Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 204/2004
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I 204/04

Urteil vom 16. September 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Arnold

Pensionskasse der A.________ Schweiz AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Marco Barbatti, c/o Hartmann Müller Partner,
Zürichbergstrasse 66, 8044 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin,

betreffend G.________, 1944, vertreten durch Hansheiri Rüegg, Marty & Rüegg
AG, Allmeindstrasse 10, 8716 Schmerikon

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 17. März 2004)

In Erwägung,
dass die IV-Stelle des Kantons Zürich G.________, welcher bei der
Pensionskasse der Alcatel Schweiz AG vorsorgeversichert gewesen war, durch
zwei Verfügungen vom 8. Januar 2003 mit Wirkung ab 1. Juni 2001 bis 30.
September 2002 eine halbe und ab 1. Oktober 2002 eine ganze Invalidenrente
zusprach,
dass die Vorsorgeeinrichtung am 26. April 2003 gegen die beiden
Rentenverfügungen vom 8. Januar 2003 u.a. Einsprache erhob,
dass die IV-Stelle mit Verwaltungsakt vom 8. Mai 2003 die Einsprachefrist
wiederherstellte, auf das Rechtsmittel eintrat und dieses mit Entscheid vom

25. August 2003 abwies,
dass die Vorsorgeeinrichtung hiegegen am 26. September 2003 Beschwerde an das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich erhob, welches G.________ zum
Prozess beilud,
dass das Sozialversicherungsgericht - im Rahmen der von Amtes wegen
vorzunehmenden Prüfung der Behandlung der Eintretensvoraussetzungen durch die
IV-Stelle - zum Schluss gelangte, bei Einreichung der Einsprache am 26. April
2003 sei die Einsprachefrist (am 11. April 2003) bereits abgelaufen gewesen,
dass das Gericht auch die Voraussetzungen einer Fristwiederherstellung
verneinte,
dass das kantonale Gericht demzufolge den Einspracheentscheid vom 25. August
2003 - insoweit eintretend auf die Beschwerde - "ersatzlos" aufhob (Entscheid
vom 17. März 2004),
dass die Vorsorgeeinrichtung Verwaltungsgerichtsbeschwerde führt mit den
Anträgen, es sei, unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides, soweit
dadurch beschwert, festzustellen, dass die IV-Stelle zu Recht auf die
Einsprache gegen die Rentenverfügungen vom 8. Januar 2003 eingetreten sei und
dass die Sache zur materiellen Behandlung der Beschwerde an das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückzuweisen sei,
dass die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst
und der Beigeladene sowie das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine
Vernehmlassung verzichten,
dass nicht die Zusprechung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen
strittig ist, weshalb sich die Kognition nach Art. 104 f. OG richtet (Art.
132 OG e contrario),
dass das kantonale Gericht in für das Eidgenössische Versicherungsgericht
verbindlicher Weise festgestellt hat (Art. 105 Abs. 2 OG), die Beschwerde
führende Vorsorgeeinrichtung habe spätestens am 12. März 2003 Kenntnis von
den beiden Verfügungen vom 8. Januar 2003 gehabt, als sie (unter
ausdrücklicher Bezugnahme auf die beiden Verwaltungsakte) bei der IV-Stelle
zwecks Abklärung ihrer Leistungspflicht Akteneinsicht beantragte,
dass die aus dieser Tatsachenfeststellung gezogenen Schlussfolgerungen des
kantonalen Gerichts bundesrechtskonform sind (Art. 104 lit. a OG), wonach die
Einsprache vom 26. April 2003 verspätet (Art. 52 Abs. 1 ATSG) eingereicht
wurde und die Voraussetzungen für eine Fristwiederherstellung (Art. 41 ATSG)
nicht erfüllt sind,
dass sämtliche Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hieran nichts
zu ändern vermögen, wird doch von einer Vorsorgeeinrichtung mit Blick auf
Art. 50 Abs. 3 BVG verlangt, dass sie über die Entwicklung des geltenden
Vorsorgerechts, wozu auch die Rechtsprechung des Eidgenössische
Versicherungsgerichts zur Stellung der Vorsorgeeinrichtung im IV-Verfahren
zählt, im Bilde ist (vgl. den im Nachgang zu BGE 116 V 189 [worin die
Gesetzwidrigkeit des Art. 25 Abs. 1 BVV 2 festgestellt wurde] ergangenen BGE
120 V 319 betreffend zumutbare Kenntnis der Vorsorgeeinrichtung über die
objektive Rechtslage) und dies umso mehr zu gelten hat, wenn die
entsprechende Judikatur in der Fachliteratur bereits besprochen wurde,
dass die Beschwerde führende Vorsorgeeinrichtung daher gestützt auf das
Urteil K. vom 29. November 2002, B 26/01, zwar im Frühjahr 2003 noch nicht
als BGE 129 V 73, wohl aber seit Dezember 2002 im Internet publiziert, und
durch Kurt C. Schweizer, Mitwirkung der Pensionskasse im IV-rechtlichen
Verfahren, in: Schweizer Personalvorsorge 2003, Heft 3, erschienen im März
2003, S. 9 ff., zu Handen der Vorsorgeeinrichtungen dargestellt, wissen
musste, dass sie nach Art. 49 Abs. 4 ATSG befugt war, gegen die
Rentenverfügungen der IV-Stelle vom 8. Januar 2003 Einsprache zu führen,
woran nichts ändert, dass das ATSG damals erst unmittelbar vorher (am 1.
Januar 2003) in Kraft getreten war, zumal Rechtsunkenntnis auch in diesem
Kontext schadet (BGE 124 V 220 ff. Erw. 2b/aa mit Hinweisen),
dass die Auffassung der Beschwerdeführerin, der Beginn der zufolge
fehlerhafter Verfügungseröffnung hinausgeschobenen Einsprachefrist sei erst
auf denjenigen Zeitpunkt hin festzulegen, in welchem die Vorsorgeeinrichtung
Kenntnis des (gesamten) IV-Dossiers erlangte, nicht durchdringt,
dass es vielmehr bundesrechtskonform ist, insbesondere Art. 49 Abs. 3 ATSG
genügt, wonach aus einer mangelhaften Eröffnung einer Verfügung der Person
kein Nachteil erwachsen darf, wenn die Vorinstanz den Beginn der
Einsprachefrist auf den 13. März 2003 (tags zuvor hatte die
Beschwerdeführerin um Akteneinsicht ersucht) festsetzte, nachdem die
Beschwerdeführerin gemäss eigener Darstellung die Verfügungen vom 8. Januar
2003 (in Kopie) bereits als Beilage zum Schreiben des Rechtsvertreters des
Mitbeteiligten (vom 18. Februar 2003) erhalten hatte, zumal - mit Blick auf
die aus Art. 23 ff. BVG von der Rechtsprechung abgeleitete
Verbindlichkeitswirkung - einzig wesentlich ist, was die IV-Stelle im
Dispositiv ihrer Verfügungen festlegt (Invaliditätsgrad, Rentenbeginn,
einschliesslich der dafür kausalen Eröffnung der einjährigen Wartezeit [Art.
29 Abs. 1 lit. b IVG]),
dass die Beschwerdeführerin im Übrigen gemäss letztinstanzlich verbindlicher
Tatsachenfeststellung des kantonalen Gerichts (Art. 105 Abs. 2 OG) bereits
mit Schreiben der IV-Stelle vom 17. März 2003 Einsicht in die gesamten Akten
erhielt, ihr somit noch über zwanzig Tage bis zum Ablauf der Einsprachefrist
(am 11. April 2003) verblieben und keine triftigen Gründe dafür ersichtlich
sind, welche einem Handeln innert dieser Frist entgegenstanden,
dass die Organe der Eidgenössischen Invalidenversicherung die Anmeldung des
Mitbeteiligten zum Leistungsbezug vom 3. Juni 2002 als verspätet im Sinne des
Art. 48 Abs. 2 erster Satz IVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen
Fassung) qualifizierten, d.h. den Leistungsbeginn auf den 1. Juni 2001
festlegten, wobei sie - implizit - den Tatbestand der unverschuldet
verspäteten Anmeldung gemäss Art. 48 Abs. 2 zweiter Satz (in der bis 31.
Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) verneinten (vgl. die Begründung der
Rentenverfügungen),
dass bei dieser Sachlage für die Festlegung des Anspruchs auf eine
Invalidenrente nach IVG kein Anlass bestand, den Verlauf der Arbeitsfähigkeit
vor Juni 2000 (Beginn der einjährigen Wartezeit im Hinblick auf den
frühestmöglichen Zeitpunkt des Leistungsbeginns am 1. Juni 2001) näher zu
prüfen, weshalb für die Zeit vor Juni 2000 verbindlichkeitsrechtlich
massgebende Feststellungen und Beurteilungen von vornherein ausser Betracht
fallen, mithin für eine allfällige berufsvorsorgerechtliche
Auseinandersetzung insoweit nichts präjudiziert ist (woran insbesondere der
Umstand nichts ändert, dass laut Begründung der Rentenverfügung seit 1.
Januar 1992 eine erhebliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit besteht),
dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde daher nicht durchdringt, die
Verfahrensbeteiligten jedoch im Hinblick auf eine allfällige
berufsvorsorgerechtliche Auseinandersetzung an die soeben umschriebene
Rechtslage erinnert seien,
dass die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei die Kosten des
Verfahrens zu übernehmen hat (Art. 134 OG e contrario; Art. 156 in Verbindung
mit Art. 135 OG) und von einer Zusprechung einer Parteientschädigung an den
Mitbeteiligten abzusehen ist (Art. 159 in Verbindung mit Art. 135 OG),
erkennt das Eidgenössische Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 1'000.- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Der Betrag von
Fr. 5'000.- wird der Beschwerdeführerin zurückerstattet.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, dem Bundesamt für Sozialversicherung und G.________ zugestellt.

Luzern, 16. September 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: