Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 205/2004
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H 205/04

Urteil vom 9. Februar 2005
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Jancar

K.________, 1934, Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Ausgleichskasse, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin

Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen, Lausanne

(Entscheid vom 22. September 2004)

Sachverhalt:

A.
Der 1934 geborene, geschiedene K.________ ist Vater dreier Kinder (geboren
1963, 1967 und 1969). Er hielt sich in den Jahren 1961 bis 1964 sowie 1970
und 1971 zu Erwerbszwecken in der Schweiz auf. Mit Anmeldung vom 9. Februar
2001 ersuchte er um eine Altersrente der schweizerischen Alters- und
Hinterlassenenversicherung. Die Schweizerische Ausgleichskasse (nachfolgend:
Ausgleichskasse) sprach ihm mit Verfügungen vom 12. August 2002 ab 1. Juli
1999 eine Altersrente von Fr. 114.-, ab 1. Januar 2001 eine solche von Fr.
117.- und ab 1. Juni 2002 von Fr. 156.- zu.

Nachdem der Versicherte am 4. September 2002 hiegegen Beschwerde erhoben und
nach Einsicht in die Akten am Sitz des Sozialgerichts München weitere
Unterlagen eingereicht hatte, verfügte die Ausgleichskasse am 17. März 2003
pendete lite eine Altersrente ab 1. Juli 1999 von Fr. 117.-, ab 1. Januar
2001 von Fr. 120.-, ab 1. Juni 2002 von Fr. 160.- und ab 1. Januar 2003 von
Fr. 164.-. Mit Eingabe vom 15. April 2003 hielt der Versicherte an seiner
Beschwerde fest. Die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im
Ausland wohnenden Personen (nachfolgend: Rekurskommission) wies die
Beschwerde mit einzelrichterlichem Entscheid vom 19. August 2003 ab. Die
hiegegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde hiess das Eidgenössische
Versicherungsgericht mit Urteil vom 6. Februar 2004 in dem Sinne gut, dass es
den Entscheid vom 19. August 2003 aufhob und die Sache an die Vorinstanz
zurückwies, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und über die
Beschwerde vom 4. September 2002 neu entscheide. In den Erwägungen wurde
ausgeführt, die Beschwerde lasse sich nicht als offensichtlich unbegründet
bezeichnen, weshalb darüber mindestens in Dreierbesetzung hätte entschieden
werden müssen. Dieser formelle Mangel führe zur Aufhebung des angefochtenen
Entscheids, ohne dass zur materiell streitigen Frage der Rentenberechnung
Stellung zu nehmen sei.

B.
Mit Entscheid vom 22. September 2004 stellte die Rekurskommission fest, dem
Versicherten stehe eine Altersrente von Fr. 117.- ab 1. Juli 1999, Fr. 120.-
ab 1. Januar 2001, Fr. 160.- ab 1. Juni 2002 und Fr. 164.- ab 1. Januar 2003
zu. Im Übrigen wies sie die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden
könne und das Verfahren nicht gegenstandslos geworden sei.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Versicherte sinngemäss die
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides. Entgegen dem Vorgehen von
Ausgleichskasse und Rekurskommission könne der Monat Oktober 1961 bei der
Rentenberechnung nicht als Beitragsmonat berücksichtigt werden, da er erst am
1. November 1961 in der Schweiz zu arbeiten begonnen habe. Er legt ein
Zeugnis der Firma S.________ AG vom 30. November 1964 auf, woraus sich
ergibt, dass er bei ihr seit 1. November 1961 erwerbstätig war. Weiter
verlangt er die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung für das
letztinstanzliche Verfahren.

Die Ausgleichskasse bringt vor, sie habe für das Jahr 1961 drei Monate
Beitragszeit angerechnet. Das vom Versicherten aufgelegte Arbeitszeugnis
belege, dass er ab 1. November 1961 bei der Firma S.________ AG tätig gewesen
sei. Da er diese Urkunde erst im jetzigen Verfahrensabschnitt aufgelegt habe,
sei eine Einbeziehung und Würdigung des Elements bisher nicht möglich
gewesen. Sie unterziehe sich demnach der Entscheidungskompetenz des Gerichts.

Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

Mit Eingaben vom 29. November 2004 und 6. Januar 2005 hält der Versicherte an
seinen Ausführungen fest und verlangt Akteneinsicht.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Im angefochtenen Entscheid wurde zutreffend erwogen, dass das am 1. Juni 2002
in Kraft getretene Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren
Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681),
namentlich auch dessen Anhang II, der die Koordinierung der Systeme der
sozialen Sicherheit regelt, im vorliegenden Verfahren grundsätzlich zu
berücksichtigen ist. Soweit dieses indessen keine abweichenden Bestimmungen
vorsieht, sind mangels einer einschlägigen gemeinschafts- bzw.
abkommensrechtlichen Regelung die Ausgestaltung des Verfahrens sowie die
Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und die Berechnung der schweizerischen
Altersrente grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung.
Anzumerken bleibt, dass das FZA insbesondere nicht vorsieht, dass in die
Berechnung der Altersrente auch die in Deutschland zurückgelegten
Versicherungszeiten einzubeziehen sind (BGE 130 V 51 ff.; SVR 2004 AHV Nr. 16
S. 49; zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenes Urteil S. vom
13. Oktober 2004, H 49/04, Erw. 1.2 in fine; Urteil H. vom 2. Dezember 2004
Erw. 2.1, H 71/04).

2.
Die Vorinstanz hat die für die Rentenberechnung massgebenden, mit
In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 per 1. Januar 2003
unverändert gebliebenen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen (Art. 29bis -
33ter AHVG, Art. 50 ff. AHVV; vgl. auch Urteil H. vom 2. Dezember 2004 Erw.
2.2, H 71/04) richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

3.
Die Frage der prozessualen Zulässigkeit der am 17. März 2003 ergangenen
Wiedererwägungsverfügungen ist nach neuem Recht zu prüfen und gestützt auf
Art. 53 Abs. 3 ATSG (zur früheren, abhängig vom kantonalen Recht im
Wesentlichen gleich lautenden Regelung vgl. BGE 127 V 232 f. Erw. 2b/bb) zu
verneinen, mit der Folge, dass den neuen Verwaltungsakten lediglich die
Bedeutung eines Antrages an die Vorinstanz zukommt (Urteile K. vom 20. April
2004 Erw. 1, I 653/03, und A. vom 17. März 2004 Erw. 1.1, I 700/03, beide
zitiert in ZBJV 140/2004 S. 750 f.).

4.
4.1 Die Vorinstanz berechnete die Rente in Bestätigung der
Wiedererwägungsverfügungen vom 17. März 2003 auf der Basis einer
Beitragsdauer von 4 Jahren und 1 Monat, eines Einkommens von total Fr.
205'838.- (inkl. Erwerbseinkommen und Erziehungs- sowie
Übergangsgutschriften), eines massgebenden durchschnittlichen
Jahreseinkommens von Fr. 50'409.- (Fr. 205'838.- : 4.0833) sowie im Rahmen
von Skala 3 bzw. 4 der vom BSV herausgegebenen Rententabellen.

4.2 In BGE 130 V 51 (insbes. 55 f. Erw. 5.4) wurde erkannt, dass die Schweiz
ihre autonome (AHV-)Rentenberechnung beibehalten konnte, da sie nicht gegen
den EU-Grundsatz verstösst, wonach ein nach den nationalen Vorschriften
errechneter Betrag nicht kleiner sein darf als der Betrag, der sich aus der
Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und der Pro-Rata-Methode ergibt. Um
eine lineare Rentenberechnung zu gewährleisten, war daher nur eine Anpassung
in der Aufwertung der Versicherungszeiten vor 1973 nötig (mit entsprechender
Anpassung von Art. 52 AHVV; vgl. auch Urteil H. vom 2. Dezember 2004 Erw. 3,
H 71/04 ).

Diese als Folge des FZA für alle versicherten Personen unabhängig von ihrer
Staatszugehörigkeit geänderte Ermittlung der Rentenskala bei laufenden
Teilrenten wurde in Bezug auf den Rentenanspruch des Beschwerdeführers für
die Zeit ab 1. Juni 2002 berücksichtigt (vgl. zum Ganzen: Kreisschreiben des
BSV zur Einführung der linearen Rentenskala bei laufenden Renten [KSLRS],
gültig ab 1. Juni 2002).

4.3 Bei der Ermittlung der Beitragsdauer von 4 Jahren und 1 Monat rechneten
Verwaltung und Vorinstanz dem Versicherten den Oktober 1961 an, da er bereits
in diesem Monat in der Gemeinde X.________ Wohnsitz genommen habe. Der
Versicherte wendet - wie schon im Verwaltungsverfahren und vorinstanzlich -
ein, im Oktober 1961 sei er in Deutschland erwerbstätig gewesen. In der
Schweiz habe er erst im November 1961 zu arbeiten begonnen. Er legt neu ein
Zeugnis der Firma S.________ AG vom 30. November 1964 auf, woraus hervorgeht,
dass er bei ihr seit 1. November 1961 gearbeitet hatte. Hierauf ist
abzustellen, was nunmehr auch die Ausgleichskasse einräumt. Demnach ist dem
Versicherten eine Beitragsdauer von 4 Jahren anzurechnen.

Hiermit bleibt es jedoch bei vier vollen Beitragsjahren (Art. 50 AHVV),
weshalb das vorinstanzlich errechnete Verhältnis der Beitragsdauer des
Beschwerdeführers zu derjenigen seines Jahrgangs von 9.09 % (4 x 100 : 44)
weiterhin seine Gültigkeit hat. Gleiches gilt hinsichtlich des von der
Vorinstanz veranschlagten Aufwertungsfaktors von 1.553, da trotz des Wegfalls
des Monats Oktober 1961 bei der Beitragsdauer der erste Eintrag in das
individuelle Konto ins Jahr 1961 fällt (Art. 30 Abs. 1 AHVG; vgl.
Aufwertungsfaktoren des BSV für das Jahr 1999 [Eintritt des
Versicherungsfalles], in: Rententabellen 1999 S. 21). Weiter ändert sich im
Rahmen der Berechnung der Erziehungsgutschrift nichts an der Feststellung der
Vorinstanz, dass der Versicherte in den Jahren 1964 sowie 1970 und 1971 22
Beitragsmonate zurückgelegt hat. Im Ergebnis resultiert aus der Reduktion der
Beitragsdauer um den Monat Oktober 1961 keine Änderung des vorinstanzlich
korrekt ermittelten Einkommens des Versicherten von total Fr. 205'838.-,
bestehend aus dem Erwerbseinkommen sowie den Erziehungs- und
Übergangsgutschriften.
Hingegen führt die Reduktion der Beitragszeit um 1 Monat zu einer Erhöhung
des für die Rentenberechnung als Ausgangsbasis massgebenden
durchschnittlichen Jahreseinkommens (Art. 29quater Ingress AHVG). Dieses
beträgt entgegen der Vorinstanz nicht Fr. 50'409.- (Fr. 205'838.- : 4.0833),
sondern Fr. 51'459.50 (Fr. 205'838.- : 4).

Die Ausgleichskasse wird im Sinne des Vorstehenden die Altersrente des
Beschwerdeführers neu zu berechnen haben und darüber eine Verfügung erlassen.

5.
Soweit der Versicherte mit Eingaben vom 29. November 2004 und 6. Januar 2005
die Gewährung von Akteneinsicht verlangt, ist festzuhalten, dass weder die
Beschwerdegegnerin noch die Vorinstanz neue Akten aufgelegt haben. Zudem wird
der Versicherte im Rahmen der vorzunehmenden Neubeurteilung seines Anspruchs
durch die Ausgleichskasse Akteneinsicht verlangen können (Art. 47 ATSG). Bei
diesem Ergebnis kann vorliegend von der Gewährung der Akteneinsicht abgesehen
werden (vgl. auch Urteil A. vom 18. April 2000, I 271/99).

6.
6.1 Da es um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine
Gerichtskosten zu erheben.

6.2 Nach Gesetz (Art. 152 OG) und Praxis sind in der Regel die
Voraussetzungen für die Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung
erfüllt, wenn der Prozess nicht aussichtslos erscheint, die Partei bedürftig
und die anwaltliche Verbeiständung notwendig oder doch geboten ist (BGE 125 V
202 Erw. 4a mit Hinweisen).

Der Gesuchsteller hat in der von ihm selbst eingereichten
Verwaltungsgerichtsbeschwerde bezüglich der einzig beanstandeten
Beitragsdauer die richtigen materiellen Anträge sinngemäss gestellt und zu
deren Begründung die sachdienlichen Argumente vorgebracht. Dies zeigt, dass
der Rechtsstreit keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen
Schwierigkeiten aufweist, denen der Beschwerdeführer auf sich alleine
gestellt nicht gewachsen wäre (BGE 122 III 393 Erw. 3b). Unter diesen
Umständen ist die Verbeiständung im vorliegenden Verfahren nicht geboten,
zumal es von der Offizialmaxime und dem Untersuchungsgrundsatz beherrscht
wird (vgl. BGE 125 V 35 Erw. 4b; Urteil R. vom 15. Januar 2001 Erw. 1, C
91/00). Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist demzufolge
abzuweisen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der
Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland
wohnenden Personen vom 22. September 2004 und die Verfügungen vom 12. August
2002 aufgehoben werden und die Sache an die Schweizerische Ausgleichskasse
zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen die Altersrente neu
berechne und darüber verfüge.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 9. Februar 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: