Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 623/2004
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I 623/04

Urteil vom 18. Februar 2005
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und nebenamtlicher Richter Meyer;
Gerichtsschreiber Lanz

S.________, 1954, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Rémy
Wyssmann, Hauptstrasse 36, 4702 Oensingen,

gegen

IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

(Entscheid vom 23. August 2004)

Sachverhalt:

A.
Die 1954 geborene portugiesische Staatsangehörige S.________, verheiratet und
Mutter von zwei Kindern (geb. 1978 und 1981), reiste 1992 in die Schweiz ein
und war vom 1. Mai 1996 bis 31. Mai 1998 als Küchenhilfe im Restaurant
G.________ angestellt. Ab 16. September 1997 war sie wegen Rückenbeschwerden
arbeitsunfähig. Im November 1998 meldete sie sich bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons
Solothurn traf medizinische und erwerbliche Abklärungen (unter anderem
Einholung von Gutachten des Spitals X.________ vom 30. September 1999 und des
Begutachtungsinstituts Y.________ vom 2. Dezember 2002). Gestützt darauf
gelangte sie zum Ergebnis, dass die Versicherte Arbeitsvermittlung
beanspruchen könne. Hingegen bestehe bei einem Invaliditätsgrad von 21 %
keine Berechtigung auf eine Invalidenrente (Verfügung vom 20. Januar 2003).
Daran hielt die Verwaltung auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom
1. September 2003).

B.
Die von S.________ hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher die Zusprechung
der gesetzlichen Leistungen nach Massgabe einer Arbeitsfähigkeit von
mindestens 50 % beantragt und verfahrensrechtlich die Durchführung einer
öffentlichen Verhandlung verlangt wurde, wies das Versicherungsgericht des
Kantons Solothurn mit Entscheid vom 23. August 2004 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt S.________ ihr vorinstanzliches
Leistungsbegehren erneuern und überdies Verzugszins geltend machen. Ein
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde wieder zurückgezogen.

Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ohne
sich weiter zur Sache zu äussern. Die Vorinstanz lässt sich mit dem gleichen
Antrag vernehmen. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine
Stellungnahme.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerdeführerin beanstandet, das kantonale Gericht habe keine
öffentliche Verhandlung durchgeführt und ihren entsprechenden Antrag im
angefochtenen Entscheid nicht behandelt. Diese Rüge ist aufgrund ihrer
formellen Natur vorab zu behandeln (vgl. BGE 124 V 92 Erw. 2 mit Hinweis).

2.
In der gegen den Einspracheentscheid vom 1. September 2003 gerichteten
Beschwerde stellte die Versicherte ausdrücklich den Antrag, es sei eine
öffentliche Parteiverhandlung gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK durchzuführen.

Die Vorinstanz hat sich mit diesem Begehren, welchem sie nicht stattgegeben
hat, in ihrem Entscheid nicht auseinandergesetzt. Damit hat sie die
Begründungspflicht verletzt, die einen wesentlichen Bestandteil des in Art.
29 Abs. 2 BV verankerten Anspruchs auf rechtliches Gehör bildet (BGE 126 I
102 Erw. 2b, 124 V 181 Erw. 1a; AHI 2001 S. 121 f.; SVR 2001 IV Nr. 17 S. 50
Erw. 2a) und in Art. 1 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 35 Abs. 1 und Art. 61
Abs. 2 VwVG für die kantonalen Gerichte auf dem Gebiet des
Bundessozialversicherungsrechtes (als letzte kantonale Instanzen, die
gestützt auf öffentliches Recht des Bundes nicht endgültig verfügen)
ausdrücklich erwähnt ist (SZS 2001 S. 563 Erw. 3a; SVR 2000 UV Nr. 10 S. 35
Erw. 4a; vgl. zum Verhältnis zwischen Art. 1 Abs. 3 VwVG und Art. 61 lit. h
ATSG: Ueli Kieser, ATSG-Kommentar: Kommentar zum Bundesgesetz über den
Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000, Zürich
2003, N 17 zu Art. 61). Es kann aber offen bleiben, ob allein dieser
Verfahrensfehler die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides zu
rechtfertigen vermöchte, da Letzteres - wie nachfolgend gezeigt wird -
ohnehin aufgrund der unterlassenen Durchführung einer öffentlichen
Verhandlung geschieht.

3.
3.1 Gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über
Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und
Verpflichtungen von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz
beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb
angemessener Frist verhandelt wird. Aus dieser auf
sozialversicherungsgerichtliche Beschwerdeverfahren unmittelbar anwendbaren
Bestimmung (zur Anwendbarkeit insbesondere im sozialversicherungsrechtlichen
Leistungsprozess: BGE 127 V 493 Erw. 1b, 125 V 501 Erw. 2a und 122 V 50 Erw.
2a mit Hinweisen) ergibt sich unter anderem das Recht auf Öffentlichkeit der
Verhandlungen und der Urteilsverkündung (BGE 122 V 163 Erw. 2a mit
Hinweisen). Der Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens bezieht sich
sowohl auf die Parteiöffentlichkeit als auch auf die Publikums- und
Presseöffentlichkeit. Er umfasst unter anderem den Anspruch des Einzelnen,
seine Argumente dem Gericht mündlich in einer öffentlichen Sitzung vortragen
zu können (BGE 122 V 51 Erw. 2c mit Hinweisen; RKUV 1996 Nr. U 246 S. 161
Erw. 4a; in SJZ 2004 S. 421 auszugsweise wiedergegebenes Urteil K. vom 8.
April 2004, I 573/03, Erw. 3.3). Dagegen gilt das Öffentlichkeitsprinzip
nicht für die Beratung des Gerichts; diese kann unter Ausschluss der
Öffentlichkeit geführt werden (BGE 122 V 51 Erw. 2c mit Hinweisen; zum
Ganzen: Urteil J. vom 17. September 2004, U 210/03, Erw. 2.1).
3.2 Für den Prozess vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt Art. 61
lit. a ATSG, dass das Verfahren in der Regel öffentlich ist. Es wird damit
der von Art. 6 Ziff. 1 EMRK geforderten Öffentlichkeit des Verfahrens
Rechnung getragen (Ueli Kieser, a.a.O., N 26 zu Art. 61), welche primär im
erstinstanzlichen Rechtsmittelverfahren zu gewährleisten ist (BGE 122 V 54
Erw. 3; RKUV 2004 Nr. U 497 S. 155 Erw. 1.2). Nach der Rechtsprechung des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts setzt die Durchführung einer
öffentlichen Verhandlung im Sozialversicherungsprozess grundsätzlich einen
Parteiantrag voraus (BGE 125 V 38 Erw. 2, 122 V 55 Erw. 3a; RKUV 2004 Nr. U
497 S. 155 Erw. 1.2; erwähntes Urteil K. vom 8. April 2004, I 573/03, Erw.
3.7.1 mit Hinweisen). Fehlt es an einem Antrag, obwohl ein solcher wie im
Kanton Solothurn erforderlich wäre, wird ein Verzicht auf eine öffentliche
Verhandlung angenommen, und es lässt sich in der Regel gegen ein
ausschliesslich schriftliches Verfahren nichts einwenden, es sei denn,
wesentliche öffentliche Interessen würden eine mündliche Verhandlung gebieten
(BGE 122 V 55 Erw. 3a; erwähntes Urteil K. vom 8. April 2004, I 573/03, Erw.
3.4 und 3.7.1 je mit Hinweisen). Der Antrag auf mündliche Verhandlung im
Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK muss klar und unmissverständlich vorliegen (BGE
125 V 38 Erw. 2, 122 V 55 Erw. 3a; RKUV 2004 Nr. U 497 S. 155 Erw. 1.2;
erwähntes Urteil K. vom 8. April 2004, I 573/03, Erw. 3.7.1). Verlangt eine
Partei beispielsweise lediglich eine persönliche Anhörung oder Befragung, ein
Parteiverhör, eine Zeugeneinvernahme oder einen Augenschein, liegt bloss ein
Beweisantrag vor, aufgrund dessen noch nicht auf den Wunsch auf eine
konventionskonforme Verhandlung mit Publikums- und Presseanwesenheit zu
schliessen ist (BGE 125 V 38 Erw. 2, 122 V 55 Erw. 3a; zum Ganzen: erwähntes
Urteil J. vom 17. September 2004, U 210/03, Erw. 2.2).
3.3 Die EMRK sieht in Satz 2 von Art. 6 Ziff. 1 gewisse, hier nicht näher
interessierende Ausnahmen vom Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens vor
(vgl. hiezu BGE 122 V 52 Erw. 2c in fine mit Hinweisen). Darüber hinaus kann
auch im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren (auf Besonderheiten des
zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens braucht vorliegend nicht eingegangen zu
werden) selbst dann, wenn die berechtigte Person nicht auf eine öffentliche
Verhandlung verzichtet hat - insbesondere wenn sie einen ausdrücklichen
Antrag auf Durchführung einer solchen gestellt hat -, bei Vorliegen
besonderer Umstände von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung
abgesehen werden (erwähntes Urteil K. vom 8. April 2004, I 573/03, Erw. 3.4
mit Hinweisen; vgl. auch erwähntes Urteil J. vom 17. September 2004, U
210/03, Erw. 2.3 Ingress).

3.4 Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat im erwähnten Urteil K. vom 8.
April 2004 (I 573/03, Erw. 3.5; vgl. auch erwähntes Urteil J. vom 17.
September 2004, U 210/03, Erw. 2.3.1) die hiezu ergangene neuere
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)
zusammengefasst. Danach sind besondere Umstände, die ein Absehen von der
Durchführung einer öffentlichen Verhandlung rechtfertigen, gegeben, wenn eine
Streitsache keine Tat- oder Rechtsfragen aufwirft, die nicht adäquat aufgrund
der Akten und der schriftlichen Parteivorbringen gelöst werden können. So
kann unter Mitberücksichtigung des Gebots der Verfahrenserledigung innert
angemessener Frist und prozessökonomischer Überlegungen ein ohne Durchführung
einer mündlichen Verhandlung abgewickelter Prozess den Anforderungen des Art.
6 Ziff. 1 EMRK genügen, wenn ausschliesslich rechtliche oder hochtechnische
Fragen zu beurteilen sind. Ein Absehen von der Durchführung einer Verhandlung
ist insbesondere dann zulässig, wenn der Sachverhalt unbestritten ist und
keine besonders komplexen Rechtsfragen zu beantworten sind oder wenn es um
eine hochtechnische Materie geht, für deren Behandlung sich ein schriftliches
Verfahren besser eignet

Umgekehrt ist das Vorliegen besonderer Umstände, die das Absehen von einer
mündlichen Verhandlung rechtfertigen, zu verneinen, wenn eine mündliche
Verhandlung dem Gericht für die Falllösung relevante Informationen liefern
könnte (erwähntes Urteil K. vom 8. April 2004, I 573/03, Erw. 3.5.3 mit
Hinweisen; vgl. auch erwähntes Urteil J. vom 17. September 2004, U 210/03,
Erw. 2.3.1).
3.5 Nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
(wiedergegeben im erwähnten Urteil K. vom 8. April 2004, I 573/03, Erw. 3.6;
vgl. auch erwähntes Urteil J. vom 17. September 2004, U 210/03, Erw. 2.3.1)
stellen folgende Situationen besondere Umstände dar, unter denen im
erstinstanzlichen Sozialversicherungsprozess trotz Nichterfüllung der im
zweiten Satz von Art. 6 Ziff. 1 EMRK aufgezählten Ausnahmetatbestände und
trotz Vorliegens eines Gesuchs um Durchführung einer öffentlichen Verhandlung
von der Anordnung einer solchen abgesehen werden kann: Der Antrag wurde nicht
frühzeitig genug gestellt; der Antrag erscheint als schikanös oder lässt auf
eine Verzögerungstaktik schliessen und läuft damit dem Grundsatz der
Einfachheit und Raschheit des Verfahrens zuwider oder ist gar
rechtsmissbräuchlich; es lässt sich auch ohne öffentliche Verhandlung mit
hinreichender Zuverlässigkeit erkennen, dass eine Beschwerde offensichtlich
unbegründet oder unzulässig ist; es steht eine Materie hochtechnischen
Charakters zur Diskussion; das Gericht gelangt auch ohne öffentliche
Verhandlung schon allein aufgrund der Akten zum Schluss, dass dem materiellen
Rechtsbegehren der die Verhandlung beantragenden Partei zu entsprechen ist
(BGE 122 V 55-58 Erw. 3b; SVR 1996 KV Nr. 85 S. 271 f. Erw. 4c). Auch nach
der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts fällt zu Gunsten
der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ins Gewicht, wenn eine solche
geeignet ist, zur Klärung allfälliger noch streitiger Punkte beizutragen
(vgl. BGE 122 V 59 Erw. 4c und Urteil H. vom 13. Februar 2001, I 264/99, Erw.
2b).
Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat im erwähnten Urteil K. vom 8.
April 2004, I 573/03, Erw. 3.10, offen gelassen, ob seine Praxis in allen
Teilen mit der Rechtsprechung des EGMR vereinbar ist (vgl. auch erwähntes
Urteil J. vom 17. September 2004, U 210/03, Erw. 2.3.2).

4.
4.1 Mit Ziff. 3 der vorinstanzlichen Beschwerdebegehren - und damit im
frühestmöglichen Zeitpunkt - beantragte die Versicherte die Durchführung
einer öffentlichen Verhandlung. Es lag damit ein formelles und rechtzeitiges
Gesuch um Durchführung einer konventionskonformen öffentlichen Verhandlung
vor. Dies stellt das kantonale Gericht in seiner Vernehmlassung zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch nicht in Frage. Geltend gemacht wird
vielmehr, von einer Parteiverhandlung seien nur geringe Erkenntnisse zu
erwarten.

4.2 Zu prüfen bleibt somit, ob die Vorinstanz ihren Entscheid trotz des
entsprechenden Antrags ohne öffentliche Verhandlung fällen durfte. Als Gründe
hiefür fallen vorliegend namentlich die bessere Eignung des schriftlichen
Verfahrens bei hochtechnischen Fragen einerseits und die im
Sozialversicherungsprozess gebotene Einfachheit und Raschheit des Verfahrens
anderseits in Betracht, wobei letzterem Aspekt insbesondere bei
offensichtlich unbegründeten oder unzulässigen Beschwerden Rechnung zu tragen
ist. Die übrigen Ausnahmetatbestände liegen demgegenüber offensichtlich nicht
vor, weshalb sich diesbezüglich weitere Ausführungen erübrigen.

4.2.1 In materieller Hinsicht ist umstritten, ob die Beschwerdeführerin
Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung hat. Dabei stellt sich die
Frage, ob die bestehende medizinische Aktenlage für eine zuverlässige
Beurteilung der Streitfrage ausreicht. Die Versicherte stellt dies namentlich
mit der Begründung in Abrede, die im Verwaltungsverfahren vorgenommene
psychiatrische Untersuchung sei nicht in ihrer Muttersprache durchgeführt
worden und entspreche deshalb nicht den rechtsprechungsgemässen
Anforderungen.

4.2.2 Zur Beurteilung der sachrelevanten medizinischen Fragen müssen die
diesbezüglich vorhandenen Unterlagen einer eingehenden Würdigung unterzogen
werden, wobei es für das Ergebnis wesentlich auf die Gewichtung der einzelnen
ärztlichen Stellungnahmen ankommt. Solange es in einer allfälligen
Verhandlung einzig um die Auseinandersetzung mit den vorhandenen ärztlichen
Äusserungen und nicht um das Einbringen neuer medizinischer Tatsachen geht,
kann nicht von einer besseren Eignung des schriftlichen Verfahrens gesprochen
werden. Diese für das Sozialversicherungsrecht typische Thematik lässt sich
nicht als "hochtechnisch" im Sinne der Rechtsprechung des EGMR bezeichnen.
Auch kann nicht gesagt werden, dass unter solchen Umständen eine zuverlässige
Urteilsfindung eher in einem ausschliesslich schriftlichen Verfahren
gewährleistet wäre und von einer - nach erfolgtem Schriftenwechsel -
zusätzlich durchgeführten mündlichen Verhandlung zum Vornherein keine neuen
Erkenntnisse zu erwarten wären. Tatsächlich erscheint gerade in solchen
Fällen eine mündliche Verhandlung als geeignet, zur Klärung allfälliger noch
streitiger Punkte beizutragen (vgl. BGE 122 V 59 Erw. 4c). Dies gilt
besonders für den vorliegenden Fall, wo das Gericht die Beschwerdeführerin an
einer mündlichen Verhandlung zu ihren Sprachkenntnissen und zum Ablauf der
psychiatrischen Untersuchung hätte befragen und gegebenfalls für die
Urteilsfindung verwertbare Erkenntnisse gewinnen können. Dabei fällt ins
Gewicht, dass die Beschwerde nicht als zum Vornherein aussichtslos und damit
offensichtlich unbegründet bezeichnet werden kann. Vielmehr stellt sich die
komplexe und kontroverse Frage, ob die medizinische Aktenlage ausreichend und
schlüssig ist, um die verbleibende Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin
als Basis für die Invaliditätsbemessung zuverlässig beurteilen zu können oder
ob insbesondere eine weitere psychiatrische Begutachtung erforderlich ist.
Triftige Gründe, welche gegen eine öffentliche Verhandlung sprechen, sind
nicht ersichtlich und werden denn auch weder von der Vorinstanz noch von der
IV-Stelle namhaft gemacht. Namentlich wäre davon keine ernsthafte Gefahr für
die gebotene Einfachheit und Raschheit des Verfahrens (Art. 61 lit. a ATSG)
zu erwarten gewesen. Indem das kantonale Gericht unter diesen Umständen von
der beantragten öffentlichen Verhandlung abgesehen hat, wurde dieser in Art.
6 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Verfahrensgarantie nicht hinreichend Rechnung
getragen.

5.
Weil der verletzte Anspruch formeller Natur ist, führt die Gutheissung der
prozessualen Rüge zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids, ungeachtet
dessen, ob dieser anders ausgefallen wäre, wenn eine öffentliche Verhandlung
stattgefunden hätte (BGE 122 V 60 Erw. 4d, 121 I 40 Erw. 5j; erwähnte Urteile
K. vom 8. April 2004, I 573/03, Erw. 1, und J. vom 17. September 2004, U
210/03, Erw. 4). Ohne dass die materiellen Vorbringen in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen wären, ist die Sache daher an die
Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie dem Begehren um Durchführung einer
öffentlichen Verhandlung nachkomme und hierauf neu entscheide.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der
Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 23. August 2004
aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit sie im
Sinne der Erwägungen verfahre und über die Beschwerde gegen den
Einspracheentscheid vom 1. September 2003 neu entscheide.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die IV-Stelle des Kantons Solothurn hat der Beschwerdeführerin für das
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine
Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 18. Februar 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: