Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 369/2004
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Prozess {T 7}
I 369/04

Urteil vom 8. August 2006
IV. Kammer

Präsident Ursprung, Bundesrichter Schön und Frésard; Gerichtsschreiberin
Schüpfer

R.________, 1954, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Radivoje
Lazarevic, Svetog Save bb,
BA?75401 Zvornik/Bosnia Herzegovina,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin

Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen, Lausanne

(Entscheid vom 20. April 2004)

Sachverhalt:

A.
A.a Der 1954 geborene, aus der heutigen Republik Bosnien-Herzegowina
stammende R.________ arbeitete in den Jahren 1981 bis 1991 und 1993 als
Maurer in der Schweiz. Am 28. Juni 1993 fiel ihm während der Arbeit ein
Kompressor auf den linken Fuss, wobei er sich eine Trümmerfraktur metatarsale
3 und eine Rissquetschwunde zuzog. Die SUVA erbrachte
Versicherungsleistungen. Mit Verfügung vom 13. September 1994 wurde
R.________ ab 7. November 1994 wieder als voll arbeitsfähig in seinem Beruf
als Maurer erachtet. Auf Einsprache hin erfolgten weitere medizinische
Abklärungen, worauf die Verfügung mit Einspracheentscheid vom 19. April 1996
bestätigt wurde. Am 25. April 1994 kehrte R.________ in seine Heimat zurück.

A.b Am 18. April 2000 meldete sich R.________ über die Verbindungsstelle in
X.________ bei der schweizerischen Invalidenversicherung zum Bezug einer
Rente an. Die IV-Stelle für Versicherte im Ausland holte die Berichte und
Gutachten der SUVA ein und legte verschiedene medizinische Zeugnisse aus
Bosnien-Herzegowina ihrer beratenden Ärztin Dr. med. E.________ vor. Mit
Verfügung vom 9. Januar 2003 wies die IV-Stelle das Begehren des Versicherten
ab. Daran hielt sie auch auf Einsprache hin fest (Entscheid vom 18. März
2003).

B.
Die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 20. April
2004).

C.
R.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und sinngemäss
beantragen, es seien ihm in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides
Leistungen der Invalidenversicherung auszurichten.

Die IV-Stelle für Versicherte im Ausland schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung
verzichtet auf Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung.
Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes
vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006)
kann das Eidgenössische Versicherungsgericht in Verfahren um die Bewilligung
oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104
und 105 OG auch die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung beurteilen
und ist an die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht gebunden.
Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese Abweichungen nicht, wenn der
angefochtene Entscheid Leistungen der Invalidenversicherung betrifft. Nach
Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 ist indessen auf die
im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung beim Eidgenössischen
Versicherungsgericht hängigen Beschwerden bisheriges Recht anwendbar. Da die
hier zu beurteilende Beschwerde am 1. Juli 2006 beim Eidgenössischen
Versicherungsgericht hängig war, richtet sich dessen Kognition noch nach der
bis Ende Juni 2006 gültigen Fassung von Art. 132 OG, welche dem neuen Abs. 1
entspricht.

2.
Die Rekurskommission hat zu Recht erkannt, dass der Beschwerdeführer
grundsätzlich, soweit nichts anderes bestimmt ist, unter den gleichen
Voraussetzungen Anspruch auf eine ordentliche Invalidenrente hat wie
Schweizer Bürger und dass sich der Rentenanspruch nach schweizerischem Recht
bestimmt (Art. 2 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über Sozialversicherung vom 8.
Juni 1962). Die Vorinstanz hat sodann in Anwendung des am 1. Januar 2003 in
Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) und unter
Berücksichtigung der ab 1. Januar 2004 geltenden Änderungen des IVG (4.
IV-Revision, AS 2003 3837; BGE 130 V 332 Erw. 2.2 und 2.3) die Bestimmungen
über die Begriffe der Erwerbsunfähigkeit und Invalidität (Art. 7 und 8 ATSG
in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) sowie über die Ermittlung des
Invaliditätsgrades (Art. 16 ATSG) und den Anspruch auf eine Invalidenrente
(Art. 28 IVG) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die Hinweise zur
Aufgabe des Arztes und der Ärztin bei der Invaliditätsbemessung und zur
praxisgemässen Bedeutung ärztlicher Auskünfte im Rahmen der
Invaliditätsschätzung (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen; vgl. auch AHI 2002
S. 70 Erw. 4b/cc) sowie zur Beweiswürdigung (BGE 125 V 352 Erw. 3a). Darauf
wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass die Prüfung eines allfälligen schon vor
dem 1. Januar 2003 entstandenen Anspruchs auf eine Rente der
Invalidenversicherung für die Zeit bis 31. Dezember 2002 aufgrund der
bisherigen und ab diesem Zeitpunkt nach den neuen Normen erfolgt (BGE 130 V
445 ff. Erw. 1).

3.
Der Beschwerdeführer erhebt Anspruch auf eine Invalidenrente. Wie die
Vorinstanz richtig dargelegt hat, erstreckt sich der vorliegend zu
überprüfende Anspruchszeitraum vom April 1999 (ein Jahr vor Anmeldung [Art.
48 Abs. 2 Satz 1 IVG]) bis zum Erlass des Einspracheentscheides vom 18. März
2003 (BGE 130 V 446 Erw. 1.2 mit Hinweisen).

3.1 In Bezug auf die Folgen des Unfalls vom 28. Juni 1993 steht fest, dass
diese spätestens am 7. November 1994 vollständig abgeheilt waren und wieder
eine volle Arbeitsfähigkeit, auch in der angestammten Tätigkeit als Maurer
und umso mehr in jeder leichteren Tätigkeit, bestand. Der Einspracheentscheid
der SUVA vom 19. April 1996, welcher diesen Sachverhalt bestätigte, ist denn
auch unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

3.2 Der Beschwerdeführer macht eine seitherige Verschlechterung seines
Gesundheitszustandes geltend. Dem steht vorerst der amtsärztliche Bericht aus
X.________ vom 21. Januar 2000 entgegen, welcher davon ausgeht, dass eine
leichtere Tätigkeit ohne langes Gehen und Stehen vollschichtig ausgeübt
werden kann. Spätere Arztberichte gehen insofern von veränderten
Verhältnissen aus, als nun auch die Diagnose einer koronaren Herzkrankheit
gestellt wird (Bericht des Dr. G.________, Juni 2001). Der medizinische
Dienst der IV-Stelle hat indessen überzeugend dargelegt, dass keine
Anhaltspunkte bestehen, dass diese die Arbeitsfähigkeit für eine leichtere
Tätigkeit ohne langes Gehen und Stehen wesentlich beeinträchtigen würde. Zu
Recht ging die Verwaltung daher für die Bemessung der Invalidität ab 14. Juni
2001 von einer nur leicht reduzierten Arbeitsfähigkeit von 90 % in einer
angepassten Tätigkeit aus. Der auf dieser Basis gesetzeskonform ermittelte
Invaliditätsgrad von 23 % und 31 % gibt keinen Anspruch auf eine
Invalidenrente. Wie in Erwägung 2 dargelegt, wird der Rentenanspruch allein
nach schweizerischem Recht und unabhängig von einer eventuell anerkannten
höheren Invalidität in Bosnien-Herzegowina ermittelt. Soweit aus den Akten
der Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit unzweifelhaft hervorgehen,
ist es auch nicht zwingend notwendig, dass dieser in der Schweiz durch eigene
Erhebungen oder Begutachtungen abgeklärt wird. Die diesbezügliche Rüge der
falschen und unvollständigen Feststellung des Tatbestandes ist daher
abzuweisen.

4.
Auch letztinstanzlich legt der Beschwerdeführer weitere medizinische Akten
vor. Diese datieren vom 29. April 2003 bis 7. Juni 2004. Neu wird nunmehr
auch die Diagnose einer Depression (vgl. Zeugnis vom 29. April 2003)
gestellt. In einem weiteren Bericht eines Psychiaters (Dr. med. K.________)
und eines Neuropsychiaters (Dr. A.________) vom 1. Oktober 2003 wird die
Diagnose mit ICD-10 F33.3 als Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig
schwere Episode mit psychotischen Symptomen, konkretisiert. Bis zum Erlass
des Einspracheentscheides vom 18. März 2003 - welcher rechtsprechungsgemäss
die zeitliche Limite richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 130 V 140
Erw. 2.1) - finden sich in den Akten keine Hinweise auf eine psychische
Beeinträchtigung. Dies auch nicht im Bericht des Neuropsychiaters Dr.
M.________ vom 9. Juli 2002, welcher keine psychiatrischen Diagnosen gestellt
hatte. Es gibt keine Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer bis zum 18.
März 2003 seit einem Jahr durchschnittlich zu mindestens 50 % arbeitsunfähig
(Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG) und weiterhin bleibend zu mindestens 50 %
erwerbsunfähig geworden war (Art. 28 Abs. 1ter IVG). Für den vorliegend zu
überprüfenden Anspruchszeitraum (Erwägung 3) besteht daher keine Veranlassung
für weitere Sachverhaltsabklärungen. Der Leistungsanspruch wurde zu Recht
abgewiesen.

5.
Dem Beschwerdeführer steht es offen, Arztzeugnisse, welche eine eventuelle
wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes nach dem 18. März
2003 belegen, der IV-Stelle einzureichen, damit diese prüfen kann, ob nunmehr
ein Sachverhalt vorliegt, der zu einer Rente berechtigen würde, oder ob es
als angezeigt erscheint, den Versicherten in der Schweiz untersuchen oder
begutachten zu lassen. Eine solche Überprüfung würde indessen nicht das
vorliegende Verfahren betreffen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, der Schweizerischen
Ausgleichskasse und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 8. August 2006

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: