Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 219/2004
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H 219/04

Urteil vom 5. Juli 2005
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiberin
Riedi Hunold

H.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Helmut F. Groner,
Industriestrasse 9, 6300 Zug,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zug, Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Zug

(Entscheid vom 30. September 2004)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 15. September 2003 setzte die Ausgleichskasse Zug gestützt
auf das von der kantonalen Steuerverwaltung gemeldete Einkommen aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 777'693.- die Beiträge für das Jahr
1995 in der Höhe von Fr. 72'390.- sowie Verwaltungskosten von Fr. 2171.-
fest. Gleichzeitig stellte sie Verzugszinsen von Fr. 10'096.95 in Rechnung.
Mit Einspracheentscheid vom 17. Oktober 2003 hielt sie daran fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug
mit Entscheid vom 30. September 2004 ab.

C.
H.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, der
vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben. Zudem stellt er verschiedene
Feststellungsbegehren. Das kantonale Gericht und die Ausgleichskasse
schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid
Bundesrecht verletzt, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische
Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht
gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder um
die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht.

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Anwendung des
seit 1. Januar 2003 in Kraft stehenden Bundesgesetzes über den Allgemeinen
Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 (BGE 129 V 4
Erw. 1.2 mit Hinweisen), die Beitragspflicht für Einkommen aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit (Art. 8 Abs. 1 AHVG) sowie die
Verbindlichkeit der Steuermeldung für die Ausgleichskassen (Art. 23 Abs. 4
AHVV; AHI 1997 S. 25 Erw. 2b mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

3.
3.1 Mit Verfügung vom 15. September 2003, welche durch den Einspracheentscheid
vom 17. Oktober 2003 und den hier den Anfechtungsgegenstand bildenden
kantonalen Entscheid vom 30. September 2004 bestätigt worden ist, hat die
Ausgleichskasse den 1921 geborenen Beschwerdeführer verpflichtet, aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit für das Beitragsjahr 1995 auf einem
Einkommen von Fr. 762'000.- (Fr. 777'693.- abzüglich des Rentnerfreibetrages
von Fr. 15'600.-) Beiträge von Fr. 72'390.- und Verwaltungskosten von Fr.
2172.- zu bezahlen. Die vom gleichen Tag datierende Rechnungsstellung enthält
zudem Verzugszinsen über Fr. 10'096.95. Der Beschwerdeführer macht im
Wesentlichen geltend, die Beitragsforderung sei im Lichte der
(intertemporalrechtlich massgebenden) Fassung des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 AHVG
verwirkt.

3.2 Das kantonale Gericht hat in für das Eidgenössische Versicherungsgericht
verbindlicher Weise festgestellt, die definitive Veranlagung der 29.
Steuerperiode für die Jahre 1997/98 mit den Bemessungsjahren 1995/96 sei am
23. Oktober 2002 erfolgt. Diese Feststellung stimmt mit der Aktenlage überein
(vgl. die ausdrückliche Bestätigung der Steuerverwaltung vom 17. Oktober
2003, die Datumsangabe der Steuerverwaltung auf der Steuererklärung sowie den
Vermerk auf der Meldung der Steuerverwaltung). Wenn die Vorinstanz daraus
geschlossen hat, die am 15. September 2003 ergangene Beitragsverfügung sei
rechtzeitig im Sinne von Art. 16 Abs. 1 Satz 2 AHVG, so ist dies
bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Es trifft zwar zu, dass nach Massgabe
der bis 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung des Satzes 2 von Art. 16
Abs. 1 AHVG die Beiträge, soweit sie für 1995 erhoben wurden, verwirkt wären,
da die Bestimmung dieser Fassung nur an das Vorliegen einer
Nachsteuerveranlagung anknüpfte, welche hier unstreitig nicht ergangen ist.
Erst mit Revision des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 AHVG im Rahmen der 10.
AHV-Revision, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 1997, wurde Satz 2 bezüglich
des Fristenendes ausgeweitet, sodass nicht nur für gestützt auf eine
Nachsteuerveranlagung, sondern auch auf eine ordentliche Steuerveranlagung
festzusetzende Beiträge die Verwirkung erst mit Ablauf eines Jahres nach
Rechtskraft der massgebenden Steuerveranlagung eintritt. Übergangsrechtlich
steht dem nichts entgegen, sieht doch lit. b Abs. 1 Satz 1 der
Schlussbestimmungen der Änderung vom 7. Oktober 1994 (10. AHV-Revision) die
Anwendung der neuen Fassung von Art. 16 Abs. 1 Satz 2 AHVG für jene Beiträge
vor, die bei Inkrafttreten der 10. AHV-Revision nicht bereits verwirkt waren
(vgl. zum Ganzen auch Urteil R. vom 10. Mai 2004, H 298/03, sowie Urteil S.
vom 26. Juli 2004, H 50/04 und 68/04). Die hier strittigen Beiträge waren
jedoch am 1. Januar 1997 auch unter dem bis 31. Dezember 1996 geltenden Recht
nicht verwirkt. Dem Hauptstandpunkt des Beschwerdeführers, die verfügte und
vorinstanzlich bestätigte Beitragsforderung sei zufolge Verwirkung
aufzuheben, kann daher kein Erfolg beschieden sein.

Im Übrigen hat die Ausgleichskasse die Beiträge zu Recht im Rahmen einer
Gegenwartsbemessung (Art. 25 Abs. 1 und 3 AHVV in der bis 31. Dezember 2000
geltenden Fassung) und unter Berücksichtigung des bis 31. Dezember 1995
massgebenden Abzugs für Altersrentner (Art. 6quater Abs. 2 AHVV in der bis
31. Dezember 1995 in Kraft stehenden Fassung) festgesetzt, da eine erstmalige
Erfassung als Selbstständigerwerbender vorliegt (vgl. das Schreiben der
Ausgleichskasse vom 20. März 2003 sowie die Angaben des Beschwerdeführers in
der Steuererklärung für die Steuerperiode 1997/98 mit den Bemessungsjahren
1995/96).

4.
4.1 Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidgenössische Versicherungsgericht
letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne
von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung.
Hinsichtlich des Begriffs der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren
Verfügungen verweist Art. 97 OG auf Art. 5 VwVG (vgl. auch Art. 49 Abs. 1
ATSG; BGE 130 V 391 Erw. 2.3). Nach Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten als Verfügungen
Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des
Bundes stützen (oder richtigerweise hätten stützen sollen; BGE 116 Ia 266
Erw. 2a) und zum Gegenstand haben: Begründung, Änderung oder Aufhebung von
Rechten oder Pflichten, Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder
Umfanges von Rechten oder Pflichten, Abweisung von Begehren auf Begründung,
Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten, oder
Nichteintreten auf solche Begehren (BGE 124 V 20 Erw. 1, 123 V 296 Erw. 3a,
je mit Hinweisen).

4.2 Soweit der Beschwerdeführer verschiedene Feststellungsbegehren stellt,
kann darauf nicht eingetreten werden. Abgesehen davon, dass kein
schutzwürdiges Interesse an einer Feststellungsverfügung ersichtlich ist (BGE
130 V 301 Erw. 2.4 mit Hinweisen) und die Pflicht zur Bezahlung der verfügten
Beiträge und Verwaltungskosten zu bejahen ist (Erw. 3), mangelt es bezüglich
der Verzugszinsen an einem Anfechtungsobjekt (Erw. 4.1). Denn die Verfügung
vom 15. September 2003 bezieht sich nur auf die geschuldeten Beiträge von Fr.
72'390.- und Verwaltungskosten von Fr. 2172.-; die Verzugszinsen von Fr.
10'096.95 wurden von der Ausgleichskasse hingegen nicht verfügt, sondern nur
in Rechnung gestellt. Auch der Einspracheentscheid vom 17. Oktober 2003 sowie
der vorinstanzliche Entscheid vom 30. September 2004 enthalten weder in den
Erwägungen noch im Dispositiv irgendwelche Aussagen bezüglich der
Verzugszinsen. Die Ausgleichskasse hat eine entsprechende Verfügung erst zu
erlassen.

5.
Da es weder um die Bewilligung noch Verweigerung von Leistungen geht, ist das
Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Der unterliegende
Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 5. Juli 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
i.V.