Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 748/2004
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I 748/04

Urteil vom 12. April 2005
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen;
Gerichtsschreiber Scartazzini

A.________, 1957, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel
Ehrenzeller, Engelgasse 214, 9053 Teufen AR,

gegen

IV-Stelle Zug, Baarerstrasse 11, 6304 Zug, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Zug

(Entscheid vom 30. September 2004)

Sachverhalt:

A.
Der 1957 geborene A.________ meldete sich am 14. März 2000 bei der
Invalidenversicherung an und ersuchte um Gewährung von besonderen
medizinischen Eingliederungsmassnahmen sowie um Ausrichtung einer Rente. Die
IV-Stelle Zug holte hauptsächlich Arztberichte von Dr. med. R.________ ein
und beauftragte im März 2001 die MEDAS mit einer interdisziplinären Abklärung
sowie der Erstattung des entsprechenden Gutachtens vom 28. September 2001.
Mit Verfügung vom 6. Juni 2002 wurde dem Versicherten für den Zeitraum vom 1.
November 1999 bis zum 31. August 2001 eine befristete, ganze Invalidenrente
zugesprochen. Da er nach MEDAS-Gutachten und Einkommensvergleich ab 1.
September 2001 einen Invaliditätsgrad von lediglich 33 % aufwies, wurde der
Anspruch auf eine Rente ab diesem Datum aufgehoben.

Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug
mit Entscheid vom 27. Juni 2003 ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 1.
September 2003 liess A.________ beantragen, in Aufhebung des kantonalen
Entscheids sei ihm auch ab 1. September 2001 eine ganze Rente zuzusprechen,
eventualiter sei ihm vom 1. September 2001 bis zum 31. Juli 2002 eine ganze
und ab August 2002 mindestens eine halbe Rente auszurichten. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wurde mit Urteil vom 24. Februar 2004 in dem
Sinne gutgeheissen, dass der kantonale Entscheid aufgehoben und die Sache an
die Vorinstanz zurückgewiesen wurde, damit sie nach erfolgter Abklärung im
Sinne der Erwägungen über die Beschwerde neu entscheide.

B.
Das kantonale Gericht erteilte der MEDAS den Auftrag zur Beantwortung von
Fragen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Versicherten
während der Wartezeit und der Rentenbezugsperiode im Zeitraum vom 4. November
1998 bis 17. August 2001 (Schlussbesprechung zum MEDAS-Gutachten vom 28.
September 2001). Der Beschwerdeführer beantragte zusätzlich die Unterbreitung
entsprechender Fragen an die Rheuma- und Rehabilitationsklinik U.________
sowie die Einholung eines Berichts beim Hausarzt Dr. med. R.________. Die
MEDAS erstattete ihren Bericht am 4. Juni 2004. Mit Stellungnahme vom 29.
Juni 2004 beantragte die IV-Stelle Zug, es sei dem Beschwerdeführer die
reformatio in peius anzudrohen und die Verfügung vom 6. Juni 2002 sei
aufzuheben. Der Versicherte nahm am 5. Juli 2004 zum MEDAS-Bericht Stellung
und liess mit Schreiben vom 15. September 2004 dem Gericht mitteilen, dass er
an seiner Beschwerde festhalte.

Mit Entscheid vom 30. September 2004 wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Zug die Beschwerde ab. Zudem entschied es, die Verfügung vom 6. Juni 2002
werde insofern abgeändert, als festgestellt werde, dass der Beschwerdeführer
auch für den Zeitraum vom 1. November 1999 bis zum 31. August 2001 keinen
Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung habe.

C.
Dagegen lässt A.________ erneut Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und
unter Kosten- und Entschädigungsfolge das Rechtsbegehren stellen, in
Aufhebung des kantonalen Entscheides sei ihm ab 1. November 1999 mindestens
eine halbe Rente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache im Sinne der
Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner ersucht er um
unentgeltliche Verbeiständung.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht und das Eidgenössische Versicherungsgericht haben im
angefochtenen Entscheid und im Urteil vom 24. Februar 2004 die massgebenden
Bestimmungen und Grundsätze über die Gewährung von Versicherungsleistungen
bei Invalidität in allen Teilen dargetan, weshalb darauf verwiesen wird.

2.
Umstritten und zu prüfen sind der Gesundheitszustand sowie die Arbeits- und
Erwerbsfähigkeit des Versicherten während der Wartezeit und der
Rentenbezugsperiode im Zeitraum vom 4. November 1998 bis zum 31. August 2001.

2.1 Im Urteil vom 24. Februar 2004 hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht erwogen, die Schätzung der angepassten, ab 1. September
2001 vollumfänglichen Arbeitsfähigkeit gemäss MEDAS-Gutachten vom 28.
September 2001 müsste bei attestiertem stabilem Gesundheitszustand seit 4.
November 1998 wohl auch für die Rentenbezugsdauer vom 1. November 1999 bis
zum 31. August 2001 gelten. Grundsätzlich hätte dies dazu führen müssen, dass
dem Beschwerdeführer keine Invalidenrente zugesprochen werde. Es fehle
allerdings eine ärztliche Stellungnahme zum Grad der Arbeitsunfähigkeit in
der genannten Periode. Für die Zeit vor dem Vorliegen des MEDAS-Gutachtens
habe die Verwaltung wegen Krankschreibung des behandelnden Arztes lediglich
auf die ärztliche Einschätzung von Dr. med. R.________ abgestellt. Erst
anschliessend habe sie gestützt auf das MEDAS-Gutachten das entsprechende
Ergebnis für die Ermittlung des Invaliditätsgrades als massgeblich erachtet.
Wollte man bei der gegebenen Aktenlage davon ausgehen, dass der
Beschwerdeführer auch während der gesamten Bezugsdauer für angepasste
Tätigkeiten arbeitsfähig war, wäre ihm eine reformatio in peius anzudrohen
und die Möglichkeit einzuräumen gewesen, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
zurückzuziehen. Es verbiete sich jedoch, ohne ärztliche Stellungnahme den
Grad der Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten während einer längeren Periode
festzulegen, so dass die Sache zu ergänzenden Abklärungen bezüglich des
Grades der Arbeitsunfähigkeit während der Wartezeit und der
Rentenbezugsperiode an die Vorinstanz zurückzuweisen sei.

2.2 In Ausführung dieses Urteils hat das kantonale Gericht der MEDAS den
Auftrag zur Beantwortung von Ergänzungsfragen erteilt. In ihrem Bericht vom
4. Juni 2004 kam die Abklärungsstelle zum Schluss, dass sich der
Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ab August 2001 gegenüber dem
Vorzustand vom 4. November 1998 bis 17. August 2001 nicht verändert habe,
dass an der Beurteilung des Hausarztes, wonach der Versicherte in diesem
Zeitraum vollständig arbeitsunfähig gewesen sei, aber trotzdem festgehalten
werden könne. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die MEDAS die
Arbeitsfähigkeitsbeurteilung des Hausarztes lediglich deshalb akzeptiere,
weil sie den einzelnen behandelnden Ärzten jeweils zugestehe, dass vor einer
umfassenden Abklärung oftmals keine Klarheit über den tatsächlichen
Gesundheitszustand bzw. die Arbeitsfähigkeit einer versicherten Person
herrsche.
Die Vorinstanz hat in Würdigung des Berichts vom 4. Juni 2004 dargelegt, von
entscheidender Bedeutung seien unter diesen Umständen die
unmissverständlichen Aussagen der MEDAS, dass einerseits an ihrer Beurteilung
der Arbeitsfähigkeit, welche sie in ihrem Bericht vom 28. September 2001
abgegeben hatte, auch in Kenntnis des Austrittsberichts der Klinik U.________
vom 7. Februar 2002 unbedingt festzuhalten sei, und dass sich andererseits
der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ab 17. August 2001 gegenüber dem
Vorzustand vom 4. November 1998 bis 17. August 2001 nicht verändert habe.
Daraus lasse sich nur der Schluss ziehen, dass auch für die Zeit vor dem 17.
August 2001 die Einschätzung der MEDAS massgebend sein müsse. Dabei würde
sich erübrigen, gemäss Anträgen des Beschwerdeführers auch der Klinik
U.________ ergänzende Fragen zum Grad der Arbeitsfähigkeit vorzulegen bzw.
sie mit dem ergänzenden MEDAS-Bericht zu konfrontieren oder von Dr. med.
R.________ einen umfassenden Bericht darüber einzuholen. Nachdem das
kantonale Gericht dem Beschwerdeführer eine reformatio in peius angedroht und
ihm die - von ihm nicht wahrgenommene - Möglichkeit eingeräumt hatte, seine
Beschwerde zurückzuziehen, hat es die Verfügung vom 6. Juni 2002 insofern
abgeändert, als festgestellt wurde, dass der Versicherte auch für den
Zeitraum vom 1. November 1999 bis zum 31. August 2001 keinen Anspruch auf
eine Rente hat.

2.3 Demgegenüber macht der Beschwerdeführer insbesondere geltend, über das
effektive Leiden oder die Diagnose habe entgegen der Auffassung der MEDAS
keine Unklarheit bestanden, weshalb ihr Bericht vom 4. Juni 2004 als
widersprüchlich zu betrachten sei. Darin sei der Klinik U.________ zu Unrecht
der Vorwurf gemacht worden, sie sei auf den Versicherten "richtiggehend
hereingefallen". Zudem ist der Beschwerdeführer der Ansicht, es sei auf die
Ausführungen von Dr. med. R.________ vom 4. Mai 2002 abzustellen, da diese
zumindest ab 29. Januar 2002 diejenige Zeit umfassten, innert welcher die
Verfügung vom 6. Juni 2002 erfolgte. Unter diesen Umständen müsse der
MEDAS-Bericht in Beachtung des rechtlichen Gehörs der Klinik U.________ und
dem Hausarzt zwingend unterbreitet werden.

2.4 Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden, während die
Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts, dass auch für die Zeit vor dem 17.
August 2001 die Einschätzung der MEDAS massgebend sei, überzeugt und zu
bestätigen ist. Dabei ist bezüglich des vom Beschwerdeführer gestellten
Antrags, die Klinik U.________ und Dr. med. R.________ müssten mit dem
MEDAS-Bericht vom 4. Juni 2004 konfrontiert werden, zu beachten, dass im
Austrittsbericht der genannten Klinik vom 7. Februar 2002 hauptsächlich
Erkenntnisse über den dortigen Aufenthalt des Versicherten vom 10. bis zum
24. Januar 2002 enthalten sind und dass der Arztbericht von Dr. med.
R.________ vom 4. Mai 2002 bereits im kantonalen Entscheid vom 27. Juni 2003
berücksichtigt worden war. Daraus sowie in Anbetracht des Umstandes, dass
vorliegend Fragen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des
Versicherten während der Wartezeit und der Rentenbezugsperiode im Zeitraum
bis zum 31. August 2001 zu prüfen waren, ist zusammen mit dem kantonalen
Gericht zu schliessen, dass sich die Einholung einer zusätzlichen
Stellungnahme der Klinik U.________ und des Hausarztes zum MEDAS-Bericht
erübrigt.

2.5 Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz zutreffend festgestellt, dass sich,
nachdem nunmehr von der Einschätzung der MEDAS, mithin von einer vollen
Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit im Zeitraum vom 1. November 1999
bis zum 31. August 2001 auszugehen ist, auch weitere Ausführungen zu einem
allfälligen zusätzlichen leidensbedingten Abzug erübrigen und der
Invaliditätsgrad von 33 % bereits ab November 1999 zu gelten hat.

3.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
muss als aussichtslos bezeichnet werden, weshalb das Gesuch um unentgeltliche
Verbeiständung abzuweisen ist (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG; BGE
129 I 135 Erw. 2.3.1, 128 I 236 Erw. 2.5.3, je mit Hinweisen).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 12. April 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: