Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 427/2004
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I 427/04
Urteil vom 25. November 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Kernen; Gerichtsschreiberin
Weber Peter

O.________, 1962, Hammerstrasse 80, 4057 Basel, Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel

(Entscheid vom 10. Mai 2004)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 18. März 2003 sprach die IV-Stelle Basel-Stadt nach
Einholung mehrerer Arztberichte und eines psychiatrischen Gutachtens des Dr.
med. S.________, Spezialarzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie für
Erwachsene (vom 29. November 2002) dem 1962 geborenen O.________ ab 1.
September 2001 eine halbe Rente der Invalidenversicherung basierend auf einem
Invaliditätsgrad von 55 % zu. Auf Einsprache hin hielt sie an ihrem
Standpunkt fest (Einspracheentscheid vom 30. Oktober 2003).

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht
Basel-Stadt mit Entscheid vom 10. Mai 2004 ab.

C.
O.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen
Rechtsbegehren, unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides sei der
Invaliditätsgrad nach Beizug eines zweiten Gutachtens neu zu beurteilen

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze
über die Begriffe der Erwerbsunfähigkeit und Invalidität (Art. 7 und 8 ATSG
in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) sowie über die Ermittlung des
Invaliditätsgrades (Art. 16 ATSG), den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art.
28 Abs.1 und 1bis IVG in der bis Ende 2003 gültig gewesenen Fassung) und den
Beginn des Rentenanspruchs (Art. 29 Abs. 1 IVG) zutreffend dargelegt.
Gleiches gilt für die Hinweise zur Aufgabe des Arztes und der Ärztin bei der
Invaliditätsbemessung und zur Bedeutung ärztlicher Auskünfte im Rahmen der
Invaliditätsschätzung (vgl. auch BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen; AHI 2002
S. 70 Erw. 4b/cc) sowie zum Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE
125 V 352 Erw. 2a mit Hinweis; vgl. ferner AHI 2001 S. 113 f. Erw. 3a).
Darauf wird verwiesen. Richtig ist auch, dass die am 1. Januar 2004 in Kraft
getretenen Änderungen des IVG (4. IVG-Revision, AS 2003 3837) keine Anwendung
finden, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des streitigen
Einspracheentscheides (hier: vom 30. Oktober 2003) eingetretene Rechts- und
Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt
werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweis).

1.2 Zu präzisieren ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene ATSG
hinsichtlich der IV-rechtlichen Invaliditätsbemessung keine substantiellen
Änderungen gegenüber der bis zum 31. Dezember 2002 gültig gewesenen
Normenlage brachte (BGE 130 V 343), was zur Folge hat, dass die zur
altrechtlichen Regelung ergangene Judikatur grundsätzlich weiterhin anwendbar
ist.

2.
2.1 Die Vorinstanz hat in überzeugender Würdigung der medizinischen Aktenlage
zu Recht erwogen, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner gesundheitlichen
Beeinträchtigung (Reizdarmsyndrom mit Obstipation, chronische HWS- und
LWS-Beschwerden sowie  mittelgradige depressive Episode mit Verdacht auf
Anpassungsstörung) eine Hilfsarbeitertätigkeit unter Ausschluss von
rückenbelastenden Arbeiten zu 50 % zumutbar ist. Sie stützte sich dabei in
Bezug auf die somatischen Beschwerden auf den Bericht des Dr. med.
D.________, Facharzt für Innere Medizin, spez. Arbeitsmedizin FMH, (vom 8.
August 2001), welcher dem Beschwerdeführer aus internistischer Sicht eine
vollständige Arbeitsfähigkeit mit einer allfälligen Einschränkung gegenüber
rückenbelastenden Tätigkeiten attestierte und eine weitere psychiatrische
Evaluation empfahl. Dieser Bericht basiert hinsichtlich  der geklagten
dauernden Bauchschmerzen und der chronischen Obstipation auf verschiedenen
spezialärztlichen, insbesondere gastroenterologischen Untersuchungen, welche
nirgends ein Korrelat zu den vom Versicherten beschriebenen Symptomen finden
liessen. Die beschwerdeweise erneut vorgetragenen erheblichen Schwierigkeiten
bei der Darmentleerung wurden dabei berücksichtigt. Mit der Vorinstanz
besteht kein Grund, nicht auf diese medizinische Beurteilung abzustellen.
Dafür, dass das Leiden, wie der Beschwerdeführer nun erstmals anführt,
wahrscheinlich "von seinem schweren Unfall vom Juli 1992" herrührt, ergibt
sich aus den Akten kein Anhaltspunkt. Ein entsprechender Autounfall wurde in
einigen ärztlichen Berichten - die Anamnese war offenbar schwierig zu erheben
- zwar erwähnt, blieb jedoch ohne Einfluss auf die Beurteilung des
Gesundheitszustandes. Mithin besteht kein Anlass, die  diesbezüglichen
SUVA-Akten nachträglich einzuholen. In psychischer Hinsicht ging das
kantonale Gericht gestützt auf das Gutachten des Psychiaters Dr. med. Simon
(vom 29. November 2002) von einer verbleibenden Arbeitsfähigkeit von 50 % aus
und verneinte die geltend gemachte 100 %ige Einschränkung. Die in dieser
Expertise enthaltenen Feststellungen beruhen auf zusätzlichen eigenen
Abklärungen und sind in Kenntnis der wesentlichen medizinischen Vorakten
sowie unter Berücksichtigung der geklagten Beschwerden getroffen worden. Die
vom Experten gezogenen Schlussfolgerungen zu Gesundheitszustand und
Arbeitsfähigkeit werden nachvollziehbar begründet. Dem kantonalen Gericht ist
darin beizupflichten, dass dieses Gutachten alle rechtsprechungsgemässen
Kriterien (BGE 125 V 352 Erw. 3 mit Hinweisen) für eine beweiskräftige
ärztliche Entscheidungsgrundlage erfüllt und ihm somit voller Beweiswert
zukommt. Mit der Vorinstanz führt auch der Bericht des Psychiaters Dr. med.
T.________, Spezialarzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, (vom 5. Juli
2001) nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Zwar hat er den Versicherten
darin tatsächlich vom 30. September 1999 bis heute zu 100 % arbeitsunfähig
geschrieben, hält aber ergänzend fest, dass die diesbezügliche Prognose
unsicher sei und empfiehlt eine unabhängige Begutachtung zur
Arbeitsfähigkeit. Diese wurde in der Folge durch Dr. med. S.________ am 29.
November 2002 erstellt. Vor diesem Hintergrund sind von ergänzenden
medizinischen Abklärungen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, weshalb auf
die beantragte Einholung eines Zweitgutachtens verzichtet wird (antizipierte
Beweiswürdigung; BGE 124 V 94 Erw. 4b; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4b).
Einer allfälligen erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit
dem massgebenden Zeitpunkt des Einspracheentscheides (BGE 121 V 366 Erw. 1b)
wäre im Rahmen eines Revisionsverfahrens Rechnung zu tragen.

2.2 Sämtliche weitern Einwände in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit
nicht bereits im vorinstanzlichen Verfahren entkräftet, vermögen nicht zu
einem abweichenden Ergebnis zu führen. Insbesondere ist aufgrund der
Aktenlage nicht ersichtlich, inwiefern im kantonalen Beschwerdeverfahren
Ungereimtheiten von Seiten Dr. med. S.________, Dr. med. D.________ und der
IV-Stelle Basel-Stadt vorliegen, welche zu einer Neubeurteilung führen
sollten, wie geltend gemacht wird.

2.3 Nicht zu beanstanden ist schliesslich der von der Vorinstanz
durchgeführte Einkommensvergleich, woraus ein Invaliditätsgrad von 55 %
resultiert und mithin ein Anspruch auf eine halbe Invalidenrente besteht. Der
Beschwerdeführer bringt nichts dagegen vor, noch finden sich entsprechende
Hinweise in den Akten, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten,
womit sich weitere Ausführungen erübrigen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 25. November 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: