Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 322/2004
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2004
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2004


I 322/04

Urteil vom 22. September 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Jancar

L.________, Fürsprecher, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
Ueli Kieser, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

gegen

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Lagerhausstrasse 19, 8400
Winterthur, Beschwerdegegner

(Entscheid vom 5. Mai 2004)

Sachverhalt:

A.
Fürsprecher L.________ wurde im Beschwerdeverfahren der Z.________ gegen
einen Einspracheentscheid der IV-Stelle Zürich betreffend Rentenrevision vom
18. November 2003 durch das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zum
unentgeltlichen Rechtsbeistand bestellt. Mit Entscheid vom 5. Mai 2004 wies
das kantonale Gericht die Beschwerde ab und setzte sein Honorar auf Fr.

1200. - (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) fest (Dispositiv Ziff. 3).

B.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Fürsprecher L.________,
Dispositiv Ziff. 3 des kantonalen Entscheides sei insoweit aufzuheben, als
die Entschädigung mit nicht mehr als Fr. 1200.- festgesetzt werde; die Sache
sei zur neuen Festsetzung des Honorars an das kantonale Gericht
zurückzuweisen.

Das kantonale Gericht verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die bundesrechtliche Verfügungsgrundlage (vgl. Art. 5 VwVG in Verbindung mit
Art. 97 Abs. 1 und Art. 128 OG) ist gegeben. Sodann ist der unentgeltliche
Rechtsbeistand legitimiert, gegen die Festsetzung seines Honorars durch die
kantonale Rekursbehörde Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen (BGE 110 V
363 Erw. 2; SVR 2002 ALV Nr. 3 S. 5 Erw. 1; Urteil L. vom 6. April 2004 Erw.
2, I 10/04; Kieser, ATSG-Kommentar, Zürich 2003, Art. 61 Rz 92). Auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach einzutreten.

2.
Da es sich beim angefochtenen Entscheid nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG; BGE 100 V 62 Erw. 2; SVR 2004 AHV Nr. 5 S. 17 Erw.

1.2 ).

3.
Art. 29 Abs. 3 BV räumt jeder Person, die nicht über die erforderlichen
Mittel verfügt, unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ein.

Gemäss Art. 61 Ingress Satz 1 des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen
Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
vom 6. Oktober 2000 bestimmt sich das Verfahren vor dem kantonalen
Versicherungsgericht unter Vorbehalt von Art. 1 Abs. 3 VwVG nach kantonalem
Recht, das bestimmten bundesrechtlichen Anforderungen zu genügen hat. So
sieht lit. f dieser Bestimmung vor, dass das Recht, sich verbeiständen zu
lassen, gewährleistet sein muss (Satz 1). Wo die Verhältnisse es
rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher
Rechtsbeistand bewilligt (Satz 2). Mit Inkraftsetzung des neuen Rechts ist
Art. 85 Abs. 2 lit. f Sätze 1 und 2 AHVG in Verbindung mit Art. 69 Satz 2 IVG
aufgehoben worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat sich inhaltlich
nichts geändert, sodass die bisherige Rechtsprechung zur unentgeltlichen
Verbeiständung und zur Bemessung der Entschädigung weiterhin anwendbar ist
(SVR 2004 AHV Nr. 5 S. 17 Erw. 2.1; erwähntes Urteil L. Erw. 1 mit Hinweisen;
BBl 1999 V 4627).

4.
4.1 Die Bemessung der Entschädigung an den unentgeltlichen Rechtsbeistand ist
mangels bundesrechtlicher Bestimmung dem kantonalen Recht überlassen (Kieser,
a.a.O., Art. 61 Rz 92), mit welchem sich das Eidgenössische
Versicherungsgericht grundsätzlich nicht zu befassen hat (Art. 128 OG in
Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5 Abs. 1 VwVG). Es darf die Höhe
der Entschädigung nur daraufhin überprüfen, ob die Anwendung der für ihre
Bemessung einschlägigen kantonalen Bestimmungen, sei es bereits auf Grund
ihrer Ausgestaltung oder aber auf Grund des Ergebnisses im konkreten Fall
(RKUV 1993 Nr. U 172 S. 144), zu einer Verletzung von Bundesrecht geführt hat
(Art. 104 lit. a OG). Dabei fällt praktisch nur das früher aus Art. 4 Abs. 1
aBV abgeleitete, nunmehr in Art. 9 BV verankerte Willkürverbot in Betracht
(BGE 125 V 408 Erw. 3a mit zahlreichen Hinweisen; SVR 2001 AHV Nr. 4 S. 11
Erw. 2). Nach der Rechtsprechung, die auch unter der Herrschaft des Art. 9 BV
gilt (SVR 2001 AHV Nr. 4 S. 12 Erw. 2 am Ende), ist eine Entschädigung dann
willkürlich, wenn sie eine Norm oder einen klaren und unumstrittenen
Rechtsgrundsatz offensichtlich schwer verletzt, sich mit sachlichen Gründen
schlechthin nicht vertreten lässt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 125 V 409 Erw. 3a mit Hinweisen).
Willkür kann in zwei Erscheinungsformen auftreten, nämlich als klare und und
schwere Verletzung kantonalen Rechts über die Bemessung der Entschädigung
oder als schlechthin unhaltbare Betätigung in dem vom Bundes- und kantonalen
Recht eröffneten Ermessensbereich (AHI 1999 S. 183 Erw. 3a am Ende). Im
letzteren Fall kann die Festsetzung eines Anwaltshonorars wegen Verletzung
von Art. 9 BV oder Art. 29 Abs. 3 BV nur aufgehoben werden, wenn sie
ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu den mit Blick auf den
konkreten Fall notwendigen anwaltlichen Bemühungen steht und in krasser Weise
gegen das Gerechtigkeitsgefühl verstösst (nicht veröffentlichtes Urteil der
I. Öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts in Sachen X. vom 22.
Juni 2000, 1P.201/2000). Willkür liegt schliesslich nur vor, wenn nicht bloss
die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist
(vgl. BGE 125 I 168 Erw. 2a, 123 I 5 Erw. 4a, je mit Hinweisen; SVR 2002 ALV
Nr. 3 S. 6 Erw. 4a; erwähntes Urteil L. Erw. 4.1).
4.2  Praxisgemäss (vgl. die Zusammenfassung der Rechtsprechung in SVR 2000 IV
Nr. 11 S. 31 Erw. 2b) ist dem erstinstanzlichen Gericht bei der Bemessung der
Entschädigung ein weiter Ermessensspielraum einzuräumen (BGE 114 V 87 Erw.
4b; ZAK 1989 S. 254 Erw. 4b, je mit Hinweisen). Ermessensmissbrauch (Art. 104
lit. a OG) liegt vor, wenn die Behörde zwar im Rahmen des ihr eingeräumten
Ermessens bleibt, sich aber von unsachlichen, dem Zweck der massgebenden
Vorschriften fremden Erwägungen leiten lässt oder allgemeine
Rechtsprinzipien, wie das Verbot der Willkür oder rechtsungleicher
Behandlung, das Gebot von Treu und Glauben sowie den Grundsatz der
Verhältnismässigkeit verletzt (BGE 123 V 152 Erw. 2 mit Hinweisen; AHI 1999
S. 184 Erw. 3b; Rhinow/Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung,
Ergänzungsband zur 6. Aufl., Nr. 67 B II/a S. 211).

Im Rahmen seines Ermessens hat das erstinstanzliche Gericht für die
Bestimmung der Höhe des Anwaltshonorars die Wichtigkeit und Schwierigkeit der
Streitsache, den Umfang der Arbeitsleistung und den Zeitaufwand des Anwalts
zu berücksichtigen (BGE 114 V 87 Erw. 4b; vgl. Art. 2 Abs. 1 des Tarifs über
die Entschädigungen an die Gegenpartei für das Verfahren vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht vom 16. November 1992, SR 173.119.2).
Dabei kann das durchschnittliche Anwaltshonorar je nach der kantonalen
Anwaltsgebühren-Regelung willkürfrei innerhalb einer relativ weiten
Bandbreite von Fr. 160.- bis Fr. 320.- pro Stunde (eingeschlossen die
Mehrwertsteuer; vgl. dazu auch BGE 125 V 201) festgesetzt werden (SVR 2002
ALV Nr. 3 S. 6 Erw. 4b und c; erwähntes Urteil L. Erw. 4.2).
4.3  Nach der Rechtsprechung (zuletzt veröffentlicht in SVR 2002 ALV Nr. 3 S.
5 Erw. 3a) muss der Entscheid über die zu entrichtende Parteientschädigung in
der Regel nicht begründet werden. Um überhaupt eine sachgerechte Anfechtung
zu ermöglichen (vgl. hiezu BGE 124 V 181 Erw. 1a mit Hinweisen), wird eine
Begründungspflicht jedoch angenommen, wenn sich das Gericht nicht an
vorgegebene Tarife oder gesetzliche Regelungen hält oder sofern von einer
Partei aussergewöhnliche Umstände geltend gemacht werden (BGE 111 Ia 1; ZAK
1986 S. 134 Erw. 2a) oder schliesslich wenn das Gericht den Rechtsvertreter
zur Einreichung einer Kostennote auffordert und die Parteientschädigung
abweichend von der Kostennote auf einen bestimmten, nicht der üblichen,
praxisgemäss gewährten Entschädigung entsprechenden Betrag festsetzt (nicht
veröffentlichtes Urteil S. vom 23. März 1995 [U 181/94]). Diese Grundsätze
sind auch anzuwenden, wenn der Rechtsvertreter die Kostennote ohne vorgängige
richterliche Aufforderung einreicht. Nichts anderes gilt im Zusammenhang mit
dem Honorar des unentgeltlichen Rechtsbeistandes (SVR 2002 ALV Nr. 3 S. 5
Erw. 3a; erwähntes Urteil L. Erw. 4.3).

5.
5.1 Gemäss § 9 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtlichen
Gebühren, Kosten und Entschädigungen des Kantons Zürich vom 6. Oktober 1994
wird die Parteientschädigung, eingeschlossen die Entschädigung für die Kosten
der Parteivertretung, ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung
der Streitsache, der Schwierigkeit des Prozesses, dem Zeitaufwand und den
Barauslagen bemessen (Abs. 1). Ein unnötiger oder geringfügiger Aufwand wird
nicht ersetzt (Abs. 2). Die Partei, die Anspruch auf Parteientschädigung
erhebt, hat dem Gericht vor dem Entscheid eine detaillierte Zusammenstellung
über den Zeitaufwand und die Barauslagen einzureichen. Reicht sie die
Zusammenstellung nicht rechtzeitig ein, so wird die Entschädigung von Amtes
wegen und nach Ermessen festgesetzt (Abs. 3). Nach § 10 der Verordnung wird
die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands gemäss § 9 festgesetzt.

5.2  Mit Kostennote vom 7. April 2004 machte der Beschwerdeführer einen
Aufwand von 10,1 Stunden (1,5 Stunden Durchsicht Einspracheentscheid und
Besprechung mit Klientschaft, 0,8 Stunden Abklärungen im Zusammenhang mit der
unentgeltlichen Verbeiständung sowie 7,8 Stunden für Aktenstudium und
Beschwerde) zuzüglich Auslagen von Fr. 75.80 geltend.

Die Vorinstanz kürzte den Stundenaufwand für die Abfassung der Beschwerde um
die Hälfte auf 3,9 Stunden, womit sie einen Gesamtaufwand von 6,2 Stunden
berücksichtigte. Sie setzte die Entschädigung auf total Fr. 1200.- (inkl.
Barauslagen und Mehrwertsteuer) fest. Nach Abzug der Barauslagen von Fr.

75.80  veranschlagte sie mithin ein Honorar von Fr. 1124.20 bzw. einen
Stundenansatz von Fr. 181.30 (inkl. Mehrwertsteuer). Dies liegt im Rahmen der
dem kantonalen Richter im Lichte der erwähnten Rechtsprechung zustehenden
relativ weiten Bandbreite (vgl. Erw. 4.2 hievor).

Die vorinstanzliche Beschwerde umfasste knapp zehn Seiten. Es stellten sich
keine schwierigen Rechtsfragen, sondern im Wesentlichen lediglich
Beweisfragen hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit der Versicherten. Mit Blick
auf den zu beurteilenden Sachverhalt kann vorliegend von einem relativ
einfachen Fall gesprochen werden, der einen erfahrenen Anwalt nicht vor
besondere Schwierigkeiten stellt (vgl. BGE 111 V 50 Erw. 5b; SVR 2002 ALV Nr.
3 S. 6 Erw. 4d). Weiter hat die Vorinstanz richtig festgehalten, dass der
Beschwerdeführer die Versicherte bereits im Verwaltungs- und
Einspracheverfahren vertreten hatte, weshalb sein Aufwand für die Abfassung
der Beschwerde entsprechend tiefer ausfiel. Unbestritten ist zudem, dass
Ziff. 7 und 8 der Beschwerde, mithin etwa zweieinhalb Seiten, teilweise der
Einspracheergänzung vom 7. Oktober 2003 entsprachen.

Wenn der Beschwerdeführer für das vorinstanzliche Verfahren mit insgesamt Fr.

1200. - entschädigt wurde, dann deckt dies die effektiv entstandenen
Anwaltskosten möglicherweise zwar nur zum Teil, und die Entschädigung mag
auch sonst als niedrig erscheinen; von einer rechtsfehlerhaften
Ermessensbetätigung und geradezu willkürlichen Bemessung der Entschädigung
kann aber nicht die Rede sein (vgl. auch Urteil B. vom 13. März 2003 Erw.

5.2 , I 738/02). Der angefochtene Entscheid lässt sich somit im Ergebnis
nicht
beanstanden.

6.
Streitigkeiten im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege und
Verbeiständung unterliegen grundsätzlich nicht der Kostenpflicht, weshalb
keine Gerichtskosten zu erheben sind (SVR 2002 ALV Nr. 3 S. 7 Erw. 5).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.

Luzern, 22. September 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: