festhielt, dass diese Ausführungen auch mit Prof.
Dr. med. R.________ besprochen worden seien. Dr. med. C.________ legte dar,
dass aus den beigebrachten Akten nicht genügend direkt auf eine
Beschwerdefreiheit geschlossen werden könne. Eine gewisse, möglicherweise
doch erhebliche, funktionelle Beeinträchtigung des Daumens liege vor. Dieser
Arzt kam zum Schluss, dass er das von ihm verfasste Gutachten trotz
dokumentierter Widerlegung der Aussagen von I.________ prinzipiell nicht
umstossen könne, dass er aber in der Vehemenz der Symptomatik neue
Fragezeichen setze.

Mit Vorbescheid vom 20. März 2003 stellte die Allianz Suisse
Versicherungs-Gesellschaft die Abweisung der Einsprachen in Aussicht und
hielt an dieser Beurteilung mit Einspracheentscheid vom 25. Juni 2003 fest.

B.
Am 19. August 2003 erhoben I.________ und am 29. August 2003 die Krankenkasse
OeKK Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubündens. Die beiden
Beschwerdeverfahren wurden vereinigt.
Mit Entscheid vom 11. November 2003 wurden die Beschwerden gutgeheissen und
die Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft verpflichtet, für die im Januar
1999 gemeldeten Beschwerden die gesetzlichen Leistungen aus der
Unfallversicherung zu erbringen.

C.
Die Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft (Beschwerdeführerin) erhebt
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und legt einen bei PD Dr. med. D.________,
Spezialarzt Chirurgie FMH, eingeholten Bericht vom 14. Januar 2004 auf. Es
wird in Bestätigung des Einspracheentscheides vom 25. Juni 2003 die Aufhebung
des kantonalen Entscheides anbegehrt.

Die Vorinstanz, I.________ (Beschwerdegegnerin 1) und die Krankenkasse OeKK
(Beschwerdegegnerin 2) beantragen die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. I.________ verlangt ausserdem die
unentgeltliche Rechtsverbeiständung. Das Bundesamt für Gesundheit, Abteilung
Kranken- und Unfallversicherung, verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die massgebenden Bestimmungen und die Grundsätze
über die Gewährung von Versicherungsleistungen bei Unfällen in allen Teilen
ausführlich dargetan. Insbesondere hat es die Vorschriften und die Grundsätze
über die Gewährung von Versicherungsleistungen bei Unfällen (Art. 6 Abs. 1
UVG), zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten
natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem
eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) (BGE 119 V 337 Erw. 1,
118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen) sowie über das Erfordernis des adäquaten
Kausalzusammenhangs (BGE 125 V 461 f. Erw. 5a, 123 V 103 Erw. 3d, 139 Erw.
3c, 122 V 416 Erw. 2a, 121 V 49 Erw. 3a; RKUV 1997 Nr. U 272 S. 172 Erw. 3a),
namentlich bei Rückfällen (Art. 11 UVV; BGE 127 V 457 Erw. 4b, 118 V 296 Erw.
2c), zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin betrachtet die Meldung vom 25. Januar 1999 als
Rückfall und macht geltend, der Fall sei im Dezember 1995 mit der Ausrichtung
einer Integritätsentschädigung abgeschlossen worden. Im Dispositiv der
Verfügung vom 11. Dezember 1995 ist jedoch eine Integritätsentschädigung
zugesprochen worden. Eine Einstellung der Versicherungsleistungen wurde nicht
verfügt. Zwar wird auf Seite 1 in den Motiven Art. 11 UVV und die damit
gegebene Möglichkeit, Versicherungsleistungen auch für Rückfälle und
Spätfolgen zu gewähren, erwähnt. Diese Ausführungen machen im Bezug auf die
Ausrichtung der Integritätsentschädigung indessen keinen Sinn. So wurde in
dieser Verfügung nicht beurteilt, ob die Beschwerdegegnerin 1 Ansprüche auf
Rentenleistungen habe oder nicht, ob noch weitere medizinische Vorkehren zu
treffen seien oder ob die Übernahme von Heilungskosten eingestellt werde. Es
liegt somit keine Konstellation vor, wo die Leistungen aus obligatorischer
Unfallversicherung vor dem nun von der Vorinstanz aufgehobenen
Einspracheentscheid integral eingestellt resp. abgelehnt worden wären (vgl.
dazu Urteil V. vom 28. Juni 2001, U 50/1999). Wenn die Beschwerdeführerin
resp. die Berner Versicherungen als ihre Rechtsvorgängerin nur einen
unvollständigen Fallabschluss vornahmen, indem sie lediglich die Höhe der
Integritätsentschädigung festlegten, so kann sich die Beschwerdeführerin nun
nachträglich nicht auf etwas anderes berufen. War die Angelegenheit damals
für sämtliche Leistungen aus obligatorischer Unfallversicherung
abgeschlossen, dann hätte auch eine Verfügung mit entsprechendem Inhalt
ergehen und dabei nicht nur der Beschwerdegegnerin 1, sondern auch der
Beschwerdegegnerin 2 eröffnet werden müssen. Auf Grund des Verteilers auf der
Verfügung vom 11. Dezember 1995 ist jene jedoch nebst der Beschwerdegegnerin
1 lediglich noch dem Krankenhaus X.________ zugestellt worden. Eine
Zustellung an die Beschwerdegegnerin 2 war damals gar nicht erfolgt. Die
Beschwerdegegnerin 1 wie auch die Beschwerdegegnerin 2 hätten aber bei einer
integralen Einstellung der Versicherungsleistungen aus obligatorischer
Unfallversicherung im Rahmen einer formellen Verfügung im Dezember 1995 die
Möglichkeit gehabt, sich gegen ein solches Vorgehen mit der Ergreifung von
Rechtsmitteln zu wehren. Insbesondere bei der Beschwerdegegnerin 1, für die
gemäss dem ärztlichen Zwischenbericht von Dr. med. M.________ eventuell eine
Anmeldung bei der Invalidenversicherung in Aussicht stand, kann dies nicht a
priori ausgeschlossen werden.

2.2 Die Beschwerdeführerin resp. die Berner Versicherungen als ihre
Rechtsvorgängerin hätten vor einem Fallabschluss im Jahre 1995 auch nicht nur
auf die bei den Akten liegenden Unterlagen abstellen dürfen. So verfasste Dr.
M.________ am 5. Dezember 1995 lediglich einen ärztlichen Zwischenbericht,
wobei auf der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Kopie nicht der ganze
Text erkennbar ist. Auch wurde kein umfassender medizinischer
Abschlussbericht eingeholt, was wohl bei einer über 14 Monate andauernden
medizinischen Behandlung mit mehreren Operationen am Platz gewesen wäre. Es
ist somit festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin im Jahre 1995 keinen
rechtskräftigen Abschluss der Angelegenheit vorgenommen hat. Daher bleibt es
der Beschwerdeführerin, welche die Versäumnisse der Berner Versicherungen als
ihrer Rechtsvorgängerin selbst zu tragen hat, auch verwehrt, sich nun auf
einen bereits früher erfolgten rechtskräftigen Fallabschluss zu berufen und
auf die am 25. Januar 1999 erneut geltend gemachten Beschwerden der
Beschwerdegegnerin 1 nur unter den Voraussetzungen eines Rückfalles
einzutreten.

Wesentlich ist dies insbesondere auch bezüglich der Beweislastverteilung. Die
Leistungspflicht des Unfallversicherers entfällt erst dann, wenn der Unfall
nicht die natürliche und adäquate Ursache des Schadens darstellt, wenn also
Letzterer nur noch und ausschliesslich auf unfallfremden Ursachen beruht.
Dies trifft dann zu, wenn entweder der "krankhafte" Gesundheitszustand, wie
er unmittelbar vor dem Unfall bestanden hat (status quo ante), oder aber
derjenige Zustand, wie er sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines
krankhaften Vorzustandes auch ohne Unfall früher oder später eingestellt
hätte (status quo sine), erreicht ist (RKUV 1994 Nr. U 206 S. 328 Erw. 3b mit
Hinweisen). Ebenso wie der leistungsbegründende natürliche Kausalzusammenhang
muss das Dahinfallen jeder kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen
eines Gesundheitsschadens mit dem im Sozialversicherungsrecht allgemein
üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein.
Da es sich um eine anspruchsaufhebende Tatfrage handelt, liegt die Beweislast
- anders als bei der Frage, ob ein leistungsbegründender natürlicher
Kausalzusammenhang gegeben ist - nicht beim Versicherten, sondern beim
Unfallversicherer (RKUV 2000 Nr. U 363 S. 46 Erw. 2 mit Hinweisen). Dabei
muss nicht etwa der Beweis für unfallfremde Ursachen erbracht werden. Welche
Ursachen ein nach wie vor geklagtes Leiden hat, ob es Krankheitsursachen, ein
Geburtsgebrechen oder degenerative Veränderungen sind, ist unerheblich. Denn
es ist nicht so, dass der Unfallversicherer bei einmal bejahter
Unfallkausalität so lange haftet, als er unfallfremde Ursachen nicht mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen vermag. Entscheidend ist
allein, ob unfallbedingte Ursachen eines Gesundheitsschadens ihre kausale
Bedeutung verloren haben, ob diese also dahingefallen sind (RKUV 1994 Nr. U
206 S. 329 Erw. 3b). Ebenso wenig geht es darum, vom Unfallversicherer den
negativen Beweis zu verlangen, dass kein Gesundheitsschaden mehr vorliegt
oder dass die versicherte Person nun bei voller Gesundheit sei (Urteil O. vom
31. August 2001, U 285/00 sowie Urteil Z. vom 18. Dezember 2003, U 258/02).

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin hat verschiedene Gutachten und Teilgutachten
eingeholt. Diese vermögen aber letztlich ihre Argumentationsweise, es sei
weder ein natürlicher noch ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen den
heute von der Beschwerdeführerin geklagten Beschwerden und dem Unfallereignis
vom 15. Oktober 1994 gegeben, nicht zu stützen. Zwar setzte Dr. C.________ in
der Vehemenz der Symptomatik neue Fragezeichen, stiess aber die von ihm
vorgenommene Beurteilung in seinem Gutachten vom 12. Dezember 2001, wo er
gleich wie die Handchirurgen Dr. W.________ und PD Dr. A.________ in deren
Gutachten vom 6. Dezember 1999 auf eine Unfallkausalität schloss, auch in
seinen Ausführungen vom 23. Dezember 2002 nicht um. Die Gutachten von Dr.
C.________ sowie von Prof. R.________ und der Dres. W.________ und A.________
wurden von unabhängigen Experten erstellt und bei der Gutachtenserstellung
wurden die von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (BGE 125 V
352 ff. Erw. 3; vgl. dazu Kieser, Kommentar ATSG, Art. 44 Rz 19) eingehalten.
Dr. med. C.________ hat sich auch noch eingehend mit der Dokumentationslücke
zwischen Dezember 1995 und Januar 1999 und den diesbezüglich von den Parteien
vorgelegten Unterlagen auseinandergesetzt und trotzdem an seiner Beurteilung
festgehalten. PD Dr. med. D.________ führt zwar in seinem Bericht vom 14.
Januar 2004 (das kein Gutachten darstellt, weil die dafür notwendigen
Merkmale nicht gegeben sind) an, dass die Qualität der vorliegenden
Expertenberichte nach seiner Auffassung mit Ausnahme der Stellungnahme Prof.
Dr. med. R.________s nicht den heute gestellten Anforderungen entsprechen
würden. Eine derart pauschale und unbegründete Kritik ist jedoch nicht zu
berücksichtigen. Es ist auch auffallend, dass lediglich PD Dr. med.
D.________ und Dr. med. E.________ generell eine Unfallkausalität verneinen,
währenddem die eingeholten Gutachten eine andere Wertung vornehmen.
Bemerkenswert ist auch, dass die Beschwerdeführerin selber resp. die Berner
Versicherungen in den Personen von Dr. med. E.________ und PD Dr. med.
D.________ Chirurgen beizog, die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin am
20. November 2000 aber gegenüber Dr. med. C.________ darlegte, dass sie auf
Grund der im Rahmen der von der Abteilung Handchirurgie der Klinik B.________
gestellten Diagnosen der Ansicht sei, dass der Fall eine Beurteilung durch
einen Fachspezialisten der Neurologie erfordere. Die von PD Dr. med.
D.________ als Chirurge geäusserte Kritik an einem neurologischen Gutachten
vermag daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu überzeugen.

3.2 Die Beschwerdegegnerin 1 hat im Rahmen der Begutachtung bei Dr. med.
C.________ und Prof. Dr. med. R.________ unzutreffende Angaben darüber
gemacht, dass sie auch im Zusammenhang mit den Beschwerden am Daumen während
der Zeitperiode Dezember 1995 bis Januar 1999 in ärztlicher Behandlung
gewesen sei. Immerhin bemerkte Dr. med. K.________, Allgemeinmedizin FMH, am
16. April 2002, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein Zusammenhang
des Daumenleidens mit dem Cervikalsyndrom und evt. mit dem
Costovertebralsyndrom, weswegen er die Beschwerdegegnerin 1 behandelte,
bestanden habe. Auch ist der Hinweis von Dr. med. F.________, Vertrauensarzt
der Beschwerdegegnerin 2, nicht abwegig, dass bei der Anamneseerhebung die
chronologischen Folgen und die Zuordnung der Probleme über Jahre von
chronischen Krankheiten nicht "sauber" wiedergegeben werden. Eine ähnliche
Feststellung muss auch bei Zeugenaussagen gemacht werden, die sich auf einen
länger zurückliegenden Zeitraum beziehen (vgl. dazu Thomas Zweidler, Die
Würdigung von Aussagen, ZBJV 1996 S. 114).

Insgesamt kann daher auf Grund der verschiedenen Expertisen und der andern im
Recht liegenden Akten nicht angenommen werden, dass das Dahinfallen jeder
kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen eines Gesundheitsschadens mit
dem im Sozialversicherungsrecht allgemein üblichen Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist. Insbesondere ist noch
beizufügen, dass die Gerichtsbehörde ihre eigene Meinung ohne überzeugende
Begründung nicht über diejenige der sachverständigen Personen stellen darf
(AHI-Praxis 2000 S. 145 ff.). Gründe, die ein derartiges Abweichen von den
eingeholten Expertisen erlauben würden und wie sie in der Lehre (vgl. Kieser,
a.a.O. Rz 17-21) aufgeführt werden, sind nicht auszumachen.

4.
Die Beschwerdeführerin beruft sich auf zwei Entscheide des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts (Urteil A. vom 24. Oktober 2001, U 458/00, sowie B. vom
17. Mai 2002, U 293/01) und will daraus ableiten, dass wegen fehlenden
Brückensymptomen während der Dokumentationslücke vom Dezember 1995 bis Januar
1999 kein Kausalzusammenhang gegeben sei. Die Prüfung der diesen Entscheiden
zu Grunde liegenden Sachverhalte zeigt jedoch, dass jene mit der vorliegend
zu beurteilenden Situation nicht vergleichbar sind. So wird im Urteil B. (U
293/01) explizit angegeben, dass der Fall bei der Versicherung abgeschlossen
wurde und auch beim Urteil A. (U 458/00) ist von der gleichen Situation
auszugehen. In beiden Fällen sind viel kürzere Behandlungszeiträume von zwei
Monaten (Urteil A) resp. von lediglich 21 Tagen (Urteil B) auszumachen. Dies
ist daher nicht vergleichbar mit dem vorliegenden Fall mit einer mehr als 14
Monate andauernden Behandlungsphase sowie mehreren Operationen, wobei am 5.
Dezember 1995 Dr. med. M.________ auch noch eine mögliche IV-Anmeldung in
Aussicht stellte.

5.
5.1 Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass die Vorinstanz das Vorliegen der
adäquaten Kausalität nicht überprüft habe. Auf Grund der Ausführungen in
ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zu schliessen, dass sie offenbar der
Auffassung ist, es seien lediglich psychische Gründe für die bei der
Beschwerdegegnerin 1 gegebenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorhanden.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Deafferenzierungsproblematik
(Deafferenzierung: Ausschaltung der sensiblen Impulse [Afferenzen] entweder
traumatisch bedingt oder durch operative Unterbrechung der segmentären
sensiblen Fasern der hinteren Spinalnervenwurzeln; so Roche, Lexikon Medizin,
5. Auflage) nicht als bloss psychisches Leiden abgetan werden kann. Dr. med.
C.________ schloss sich als Neurologe der Beurteilung der Handchirurgen an,
die eine Deafferenzierungsproblematik ausgehend vom Daumenendglied annahmen.
Auch Prof. Dr. med. R.________ geht davon aus, dass die schier endlose Anzahl
von Operationen einer iatrogenen (ärztlich verursachten) Fixierung
entsprechen dürfte. Da diese Operation(en) im Zusammenhang mit dem initialen
Trauma gemacht worden seien, müssten wohl diese und die daraus resultierenden
Folgen als unfallkausal angeschaut werden. Irgendwelche Artefakte im Sinne
von Art. 37 UVG sind nicht aktenkundig, so dass auch aus diesem Grund keine
Ablehnung von Versicherungsleistungen begründet werden könnte.

5.2 Sollte die iatrogene Fixierung tatsächlich durch die zahlreichen
Operationen entstanden sein, so müsste in jenem Fall auch Art. 6 Abs. 3 UVG,
wonach die Versicherung ihre Leistungen für Schädigungen, die dem
Verunfallten bei der Heilbehandlung zugefügt werden, erbringt, berücksichtigt
werden, bevor der adäquate Kausalzusammenhang verneint werden könnte. Die
Bemerkungen von Prof. Dr. med. R.________ in dessen Teilgutachten genügen
jedenfalls nicht, den Wegfall jeglicher somatischer gesundheitlicher
Beeinträchtigungen, wofür die Beschwerdeführerin beweispflichtig wäre, zu
belegen, nachdem sowohl von Dr. med. C.________ wie auch von den
Handchirurgen Dr. med. W.________ und PD Dr. med. A.________ in der
diagnostizierten Deafferenzierungsproblematik ein somatisches Leiden
festgestellt wurde. Daher kann - zumindest auf Grund der vorhandenen
Aktenlage - die Adäquanz nicht verneint werden, da nicht ausschliesslich
psychische Störungen vorhanden sind (vgl. Rumo-Jungo, Rechtsprechung des
Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die
Unfallversicherung, 3. Aufl., S. 53).

5.3 Selbst wenn bloss noch ausschliesslich psychische Störungen bei der
Beschwerdegegnerin 1 gegeben wären, so wäre die Adäquanz gerade wegen der
langen Dauer der ärztlichen Behandlung von 14 Monaten allein bis Dezember
1995 und der Vielzahl während dieser Zeitperiode ausgeführter Operationen,
auf die Prof. Dr. med. R.________ in seinem Teilgutachten speziell hinwies,
zu bejahen. Die durch die "schier endlose Anzahl von Operationen" verursachte
iatrogene Fixierung lässt ebenfalls auf eine ungewöhnlich lange Dauer der
ärztlichen Behandlung schliessen. Eine ärztliche Fehlbehandlung bildet
ebenfalls ein wichtiges Kriterium der Adäquanzprüfung. Gemäss BGE 115 V 140
Erw. 6c/bb ist im Übrigen der Einbezug sämtlicher objektiver Kriterien nicht
in jedem Fall erforderlich.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann daher auch nicht wegen einer nicht
mehr gegebenen Adäquanz gutgeheissen werden. Sie ist somit abzuweisen und der
Entscheid der Vorinstanz im Ergebnis zu bestätigen.

6.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend
steht der Beschwerdegegnerin 1 zu Lasten der Beschwerdeführerin eine
Parteientschädigung zu. Das Begehren der Beschwerdegegnerin 1 um
unentgeltliche Rechtspflege ist somit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft hat I.________ für das
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine
Parteientschädigung von Fr. 2'500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt.

Luzern, 7. Juli 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: