Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 102/2004
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I 102/04

Urteil vom 4. November 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Scartazzini

B.________, 1961, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Giuseppe
Dell'Olivo-Wyss, Stadtturmstrasse 10, 5401 Baden,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau

(Entscheid vom 14. Januar 2004)

Sachverhalt:

A.
Der 1961 geborene B.________ leidet an verschiedenen Beschwerden,
insbesondere an einem Rückenleiden. Bis März 1997 arbeitete er als
Deckenmonteur bei der Firma D.________ AG in X.________. Nach Anmeldung zum
Bezug einer Rente der Invalidenversicherung (20. März 1998) wurde ein
Invaliditätsgrad von 14 % ermittelt und das Leistungsbegehren mit Verfügung
vom 15. April 1999 abgewiesen. Am 18. November 2000 meldete sich der
Versicherte erneut zum Bezug einer Rente an. Nachdem er in der Klinik
Y.________ begutachtet wurde und zwei Berufsberatungen sowie eine berufliche
Abklärungsmassnahme in der Stiftung A.________ in Z.________ durchgeführt
wurden, lehnte die IV-Stelle des Kantons Aargau das Rentengesuch bei einem
ermittelten Invaliditätsgrad von 25,57 % mit Verfügung vom 7. Mai 2003 erneut
ab und bestätigte dies mit Einspracheentscheid vom 31. Juli 2003. In
Anbetracht der Aussichtslosigkeit des Einspracheverfahrens wies die
Verwaltung mit Verfügung vom 26. August 2003 ein Gesuch um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege ebenfalls ab.

B.
B.________ liess gegen den Einspracheentscheid Beschwerde erheben und unter
Kosten- und Entschädigungsfolge den Antrag stellen, es sei ihm eine
Invalidenrente zuzusprechen. Zudem liess er die Rechtsbegehren stellen,
einerseits sei ihm in Aufhebung der Verfügung vom 26. August 2003 für das
Einspracheverfahren, anderseits für das kantonale Beschwerdeverfahren die
unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. In prozessualer Hinsicht beantragte
er die Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens. Mit Entscheid vom 14.
Januar 2004 wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau sowohl die gegen
den Einspracheentscheid vom 31. Juli 2003 als auch die gegen die Verfügung
vom 26. August 2003 gerichtete Beschwerde ab.

C.
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die
vorinstanzlichen Rechtsbegehren erneuern. Zudem ersucht er um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege.

Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine
Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Im vorliegenden Fall ist das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene
Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6.
Oktober 2000 (ATSG) anwendbar (BGE 129 V 356 Erw. 1; 130 V 329).

Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über die Begriffe der
Erwerbsunfähigkeit und Invalidität (Art. 7 und 8 ATSG in Verbindung mit Art.
4 Abs. 1 IVG) sowie über die Ermittlung des Invaliditätsgrades (Art. 16 ATSG)
und den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG in der
bis Ende 2003 gültig gewesenen Fassung) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt
für die Hinweise zur Aufgabe des Arztes und der Ärztin bei der
Invaliditätsbemessung und zur praxisgemässen Bedeutung ärztlicher Auskünfte
im Rahmen der Invaliditätsschätzung (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen; vgl.
auch AHI 2002 S. 70 Erw. 4b/cc). Darauf wird verwiesen. Zu präzisieren ist,
dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene ATSG hinsichtlich der
IV-rechtlichen Invaliditätsbemessung keine substantiellen Änderungen
gegenüber der bis zum 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Normenlage brachte
(ATF 130 V 343), was zur Folge hat, dass die zur altrechtlichen Regelung
ergangene Judikatur grundsätzlich weiterhin anwendbar ist. Bei dieser
Rechtslage kann offen bleiben, ob der Rentenanspruch integral dem ATSG
untersteht oder aber für die Zeit bis 31. Dezember 2002 altes und ab 1.
Januar 2003 neues Recht massgeblich ist.

1.2 Anzumerken bleibt, dass die am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen
Änderungen des IVG (4. IVG-Revision, AS 2003 3837) keine Anwendung finden, da
nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des streitigen
Einspracheentscheides (hier: vom 31. Juli 2003) eingetretene Rechts- und
Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt
werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweis).

2.
Streitig und zu prüfen ist einerseits der Invaliditätsgrad des Versicherten
und sein Anspruch auf eine Rente für den Zeitraum von April 1999 bis Juli
2003. Andererseits beanstandet der Beschwerdeführer die vorinstanzliche
Ablehnung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege sowohl im Einsprache-
als auch im kantonalen Beschwerdeverfahren.

3.
Es steht fest und ist unbestritten, dass der Versicherte auf Grund seiner
gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage ist, die
angestammte Tätigkeit als Deckenmonteur zu verrichten. Mit der IV-Stelle ist
die Vorinstanz nach einlässlicher Prüfung der Aktenlage jedoch zum Schluss
gelangt, dass angesichts des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers in
einer seinen Behinderungen angepassten Tätigkeit eine Arbeitsfähigkeit von
100 % bestehe.

3.1 Zur Begründung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde macht der
Beschwerdeführer in Wiederholung der bereits im vorinstanzlichen Verfahren
erhobenen Einwände geltend, in Bezug auf den Rentenanspruch habe die
Verwaltung nur auf die medizinische Beurteilung des Gutachtens der Klinik
Y.________ abgestellt und dabei die beruflichen Abklärungen der Stiftung
A.________ vom 27. Januar bis 25. April 2003 nicht genügend berücksichtigt.
Gemäss diesem Abklärungsergebnis sei er trotz einer möglichen
Erwerbstätigkeit von 100 % an einem geeigneten Arbeitsplatz
invaliditätsbedingt höchstens zu 50 % leistungsfähig, was bei der Ermittlung
des Invalideneinkommens zu berücksichtigen sei. Auf diesem Einkommen müsse
zudem ein leidensbedingter Abzug von 25 % anstatt von 20 % vorgenommen werden
und auch das Valideneinkommen sei falsch ermittelt worden.

3.2 Mit dem kantonalen Gericht, auf dessen Erwägungen verwiesen wird, ist zur
Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten hauptsächlich auf die
zuverlässigen Angaben im Gutachten der Klinik Y.________ (vom 25. Juli 2002),
auf die Berichte der Berufsberatung von Frau Dr. K.________ (vom 25. Oktober
2002 und 29. April 2003) sowie auf einen Abklärungsbericht der Stiftung
A.________ (vom 12. Mai 2003) abzustellen. Daraus ergibt sich, dass der
Beschwerdeführer an einem chronischen therapieresistenten lumbalen
Schmerzsyndrom mit ausgeprägter funktioneller Überlagerung ICD-10 F 45.4
leidet, wobei es auf der psychischen Ebene keine Hinweise für eine depressive
Störung oder Angstsymptomatik gebe. Im Abklärungsbericht der Stiftung
A.________ wurde festgehalten, trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen
könne der Versicherte vollzeitlich an einem geeigneten Arbeitsplatz tätig
sein, obwohl seine durchschnittliche Leistungsfähigkeit während der Präsenz
am Arbeitsplatz bei der Verrichtung von einfachen Seriearbeiten nur rund 50 %
betragen habe. Negativ ins Gewicht gefallen sei dabei sein Arbeitsverhalten
mit häufigen Unterbrüchen und Pausen, die rasch nachlassende Motivation und
Ausdauer sowie die abnehmende Konzentrationsfähigkeit. Die sehr hohe Fehlzeit
von 178 auf 487 Arbeitsstunden im Zeitraum vom 27. Januar bis zum 25. April
2003 deute ebenfalls auf eine mangelnde Motivation hin, wenn auch ein Teil
der Absenzen auf eine Grippeerkrankung zurückzuführen sei. Verwaltung und
Vorinstanz schlossen daraus, der Beschwerdeführer sei in einer seinen
Beschwerden angepassten Tätigkeit zu 100 % einsatzfähig. Die mögliche bis zu
50 % verminderte Leistungsfähigkeit sei invaliditätsfremden Faktoren, wie
mangelnder Motivation und ausgeprägter Selbstlimitierung zuzuschreiben und
könne im Rahmen der Ermittlung des Invaliditätsgrades nicht berücksichtigt
werden.

3.3 Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde dagegen erhobenen Einwände
vermögen zu keinem andern Schluss zu führen. Der Beschwerdeführer macht
geltend, obwohl der Abklärungsbericht der Stiftung A.________ vom 12. Mai
2003 datiere, habe die IV-Stelle ihre negative Rentenverfügung bereits am 7.
Mai 2003 erlassen. Somit stütze sich diese lediglich auf ein Schlussgespräch
vom 25. April 2003 zwischen den zuständigen Personen der Stiftung A.________,
der Berufsberaterin Frau Dr. K.________ und ihm selbst. Die Fehlzeiten
während der Abklärungsmassnahme seien krankheitsbedingt begründet gewesen und
der Umstand, dass im Verlauf der Massnahme seine Motivation nachgelassen
habe, könne nicht mit fehlendem Arbeitswillen begründet werden. Vielmehr
hätte bei ihm die während dem durchgeführten Arbeitsversuch gemachte
Feststellung, dass er keine volle Arbeitsleistung erbringen könne, zu einer
gewissen Resignation geführt.

Diese Vorbringen sowie jene bezüglich der Ermittlung von Validen- und
Invalideneinkommen sind nicht stichhaltig und vermögen den kantonalen
Entscheid nicht in Frage zu stellen. Anhaltspunkte für eine in zeitlicher
Hinsicht ungenügende Beurteilung der Aktenlage durch die Verwaltung liegen
nicht vor. Zutreffend wurde sodann festgehalten, die wegen mangelnder
Motivation und ausgeprägter Selbstlimitierung verminderte Leistungsfähigkeit
des Beschwerdeführers, welche invaliditätsfremden Faktoren zuzuschreiben sei,
könnte er in Nachachtung der ihm obliegenden Schadenminderungspflicht
verwerten. In erwerblicher Hinsicht hat das kantonale Gericht das
Valideneinkommen richtig ermittelt und der Invaliditätsbemessung die
Tabellenlöhne gemäss der Schweizerischen Lohnstrukturerhebungen (LSE)
zugrunde gelegt, woraus sich ein Erwerbsunfähigkeitsgrad ergibt, welcher
keinen Anspruch auf eine Invalidenrente begründet.

4.
Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer den vorinstanzlichen Entscheid
und die damit bestätigte Verfügung der IV-Stelle vom 26. August 2003 mit der
Rüge, sowohl im Einsprache- als auch im kantonalen Beschwerdeverfahren sei
sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen worden (Art. 61 lit. f
ATSG). Mit der Vorinstanz, auf deren Erwägungen in dieser Hinsicht ebenfalls
verwiesen wird, ist die Aussichtslosigkeit beider Verfahren zu bejahen. Auch
dagegen bringt der Beschwerdeführer nichts vor, was den kantonalen Entscheid
in Frage zu stellen vermag.

5.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet und die
unentgeltliche Verbeiständung kann wegen Aussichtslosigkeit (BGE 128 I 236
Erw. 2.5.3) nicht gewährt werden.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
der Ausgleichskasse des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 4. November 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: