Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 108/2004
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H 108/04

Urteil vom 18. November 2004
IV. Kammer

Bundesrichter Meyer, Ursprung und Kernen; Gerichtsschreiber Flückiger

F.________, Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse Nidwalden, Stansstaderstrasse 54, 6370 Stans,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Stans

(Entscheid vom 13. Oktober 2003)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügungen vom 9. Dezember 2002 verpflichtete die Ausgleichskasse
Nidwalden F.________ zur Entrichtung von AHV/IV/EO-Beiträgen (einschliesslich
Verwaltungskosten) als Selbstständigerwerbender im Nebenerwerb in Höhe von
Fr. 1185.60 für das Jahr 1997, Fr. 1207.80 für das Jahr 1998, Fr. 1230.- für
das Jahr 1999 und Fr. 1303.80 für das Jahr 2000. Zudem wurden mit separaten
Verfügungen Verzugszinsen erhoben.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden ab (Entscheid vom 13. Oktober 2003, versandt am 27. April 2004).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde stellt F.________ die Rechtsbegehren, es
sei festzustellen, dass für die Jahre 1995 bis 2000 kein AHV-pflichtiges
Nebeneinkommen als Selbstständigerwerbender bestehe; eventuell sei die Sache
zur Neubeurteilung an die Vorinstanzen zurückzuweisen. Ausserdem wird die
Feststellung verlangt, dass die Aufnahme der selbstständigen
Nebenerwerbstätigkeit eigentlich ab 1991, spätestens ab dem 1. Januar 1995,
erfolgt sei.

Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidgenössische Versicherungsgericht
letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen auf dem
Gebiete der Sozialversicherung. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet
der kantonale Entscheid über die Beitrags- und Verzugszinsverfügungen
betreffend das Einkommen aus selbstständiger Nebenerwerbstätigkeit in den
Jahren 1997 bis 2000. Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus verlangt, es
sei festzustellen, dass die Aufnahme der selbstständigen
Nebenerwerbstätigkeit eigentlich bereits im Jahr 1991, spätestens jedoch am
1. Januar 1995 erfolgt sei, kann auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht
eingetreten werden.

2.
2.1 Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische
Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie
Art. 105 Abs. 2 OG).

2.2 Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor
dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neue tatsächliche Behauptungen
aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend
eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel
zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und
deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften
darstellt (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen).

3.
Streitig und zu prüfen sind - dem Grundsatz und gegebenenfalls der Höhe nach
- die vom Beschwerdeführer für die Jahre 1997 bis 2000 zu entrichtenden
Beiträge auf Einkommen aus selbstständiger Nebenerwerbstätigkeit. Massgebend
ist demnach die während dieses Zeitraums geltenden Regelung. Relevant sind
insbesondere die Art. 17 ff. AHVV in der bis 31. Dezember 2000 gültig
gewesenen Fassung. Danach sind die Beiträge vom reinen Einkommen aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit in der Regel für eine mit dem geraden
Kalenderjahr beginnende Beitragsperiode von zwei Jahren festzusetzen (Art. 22
Abs. 1 AHVV). Der Jahresbeitrag wird dabei auf Grund des durchschnittlichen
Erwerbseinkommens einer zweijährigen Berechnungsperiode bemessen, welche das
zweit- und drittletzte Jahr vor der Beitragsperiode umfasst (Art. 22 Abs. 2
AHVV). In Abweichung davon sind die Beiträge unter anderem dann im
ausserordentlichen Verfahren zu ermitteln, wenn der Beitragspflichtige eine
selbstständige Erwerbstätigkeit aufnimmt oder wenn sich die
Einkommensgrundlagen zufolge Hinzutritts einer Einkommensquelle dauerhaft
verändert haben und dadurch die Höhe des Einkommens wesentlich beeinflusst
wurde (Art. 25 Abs. 1 AHVV). Diesfalls sind die Beiträge bis zur nächsten
ordentlichen Beitragsperiode (vgl. Art. 25 Abs. 1 AHVV am Ende) für jedes
Kalenderjahr auf Grund des jeweiligen Jahreseinkommens festzusetzen. Für das
Vorjahr der nächsten ordentlichen Beitragsperiode werden die Beiträge auf
Grund des reinen Erwerbseinkommens festgesetzt, das der Beitragsbemessung für
diese Periode zu Grunde zu legen ist (Art. 25 Abs. 3 AHVV). Die Angaben der
kantonalen Steuerbehörden sind für die Ausgleichskassen verbindlich (Art. 23
Abs. 4 AHVV).

4.
4.1 Das kantonale Gericht hat mit ausführlicher und zutreffender Begründung
dargelegt, dass ab 1997 von einer regelmässig ausgeübten selbstständigen
Nebenerwerbstätigkeit auszugehen ist und die Voraussetzungen einer Bemessung
der entsprechenden Beiträge im ausserordentlichen Verfahren (Art. 25 Abs. 1
AHVV; BGE 106 V 76 Erw. 3a; ZAK 1992 S. 474 Erw. 2 mit Hinweisen) erfüllt
sind. Auf die entsprechenden Erwägungen der Vorinstanz kann vollumfänglich
verwiesen werden.

4.2 Der Eintritt eines (AHV-beitragsrechtlichen) Zwischenveranlagungsgrundes
im Jahr 1997 hat zur Folge, dass die Beiträge auf dem Einkommen aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit bis zum Beginn der nächsten ordentlichen
Beitragsperiode am 1. Januar 2000 (vgl. BGE 113 V 177 Erw. 1 mit Hinweisen)
im ausserordentlichen Verfahren ermittelt werden (Art. 25 Abs. 1 AHVV), wobei
diejenigen der Jahre 1997 und 1998 auf Grund des im jeweiligen Kalenderjahr
erzielten Einkommens festzusetzen sind (Art. 25 Abs. 3 AHVV). Die Beiträge
der Jahre 1999 und 2000 (als Vorjahr bzw. erstes Jahr der nächsten
ordentlichen Beitragsperiode) bemessen sich gemäss Art. 25 Abs. 3 in
Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 und 2 AHVV prinzipiell nach Massgabe des
durchschnittlichen reinen Erwerbseinkommens der Jahre 1997 und 1998.

4.3 Das den streitigen Beitragsverfügungen zu Grunde gelegte Einkommen des
Jahres 1997 von Fr. 25'909.- stimmt mit den Angaben in der Steuermeldung vom
21. November 2002 überein, welche für die Ausgleichskasse prinzipiell
verbindlich sind (Art. 23 Abs. 4 AHVV; BGE 122 V 291). Wie das kantonale
Gericht zutreffend festgehalten hat, können Geschäftsverluste im
AHV-Beitragsrecht nur innerhalb der Beitragsperiode verrechnet werden (ZAK
1988 S. 452 f. Erw. 6; Urteile R. vom 4. Dezember 2003 [H 255/03] und K. vom
2. September 2003 [H 187/03]). Die Berücksichtigung von in den Jahren 1995
und 1996 eingetretenen Verlusten scheidet daher aus. Ausgehend vom erwähnten
Betrag von Fr. 25'909.- sowie nach Abzug des Zinses auf dem im Betrieb
investierten Eigenkapital (Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG in Verbindung mit Art.
18 Abs. 2 AHVV) ergibt sich das in der Beitragsverfügung für 1997 enthaltene
Einkommen von Fr. 21'000.-. Die in den Steuererklärungen vorgenommenen Abzüge
betreffen gemäss den verbindlichen (Erw. 2.1 hievor) Feststellungen der
Vorinstanz Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit
(Verwaltungsratshonorare) und sind daher im vorliegenden Zusammenhang nicht
zu berücksichtigen.

4.4 Das Einkommen des Jahres 1998 bezifferte die Ausgleichskasse, ebenfalls
gestützt auf die Steuermeldung vom 21. November 2002, mit Fr. 25'183.-.
Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einem anerkannten Betreffnis von Fr.
18'175.- und einer Summe von Fr. 7008.-, deren Berechtigung der
Beschwerdeführer bestreitet. Die Vorinstanz hat auch für dieses Jahr
verbindlich festgestellt, dass der in der Steuererklärung vorgenommene
Unkostenabzug andere Einkommensbestandteile betraf.

Aus der Abrechnung der Firma I.________ AG (heute firmierend als M.________
AG) vom 21. Dezember 1998 ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer ein
Honorar "Reorganisation Konzernstruktur" ausbezahlt wurde, wobei die Firma
angab, vom Bruttobetrag von Fr. 7500.- Sozialversicherungsbeiträge in Abzug
gebracht zu haben. Die Summe von Fr. 7008.- stimmt mit dem verbleibenden
Nettolohn überein. Damit erscheint es in der Tat als möglich, dass der
Beschwerdeführer diesen Betrag in der Steuererklärung zu Unrecht als
selbstständiges Nebenerwerbseinkommen angegeben hat. Er hat es jedoch während
des gesamten Verfahrens unterlassen, Belege dafür beizubringen, dass die
umstrittene Zahlung im Einkommen aus unselbstständiger Tätigkeit enthalten
ist, welches in der Steuererklärung deklariert wurde (letztinstanzlich sind
entsprechende Vorbringen nicht mehr zulässig, vgl. Erw. 2.2 hievor). Dies
versteht sich keineswegs von selbst; denn der Sache nach dürfte es sich um
Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit gehandelt haben, welche über den
Rahmen des Verwaltungsratsmandates hinaus gingen. So macht der
Beschwerdeführer selbst geltend, es habe sich bei der Reorganisation der
Konzernstruktur M.________ um eine aufwändige, einmalige Tätigkeit gehandelt,
die er nicht im Rahmen seines ordentlichen Engagements als Verwaltungsrat
habe wahrnehmen können. Es seien zahlreiche Sitzungen und mehrere Vorsprachen
notwendig gewesen. Die entsprechenden Arbeiten, welche ohne weiteres auch
durch einen unabhängigen Berater hätten erledigt werden können, standen
demnach nicht in direktem Zusammenhang mit dem Verwaltungsratsmandat. Die
Behandlung der entsprechenden Bezüge als Einkommen aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit liegt daher nahe. Unter diesen Umständen ist nicht zu
beanstanden, dass die Vorinstanz die entsprechenden Angaben der Steuermeldung
übernommen und die umstrittenen Einkünfte in dieser Weise qualifiziert hat.
Im Übrigen wäre selbst eine gegenteilige steuerrechtliche Behandlungsweise
für die Ausgleichskasse nicht verbindlich (BGE 122 V 293 Erw. 5a mit
Hinweis). In masslicher Hinsicht war die Ausgleichskasse dagegen gemäss Art.
23 Abs. 4 AHVV an den in der Steuermeldung genannten Betrag von Fr. 7008.-
gebunden. Damit ergibt sich unter Berücksichtigung der zusätzlichen Einkünfte
von Fr. 18'175.- sowie nach Abzug des Zinses auf dem im Betrieb investierten
Eigenkapital ein reines Einkommen des Jahres 1998 von Fr. 21'400.-.
4.5 Das der Beitragsbemessung für die Jahre 1999 und 2000 zu Grunde zu
legende Einkommen berechnet sich nach dem Gesagten aus dem Durchschnitt der
Erwerbseinkommen von 1997 und 1998, von welchem der jeweilige Zins auf dem
investierten Eigenkapital in Abzug zu bringen ist. Die Berechnung der
Beiträge ist auf dieser Basis unbestrittenermassen korrekt erfolgt. Gleiches
gilt hinsichtlich der nicht beanstandeten Zinsberechnungen.

5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Die
Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 135 in Verbindung
mit Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden, Abteilung Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 18. November 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Vorsitzende der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: