Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 65/2004
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H 65/04

Urteil vom 2. Dezember 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Lanz

P.________, 1940, Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Ausgleichskasse, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin

Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen, Lausanne

(Entscheid vom 3. Februar 2004)

Sachverhalt:

A.
Die am 18. Februar 1940 geborene Schweizerin P.________ liess sich im Jahr
1986 mit ihrem Ehemann, geboren 1926 und ebenfalls schweizerischer
Nationalität, in Italien nieder. Sie ist seit vielen Jahren gesundheitlich
beeinträchtigt und bezog deswegen ab 1992 eine ganze Invalidenrente der
schweizerischen Invalidenversicherung. Im Juli 1997 erklärte P.________ den
Beitritt zur freiwilligen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung
für Auslandschweizer, worauf ihr jährlich verfügungsweise Beiträge in
Rechnung gestellt wurden. Im Mai 2000 erklärte sie den Rücktritt von der
freiwilligen Versicherung. Am 1. März 2003 wurde die P.________ ausgerichtete
Invalidenrente wegen Erreichens des Rentenalters durch eine ordentliche
Altersrente der AHV abgelöst. Mit Abrechnung vom 11. März 2003 eröffnete die
Schweizerische Ausgleichskasse der Bezügerin, dass vom Rentenbetreffnis des
Monats April 2003 ein Abzug für ausstehende Beiträge an die freiwillige
Versicherung aus dem Jahr 2000 vorgenommen werde. Hierauf ersuchte P.________
im März/April 2003 darum, es seien der Beitritt zur freiwilligen Versicherung
rückgängig zu machen und die an diese geleisteten Beiträge zurückzuerstatten.
Die Schweizerische Ausgleichskasse nahm das Begehren als Einsprache entgegen
und wies es ab (Einspracheentscheid vom 6. Juni 2003).

B.
Die von P.________ hiegegen erhobene Beschwerde wurde von der Eidgenössischen
Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen mit
Entscheid vom 3. Februar 2004 abgewiesen.

C.
P.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, ihre
Mitgliedschaft in der freiwilligen Versicherung sei als nichtig zu erklären
und die geleisteten Beiträge seien ihr zurückzuerstatten.

Die Schweizerische Ausgleichskasse beantragt die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ohne sich weiter zur Sache zu äussern. Das
Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid
Bundesrecht verletzt, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
Wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, sind in zeitlicher Hinsicht
diejenigen Rechtssätze massgebend, welche bei der Erfüllung des zu
Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1 mit
Hinweis). In Bezug auf die streitige Versicherteneigenschaft und
Beitragspflicht der Beschwerdeführerin in den Jahren 1997 bis 2000 werden
daher nachfolgend die materiellrechtlichen Gesetzes- und
Verordnungsbestimmungen jeweils in der damals gültig gewesenen Fassung
genannt und anwendet.

Demgegenüber werden neue Verfahrensvorschriften mangels anders lautender
Übergangsbestimmungen mit dem Tag des In-Kraft-Tretens sofort und in vollem
Umfang berücksichtigt (BGE 130 V 4 Erw. 3.2 mit Hinweis, auch zum Folgenden).
Mit Blick auf das Datum des Einspracheentscheides (6. Juni 2003) sind daher
die allgemeinen Verfahrensbestimmungen des 4. Titels (Art. 27 - 62) des am 1.
Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) grundsätzlich anwendbar.

3.
Die Beitragszahlungen an die freiwillige Versicherung für die Jahre 1997 bis
2000 erfolgten gestützt auf jährliche Beitragsverfügungen, welche in formelle
Rechtskraft erwachsen sind. Ein Rückkommen auf diese Verwaltungsakte - als
Voraussetzung für die von der Beschwerdeführerin verlangte Rückerstattung der
Beiträge - kommt unter dem Titel der (prozessualen) Revision oder der
Wiedererwägung in Betracht.

3.1 Gemäss Art. 53 ATSG müssen formell rechtskräftige Verfügungen und
Einspracheentscheide in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person
oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen
entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich
war (Abs. 1; zur vor In-Kraft-Treten des ATSG ergangenen Rechtsprechung vgl.
BGE 127 V 469 Erw. 2c mit Hinweisen). Der Versicherungsträger kann auf
formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen,
wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von
erheblicher Bedeutung ist (Abs. 2; zur vor In-Kraft-Treten des ATSG
ergangenen Rechtsprechung vgl. BGE 127 V 469 Erw. 2c mit Hinweisen).

3.2 Neue Tatsachen oder zuvor nicht beibringbare Beweismittel können in den
von der Beschwerdeführerin erwähnten Gesichtspunkten und aufgelegten
Dokumenten nicht gesehen werden. Ein Revisionsgrund liegt somit nicht vor.

Zu prüfen bleibt, ob die Voraussetzungen für die wiedererwägungsweise
Aufhebung der Beitragsverfügungen gegeben sind. Dies verneint die Verwaltung
im Einspracheentscheid vom 6. Juni 2003, indem sie - zumindest sinngemäss -
die zweifellose Unrichtigkeit der besagten Verwaltungsakte in Abrede stellt.

3.3
3.3.1Als Erstes ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann
gemäss eigener Angabe ab der Wohnsitznahme in Italien im Jahr 1986 keiner
Erwerbstätigkeit mehr nachgingen. Sie sind demzufolge im damaligen Zeitpunkt
mangels weiteren Wohnsitzes und/oder einer Erwerbstätigkeit in der Schweiz
resp. weiterer gesondert geregelter Tatbestände, für deren Vorliegen keine
Anhaltspunkte bestehen, von Gesetzes wegen aus der obligatorischen
Versicherung ausgeschieden (Art. 1 AHVG). Da in der Folge keine erneute
Unterstellung unter die obligatorische Versicherung erfolgte, führte der
Beitritt der Beschwerdeführerin zur freiwilligen Versicherung somit entgegen
ihrer Auffassung nicht zu einer - gegebenenfalls unzulässigen - gleichzeitig
obligatorischen und freiwilligen Doppelversicherung. Hieran ändert nichts,
wenn im Zeitpunkt ihres Beitrittes zur freiwilligen Versicherung bereits eine
Altersrente des Ehemannes und eine Invalidenrente der Beschwerdeführerin
flossen.

3.3.2 Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, die an die freiwillige
Versicherung geleisteten Beiträge hätten nicht zu höheren Rentenleistungen
geführt. Die Rechtmässigkeit der Aufnahme in die freiwillige Versicherung und
der gestützt darauf ergangenen Beitragsverfügungen wird indessen dadurch
nicht in Frage gestellt, dass sich die erbrachten Beiträge bei Eintritt des
Versicherungsfalles gegebenenfalls nicht leistungserhöhend auswirkten (vgl.
zur Regelung bei von einer erwerbstätigen und im ordentlichen AHV-Rentenalter
stehenden Person geleisteten und somit nicht rentenbildenden Beiträgen Rz
1011 der bundesamtlichen Wegleitung über die Versicherungspflicht [WVP] und
dort genannte Entscheide).

Eine offensichtliche Unrichtigkeit der Beitragsverfügungen liegt nach dem
Gesagten nicht vor.

4.
Wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, ging der Beitrittserklärung zur
freiwilligen Versicherung vom Juli 1997 auch kein den Vertrauensschutz
verletzendes behördliches Verhalten voraus. Dass die Beschwerdeführerin zu
einem solchen Schritt gedrängt oder ihr eine daraus folgende
Leistungserhöhung zugesichert wurde, wird in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausdrücklich verneint. Sodann ist nicht zu
beanstanden, wenn das auskunfterteilende schweizerische Konsulat von der
Möglichkeit vorteilhafter Folgen eines Beitrittes ausging und nicht davon
abriet, war doch im damaligen Zeitpunkt noch gar nicht zuverlässig absehbar,
ob die Beitragszahlungen dereinst rentenwirksam würden oder nicht. Wohl wurde
die gleiche Rentenskala 44 - als für die Beschwerdeführerin günstigere
Variante - der die Invalidenrente ablösenden Altersrente zugrunde gelegt. Es
konnte aber im Zeitpunkt der Beitrittserklärung vom Juli 1997 prospektiv
nicht eindeutig ausgeschlossen werden, dass bis zum Erreichen des für die
Altersrente massgebenden Alters noch eine tatsächliche und/oder rechtliche
Änderung eintreten und gegebenenfalls - mangels Beiträgen in der freiwilligen
Versicherung - zu einer Beitragslücke führen würde. Die Möglichkeit einer
solchen Entwicklung hat die Beschwerdeführerin denn auch, wie sie gegenüber
der Vorinstanz angab, zur Beitrittserklärung veranlasst. Die
Beschwerdeführerin weist in diesem Zusammenhang weiter vergeblich darauf hin,
gemäss der ärztlichen Stellungnahme, welche der Zusprechung der
Invalidenrente zugrunde gelegt wurde, habe keine künftige, gegebenenfalls
anspruchsrelevante gesundheitliche Verbesserung erwartet werden dürfen. Es
genügt hier der Hinweis, dass eine revisionsweise Anpassung einer
Invalidenrente nebst anderem auch in einer Wandlung des Aufgabenbereiches
oder einem Wechsel der Bemessungskriterien begründet sein kann (vgl. die zu
dem bis Ende 2002 in Kraft gewesenen Art. 41 IVG ergangenen BGE 113 V 275
Erw. 1a und 105 V 30). Im Übrigen musste sich die Beschwerdeführerin bewusst
sein, dass die Auskunfterteilung durch das schweizerische Konsulat nicht auf
einer einlässlichen Prüfung und Würdigung der IV-Akten basierte.

Einsprache- und vorinstanzlicher Entscheid sind somit im Ergebnis rechtens.

5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Seinem Ausgang
entsprechend werden die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art.
135 OG in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 600.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 2. Dezember 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: