Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 14/2004
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U 14/04

Urteil vom 1. Oktober 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiberin Fleischanderl

B.________, 1943, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Hugo Feuz,
Justingerweg 18, 3005 Bern,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 19. November 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1943 geborene B.________ war seit dem 16. Mai 1994 als Vorarbeiter bei
der in Bern domizilierten Firma M.________ AG angestellt und in dieser
Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) u.a.
gegen die Folgen von Berufsunfällen versichert. Am 15. Juni 1999 griff ihn
ein Anwohner auf der Baustelle seiner Arbeitgeberin tätlich an, wodurch er
umgestossen wurde und eine Radiusfraktur am linken Arm sowie eine massive
lumbosakrale Kontusion erlitt. Nach konservativer Behandlung der Verletzungen
nahm B.________ seine Tätigkeit am 11. September 1999 wiederum im Rahmen
eines 50 %-Pensums auf, musste diese aber im Dezember 1999 auf Grund der
operativen Sanierung eines - unfallfremden - Karpaltunnelsyndroms an beiden
Händen erneut niederlegen. Anschliessend ging er seiner Arbeit nurmehr
unregelmässig teilzeitlich nach und hielt sich, nachdem sich die Beschwerden
zufolge eines chronischen Panvertebralsyndroms nicht verbessert hatten, vom
25. August bis 15. September 2000 in der Rehabilitationsklinik X.________
auf. Das Anstellungsverhältnis wurde auf den 31. August 2001 durch die
Arbeitgeberin aufgelöst. Die SUVA liess den Versicherten kreisärztlich
untersuchen (Berichte des Dr. med. K.________ vom 6. April und 7. Dezember
2000 sowie des Dr. med. U.________ vom 20. Juli 2000) und holte u.a. einen
Bericht des Dr. med. S.________, Spezialarzt FMH für Neurochirurgie, Spital
Y.________, vom 13. März 2000 ein. Gestützt darauf verfügte sie am 19. Juni
2001 die Einstellung der bisher erbrachten Leistungen (Heilbehandlungskosten,
Taggelder) mit sofortiger Wirkung. Daran hielt sie auf Einsprache hin - nach
Beizug einer Beurteilung durch Dr. med. I.________, Facharzt FMH für
Orthopädische Chirurgie, Ärzteteam Unfallmedizin, vom 13. November 2001 -
fest (Einspracheentscheid vom 16. Juli 2002).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 19. November 2003 ab. Vorgängig hatte es den Parteien
Gelegenheit geboten, zu einem bei der Eidgenössischen Invalidenversicherung
edierten interdisziplinären Gutachten des Dr. med. H.________, Psychiatrie
Psychotherapie FMH, und der Frau Dr. med. R.________, Rheumatologie FMH, vom
April 2002 Stellung zu nehmen, wovon die SUVA mit Auflegung eines ergänzenden
Berichts des Dr. med. I.________ vom 26. März 2003 Gebrauch machte.

C.
B. ________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Beschwerdegegnerin zu
verpflichten, ihm die ab 19. Juni 2001 "vorenthaltenen
Versicherungsleistungen (Taggelder) nebst Zins zu 5 % ab jeweiligem Verfall"
auszuzahlen.
Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze über die
Gewährung von Versicherungsleistungen bei Unfällen (Art. 6 Abs. 1 UVG [in
Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 UVV, in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft
gestandenen Fassung]), zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers
vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis
und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 119 V 337
Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 129 V 181 Erw. 3.1
mit Hinweisen), zur im Weiteren erforderlichen Adäquanz des
Kausalzusammenhangs im Allgemeinen (BGE 125 V 461 f. Erw. 5a; vgl. auch BGE
127 V 102 Erw. 5b/aa mit Hinweisen) und bei psychischen Unfallfolgen im
Besonderen, namentlich den dabei zu beachtenden Kriterien (BGE 115 V 138 ff.
Erw. 6 f.), zu dem im Sozialversicherungsrecht allgemein üblichen Beweisgrad
der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 119 V 338 Erw. 1, 118 V 289 Erw.
1b; vgl. auch BGE 126 V 360 Erw. 5b mit Hinweisen) sowie zur Beweiswürdigung
medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a; AHI 2000 S. 152
Erw. 2b) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. Richtig ist ferner,
dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den
Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im
vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des
Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 16. Juli 2002)
eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2,
169 Erw. 1, 356 Erw. 1, je mit Hinweisen). Im Übrigen ist der zu prüfende
Fallabschluss per 19. Juni 2001 - und damit ebenfalls vor In-Kraft-Treten des
ATSG - erfolgt.

2.
2.1 Das kantonale Gericht hat in einlässlicher und sorgfältiger Würdigung der
medizinischen Unterlagen, insbesondere des die rechtsprechungsgemäss
erforderlichen Kriterien (vgl. BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis) für
beweiskräftige ärztliche Entscheidungsgrundlagen erfüllenden ausführlichen
Berichtes des Dr. med. I.________ vom 13. November 2001 (samt ergänzendem
Schreiben vom 26. März 2003), richtig erkannt, dass keine über den 19. Juni
2001 (Einstellung der Leistungen durch die SUVA) hinausgehenden, klar
fassbaren und zu einer Arbeitsunfähigkeit führenden physischen Befunde mehr
vorlagen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dem Unfallereignis vom 15.
Juni 1999 zugeordnet werden können. Auch die mit Magnetresonanztomographie
(MRI) der Lendenwirbelsäule (LWS) vom 31. Januar 2000 - und damit rund ein
halbes Jahr nach dem Sturz - erstmals nachgewiesene Diskushernie ist, wie Dr.
med. I.________ überzeugend darlegt, nicht unfallkausal, zumal sie sich
gemäss MRI-Befund vom 31. Juli 2000 bereits sechs Monate später wieder
zurückgebildet hatte.

2.2  Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde dagegen erhobenen Einwände sind
nicht geeignet, die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und die daraus
abgeleiteten Schlussfolgerungen in Zweifel zu ziehen oder zu entkräften.

2.2.1  Soweit der Versicherte geltend macht, Dr. med. K.________ habe in
seinem Bericht vom 7. Dezember 2000 die natürliche Kausalität der
Rückenbeschwerden bejaht, ist ihm zum einen entgegenzuhalten, dass das
Vorliegen unfallversicherungsrechtliche Leistungen auslösender
Gesundheitsschädigungen bis zum 19. Juni 2001 anerkannt worden war. Zum
anderen bezogen sich die Aussagen des Kreisarztes auf die ebenfalls
diagnostizierte somatoforme Schmerzverarbeitungsstörung bei psychosozialer
Belastungssituation, welche indes psychischen und nicht organischen Ursprungs
ist. Ferner betonte Dr. med. K.________ gleichenorts, dass auf rein
klinischer Basis vorläufig kein Befund ersichtlich sei, der dem Versicherten
eine schrittweise Wiedereingliederung ins Berufsleben verunmögliche, bzw.
keine Hinweise für einen relevanten strukturellen unfallbedingten Schaden an
der Wirbelsäule bestünden. Bereits mit Bericht vom 6. April 2000 hatte der
Arzt zudem festgehalten, dass die Diskushernie durch den Direktschlag gegen
die Lendenwirbelsäule, wovon das Hämatom zeuge, nicht habe verursacht werden
können, sondern lediglich traumatisiert worden und das Erreichen eines Status
quo sine zu erwarten sei.

2.2.2  Der Umstand allein, dass Dr. med. J.________ in seinem Bericht vom 7.
Mai 2001 einen "somatischen und psychischen Therapieansatz" für gegeben
hielt, lässt ferner noch keine Rückschlüsse auf die Frage der natürlichen
Unfallkausalität des somatischen Beschwerdebildes zu. Des Weitern war auf den
Beizug der SUVA-Akten wie auch auf eine ausdrückliche Stellungnahme zum
Kausalzusammenhang verzichtet worden.

2.2.3  Dr. med. S.________ gelangte sodann gestützt auf eine konsiliarische
Untersuchung vom 13. März 2000 zum Schluss, dass ein kausaler Zusammenhang
zwischen dem Sturz vom 15. Juni 1999 und den Rückenschmerzen - zu diesem
Zeitpunkt - nicht negiert werden könne, was vor dem Hintergrund, dass die
SUVA denn auch bis zum 19. Juni 2001 Leistungen erbracht hat, indessen zu
keinen Weiterungen Anlass gibt.

2.2.4  Weder Dr. med. H.________ noch Frau Dr. med. R.________ hatten sich im
Übrigen in ihren zuhanden der Eidgenössischen Invalidenversicherung
erstellten Teilgutachten vom April 2002 zur Unfallkausalität geäussert. Beide
gingen - abgesehen von erheblichen degenerativen Veränderungen der
Wirbelsäule - zur Hauptsache von einem psychischen und psychosomatischen
Beschwerdebild aus.

2.3
2.3.1Ob schliesslich ein natürlicher (Teil-)Kausalzusammenhang zwischen dem
Unfall vom 15. Juni 1999 und den die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit
einschränkenden psychischen Gesundheitsschäden besteht, bedarf keiner
abschliessenden Prüfung. Denn es fehlt - wie Vorinstanz und
Beschwerdegegnerin im Ergebnis zutreffend erkannt haben - jedenfalls an der
Adäquanz des Kausalzusammenhanges, welche nach der zu psychischen
Fehlentwicklungen nach Unfällen ergangenen Rechtsprechung gemäss BGE 115 V
133 ff. (vgl. Erw. 1 hievor) zu beurteilen ist.

2.3.2  Auch wenn der Vorfall vom 15. Juni 1999 in Anbetracht seines Hergangs
sowie der dabei erlittenen Verletzungen entgegen der Betrachtungsweise des
kantonalen Gerichts wohl nicht als gewöhnlicher Stolpersturz - und damit
nicht als im Sinne der Adäquanzrechtsprechung (BGE 115 V 139 Erw. 6a) banaler
sondern als ein im mittleren Bereich den leichteren Ereignissen zuzuordnender
Unfall - qualifiziert werden muss, sind die in die Prüfung
miteinzubeziehenden Kriterien (BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa) weder in gehäufter
Weise erfüllt, noch ist eines der Kriterien in besonders ausgeprägter Form
gegeben. Aus den medizinischen Unterlagen ergeben sich hinsichtlich der
allein massgeblichen unfallbedingten physischen Beeinträchtigungen (RKUV 1993
Nr. U 166 S. 94 Erw. 2c mit Hinweisen) keine Hinweise auf eine ungewöhnlich
lange Dauer der ärztlichen Behandlung, Dauerschmerzen oder einen schwierigen
Heilungsverlauf mit erheblichen Komplikationen. Ebenfall zu verneinen ist das
Kriterium der lange dauernden, erheblichen und auf körperlichen
Unfallursachen beruhenden Arbeitsunfähigkeit, bestätigten doch insbesondere
die Dres. med. H.________ und R.________ in deren Gutachten vom April 2002 -
nebst der auf psychische und psychosomatische Störungen zurückzuführenden
Beeinträchtigung des Leistungsvermögens - lediglich eine Reduktion der
Belastbarkeit für schwere körperliche Tätigkeiten zufolge der degenerativen
Veränderungen der Gesamtwirbelsäule.

3.
Ebenso wenig ist schliesslich der für die Bejahung einer (gegebenfalls zu
Leistungen der Unfallversicherung führenden) Berufskrankheit im Sinne von
Art. 9 Abs. 1 oder 2 UVG (je in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft
gestandenen Fassung) erforderliche qualifizierte Kausalzusammenhang zu der
versicherten Tätigkeit ersichtlich, zumal es bezogen auf Art. 9 Abs. 1 UVG
bereits an einer arbeitsbedingten Erkrankung im Sinne der Ziff. 2 des Anhangs
I zur UVV fehlt.

4.
Nachdem die über den 19. Juni 2001 hinaus geltend gemachte Arbeitsunfähigkeit
auch nicht teilweise unfall- oder berufskrankheitsbedingt ist, gelangen
vorliegend weder Art. 16 Abs. 1 und 2 UVG noch Art. 36 Abs. 1 UVG (je in der
bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) zur Anwendung. Auch kann
keine Übergangsrente im Sinne von Art. 30 Abs. 1 UVV (ebenfalls in der bis
Ende Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung) gewährt werden.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
(BAG) zugestellt.
Luzern, 1. Oktober 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: