Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 88/2004
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B 88/04

Urteil vom 15. Juli 2005
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen;
Gerichtsschreiber Widmer

A.________ 1954, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Petra
Oehmke, Bahnhofplatz 9, 8910 Affoltern am Albis,

gegen

Pensionskasse Schweiter, c/o A// visa, Seestrasse 6, 8027 Zürich,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Isabelle
Vetter-Schreiber, Seestrasse 6, 8002 Zürich

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 9. August 2004)

Sachverhalt:

A.
Der 1954 geborene A.________ arbeitete seit April 1980 als Lagerist bei der
Firma S.________ AG, und war für die berufliche Vorsorge bei der
Pensionskasse Schweiter (im Folgenden: Pensionskasse) versichert. Auf den 31.
Oktober 1998 wurde er von der Arbeitgeberfirma aus betrieblichen Gründen
entlassen. Am 22. April 1999 meldete er sich unter Hinweis auf ein
chronisches Lumbovertebralsyndrom bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Gestützt auf den von ihr ermittelten Invaliditätsgrad von
34 % lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Rentenanspruch mit
Verfügung vom 24. Februar 2000 ab. Mit Urteil vom 16. Mai 2002 bestätigte das
Eidgenössische Versicherungsgericht letztinstanzlich diese
Ablehnungsverfügung.
Am 22. März 2001 liess A.________ bei der IV-Stelle eine Neuanmeldung
einreichen und zufolge zwischenzeitlicher Verschlechterung des
Gesundheitszustandes um Gewährung einer Invalidenrente ersuchen. Die
IV-Stelle gelangte zum Schluss, dass sich der Invaliditätsgrad wegen
Verschlimmerung des Gesundheitsschadens erhöht habe. Mit Verfügung vom 18.
November 2002 sprach sie dem Versicherten für die Zeit vom 1. März bis 31.
Mai 2001 bei einem Invaliditätsgrad von 40 % eine Viertelsrente zu, die
zufolge Vorliegens eines wirtschaftlichen Härtefalls nachträglich gemäss
Verfügung vom 12. November 2003 auf eine halbe Rente erhöht wurde, und ab 1.
Juni 2001 auf der Grundlage eines Invaliditätsgrades von 55 % eine halbe
Invalidenrente.

B.
Nachdem es die Pensionskasse abgelehnt hatte, A.________ die
Invalidenleistungen auszurichten, gelangte dieser an das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Mit Klage vom 26. November
2003 liess er beantragen, die Pensionskasse sei zu verpflichten, ihm die
gesetzlichen und reglementarischen Leistungen aus der beruflichen Vorsorge zu
erbringen, insbesondere eine Invalidenrente auf der Basis einer
Erwerbsunfähigkeit von 55 % ab 1. Juni 2001, und die reglementarischen
Altersgutschriften vorzunehmen, je zuzüglich Zins zu 5 % seit 26. November
2003. Mit Entscheid vom 9. August 2004 wies das Sozialversicherungsgericht
die Klage ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt A.________ das vorinstanzlich
gestellte Rechtsbegehren erneuern.
Während die Pensionskasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine
Stellungnahme.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
In formellrechtlicher Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, die
Vorinstanz habe die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Verfügung
der IV-Stelle vom 18. November 2002 sich als offensichtlich unrichtig
erweise, da keine rentenbegründende Invalidität vorliege. Das kantonale
Gericht habe ihm keine Gelegenheit eingeräumt, sich zu diesem Standpunkt, mit
dem er auf Grund der Aktenlage nicht habe rechnen müssen, zu äussern, wodurch
sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei.
Es trifft zu, dass das rechtliche Gehör auch zu gewähren ist, wenn eine
Behörde ihren Entscheid mit einer Rechtsnorm oder einem Rechtsgrund zu
begründen beabsichtigt, die im bisherigen Verfahren nicht herangezogen
wurden, auf die sich die beteiligten Parteien nicht berufen haben und mit
deren Erheblichkeit in konkreten Fall sie nicht rechnen konnten (BGE 128 V
278 Erw. 5b bb mit Hinweisen; Urteil A. vom 24. Mai 2005, U 53/05). Indessen
entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass ein Beschluss der
Invalidenversicherung für die Vorsorgeeinrichtung und das Gericht nicht
verbindlich ist, wenn er sich als offensichtlich unhaltbar erweist (BGE 123 V
271 Erw. 2a, 120 V 109 Erw. 3c). Der Beschwerdeführer musste daher damit
rechnen, dass sich die Vorinstanz auf diese Begründung stützen würde, und das
kantonale Gericht war hiezu befugt, ohne das es den Versicherten vorgängig
explizit zu dieser Frage anhören musste. Hinzu kommt, das die Pensionskasse
den Entscheid der IV-Stelle ohnehin nicht gegen sich geltend lassen muss, da
sie vor Erlass der Verfügung vom 18. November 2002 nicht in das iv-rechtliche
Verfahren miteinbezogen worden war (Erw. 2 hienach).

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf
Invalidenleistungen aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 23
Abs. 1 BVG), den Umfang des Invalidenrentenanspruchs (Art. 24 Abs. 1 BVG),
den Beginn des Anspruchs (Art. 26 Abs. 1 BVG in Verbindung mit Art. 29 Abs. 1
IVG), den Begriff der berufsvorsorgerechtlich relevanten Arbeitsunfähigkeit
sowie den für  die Leistungspflicht der Vorsorgeeinrichtung für die nach
Beendigung des Vorsorgeverhältnisses eingetretene Invalidität vorausgesetzten
engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeit und
Invalidität (BGE 123 V 264 Erw. 1c mit Hinweisen) richtig dargelegt. Ebenso
hat das kantonale Gericht die Rechtsprechung, wonach die Verfügung der
IV-Stelle, welche die Leistungspflicht der Vorsorgeeinrichtung berührt, diese
nur dann bindet, wenn die Vorsorgeeinrichtung spätestens bei Erlass des
Vorbescheides - nach dem 1. Januar 2003 bei Verfügungseröffnung - in das
iv-rechtliche Verfahren einbezogen wird (BGE 129 V 73 ff.), zutreffend
wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.

3.
Der Beschwerdeführer war bis 31. Oktober 1998 bei der S.________ AG
angestellt und damit für die Risiken Tod und Invalidität bis 30. November
1998 bei der Pensionskasse versichert (Nachdeckung; Art. 10 Abs. 3 BVG).
Streitig und zu prüfen ist somit, ob bis zu diesem Zeitpunkt eine
Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, die zur späteren Invalidität, welche mit
Wirkung ab 1. März 2001 den Anspruch auf eine Viertels- und ab 1. Juni 2001
auf eine halbe Rente der Invalidenversicherung begründete, in einem engen
sachlichen und zeitlichen Zusammenhang steht.

3.1 Die Vorinstanz hat in einlässlicher Würdigung der medizinischen
Unterlagen zutreffend festgestellt, dass die ursprüngliche Arbeitsunfähigkeit
als Magaziner auf ein Lumbovertebralsyndrom zurückzuführen war. Dieses hatte
zur Folge, dass der Versicherte die bisherige Tätigkeit als Lagerist
zumutbarerweise nicht mehr ausüben, Arbeiten mit leichter körperlicher
Belastung in wechselnder Position ohne Heben von schweren und mittelschweren
Lasten aber weiterhin verrichten konnte. Anhaltspunkte für eine psychische
Gesundheitsschädigung finden sich in den Arztberichten aus der Zeit vor der
ersten Verfügung der IV-Stelle vom 24. Februar 2000 nicht. Das Eidgenössische
Versicherungsgericht sah dann auch im Urteil vom 16. Mai 2002 keinen Anlass,
in Bezug auf einen möglichen psychischen Gesundheitsschaden zusätzliche
medizinische Abklärungen anzuordnen, nachdem bereits das kantonale Gericht
laut Entscheid vom 17. Oktober 2001 keinerlei Hinweise auf eine psychische
Störung mit Krankheitswert gefunden hatte. Erst im Attest des Psychiaters Dr.
med. lic. phil. B.________, Zürich, vom 7. Januar 2002 ist von einem
psychischen Leiden die Rede. Der Arzt diagnostizierte eine depressive
Somatisierungsstörung hinsichtlich des globalen neuropsychischen
Funktionspotentials (psychopathologisch, neuro- kognitiv, interaktionell)
relativ zur Habitualpersönlichkeitsstruktur leichten Ausprägungs- grades,
klinisch unter dem Bild einer leichten Anpassungsstörung. Die daraus
resultierende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit veranschlagte Dr. med.
B.________ auf 20-30 %. Die IV-Stelle erkannte gestützt auf diese
fachärztlichen Angaben auf eine Verschlechterung des Gesundheitsschadens mit
Zunahme des Grades der Arbeitsunfähigkeit auf 35 % seit Februar 2002.

3.2 Die psychsiche Erkrankung ist demnach erst mehr als drei Jahre nach Ende
der Versicherungsdeckung bei der Pensionskasse (30. November 1998)
diagnostiziert worden. Eine Leistungspflicht der Vorsorgeeinrichtung bestünde
indessen nur, wenn zwischen der ursprünglichen, während der Zugehörigkeit zur
Pensionskasse eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und der leistungsbegründenden
Invalidität ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang gegeben ist.

3.3 Ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen der auf das
Lumbovertebralsyndrom zurückzuführenden Arbeitsunfähigkeit und der
anspruchsbegründenden Invalidität, welche zu einem grossen Teil die Folge der
von Dr. med. B.________ im Attest vom 7. Januar 2002 diagnostizierten
psychischen Erkrankung darstellt, ist nicht ausgewiesen, wie die
Beschwerdegegnerin zu Recht einwendet. Denn es trifft nicht zu, dass der der
Invalidität zu Grunde liegende Gesundheitsschaden im Wesentlichen derselbe
ist, der seiner Zeit zur Arbeitsunfähigkeit geführt hatte. Eine enge
Verknüpfung zwischen dem rein körperlichen Rückenleiden, das eine
Arbeitsunfähigkeit im bisherigen Beruf bewirkte, und dem psychischen
Gesundheitsschaden des Versicherten  liegt nicht vor. Vielmehr können
verschiedene Faktoren, die in keinem Kontext zur ursprünglichen
Arbeitsunfähigkeit stehen, für das von der Invalidenversicherung als
invalidisierend anerkannte Krankheitsbild ursächlich sein, namentlich der
Stellenverlust aus betrieblichen Gründen und die damit verbundene
Arbeitslosigkeit oder das von der Pensionskasse erwähnte, erfolglos
verlaufene Verfahren betreffend den Rentenanspruch gegenüber der
Invalidenversicherung. Fehlt es demnach an einem engen sachlichen
Zusammenhang zwischen der während  der Dauer der Versicherungsdeckung
eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und der späteren Invalidität, entfällt die
Leistungspflicht der Pensionskasse. Eine Prüfung der Frage, ob die
Rentenzusprechung durch die Invalidenversicherung im Sinne der Ausführungen
des kantonalen Gerichts als offensichtlich unrichtig zu qualifizieren ist,
erübrigt sich damit.

4.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Als mit öffentlichrechtlichen
Aufgaben betraute Institution hat die obsiegende Pensionskasse keinen
Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 OG; BGE 126 V 150 Erw. 4a
mit Hinweisen).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben und es wird keine Parteientschädigung
zugesprochen.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 15. Juli 2005

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: