Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 55/2004
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2004
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2004


H 55/04

Urteil vom 5. November 2004
II. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Schön und Frésard; Gerichtsschreiberin Riedi
Hunold

C.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Christof
Wyss, Kronenstrasse 9, 8712 Stäfa,

gegen

Ausgleichskasse GastroSuisse, Heinerich Wirri-Strasse 3, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin,

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 23. Januar 2004)

Sachverhalt:

A.
Die C.________ AG ist der Ausgleichskasse Gastrosuisse (nachfolgend:
Ausgleichskasse) als Arbeitgeberin angeschlossen. Gestützt auf die
Arbeitgeberkontrolle vom 11. Oktober 2000/23. Februar 2001 setzte die
Ausgleichskasse mit Verfügungen vom 28. Februar 2001 nachträglich zu
bezahlende paritätische Beiträge sowie Beiträge an die
Familienausgleichskasse für die Zeit vom 3. April 1996 bis 31. März 2000 fest
(Nachtragsverfügungen I bis IV).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 23. Januar 2004 bezüglich der
Nachtragsverfügungen I, II und IV ab; bezüglich der Nachtragsverfügung III
hiess es die Beschwerde teilweise gut und wies die Sache an die
Ausgleichskasse zurück, damit diese nach erfolgter Abklärung neu verfüge.

C.
Die C.________ AG lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag,
der vorinstanzliche Entscheid sei bezüglich der Nachtragsverfügungen I und IV
aufzuheben; eventualiter sei die Sache zur ergänzenden Abklärung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung sowie die
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Z.________ und D.________ verzichten auf
eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten werden,
als Sozialversicherungsbeiträge kraft Bundesrechts streitig sind. Im
vorliegenden Verfahren ist daher nicht zu prüfen, wie es sich bezüglich der
Beitragsschuld gegenüber der Ausgleichskasse für kantonale Familienzulagen
verhält (BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis).

2.
2.1 Der angefochtene Entscheid hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische
Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie
Art. 105 Abs. 2 OG).

2.2 Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor
dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neue tatsächliche Behauptungen
aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend
eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel
zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und
deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften
darstellt (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen). Zwar
ist der Verwaltungsprozess vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht, wonach
Verwaltung und Gericht von sich aus für die richtige und vollständige
Abklärung des Sachverhalts zu sorgen haben; doch entbindet das die
Rechtsuchenden nicht davon, selber die Beanstandungen vorzubringen, die sie
anzubringen haben (Rügepflicht), und ihrerseits zur Feststellung des
Sachverhalts beizutragen (Mitwirkungspflicht). Unzulässig und mit der weit
gehenden Bindung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts an die
vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung gemäss Art. 105 Abs. 2 OG
unvereinbar ist es darum, neue tatsächliche Behauptungen und neue
Beweismittel erst im letztinstanzlichen Verfahren vorzubringen, obwohl sie
schon im kantonalen Beschwerdeverfahren hätten geltend gemacht werden können
und - in Beachtung der Mitwirkungspflicht - hätten geltend gemacht werden
müssen. Solche (verspätete) Vorbringen sind nicht geeignet, die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz als mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG
erscheinen zu lassen (BGE 121 II 100 Erw. 1c, AHI 1994 S. 211 Erw. 2b mit
Hinweisen).

3.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die zeitliche
Anwendung des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den
Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG; BGE
129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen), den massgebenden Lohn (Art. 5 Abs. 2 AHVG;
BGE 126 V 222 Erw. 4a, 124 V 101 Erw. 2, je mit Hinweisen) sowie über die
Abgrenzung zwischen selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit
(Art. 5 und 9 AHVG; BGE 123 V 162 Erw. 1, 113 V 94 Erw. 4b, je mit Hinweisen)
zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die rückwirkende Änderung des
Beitragsstatuts unter den Voraussetzungen der Wiedererwägung respektive
prozessualen Revision (BGE 127 V 469 Erw. 2c, 122 V 173 Erw. 4, 121 V 4 Erw.
6, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

4.
4.1 Unternehmensberatung entspricht typischerweise selbstständigem Erwerb.
Gleichwohl ist es möglich, dass im Einzelfall auf der Ebene des effektiven
Beschäftigungsverhältnisses zwischen Berater und Einsatzbetrieb die Merkmale
der unselbstständigen Erwerbstätigkeit überwiegen: Ein originär als
selbstständig zu qualifizierendes Auftragsverhältnis kann sich nachträglich
in eine unselbstständige Beschäftigung wandeln, wenn der Berater nicht (mehr)
nur projektbezogen tätig ist, sondern direkt Führungsverantwortung übernimmt
oder sonstwie in die Firmenadministration integriert wird. Dies trifft
insbesondere zu, sobald dem Berater die Eigenschaft eines geschäftsführenden
Organs zukommt; dessen Einkünfte sind massgebender Lohn. Für die Abgrenzung
ausschlaggebend ist im Allgemeinen die Einbindung in die betriebliche
Hierarchie im Sinne der Übernahme einer Linienfunktion, sofern dies nicht von
bloss vorübergehender Natur ist, wie etwa bei Sanierungen (Urteil K. und T.
AG vom 30. April 2004, H 7 und 10/03, mit Hinweisen).

Einnahmen aus einem Lizenzvertrag stellen beitragspflichtiges Einkommen dar,
sofern sich der Versicherte berufsmässig mit Erfindungen befasst bzw.
zwischen einer Erfindung und der üblichen beruflichen Tätigkeit ein enger
Zusammenhang besteht (Käser, Unterstellung und Beitragswesen in der
obligatorischen AHV, 2. Aufl., Bern 1996, Rz. 3.39; vgl. auch SVR 1994 AHV
Nr. 10 S. 24 Erw. 4b). Für die Frage, ob diese Lizenzeinnahmen Einkommen aus
selbstständigem oder unselbstständigem Erwerb darstellen, ist nicht der
Lizenzvertrag, sondern der Charakter der mit der Ausbeutung der Erfindung
verbundenen Tätigkeit massgebend (SVR 1994 AHV Nr. 10 S. 24 Erw. 4b/bb). Bei
einem in leitender Stellung (z.B. Verwaltungsrat) tätigen Erfinder genügt es
für die Qualifizierung als massgebenden Lohn, dass dieser auf Grund der
beruflichen Tätigkeit weiterhin Einfluss auf die Verwertung der Erfindung
nehmen kann (Käser, a.a.O., Rz. 4.63).

4.2 Soweit die Beschwerdeführerin mit der Buchhaltung die selbstständige
Erwerbstätigkeit von Z.________ zu belegen versucht, kann auf das in Erw. 2.2
Gesagte verwiesen werden, da sie - mit Ausnahme des Jahresrechnung 1998 der
Einzelfirma Z.________, Zeco - Noven darstellen und die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nicht im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG
als unzutreffend erscheinen lassen. Dabei ist insbesondere auf die auch im
Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes geltende Mitwirkungspflicht der
Beschwerdeführerin (BGE 125 V 195 Erw. 2, 122 V 158 Erw. 1a, je mit
Hinweisen; vgl. auch Art. 61 lit. c des seit 1. Januar 2003 in Kraft
stehenden ATSG) und die Verfügung der Vorinstanz vom 31. März 2003 an
Z.________ zu verweisen, mit welcher dieser aufgefordert wurde, allfällige
Beweismittel zu bezeichnen und einzureichen.

4.3 Wie oben in Erw. 4.1 dargelegt, ist die in der Regel als selbstständig zu
qualifizierende Tätigkeit als Unternehmensberater in jenen Fällen, in welchen
der Berater zusätzlich Führungsverantwortung übernimmt, als unselbstständige
Erwerbstätigkeit der Beitragspflicht unterworfen. Ebenso stellen Einnahmen
aus einem Lizenzvertrag massgebenden Lohn dar, sofern der Lizenzgeber in
seiner Organfunktion die weitere Verwendung der Erfindung beeinflussen kann.
Beides trifft auf Z.________ in seiner Eigenschaft als Verwaltungsrat und
somit als massgebliches Organ der Beschwerdeführerin zu, ist doch die
Oberleitung der Gesellschaft sowie die Oberaufsicht über die mit der
Geschäftsführung betrauten Personen eine unübertragbare und unentziehbare
Pflicht des Verwaltungsrates (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1 und 5 OR). Daran
vermögen auch die übrigen Einwände der Beschwerdeführerin nichts zu ändern.
Insbesondere ist nicht verlangt, dass die betroffene Person alleiniges Organ
ist. Es ist demnach nicht zu beanstanden, dass Verwaltung und Vorinstanz das
von der Beschwerdeführerin an Z.________ ausbezahlte Entgelt (einschliesslich
Beraterhonorar und Lizenzeinnahmen) als massgebenden Lohn qualifiziert haben;
die Frage einer allfälligen Beitragsumgehung kann somit offen bleiben.

5.
5.1 Bei der Inanspruchnahme der Dienste einer durch Dritte vermittelten
natürlichen Person ist nach den hiefür entscheidenden wirtschaftlichen
Verhältnissen diejenige Dienst- oder Arbeitsleistung ausschlaggebend für die
Unterscheidung in selbstständige und unselbstständige Erwerbstätigkeit, deren
Gegenleistung (d.h. das dem Vermittelten zugeflossene Entgelt) das
Beitragsobjekt bildet (Urteil K. und T. AG vom 30. April 2004, H 7 und
10/03). Bei einer versicherten Person, welche nach dem Schritt in die
Selbstständigkeit weiterhin in bedeutendem Umfang für den alten Betrieb tätig
ist, sind an die Anerkennung des Status als Selbstständigerwerbender in Bezug
auf diese Tätigkeit insofern erhöhte Anforderungen zu stellen, als die hiefür
sprechenden Merkmale diejenigen der unselbstständigen Erwerbstätigkeit klar
überwiegen müssen; dabei kommt dem Gesichtspunkt der arbeitsorganisatorischen
(Un-)Abhängigkeit vorrangige Bedeutung gegenüber dem Unternehmerrisiko zu:
Wenn und soweit sich an Art und Inhalt der Tätigkeit nichts Wesentliches im
Vergleich zu früher geändert hat und es sich dabei um Arbeiten handelt, die
aus Sicht des Betriebes oder der Branche typischerweise durch Arbeitnehmer
ausgeführt werden, spricht eine natürliche Vermutung für deren
unselbstständigen Charakter (Urteil O. AG und S. vom 20. Januar 2003, H
396/00, sowie Urteil M. und M. AG vom 17. Mai 2002, H 30 und 42/01).

5.2 Es ist unbestritten, dass D.________ anfänglich für die Firma G.________
AG bei der Beschwerdeführerin tätig war. Letztere hat seine Dienste auch nach
Ende der Vermittlung durch die Firma G.________ AG weiterhin in Anspruch
genommen, ohne dass sich an seinem Einsatz bei der Beschwerdeführerin etwas
Wesentliches geändert hätte. Die Vorinstanz ist demnach zu Recht und in
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung bei der Tätigkeit des D.________ von
einer unselbstständigen ausgegangen. Dabei spielt es keine Rolle, ob
D.________ sich als Selbstständigerwerbender einer Ausgleichskasse
angeschlossen hat, da bei jeder Tätigkeit gesondert geprüft wird, ob sie
selbstständige Erwerbstätigkeit ist oder ihr Entgelt massgebenden Lohn
darstellt. Vor allem aber scheint die Beschwerdeführerin nach wie vor zu
verkennen, dass die zivilrechtliche Bezeichnung eines Vertragsverhältnisses
für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht massgebend ist; auch
sind Verwaltung und Sozialversicherungsgericht in der Frage
selbstständige/unselbstständige Erwerbstätigkeit nicht an die Qualifizierung
der Steuerbehörden gebunden (vgl. für die Festsetzung der Beiträge
Selbstständigerwerbender Art. 23 Abs. 4 AHVV, welcher sich nur auf die Höhe,
nicht aber die Qualifizierung des Einkommens bezieht; AHI 1997 S. 25 Erw. 2b
mit Hinweisen), sondern es wird vielmehr auf die tatsächlichen
wirtschaftlichen Verhältnisse abgestellt. Was schliesslich die Behauptung
anbelangt, D.________ habe aus den an ihn ausbezahlten Entschädigungen die
von ihm angestellten A.________ und F.________ entlöhnen müssen, so wird
dieser Einwand vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht erstmals
vorgebracht; auf Grund der vorinstanzlichen Akten und den im kantonalen
Verfahren gemachten Äusserungen des D.________ kann der Vorinstanz keine
offensichtlich fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung vorgeworfen werden,
sodass es sich beim genannten Einwand ebenfalls um ein unzulässiges Novum im
Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG handelt (oben Erw. 2.2). Es bleibt daher bei der
von Verwaltung und kantonalem Gericht vorgenommenen Unterstellung dieser
Entschädigungen unter die paritätische Beitragspflicht.

6.
Da weder die Bewilligung noch die Verweigerung von Versicherungsleistungen
streitig ist, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario).
Die unterliegende Beschwerdeführerin hat demnach die Gerichtskosten zu
tragen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 7000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich, dem Bundesamt für
Sozialversicherung, D.________ und Z.________ zugestellt.

Luzern, 5. November 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin:
i.V.