Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 1/2004
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H 1/04

Urteil vom 30. April 2004
II. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Rüedi und Schön; Gerichtsschreiber Flückiger

P.________, 1963, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Christoph
Lerch, Uraniastrasse 24, 8001 Zürich,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 12. November 2003)

Sachverhalt:

A.
Mit Beitragsverfügung vom 31. Juli 2002 setzte die Ausgleichskasse des
Kantons Zürich die persönlichen Beiträge von P.________ für das Jahr 1999 auf
Fr. 110'155.80 (einschliesslich Verwaltungskosten) fest. Sie stützte sich
dabei auf die Meldung der kantonalen Steuerbehörde vom 28. Juni 2002, in der
das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit (Vermerk: "Einmaliger
gewerbsmässiger Wertschriftenhandel") für das Berechnungsjahr 1999 mit Fr.
1'142'400.- beziffert wurde, das per 1. Januar 1999 im Betrieb arbeitende
Eigenkapital mit Fr. 0.-.

B.
Die gegen die Beitragsverfügung erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 12. November
2003).

C.
P.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren,
die Beitragsverfügung sei aufzuheben und das AHV-pflichtige Einkommen und
Vermögen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit sei für das Jahr 1999 auf Fr.
0.- festzulegen.

Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich und das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
Das kantonale Gericht hat die bis 31. Dezember 2000 gültig gewesenen, hier
anwendbaren Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff des Einkommens aus
selbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 9 Abs. 1 AHVG; Art. 17 AHVV), die
zeitliche Bemessung der Beiträge (Art. 22 AHVV), insbesondere bei
nebenberuflicher, gelegentlich ausgeübter selbständiger Erwerbstätigkeit
(Art. 22 Abs. 3 AHVV) und die Verbindlichkeit der Meldungen der
Steuerbehörden für die Organe der AHV (Art. 23 Abs. 1 und 4 AHVV; BGE 121 V
83 Erw. 2c, 114 V 75 Erw. 2, 110 V 86 Erw. 4 und 370 Erw. 2a, 102 V 30 Erw.
3a mit Hinweisen; SVR 1998 AHV Nr. 30 Erw. 3 S. 92) zutreffend dargelegt.
Darauf wird verwiesen. Richtig ist auch, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft
getretene Bundesgesetz über den allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist
(BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 129 V 169 Erw. 1, 129 V 356 Erw. 1).

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob der aus dem Wertschriftenverkauf resultierende
Kapitalgewinn im Jahre 1999 zu Recht als einmaliger gewerbsmässiger
Wertschriftenhandel und somit beitragspflichtiges Einkommen aus selbständiger
Erwerbstätigkeit qualifiziert worden ist.

3.1 Die Vorinstanz hat hiezu festgestellt, der Meldung des kantonalen
Steueramtes sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer aus einmaligem
gewerbsmässigem Wertschriftenhandel im Jahre 1999 einen Kapitalgewinn von
insgesamt Fr. 1'142'400.- erzielt habe. Aufgrund der Umstände im Zusammenhang
mit der fraglichen Wertschriftentransaktion sei eine Vorgehensweise gegeben,
die über eine blosse Vermögensverwaltung hinausgehe.

3.2 Demgegenüber macht der Beschwerdeführer vor allem geltend, die
Sozialversicherung sei nicht an die Qualifikation der Steuerbehörden
gebunden. Beim fraglichen Aktiengeschäft habe es sich um eine Transaktion im
Rahmen rein privater Vermögensverwaltungsmassnahmen gehandelt und die im
Sozialversicherungsrecht geforderten Voraussetzungen an eine selbständige
Erwerbstätigkeit seien nicht erfüllt.

4.
Zur Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und selbständiger
Erwerbstätigkeit haben Rechtsprechung und Lehre verschiedene Kriterien
entwickelt. Ob eine Erwerbstätigkeit vorliegt, ist immer nach der Gesamtheit
der Umstände zu beurteilen (BGE 112 Ib 81 Erw. 2a; 122 II 449 Erw. 3a). Als
Indizien für eine über die blosse Vermögensverwaltung hinausreichende
Erwerbstätigkeit fallen nach der vorab für die Liegenschaftsgewinne
entwickelten Praxis etwa in Betracht: systematische oder planmässige Art und
Weise des Vorgehens (insbesondere Bemühungen, die Entwicklung des Marktes zur
Gewinnerzielung auszunutzen), Häufigkeit der Transaktionen, kurze
Besitzdauer, enger Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der
steuerpflichtigen Person, Einsatz spezieller Fachkenntnisse oder erheblicher
fremder Mittel zur Finanzierung der Geschäfte. Jedes dieser Indizien kann
zusammen mit anderen, unter Umständen jedoch auch allein zur Annahme einer
selbständigen Erwerbstätigkeit führen.

4.1 Wie die Vorinstanz zu Recht erwogen hat, ist die Vorgehensweise des
Beschwerdeführers als planmässig zu bezeichnen. Er tätigte im Januar 1999
Aktienkäufe der Firma X.________ im Umfang von Fr. 600'000.- bei einem
zeitgleich ausgewiesenen steuerbaren Vermögen von Fr. 166'772.-. Der
Beschwerdeführer hätte den Kauf zu diesem Zeitpunkt also lediglich zu einem
Viertel aus Eigenmitteln finanzieren können. Dies lässt den Rückschluss zu,
dass die Transaktion nur durch die kurzfristige Fremdfinanzierung (Stundung
des Kaufpreises bis zum 25. März 1999) möglich war. Bereits nach 2 Monaten
konnte der gestundete Kaufpreis durch den Verkauf eines Teils der Aktien der
Firma X.________ getilgt werden. Die Tatsache, dass das gesamte Vermögen in
den Aktienkauf der Firma X.________ investiert wurde, macht deutlich, dass
nicht von einer blossen Verwaltung gesprochen werden kann. Vielmehr weist das
gewählte Vorgehen auf eine professionelle, über die allgemeine
Bewirtschaftung eines Wertschriften-Portefeuilles hinausgehende
Marktbeobachtung, mit dem Ziel, die Kursentwicklung gewinnbringend
auszunutzen. Die geringe Anzahl der getätigten Transaktionen steht der
Annahme eines berufsmässigen Vorgehens nicht entgegen.

4.2 Insgesamt sind mehrere der für die Annahme eines einmaligen
gewerbsmässigen Wertschriftenhandels massgebenden Kriterien in teilweiser
ausgeprägter Weise erfüllt, weshalb die durch die Ausgleichskasse
vorgenommene beitragsrechtliche Qualifikation nicht zu beanstanden ist.

5.
Da es nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen
geht, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Die
Gerichtskosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art.
156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 30. April 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: