Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 133/2004
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2004
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2004


I 133/04

Urteil vom 8. Februar 2005
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Scartazzini

G.________, 1959, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland
Ilg, Rämistrasse 5, 8001 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 13. Februar 2004)

Sachverhalt:

A.
Der 1959 geborene G.________ arbeitete seit 1991 als Gärtner bei der
M._________ AG. Am 13. Oktober 2000 meldete er sich bei der
Invalidenversicherung wegen Rückenschmerzen zum Rentenbezug an. Die IV-Stelle
des Kantons Zürich erkundigte sich über das Arbeitsverhältnis und holte
medizinische Unterlagen ein. Gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 100 %
sprach sie dem Versicherten mit Verfügung vom 25. Juli 2001 eine ganze
Invalidenrente samt Zusatzrenten für die Ehegattin und die drei Kinder mit
Wirkung ab 1. August 2000 zu. Diese Verfügung erwuchs unangefochten in
Rechtskraft.
Am 14. Februar 2002 meldete der Versicherte in einem Fragebogen für
Rentenrevision, sein Gesundheitszustand habe sich seit zirka fünf Monaten
verbessert, indem er weniger Schmerzen habe. Die IV-Stelle holte daraufhin
einen neuen Arztbericht ein und beauftragte die MEDAS mit der Erstellung
eines Gutachtens, welches am 19. Juni 2003 erstattet wurde. Nachdem die
interne Berufsberatung am 8. Juli 2003 einen Einkommensvergleich vorgenommen
hatte, reduzierte die IV-Stelle die Versicherungsleistung mit Verfügung vom
25. Juli 2003 gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 52 % mit Wirkung ab 1.
September 2003 auf eine halbe Rente. Im Einspracheentscheid vom 30. September
2003 wurde an dieser Einschätzung festgehalten und ausgeführt, gegenüber der
ursprünglichen sei die neue Rentenverfügung zu bestätigen, nachdem ein im
Wesentlichen unveränderter Sachverhalt unterschiedlich beurteilt wurde.

B.
Dagegen liess G.________ Beschwerde erheben und gestützt auf einen
zusätzlichen Arztbericht die weitere Gewährung einer ganzen Rente beantragen.
Mit Entscheid vom 13. Februar 2004 wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich die Beschwerde ab.

C.
G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und das Rechtsbegehren
erneuern, es sei ihm in Aufhebung des Einspracheentscheides unter Kosten- und
Entschädigungsfolge eine ganze Rente zuzusprechen. Eventuell sei die Sache
zur Vornahme psychiatrischer Abklärungen an die Invalidenversicherung
zurückzuweisen. Weiter ersucht er um die unentgeltliche Rechtspflege.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Am 1. Januar 2003 sind das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 und die Verordnung über
den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSV) vom 11. September
2002 in Kraft getreten. Gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG kann der
Versicherungsträger auf formell rechtskräftige Verfügungen oder
Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und
wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Nach der Rechtsprechung
sind neue Verfahrensvorschriften mangels anders lautender
Übergansbestimmungen mit dem Tag des In-Kraft-Tretens sofort und in vollem
Umfang anwendbar (RKUV 1998 Nr. KV 37 S. 316 Erw. 3b mit Hinweisen). Die
allgemeinen Verfahrensbestimmungen des 4. Kapitels des ATSG (Art. 27-62)
treten somit grundsätzlich sofort in Kraft.

1.2 Art. 53 Abs. 2 ATSG wurde in Anlehnung an die vor dem In-Kraft-Treten des
ATSG von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien erlassen. Dabei wird in
Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung das Zurückkommen auf formell
rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide beim Fehlen eigentlicher
Revisionsgründe weiterhin in das Ermessen des Versicherungsträgers gelegt
(vgl. BBl 1991 II 262).

2.
2.1 Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze
über den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 [in der bis 31. Dezember
2003 gültig gewesenen Fassung] und Abs. 1bis IVG [in Kraft gestanden bis 31.
Dezember 2003]) zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen. Ebenfalls
verwiesen werden kann auf die vorinstanzlichen Ausführungen über die
Bedeutung medizinischer Entscheidungsgrundlagen (BGE 125 V 261 Erw. 4) sowie
die für den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten geltenden Regeln
(BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw. 1c).
Zu ergänzen ist, dass gemäss Art. 41 IVG beziehungsweise Art. 17 ATSG die
Rente für die Zukunft entsprechend zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben
ist, wenn sich der Grad der Invalidität eines Rentenbezügers in einer für den
Anspruch erheblichen Weise ändert. Anlass zur Rentenrevision gibt jede
wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist,
den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen. Ob eine
solche Änderung eingetreten ist, beurteilt sich durch Vergleich des
Sachverhalts, wie er im Zeitpunkt der ursprünglichen Rentenverfügung
bestanden hat, mit demjenigen zur Zeit der streitigen Revisionsverfügung (BGE
125 V 369 Erw. 2 mit Hinweis; siehe auch BGE 112 V 372 Erw. 2b und 390 Erw.
1b).

2.2 Zu präzisieren ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene ATSG
hinsichtlich der invalidenversicherungsrechtlichen Rentenrevision keine
substanziellen Änderungen gegenüber der bis zum 31. Dezember 2002 gültig
gewesenen Normenlage brachte (BGE 130 V 343). Die zur altrechtlichen Regelung
gemäss Art. 41 IVG (aufgehoben durch Anhang Ziff. 8 des ATSG) ergangene
Judikatur (z.B. BGE 125 V 369 Erw. 2 mit Hinweis) bleibt deshalb
grundsätzlich anwendbar (BGE 130 V 343 Erw. 3.5). Bei dieser Rechtslage kann,
da materiell-rechtlich ohne Belang, offen bleiben, ob die Revision einer
Invalidenrente, über welche durch die Verwaltung nach dem 1. Januar 2003 zu
befinden ist, dem ATSG untersteht, oder aber Art. 82 Abs. 1 ATSG, wonach
materielle Bestimmungen dieses Gesetzes auf die bei seinem In-Kraft-Treten
laufenden Leistungen (und festgesetzten Forderungen) nicht anwendbar sind,
dem Wortlaut entsprechend, dahin gehend auszulegen ist, dass am 1. Januar
2003 laufende Dauerleistungen nicht nach Art. 17 ATSG sondern nach den
altrechtlichen Grundsätzen zu revidieren sind.

3.
3.1 Streitig ist die Herabsetzung der bisherigen ganzen auf eine halbe Rente.
Die IV-Stelle führte zu ihrer Begründung im Einspracheentscheid vom 30.
September 2003 an, der auf Grund der aktuellen Verhältnisse ermittelte
Invaliditätsgrad betrage 52 %, was Anspruch auf eine halbe Rente gebe. Aus
der MEDAS-Abklärung und Beurteilung (Gutachten vom 19. Juni 2003) gehe
hervor, dass klinisch im Vergleich zu den Akten keine namhafte Verbesserung
der Beschwerden festgestellt werden konnte, dass die Gutacher gestützt auf
ihre Befunde aber eine leichte bis höchstens mittelschwere Tätigkeit als zu
50 % zumutbar erachtet haben. Auch Dr. med. B.________ habe in seiner
Stellungnahme vom 21. Oktober 2003 insgesamt keine Befundänderung im
Vergleich zur Beurteilung durch die MEDAS festgestellt. Offensichtlich werde
da ein im Wesentlichen unveränderter Sachverhalt unterschiedlich beurteilt.
In ihrer Vernehmlassung zur vorinstanzlichen Beschwerde (vom 27. November
2003) führte die Verwaltung sodann aus, die ganze Rente sei vordergründig
wegen Rückenbeschwerden und einer festgestellten Schmerzverarbeitungsstörung
(Bericht vom 17. Juli 2001 der Psychiatrischen Poliklinik des Spitals
X.________) zugesprochen worden (Verfügung vom 25. Juli 2001). Bereits im
Bericht der Rheumaklinik und Institut für Physiotherapie und Poliklinik des
Spitals X.________ vom 28. November 2000 sei indessen eine 50%ige
Arbeitsfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten bescheinigt worden. Das im
Rahmen der amtlich durchgeführten Rentenrevision eingeholte MEDAS-Gutachten
schliesse einerseits schwere psychische Störungen aus, andererseits werde
darin die Arbeitsfähigkeit aus rheumatologischer Sicht für die Ausübung von
leidensangepassten Tätigkeiten auf 50 % eingeschätzt. Unter diesen Umständen
lasse die eindeutige fachmedizinische und psychiatrische Aktenlage der
IV-Stelle keinen Raum, ausser der Herabsetzung der ganzen auf eine halbe
Rente, ohne dabei geprüft zu haben, ob die ganze Rente seinerzeit
irrtümlicherweise beschlossen worden sei.
Im angefochtenen Entscheid wurden wesentliche Änderungen in den tatsächlichen
Verhältnissen anhand der medizinischen und erwerblichen Abklärungen
ausgeschlossen und es wurde festgestellt, dass die verfahrensrechtlichen
Voraussetzungen für eine Wiedererwägung der ursprünglichen Verfügung gegeben
sind (vgl. BGE 127 V 469 Erw. 2c mit Hinweisen).

3.2 Dagegen bringt der Beschwerdeführer in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
nichts vor, was geeignet wäre, am Ergebnis des vorinstanzlichen Entscheides
etwas zu ändern. Namentlich befasst er sich mit keinem Wort mit der von der
IV-Stelle zur Herabsetzung der Versicherungsleistung angeführten Begründung.
Vielmehr beschränkt er sich darauf, den seiner Ansicht nach ungenügend
abgeklärten psychischen Gesundheitszustand und die vorinstanzlich
berücksichtigten erwerblichen Ergebnisse zu beanstanden, wobei hinsichtlich
des Einkommensvergleichs selbst die zwar erfolgte Zugrundelegung des
höchstmöglichen leidensbedingten Abzuges von 25 % gerügt wird.

3.3 Nach dem Gesagten hat das kantonale Gericht zu Recht erkannt, dass die
ursprüngliche Rentenverfügung vom 25. Juli 2001 zweifellos unrichtig und ihre
Berichtigung von erheblicher Bedeutung war, sodass sie in Wiedererwägung
gezogen werden kann.

4.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
muss als aussichtslos bezeichnet werden, weshalb das Gesuch um unentgeltliche
Verbeiständung abzuweisen ist (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG; BGE
129 I 135 Erw. 2.3.1, 128 I 236 Erw. 2.5.3, je mit Hinweisen).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse Gärtner und Floristen und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 8. Februar 2005

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: