Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 7/2004
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H 7/04

Urteil vom 23. September 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Grunder

S.________, 1950, Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau

(Entscheid vom 16. Dezember 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1950 geborene S.________ war vom 1. Oktober 1989 bis 31. Dezember 1991
und seit 1. Januar 1994 als Selbstständigerwerbender bei der Ausgleichskasse
des Kantons Aargau angeschlossen. Am 14. November 2002 meldete das
Gemeindesteueramt Z.________ der Ausgleichskasse das vom Beitragspflichtigen
in den Jahren 1993 und 1994 aus selbstständiger Erwerbstätigkeit erzielte
Einkommen. Gestützt auf diese Meldung setzte die Verwaltung mit Verfügung vom
18. November 2002 die vom Versicherten zu entrichtenden AHV/IV/EO-Beiträge
für die Periode vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1997 auf je Fr. 6573.60
jährlich fest.

B.
S. ________ führte Beschwerde und beantragte sinngemäss, die
Beitragsverfügung
sei aufzuheben und die zu entrichtenden Beiträge seien herabzusetzen. Zur
Begründung machte er im Wesentlichen geltend, die Steuerveranlagung beruhe
auf einer fehlerhaften Einschätzung der Steuerbehörde. Mit Entscheid vom 16.
Dezember 2003 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die
Beschwerde ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert S.________ das vorinstanzlich
gestellte Rechtsbegehren. Gleichzeitig reicht er verschiedene Unterlagen ein.
Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid
Bundesrecht verletzt, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische
Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht
gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder um
die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht.

2.
Das kantonale Gericht hat richtig erkannt, dass die formellen, nicht aber die
materiellen Bestimmungen des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen ATSG
anwendbar sind. Zutreffend dargelegt werden auch die Rechtsgrundlagen über
die Beitragsfestsetzung bei Selbstständigerwerbenden im ordentlichen
Verfahren (Art. 22 AHVV in der bis 31. Dezember 2000 gültig gewesenen
Fassung), die Ermittlung des für die Berechnung der Beiträge massgebenden
Erwerbseinkommens (Art. 23 Abs. 1 AHVV) und die Verbindlichkeit von
Steuermeldungen (Art. 23 Abs. 4 AHVV; vgl. auch BGE 114 V 75 Erw. 2, 111 V
294, 110 V 86 Erw. 4 und 370 f.; ZAK 1988 S. 298). Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig ist, ob der Beschwerdeführer verpflichtet ist, die persönlichen
Beiträge für die Jahre 1996 und 1997 auf Grund der Einkommen zu entrichten,
welche die Steuerverwaltung am 14. November 2002 der Ausgleichskasse gemeldet
hat.

3.1  Gemäss Art. 23 Abs. 1 AHVV ermitteln die kantonalen Steuerbehörden das
für die Bemessung der Beiträge massgebende Erwerbseinkommen auf Grund der
rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer. Die Vorinstanz hat
erwogen, nach den Angaben der Ausgleichskasse seien die vom Gemeindesteueramt
gemeldeten Einkommen rechtskräftig veranlagt. Weder aus den Akten noch den
Vorbringen des Beschwerdeführers ergäben sich Anhaltspunkte für eine fehlende
Rechtskraft, sodass das Gericht diese Frage praxisgemäss nicht von Amtes
wegen prüfen müsse. Gemäss dem vom kantonalen Gericht erwähnten Urteil K. vom
9. Mai 2001, H 365/00, des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (mit
Hinweisen) dürfen Verwaltung und im Beschwerdefall der Richter, besondere
Anhaltspunkte vorbehalten, davon ausgehen, dass die der ordnungsgemäss
erstatteten Steuermeldung zugrunde liegende Veranlagung für die direkte
Bundessteuer rechtskräftig ist. In der Meldung des Gemeindesteueramtes
Z.________ vom 14. November 2002 werden die Erwerbseinkommen (und das in den
Betrieb investierte Eigenkapital) ohne Angaben zur Rechtskraft der
Steuerveranlagung genannt. Die Äusserung in der kantonalen Vernehmlassung der
Ausgleichskasse, am 14. November 2002 habe das Steueramt die rechtskräftigen
Zahlen der Jahre 1994/95 mitgeteilt, ist daher unzutreffend. Der Versicherte
hat im vorinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, die Steuerveranlagung
gründe auf einer fehlerhaften Einschätzung der Steuerbehörde, was dafür
spricht, dass er die entsprechende Verfügung angefochten hat. In Anbetracht
dieser Sachlage bestanden besondere Anhaltspunkte, dass die von der
Steuerbehörde gemeldeten Einkommen nicht auf einer rechtskräftigen
Veranlagung für die direkte Bundessteuer beruhen. Unter diesen Umständen wäre
das kantonale Gericht verpflichtet gewesen, weitere Abklärungen anzuordnen.
Das Eidgenössische Versicherungsgericht ist daher nicht an die unvollständige
vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts gebunden (vgl. Erw. 1) und die
letztinstanzlich eingereichten Unterlagen des Beschwerdeführers stellen keine
unzulässigen neuen Beweismittel dar (vgl. BGE 121 II 99 Erw. 1c; 120 V 485
Erw. 1b, je mit Hinweisen).

3.2
3.2.1Auf Grund der letztinstanzlich eingereichten Unterlagen steht fest, dass
die Veranlagung der direkten Bundessteuer bei Erlass der Verfügung der
Ausgleichskasse vom 18. November 2002 nicht rechtskräftig war. Der
Beschwerdeführer hat gegen die entsprechende Veranlagungsverfügung für die
28. Periode (1995/96; Berechnungsjahre 1993/94) Einsprache erhoben
(Einspracheentscheid der Steuerrekurskommission R.________ vom 11. November
2003), wobei nicht klar ist, ob hiegegen ein Rechtsmittel eingelegt worden
ist. Die Veranlagung der Gemeinde- und Kantonssteuern ist hingegen im
erwähnten Zeitpunkt rechtsbeständig geworden (vgl. Urteil der II.
Öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Oktober 2001, 2P.138/2001).

3.2.2  Gemäss Art. 23 Abs. 2 AHVV ist das für die Berechnung der Beiträge
massgebende Erwerbseinkommen bei Fehlen einer rechtskräftigen Veranlagung für
die direkte Bundessteuer der rechtskräftigen Veranlagung für die kantonale
Einkommenssteuer zu entnehmen. In BGE 115 V 183 Erw. 3c hat das
Eidgenössische Versicherungsgericht dargelegt, dass für die
Beitragsberechnung auch auf die rechtskräftige Veranlagung im kantonalen
Nachsteuerverfahren abgestellt werden kann, wobei der Grund, weshalb keine
rechtskräftige Nachsteuerveranlagung für die direkte Bundessteuer vorliegt,
nach der Verordnung unerheblich ist. Voraussetzung ist einzig, dass die
kantonale Nachsteuerveranlagung nach gleichen oder ähnlichen Grundsätzen
erfolgt wie die Nachsteuerveranlagung für die direkte Bundessteuer. Das
Steuergesetz des Kantons Zürich vom 8. Juni 1997 stimmt hinsichtlich der
steuerbaren Einkünfte selbstständiger Erwerbstätigkeit (§ 18) und der
Ermittlung des Reineinkommens (§ 27 ff.) praktisch wörtlich mit den
entsprechenden Bestimmungen im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer
(DBG) vom 14. Dezember 1990 überein (Art. 18 und 27 ff. DBG). Im Lichte der
dargelegten Rechtsprechung ist festzustellen, dass die Ausgleichskasse befugt
gewesen war, die persönlichen Beiträge auf Grund der rechtskräftigen
Veranlagung der kantonalen Staats- und Gemeindesteuern zu ermitteln. Die vom
Gemeindesteueramt Z.________ gestützt darauf gemeldeten Einkommen waren daher
für die Ausgleichskasse verbindlich. Anhaltspunkte dafür, dass die
rechtskräftige Steuertaxation klar ausgewiesene Irrtümer enthält, die ohne
weiteres richtig gestellt werden können, liegen nicht vor, zumal die
entsprechende Verfügung gerichtlich überprüft worden ist. Nach dem Gesagten
ist der vorinstanzliche Entscheid im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1200.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 23. September 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber:
i.V.