Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 176/2004
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I 176/04

Urteil vom 20. September 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiberin
Durizzo

B.________, 1958, Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern

(Entscheid vom 27. Februar 2004)

Sachverhalt:

A.
Am 13. September 2002 sprach die IV-Stelle Luzern B.________ verfügungsweise
mit Wirkung ab 1. Mai 2000 eine halbe Invalidenrente bei einem
Invaliditätsgrad von 63 % zu.

B.
Vor Verwaltungsgericht des Kantons Luzern beantragte B.________ die
Zusprechung einer ganzen Invalidenrente sowie die Anordnung einer
"medizinische(n) und psychiatrische(n)" Begutachtung. Zur Begründung führte
er an, dass das Valideneinkommen falsch berechnet worden und er wegen der
somatischen und psychischen Gesundheitsschäden zu 70 % arbeitsunfähig sei.
Mit Entscheid vom 27. Februar 2004 wies das Gericht die Beschwerde ab.

C.
B. ________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und erneuert die
vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren. Des Weiteren beantragt er eine
"berufsfachliche Begutachtung".

Während die IV-Stelle Luzern auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine
Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zu den
Voraussetzungen und zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis
IVG in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung) sowie zur
Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG in der bis 31. Dezember 2002
gültig gewesenen Fassung; vgl. auch BGE 104 V 136 Erw. 2a und b) zutreffend
dargelegt. Gleiches gilt bezüglich der (Nicht-)Anwendbarkeit des am 1. Januar
2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000. Darauf wird verwiesen.
Zu ergänzen ist, dass auch die mit der 4. IV-Revision auf den 1. Januar 2004
in Kraft getretenen Bestimmungen keine Anwendung finden.

2.
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, sein Gesundheitszustand habe
sich verschlechtert, und reicht diverse Berichte des Spitals X.________ ein,
welche vom November 2003 bis März 2004 datieren. Für die gerichtliche
Überprüfungsbefugnis ist der Zeitpunkt massgebend, in dem die streitige
Verfügung erlassen wurde, hier also der 13. September 2002. Nachträglich
eingetretene Sachverhaltsänderungen können nicht berücksichtigt werden (BGE
127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).

Der Hausarzt Dr. med. P.________, Allgemeine Medizin FMH, attestiert dem
Versicherten eine 50 %ige Arbeitsunfähigkeit seit dem 25. Mai 1999 (Berichte
vom 13. Juli 2000 und vom 26. September 2001). In diesem zeitlichen Umfang
ist er im angestammten Beruf als Maurer tätig; seine Arbeitgeberin hat ihn
auch nach Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigungen weiter
beschäftigt. Seine effektive Leistung liegt jedoch nach ihren Angaben
gegenüber den Gutachtern der Beruflichen Abklärungsstelle (BEFAS) Stiftung
Y.________ nur etwa bei 30 %. Gemäss deren Expertise vom 12. Juni 2001 ist
ihm jede leichte, wechselbelastende Tätigkeit in diesem Umfang zumutbar.
Diese Einschätzung rügt der Beschwerdeführer nicht.

3.
Streitig ist das Valideneinkommen, wobei der Beschwerdeführer eine
Hochrechnung des im Jahre 1994 erzielten Verdienstes verlangt.

3.1  Er macht dabei zunächst geltend, sein Einkommen habe sich durch
krankheits- und unfallbedingte Absenzen verringert, da der jeweilige
Taggeldversicherer während diesen Zeiten nur 80 % des Lohnes bezahlt habe.
Letztmals habe er im Jahr 1994 einen vollen Brutto-Jahreslohn erhalten.
Dieser Einwand ist deshalb nicht berechtigt, weil Verwaltung und Vorinstanz
nicht von einem reduzierten Jahreseinkommen, sondern vom vollen Verdienst im
Gesundheitsfall ausgegangen sind, den die Arbeitgeberin in den Monaten ohne
Absenzen ausgerichtet hat. Gemäss ihren Angaben vom 28. April 2000 belief
sich dieser zum Zeitpunkt des Rentenbeginns, welcher für die Ermittlung des
Invaliditätsgrades massgebend ist (BGE 128 V 184, 129 V 222), im Jahr 2000
auf Fr. 4'795.-.
3.2  Des Weiteren beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass der
Ferienanspruch mit dem Landesmantelvertrag für das schweizerische
Bauhauptgewerbe 1998-2000 (LMV 2000) um eine Woche erhöht worden sei. Dies
schlägt sich einkommensmässig jedoch nur bei Angestellten nieder, welche im
Stundenlohn arbeiten (LMV 2000 Art. 34). Der Versicherte war bis zum Eintritt
der Invalidität im Monatslohn angestellt, weshalb er daraus nichts zu seinen
Gunsten ableiten kann.

3.3  Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, dass er mit einem Aufstieg
in die Lohnklasse V hätte rechnen können. Nach LMV 2000 werden in diese
Lohnklasse Vorarbeiter eingereiht, d.h. Bau-Facharbeiter, welche eine von der
Schweizerischen Paritätischen Berufskommission anerkannte Vorarbeiterschule
mit Erfolg absolviert haben oder vom Arbeitgeber als Vorarbeiter ernannt
werden (Art. 42). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Versicherte eine
dieser Voraussetzungen ohne Eintritt des Gesundheitsschadens erfüllt hätte,
nachdem er als gelernter Maurer schon vor den ersten gesundheitlichen
Einschränkungen im Jahr 1994 fast zwanzig Jahre lang ohne diese Qualifikation
an der gleichen Stelle tätig war.

3.4  Das Valideneinkommen ist daher gestützt auf die Angaben der
Arbeitgeberin
vom 28. April 2000 mit Fr. 4'795.- pro Monat oder Fr. 62'335.- pro Jahr zu
veranschlagen.

4.
4.1 Für die Bestimmung des trotz Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch
realisierbaren Einkommens (Invalideneinkommen) ist von der
beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher der Versicherte
konkret steht, nachdem er nach wie vor bei der gleichen Arbeitgeberin tätig
ist und seine Restarbeitsfähigkeit dort in zumutbarer Weise verwertet (BGE
126 V 76 Erw. 3b/aa). Der Beschwerdeführer ist heute im Stundenlohn
angestellt und verdiente im Jahr 2001 Fr. 27.-. Dabei handelt es sich nach
Angaben der Arbeitgeberin vom 22. Oktober 2001 um einen Soziallohn, während
der Versicherte mit seiner effektiven Leistung lediglich Fr. 21.60 verdienen
würde. Es besteht angesichts des langjährigen Arbeitsverhältnisses kein
Grund, an der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln. Verwaltung und
Vorinstanz haben daher zu Recht auf den tieferen Wert abgestellt, welcher 80
% des tatsächlichen Verdienstes ausmacht, gehören doch Lohnbestandteile, für
die der Arbeitnehmer nachgewiesenermassen wegen beschränkter Arbeitsfähigkeit
keine Gegenleistung erbringen kann, nach Art. 25 Abs. 1 lit. b IVV nicht zu
dem für die Invaliditätsbemessung massgebenden Erwerbseinkommen (vgl. BGE 117
V 18, 110 V 277, 104 V 93; ZAK 1980 S. 345 Erw. 2b).

4.2  Massgebend sind die Zahlen im Zeitpunkt des Rentenbeginns im Jahr 2000.
Aus den Fragebögen zu den Einkommensverhältnissen vom 28. April 2000 und vom
10. September 2001 ergibt sich ein Jahresverdienst von Fr. 31'864.-. Darin
enthalten ist ein 13. Monatslohn von Fr. 4'795.-, der einem Lohn im
Gesundheitsfall entspricht. Reduziert man diesen entsprechend der effektiven
Leistung um 70 % (vgl. Erw. 2), und berücksichtigt man beim verbleibenden
Jahreseinkommen von Fr. 28'508.- den Soziallohncharakter, sodass eine Kürzung
um 20 % vorzunehmen ist (vgl. Erw. 4.1), gelangt man zu einem
Invalideneinkommen von Fr. 22'806.-.
4.3  Verglichen mit dem Valideneinkommen resultiert daraus ein
Invaliditätsgrad von 63 % (vgl. zur Rundung des Invaliditätsgrades BGE 130 V
121).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
der Ausgleichskasse Luzern und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.

Luzern, 20. September 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: