Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 275/2004
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I 275/04

Urteil vom 20. Oktober 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Kernen; Gerichtsschreiber
Hadorn

H.________, 1957, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Jürg
Maron, Schaffhauserstrasse 345, 8050 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 31. März 2004)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 4. März 2003 lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich ein
Rentengesuch von H.________ (geb. 1957) ab. Diese Verfügung bestätigte die
IV-Stelle mit Einspracheentscheid vom 8. September 2003.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 31. März 2004 ab.

C.
H.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es sei
ihr ab dem frühesten möglichen Zeitpunkt eine ganze, mindestens aber eine
halbe IV-Rente zuzusprechen. Ausserdem ersucht sie um Gewährung der
unentgeltlichen Verbeiständung.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Sozialversicherungsgericht hat die gesetzlichen Bestimmungen
über den Begriff der Invalidität (Art. 7 und 8 Abs. 1 ATSG; Art. 4 Abs. 1
IVG), zum Umfang des Rentenanspruchs (altArt. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), zur
Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der Methode des Einkommensvergleichs
(Art. 16 ATSG; vgl. altArt. 28 Abs. 2 IVG) bei Erwerbstätigen und nach dem
Betätigungsvergleich bei Hausfrauen (Art. 8 Abs. 3 ATSG und Art. 5 Abs. 1
IVG; altArt. 27 und 27bis IVV) sowie die Rechtsprechung zu den geistigen
Gesundheitsschäden (BGE 127 V 298 Erw. 4c; AHI 2001 S. 228 Erw. 2b), zur
Bedeutung ärztlicher Auskünfte im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V
261 Erw. 4 und 352 Erw. 3a), zum Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b) und zur antizipierten
Beweiswürdigung (BGE 124 V 94 Erw. 4b) richtig dargelegt. Darauf wird
verwiesen. Zu ergänzen ist, dass die am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen
Änderungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 21. März
2003 und der Verordnung über die Invalidenversicherung vom 21. Mai 2003 nicht
zur Anwendung gelangen (BGE 129 V 4 Erw. 1.2).
2. Streitig und zu prüfen ist der Rentenanspruch.

2.1 Die Vorinstanz kam auf Grund der Akten zum Schluss, dass die Versicherte
zu 33,3 % als erwerbstätig und zu 66,7 % als im Haushalt Tätige einzustufen
sei. Ihr Invaliditätsgrad sei demzufolge nach der gemischten Methode zu
ermitteln. Die Versicherte habe stets nur teilzeitlich gearbeitet und
ausserdem ihren Sohn erziehen und für den Familienhaushalt sorgen müssen. Sie
sei somit nicht als voll Erwerbstätige zu betrachten. Im Erwerbsbereich kam
die Vorinstanz auf einen Invaliditätsgrad von 31,57 %, was bei einem Anteil
von 33 % am Gesamtinvaliditätsgrad 10,51 % ausmache. Im Haushalt sodann
ergebe der gewichtete Betätigungsvergleich einen Invaliditätsgrad von 14,4 %.
Die Summe beider Werte mache somit rund 25 % aus, weshalb kein Anspruch auf
eine Rente bestehe.

2.2 Hiegegen lässt die Beschwerdeführerin wie schon im kantonalen Prozess
vortragen, sie sei seit ihrer Jugend psychisch krank gewesen. Dass sie in den
letzten Jahren nur in reduziertem Umfang erwerbstätig gewesen sei, müsse vor
diesem Hintergrund gewürdigt werden. Ohne ihre gesundheitlichen
Beeinträchtigungen hätte sie bis zur Geburt ihres Sohnes 1988 vollzeitlich
gearbeitet, hernach noch zu 50 %; spätestens ab 2000 wäre sie wieder zu 70 %
erwerbstätig gewesen. Der Einkommensvergleich sei daher mit den
Tabellenlöhnen gemäss Art. 26 Abs. 1 IVV neu zu erstellen.

2.3 Die Vorinstanz hat sich mit diesen Argumenten bereits einlässlich und
sorgfältig auseinandergesetzt. Fest steht, dass die Beschwerdeführerin sich
erstmals im Jahre 2000 zu Dr. med. L.________, Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie FMH, in Behandlung begab. Für die davor liegende Zeitspanne,
namentlich die Jugendjahre der Versicherten, fehlen jegliche echtzeitlichen
Belege. Es sind nur von Dr. L.________ wiedergegebene Aussagen der
Versicherten vorhanden. Zwar ist möglich, dass diese schon seit früher
Kindheit an psychischen Problemen litt. Deren Auswirkungen auf die
Arbeitsfähigkeit hingegen sind im heutigen Zeitpunkt nicht mehr
rechtsgenüglich zu ermitteln. Die Annahme, dass die Beschwerdeführerin ohne
ihre psychischen Leiden bis 1988 voll erwerbstätig gewesen wäre, ist nicht
ausreichend erhärtet, fehlen doch Angaben über die damalige Arbeitsfähigkeit.
Ebenso erscheint die Aussage, die Versicherte hätte ohne ihre
gesundheitlichen Probleme spätestens ab 2000 wieder zu 70 % gearbeitet,
angesichts der Akten zwar als möglich, jedoch nicht als überwiegend
wahrscheinlich. Immerhin hat die Beschwerdeführerin 1988 einen Sohn geboren,
einen Mann geheiratet, der seinen eigenen, 1990 geborenen Sohn in die Ehe
einbrachte, und während mehrerer Jahre einen vierköpfigen Familienhaushalt
besorgt. Selbst nach der Trennung vom Ehemann und bis zum massgeblichen
Zeitpunkt des Einspracheentscheids befand sie sich dank dessen
Unterhaltszahlungen finanziell in annehmbarer Lage. Hinzu kommt, dass der bei
ihr gebliebene eigene Sohn hörbehindert ist und eine eher
überdurchschnittliche Betreuung erfordert hat. Unter solchen Umständen würde
sie auch als gesunde Person nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu 70
% bzw. voll arbeiten. Daher muss es bei der vorinstanzlichen Würdigung sein
Bewenden haben.

3.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 134 OG). Die unentgeltliche Verbeiständung
kann der Versicherten gewährt werden, da die entsprechenden Voraussetzungen
(BGE 125 V 202 Erw. 2b) erfüllt sind. Die Beschwerdeführerin wird jedoch auf
Art. 152 OG hingewiesen, wonach sie dem Gericht Ersatz zu leisten haben wird,
wenn sie dereinst dazu im Stande sein sollte.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt Jürg
Maron, Zürich, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht
aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 20. Oktober 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: