Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U.206/2004
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U 206/04

Urteil vom 14. März 2005
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Kernen; Gerichtsschreiberin
Weber Peter

S.________, 1970, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Heinz O.
Haefele, Bahnhofstrasse 10, 8340 Hinwil,

gegen

Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft, Steinengraben 41, 4051
Basel, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 29. April 2004)

Sachverhalt:

A.
Die 1970 geborene S.________ ist seit 19. April 1988 als Fachspezialistin bei
der U.________ AG tätig und auf Grund dieses Arbeitsverhältnisses bei der
Schweizerischen National-Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: National)
obligatorisch gegen Unfälle versichert. Am 14. Januar 2000 kam sie in Dunk
Island (Australien) beim Schwimmen im Meer mit einer Qualle in Berührung, was
zu Atmungsproblemen, Herz- und Gliederschmerzen führte. Die
Unfallversicherung übernahm die nachfolgende Heilbehandlung, welche am 20.
März 2000 abgeschlossen wurde, und gewährte die entsprechenden Taggelder.

Die Versicherte begab sich am 16. Januar 2001 aufgrund diverser allergischer
Beschwerden erneut in Behandlung. Zur Abklärung ihrer Leistungspflicht holte
die National verschiedene medizinische Unterlagen ein, insbesondere einen
Bericht des Dr. med. I.________, Spezialarzt FMH für Dermatologie und
Venerologie, speziell Andrologie, (vom 15. Juni 2001) und einen Bericht des
Prof. Dr. med. W.________, leitender Arzt der Allergiestation der
Dermatologischen Klinik des Spitals X.________ (vom 6. Mai 2002). Nach
ergänzenden Rückfragen bei Prof. Dr. med. W.________ stellte die Versicherung
mit Verfügung vom 12. Mai 2003 fest, dass die Wahrscheinlichkeit eines
Zusammenhangs zwischen den am 14. Januar 2000 erlittenen Quallenverletzungen
und den asthmatischen Beschwerden weniger als 50 % betrage und verneinte die
diesbezügliche Leistungspflicht. Auf Einsprache hin hielt sie an ihrem
Standpunkt fest (Einspracheentscheid vom 2. September 2003).

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich ab (Entscheid vom 29. April 2004).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt S.________ erneut beantragen, in
Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Unfallversicherung zu
verpflichten, die vollen Leistungen zu erbringen. Zudem seien sämtliche Akten
des Universitätsspitals beizuziehen und es sei ein Obergutachten anzuordnen.
Während die National auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidgenössische Versicherungsgericht
letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne
von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Im
verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur
Rechtsverhältnisse zu überprüfen bzw. zu beurteilen, zu denen die zuständige
Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung
genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise
weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem
Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und
insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 125 V 414 Erw. 1a, 119 Ib 36 Erw.
1b, je mit Hinweisen).

Gegenstand der angefochtenen Verfügung und des Einspracheentscheides bildet
einzig die Kausalität zwischen der Quallenberührung und dem Asthmaleiden der
Beschwerdeführerin. Was die mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend
gemachten weiteren gesundheitlichen Beschwerden, wie Herzrasen, Kopfschmerzen
oder Histaminintoleranz anbelangt, ist festzustellen, dass dazu bislang keine
Verfügung ergangen ist. Damit fehlt es diesbezüglich an einem
Anfechtungsgegenstand und mithin an einer Sachurteilsvoraussetzung, womit
darauf nicht eingetreten werden kann.

2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den für die
Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers vorausgesetzten
natürlichen Kausalzusammenhang zwischen Unfallereignis und eingetretenem
Schaden (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 129 V 181 Erw. 3.1 mit Hinweisen) sowie zu den für den Beweiswert von
Arztberichten und medizinischen Gutachten massgebenden Anforderungen (BGE 125
V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw.1c) zutreffend dargelegt. Richtig wiedergegeben
hat die Vorinstanz auch das im Sozialversicherungsrecht geltende Prinzip des
Beweisgrades der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. auch BGE 129 V 181
Erw. 3.1, 126 V 360 Erw. 5b, 125 V 195 Erw. 2, je mit Hinweisen) sowie die
Rechtsprechung zur Anwendung der Beweislastregeln im
sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren
(BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

3.
Strittig und zu prüfen ist hier einzig, ob die geltend gemachten
Asthmabeschwerden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die
Quallenberührung vom 14. Januar 2000 zurückzuführen sind, während die
ebenfalls diagnostizierte Urtikaria anerkanntermassen kausal zu diesem
Ereignis ist.

4.
4.1 Die Vorinstanz hat im einlässlich begründeten Entscheid nach zutreffender
Würdigung der medizinischen Akten insbesondere gestützt auf die Berichte der
Klinik X.________ (vom 6. Mai 2002, 23. Januar 2003 und 8. April 2003)
erkannt, dass die Asthmaerkrankung der Beschwerdeführerin nicht mit dem im
Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 14. Januar 2000 zurückzuführen ist
und mithin der erforderliche natürliche Kausalzusammenhang nicht besteht.
Dies ist nicht zu beanstanden. Entgegen den Vorbringen in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind die medizinischen Berichte des Spitals
X.________ nicht mangelhaft, sondern entsprechen durchaus den
höchstrichterlichen Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE
125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw. 1c). Sie sind für die hier streitigen
Belange umfassend (unter Berücksichtigung der medizinischen Literatur über
Quallenbisse erstellt), beruhen auf allseitigen Untersuchungen,
berücksichtigen die geklagten Beschwerden, sind in Kenntnis der Vorakten
abgegeben worden und sind in der Darlegung der medizinischen Situation
einleuchtend. Die Ausführungen von Prof. Dr. med. W.________ sind schlüssig
und nachvollziehbar begründet und erfolgten unter Einholung von
entsprechenden Erkundigungen bei australischen und neuseeländischen Experten.
Angesichts der aktenkundigen wissenschaftlichen Defizite zum fraglichen
Problemkreis ist nicht zu ersehen, wie ein anderer Spezialist schlüssig zu
einem abweichenden Ergebnis gelangen könnte. Mit der Vorinstanz erübrigt sich
daher die Einholung eines Obergutachtens, da hievon keine entscheidrelevanten
neuen Ergebnisse zu erwarten sind (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 94
Erw. 4b; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4 mit Hinweisen).

4.2 Sämtliche Einwendungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vermögen an
diesem Ergebnis nichts zu ändern. Insbesondere hat Prof. Dr. med. W.________
entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin nie mit Bestimmtheit
festgehalten, dass die Asthmabeschwerden Folge der Quallenverletzung seien.
Im Bericht vom 6. Mai 2002 bejahte er eine Kausalität lediglich betreffend
die Urtikaria, liess sich jedoch bezüglich die asthmoiden Beschwerden auf
keine Kausalitätsbeurteilung ein. Nachdem er im Bericht vom 23. Januar 2003
wegen des anamnestisch angegebenen zeitlichen Zusammenhangs aus
allergologischer Sicht eine Auslösung von asthmatischen Beschwerden noch als
"durchaus möglich" bezeichnete, gab er auf explizite Nachfrage der
Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 8. April 2003 an, nach erneuter
Durchsicht des Gutachtens und der Akten sei er der Auffassung, dass mit
Wahrscheinlichkeit (weniger als 50 %) kein Zusammenhang zwischen dem
Persistieren der asthmatischen Beschwerden und der Quallenverletzung bestehe.
Von einem überwiegend wahrscheinlichen Zusammenhang ist in den gesamten
Unterlagen nirgends die Rede. Inwiefern die Beschwerdeführerin in den
Ausführungen des Experten einen Wiederspruch ausmachen will, ist mit Verweis
auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz überdies nicht ersichtlich.
Aus dem Umstand, dass der Experte am Schluss des Schreibens dem
Unfallversicherer empfiehlt, die Leistungspflicht hinsichtlich der
Asthma-Symptomatik bis zum 26. April 2002 anzuerkennen, kann nichts
Gegenteiliges abgeleitet werden. Aufgrund der gesamten Aktenlage steht mit
der Vorinstanz fest, dass ein natürlicher Kausalzusammenhang nicht mit dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt ist.

5.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Als mit öffentlich-rechtlichen
Aufgaben betraute Organisation hat die National keinen Anspruch auf eine
Parteientschädigung (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 Abs. 2 OG; BGE 123 V
309 Erw. 10, 118 V 169 Erw. 7, 117 V 349 Erw. 8).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden weder Gerichtskosten erhoben noch Parteientschädigungen
zugesprochen.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt.

Luzern, 14. März 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: