Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 71/2004
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H 71/04

Urteil vom 2. Dezember 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiberin Fleischanderl

1. H.________, 1934,

2. M.________, 1941, Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Ausgleichskasse, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin

Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen, Lausanne

(Entscheid vom 1. März 2004)

Sachverhalt:

A.
A.a Mit Verfügung vom 9. Februar 1999 sprach die IV-Stelle für Versicherte im
Ausland dem am 22. Oktober 1934 geborenen, deutschen Staatsangehörigen
H.________ rückwirkend ab 1. Januar 1995 eine ordentliche einfache
Invalidenrente nebst Zusatzrente für seine Ehefrau M.________, geboren am 28.
April 1941, zu. Auf der Basis einer Beitragsdauer von 20 Jahren und fünf
Monaten sowie eines massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens von Fr.
55‘476.- wurde eine Teilrente im Rahmen von Skala 20 der vom Bundesamt für
Sozialversicherung (BSV) herausgegebenen Rententabellen in Höhe von Fr.
783.-/Fr. 235.- vom 1. Januar bis 31. Dezember 1996, von Fr. 803.-/Fr. 241.-
vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 1998 sowie von Fr. 811.-/Fr. 243.- ab 1.
Januar 1999 im Monat festgesetzt. Dieser Verwaltungsakt erwuchs - bestätigt
durch das Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 7. Mai 2001 (I
98/00) - in Rechtskraft.

A.b Nachdem der Versicherte im Oktober 1999 das 65. Altersjahr erreicht
hatte, verfügte die Schweizerische Ausgleichskasse (SAK) am 14. August 2001
die Ablösung der Invalidenrente durch eine ordentliche Altersrente samt
Zusatzrente für die Ehegattin mit Wirkung ab 1. November 1999 in Höhe von Fr.
811.-/Fr. 243.- (bis 31. Dezember 2000) bzw. von Fr. 831.-/Fr. 249.- (ab 1.
Januar 2001) monatlich. Dieser Berechnung lag eine anrechenbare Beitragsdauer
von 20 Jahren und fünf Monaten, ein durchschnittliches Jahreseinkommen von
Fr. 56‘856.- sowie die Rentenskala 20 zu Grunde. Auch dieser Verfügung wurde
letztinstanzlich Bundesrechtskonformität bescheinigt (Urteil des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 8. Oktober 2002, H 88/02).

A.c M.________, ebenfalls in der Schweiz erwerbstätig gewesen, ersuchte Ende
Mai 2001 um Ausrichtung einer vorbezogenen Altersrente. Am 3. April 2003
verfügte die SAK auf der Grundlage einer anrechenbaren Beitragsdauer von 25
Jahren und elf Monaten, eines massgebenden durchschnittlichen
Jahreseinkommens von Fr. 49'374.- sowie der Rentenskala 27 die Ausrichtung
einer - wegen Vorbezugs um 3,4 % gekürzten - ordentlichen Altersrente auf den
1. Mai 2003 im Betrag von Fr. 975.- pro Monat. Mit Verfügung gleichen Datums
wurde die H.________ auszurichtende monatliche Altersrente per 1. Mai 2003
auf Fr. 861.- festgelegt, unter Zugrundelegung einer anrechenbaren
Beitragsdauer von 20 Jahren und fünf Monaten, eines massgebenden
durchschnittlichen Jahreseinkommens von Fr. 55'704.- sowie der Rentenskala
22. Zufolge der vorgeschriebenen Plafonierung auf 150 % des Höchstbetrags der
Altersrente waren dabei die den Ehegatten zustehenden Einzelrenten je
anteilsmässig gekürzt worden. Die gegen beide Verwaltungsakte erhobene
Einsprache wies die SAK ab (Einspracheentscheid vom 12. Mai 2003).

B.
Mit Entscheid vom 1. März 2004 hiess die Eidgenössische Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen die von beiden Ehegatten
gemeinsam eingereichte Beschwerde gut. Sie sprach M.________ mit Wirkung ab
1. Mai 2003 unter Berücksichtigung der Rentenskala 27, einer anrechenbaren
Beitragsdauer von 25 Jahren und elf Monaten und eines massgebenden
durchschnittlichen Jahreseinkommens von Fr. 51'906.- eine monatliche
Altersrente von Fr. 967.- sowie H.________, basierend auf der Rentenskala 22,
einer anrechenbaren Beitragsdauer von 20 Jahren und fünf Monaten sowie eines
massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens von Fr. 60'768.-, ab dem
gleichen Datum eine solche von Fr. 869.- zu.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen die Eheleute H.________
sinngemäss die Zusprechung von höheren Altersrenten.

Die SAK schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das BSV
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Während die SAK M.________ (nachfolgend: Beschwerdeführerin 1) mit
Verfügung vom 3. April 2003 eine monatliche Altersrente per 1. Mai 2003 in
Höhe von Fr. 975.- zugesprochen hatte, setzte die Rekurskommission diese auf
Fr. 967.- fest. Entgegen der vorinstanzlichen Betrachtungsweise wurde damit
dem Rechtsbegehren der Versicherten nach einer höheren Rente nicht nur nicht
vollumfänglich entsprochen, sondern es wurde die angefochtene Verfügung
vielmehr zu deren Ungunsten geändert, woraus eine Schlechterstellung
(reformatio in peius) resultiert (BGE 122 V 166 f. Erw. 1 mit Hinweisen).

1.2
1.2.1Nach der auf den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV;
früher Art. 4 aBV) gestützten Rechtsprechung hat eine Behörde, die
beabsichtigt, auf ein Rechtsmittel hin zu einer reformatio in peius zu
schreiten, die betroffene Partei vorgängig darauf aufmerksam zu machen und
ihr zum einen Gelegenheit zu einer Stellungnahme einzuräumen und sie zum
andern auf die Möglichkeit des Beschwerderückzugs hinzuweisen (BGE 122 V 167
f. Erw. 2a und b mit Hinweisen; vgl. nunmehr auch Art. 61 lit. d ATSG,
welcher auf Verfahren vor Rekurskommissionen des Bundes indessen keine
direkte Anwendung findet [vgl. BGE 122 V 412; Ueli Kieser, ATSG-Kommentar,
Kommentar zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000, Zürich 2003, Rz 4 in fine zu
Art. 61]).

1.2.2 Auch wenn die Beschwerdeführerin 1 und ihr Ehegatte (nachfolgend:
Beschwerdeführer 2) durch den Entscheid der Vorinstanz insgesamt die bereits
durch die SAK verfügten monatlichen Rentenbetreffnisse erhalten würden (Fr.
1836.- [Verwaltung: Fr. 975.- + Fr. 861.-; Rekurskommission: Fr. 967.- + Fr.
869.-]), erfolgte damit insbesondere vor dem Hintergrund des mit der 10.
AHV-Revision angestrebten Wechsels vom Ehepaarrenten- zum
Individualrentenkonzept (vgl. BGE 129 V 4 f. Erw. 2 mit Hinweisen) doch - wie
zuvor dargelegt - im Falle der Beschwerdeführerin 1 eine Rentenreduktion und
mithin eine Verschlechterung ihrer Rechtsposition. Die Rekurskommission wäre
folglich gehalten gewesen, der Versicherten vor Erlass des Entscheides vom 1.
März 2004 unter Hinweis auf die Möglichkeit des Beschwerderückzugs eine
reformatio in peius anzudrohen. Da sie dies jedoch unterlassen und dadurch
das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin 1 verletzt hat, ist der
Entscheid, soweit die Altersrente der Beschwerdeführerin 1 betreffend,
aufzuheben, und die Sache aus formellen Gründen an die Vorinstanz
zurückzuweisen, welche den entsprechenden Verfahrensvorschriften nachträglich
Rechnung tragen wird (BGE 122 V 168 Erw. 3; RKUV 2004 Nr. U 520 S. 446 Erw. 4
mit Hinweisen).

2.
Streitig und zu prüfen ist die Höhe der dem Beschwerdeführer 2 zustehenden
Altersrente.

2.1 Im angefochtenen Entscheid wurde zutreffend erwogen, dass das am 1. Juni
2002 in Kraft getretene Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit
(FZA; SR 0.142.112.681), namentlich auch dessen Anhang II, der die
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit regelt, im vorliegenden
Verfahren grundsätzlich zu berücksichtigen ist. Soweit dieses indessen keine
abweichenden Bestimmungen vorsieht, ist mangels einer einschlägigen
gemeinschafts- bzw. abkommensrechtlichen Regelung die Ausgestaltung des
Verfahrens sowie die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und die Berechnung
der schweizerischen Altersrente grundsätzlich Sache der innerstaatlichen
Rechtsordnung. Anzumerken bleibt, dass das FZA insbesondere nicht vorsieht,
dass in die Berechnung der Altersrente auch die in Deutschland zurückgelegten
Versicherungszeiten einzubeziehen sind (BGE 130 V 51; SVR 2004 AHV Nr. 16 S.
49; zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenes Urteil S. vom 13.
Oktober 2004, H 49/04, Erw. 1.2 in fine).

2.2 Die Vorinstanz hat die für die Rentenberechnung massgebenden - mit
In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 per 1. Januar 2003
unverändert gebliebenen - Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen (Art. 29bis -
33ter AHVG, Art. 50 ff. AHVV) richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

3.
In BGE 130 V 49 (insbes. 55 f. Erw. 5.4) wurde erkannt, dass die Schweiz ihre
autonome (AHV-)Rentenberechnung beibehalten konnte, da sie nicht gegen den
EU-Grundsatz verstösst, wonach ein nach den nationalen Vorschriften
errechneter Betrag nicht kleiner sein darf als der Betrag, der sich aus der
Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und der Pro-Rata-Methode ergibt. Um
eine lineare Rentenberechnung zu gewährleisten, war daher nur eine Anpassung
in der Aufwertung der Versicherungszeiten vor 1973 nötig (mit entsprechender
Anpassung von Art. 52 AHVV). Ob diese als Folge des FZA für alle versicherten
Personen unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit geänderte Ermittlung der
Rentenskala bei laufenden Teilrenten in Bezug auf den Rentenanspruch des
Beschwerdeführers 2 für die Zeit ab 1. Juni 2002 berücksichtigt worden ist
(vgl. zum Ganzen: Kreisschreiben des BSV zur Einführung der linearen
Rentenskala bei laufenden Renten [KSLRS], gültig ab 1. Juni 2002), kann den
Akten nicht entnommen werden. Vielmehr ist auf Grund des Umstands, dass die
an den Versicherten gerichtete Rentenverfügung der SAK vom 3. April 2003
(Plafonierung der bisherigen Altersrente) diejenige vom 14. August 2001
(Ablösung der Invaliden- durch eine Altersrente) ersetzte, davon auszugehen,
dass keine entsprechende Neuberechnung per 1. Juni 2002 stattgefunden hat.
Ohne diesbezügliche Anpassung bzw. ohne sicheres Wissen darum, ob die
Einführung der linearen Rentenskala im vorliegenden Fall jedenfalls geprüft
wurde, ist eine abschliessende Beurteilung der dem Beschwerdeführer 2
zustehenden Altersrente indes nicht möglich. Die Sache ist daher zu diesem
Zwecke an die Verwaltung zurückzuweisen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der
Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland
wohnenden Personen vom 1. März 2004 aufgehoben wird. Soweit die
Beschwerdeführerin 1 betreffend wird die Sache an die Vorinstanz
zurückgewiesen, damit sie ihr Gelegenheit gebe, sich zur drohenden
Schlechterstellung zu äussern, und sie auf die Möglichkeit des
Beschwerderückzugs aufmerksam mache. Soweit den Beschwerdeführer 2 betreffend
wird die Sache, unter Aufhebung der an den Beschwerdeführer 2 gerichteten
Verfügung vom 3. April 2003, an die Schweizerische Ausgleichskasse
zurückgewiesen, damit diese im Sinne der Erwägungen verfahre und hernach neu
über den Rentenanspruch des Beschwerdeführers 2 befinde.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 2. Dezember 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: