Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 91/2004
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I 91/04

Urteil vom 16. September 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiberin
Durizzo

A.________, 1953, Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern

(Entscheid vom 30. Januar 2004)

Sachverhalt:

A.
A.  ________, geboren 1953, arbeitete als angelernter Gipser, bis sein
letztes
Arbeitsverhältnis aus wirtschaftlichen Gründen im Jahr 1992 aufgelöst wurde.
Nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit war er im Geschäft seiner Freundin tätig
und führte dieses bis 1998 allein weiter, nachdem die Freundin im Jahr 1996
einen Unfall erlitten hatte. Wegen Rückenschmerzen, die erstmals 1998
aufgetreten waren, meldete sich A.________ am 11. Januar 2000 bei der
Invalidenversicherung zur Berufsberatung an. Die IV-Stelle Luzern veranlasste
eine Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) im Spital
K.________ (Bericht vom 30. September 2000) und holte einen Bericht der
Beruflichen Abklärungsstelle (BEFAS) vom 17. Januar 2002 ein. Am 9. April
2002 sprach sie A.________ Beratung und Unterstützung bei der Stellensuche
zu, stellte ihm jedoch in Aussicht, mangels rentenbegründender Invalidität
keine Rente ausrichten zu können. In der Folge liess sie den Versicherten im
Institut M.________ durch Dr. med. W.________, Chirurgie FMH, und Dr. med.

T. ________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, untersuchen (Expertisen vom
12. August 2002/24. Februar 2003). Mit Verfügung vom 28. März 2003 lehnte sie
den Anspruch auf eine Invalidenrente ab und hielt daran auf Einsprache hin
fest (Einspracheentscheid vom 11. September 2003).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern mit Entscheid vom 30. Januar 2004 ab.

C.
A. ________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Zusprechung
mindestens einer Viertelsrente.

Während die IV-Stelle Luzern auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine
Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff
der Invalidität (Art. 8 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG), den
Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis Ende 2003
gültig gewesenen Fassung), die Ermittlung des Invaliditätsgrades (Art. 16
ATSG), den Begriff des ausgeglichenen Arbeitsmarktes (BGE 110 V 276 Erw. 4b)
und die Aufgabe des Arztes im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261
Erw. 4 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu
ergänzen ist, dass die mit der 4. IV-Revision auf den 1. Januar 2004 in Kraft
getretenen Bestimmungen keine Anwendung finden, da nach dem massgebenden
Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheides (hier: vom 11.
September 2003) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2
mit Hinweis).

2.
Der Beschwerdeführer macht sinngemäss im Wesentlichen geltend, er sei aus
medizinischen und wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, das von
Verwaltung und Vorinstanz ermittelte Invalideneinkommen zu erzielen.

2.1  Was die Arbeitsfähigkeit betrifft, hat die Vorinstanz richtig erwogen,
dass auf die Einschätzung des Hausarztes nicht abgestellt werden kann, weil
dieser bei seiner Angabe einer 50 %igen Arbeitsunfähigkeit auch die schlechte
wirtschaftliche Situation und den Umstand berücksichtigt hat, dass der
Beschwerdeführer über keine Berufsausbildung verfügt. Diese Gründe erschweren
es ihm zwar, eine Stelle zu finden, sind jedoch nicht auf seinen
Gesundheitszustand zurückzuführen. Die Invalidenversicherung hat daher nicht
dafür einzustehen (vgl. BGE 107 V 21 Erw. 2c; AHI 1999 S. 238 Erw. 1). Zu
Gunsten des Beschwerdeführers hat das kantonale Gericht nicht auf das
Gutachten des Instituts M.________, sondern auf diejenigen der BEFAS und des
Spitals K.________ abgestellt. Demnach ist der Versicherte in einer leichten,
wechselbelastenden Tätigkeit zu 80 % arbeitsfähig. Dieser
Arbeitsfähigkeitsgrad ist durchaus mit den Angaben des behandelnden Arztes im
Bericht vom 16. Februar 2000 vereinbar, wo Dr. med. A.________, Innere
Medizin FMH, die erhobenen Befunde wie folgt beschrieb:
"Sehr gesund aussehender, kräftig gebauter 47-jähriger Mann. Keine Zeichen
einer allfälligen Muskelatrophie. Wirbelsäule normal gekrümmt und auch frei
beweglich. Einzig im mittleren BWS-Bereich finde ich in Bauchlage
schmerzhafte paravertebrale Tendomyosen und mässige Druckdolenzen der
Dornfortsätze. Dazu Druckdolenz über der kurzen Bicepssehne im Bereiche
beider Schultergelenke. Beweglichkeit der Wirbelsäule allseits frei.
Lasèguezeichen negativ. Reflexstatus symmetrisch. Kraft aller Kennmuskeln
intakt. Keine neurologischen Ausfallserscheinungen. Den Puls der Arteria
dorsalis pedis li habe ich nicht palpiert bei sonst gut pulsierenden
Beinpulsen."

Damit ist eine 80 %ige Restarbeitsfähigkeit für leichte bis mittelschwere
Tätigkeiten, wie im Bericht vom 30. September 2000 über die EFL-Abklärung
näher umschrieben, eindeutig gesichert, woran sämtliche Vorbringen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, insbesondere die Kritik an verschiedenen
Punkten des Abklärungsverfahrens, nichts zu ändern vermögen.

2.2  Zur Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Einkommen, das der
Versicherte als Gesunder verdienen könnte, verglichen mit demjenigen, das er
nach Eintritt der Invalidität durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei
ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (vgl. Art. 16 ATSG).

2.2.1  Der Begriff des ausgeglichenen Arbeitsmarkts ist ein theoretischer und
abstrakter Begriff, welcher dazu dient, den Leistungsbereich der
Invalidenversicherung von jenem der Arbeitslosenversicherung abzugrenzen. Der
Begriff umschliesst einerseits ein bestimmtes Gleichgewicht zwischen dem
Angebot von und der Nachfrage nach Stellen; anderseits bezeichnet er einen
Arbeitsmarkt, der von seiner Struktur her einen Fächer verschiedenartiger
Stellen offen hält. Nach diesen Gesichtspunkten bestimmt sich im Einzelfall,
ob die invalide Person die Möglichkeit hat, ihre restliche Erwerbsfähigkeit
zu verwerten, und ob sie ein rentenausschliessendes Einkommen zu erzielen
vermag oder nicht (BGE 110 V 276 Erw. 4b; ZAK 1991 S. 320 Erw. 3b). Die
Vorinstanz hat zutreffend erwogen, dass der Beschwerdeführer auf dem
massgebenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt eine leichte, wechselbelastende
Tätigkeit gemäss dem ärztlich zumutbaren Anforderungsprofil finden kann.
Darauf wird verwiesen.

2.2.2  Zur Ermittlung des Invalideneinkommens haben Verwaltung und Vorinstanz
zu Recht auf die vom Bundesamt für Statistik herausgegebene
Lohnstrukturerhebung abgestellt, nachdem der Versicherte nach Eintritt des
Gesundheitsschadens keine ihm zumutbare neue Erwerbstätigkeit aufgenommen hat
(BGE 126 V 76 f. Erw. 3b/bb); er arbeitet etwa zwei Stunden pro Woche als
Hauswart. Der Beschwerdeführer beantragt einen leidensbedingten Abzug vom
standardisierten Lohn von 25 %. Nach der Rechtsprechung hängt die Frage, ob
und gegebenenfalls in welchem Ausmass Tabellenlöhne herabzusetzen sind, von
sämtlichen persönlichen und beruflichen Umständen des konkreten Einzelfalls
ab (leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre,
Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad), welche nach
pflichtgemässem Ermessen zu schätzen sind, und der maximal zulässige Abzug
beträgt 25 % (BGE 126 V 79 f. Erw. 5b). Den gesundheitlichen Einschränkungen
wird hier bereits dadurch Rechnung getragen, dass dem Versicherten nur noch
ein 80 %-Pensum zugemutet wird, das er auch ganztags mit vermehrten Pausen
absolvieren kann. Zusätzlich aus dem gleichen Grund einen Abzug vom
Tabellenlohn vorzunehmen, rechtfertigt sich nicht. Die von Verwaltung und
Vorinstanz gewährte Reduktion um 10 % wegen der Teilzeitbeschäftigung ist
auch hier nicht zu beanstanden; denn es liegen keine weiteren Umstände vor,
die einen darüber hinaus gehenden Abzug zu begründen vermöchten. Insbesondere
ist der Versicherte erst 51-jährig, lebt seit seiner Kindheit in der Schweiz
und verfügt hier über eine Niederlassungsbewilligung.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 16. September 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: