Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 52/2004
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B 52/04

Urteil vom 29. März 2005
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Arnold

D.________, 1960, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Ulrich
Würgler, Merkurstrasse 25, 8400 Winterthur,

gegen

Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft, Aeschengraben 21, 4002 Basel,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Adelrich Friedli,
Stationsstrasse 66 A, 8907 Wettswil

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 29. März 2004)

Sachverhalt:

A.
D. ________, geb. 1960, war vom 1. Mai 1991 bis 31. August 1993 als
angelernter Maschinist bei der in der Textilindustrie tätigen Q.________ AG
angestellt und bei der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend:
Basler) berufsvorsorgerechtlich versichert. Nachdem er vom 1. September 1993
bis 28. Februar 1995 Taggelder der Arbeitslosenversicherung bezogen hatte,
meldete er sich am 22. Mai 1995 unter Hinweis auf seit Mai 1994 bestehende
Beschwerden an den Bandscheiben bei der Eidgenössischen Invalidenversicherung
zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen in medizinischer und
beruflich-erwerblicher Hinsicht, worunter der Bericht der letzten
Arbeitgeberfirma (vom 6. Juni 1995) sowie das Administrativgutachten des Dr.
med. K.________, Spezialarzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie (vom 2.
Mai 1996), sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 11.
Oktober 1996 rückwirkend ab 1. Mai 1995 basierend auf einem Invaliditätsgrad
von 70 % eine ganze Invalidenrente zu.
Die Basler wies das am 18. März 1998 unter Hinweis auf die
Leistungszusprechung nach IVG gestellte Gesuch um Zusprechung einer
berufsvorsorgerechtlichen Invalidenrente mit Schreiben vom 3. Juli 1998 sowie
vom 9. Januar 2003 ab.

B.
Die durch D.________ gegen die Basler erhobene Klage auf Zusprechung einer
Invalidenrente rückwirkend ab 1. Mai 1995 wies das Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich u.a. nach Beizug der Akten der Invaliden- sowie der
Arbeitslosenversicherung ab (Entscheid vom 29. März 2004).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt D.________ im Hauptpunkt das
vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern.
Die Basler beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) verzichtete in seiner Eingabe vom 30.
Juni 2004 auf eine Stellungnahme, weil der Streit eine Frage der
Beweiswürdigung betreffe.

D.
In einem zweiten Schriftenwechsel wurde den Parteien Gelegenheit gegeben,
sich zur ärztlichen Stellungnahme des Dr. med. B.________, Chef Ressort
Medizin, vom 6. Oktober 2004 zu äussern, welche das BSV auf Ersuchen des
Eidgenössichen Versicherungsgerichts vom 21. September 2004 hin erstattet
hatte.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch
auf Invalidenleistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 23, 24
und 26 BVG), das für die Leistungspflicht der ehemaligen Vorsorgeeinrichtung
massgebende Erfordernis des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhanges
zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität (BGE 123 V 264 Erw. 1c, 120 V 117
Erw. 2c/aa und bb mit Hinweisen; vgl. auch SZS 2003 S. 507 und 509 sowie
Urteil M. vom 15. Juli 2003, B 40/01, Erw. 1 und 2) sowie die Voraussetzungen
einer Bindungswirkung der invalidenversicherungsrechtlichen Festsetzung des
Invaliditätsgrades in grundsätzlicher, masslicher und zeitlicher Hinsicht für
die Vorsorgeeinrichtung (BGE 126 V 311 Erw. 1, 120 V 109 Erw. 3c; vgl. auch
BGE 130 V 275 Erw. 4.1) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.
2.1 Die Firma Q.________ AG kündigte am 28. Juni 1993 das Arbeitsverhältnis
mit dem Beschwerdeführer auf den 31. August 1993. Im Schreiben vom 7.
September 1993 begründete die Arbeitgeberin diese Massnahme mit der
mangelhaften Einstellung des Beschwerdeführers zur Arbeit und seinem
Verhalten am Arbeitsplatz, welches sich trotz Ermahnungen nicht gebessert
habe. Anhaltspunkte dafür, dass gesundheitliche Gründe für die Kündigung
durch die Arbeitgeberin mit ausschlaggebend waren, wie es der
Beschwerdeführer letztinstanzlich ohne nähere Umschreibung erneut behauptet,
sind nicht aktenkundig. Die Q.________ AG verneinte in der zuhanden der
Arbeitslosenversicherung ausgefüllten Arbeitgeberbescheinigung vom 20.
September 1993 das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt der
Kündigung oder während der Kündigungsfrist. Der Beschwerdeführer erklärte
sich seinerseits im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung (vom 11. Juli 1993)
als voll arbeitsfähig. Im Kontrollausweis für den Monat Dezember 1993
bekräftigte er auf Nachfrage hin, nach wie vor zu 100 % arbeitsfähig zu sein,
nachdem er anfänglich gemäss eigenen Angaben irrtümlich auf gegenüber dem
Vormonat veränderte Verhältnisse hingewiesen hatte. Anhaltspunkte dafür, dass
diese am 3. Januar 1994 unterschriftlich bestätigten Angaben von einer
Drittperson gefälscht wurden, sind nicht ersichtlich.

2.2 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers vermögen sodann die
medizinischen Akten ihrerseits den Beweis dafür nicht zu erbringen, dass der
Beginn der psychisch bedingten wesentlichen Beeinträchtigung der
Arbeitsfähigkeit, die laut Einschätzung der Organe der Eidgenössischen
Invalidenversicherung zur Invalidität geführt hat, in der Zeit zwischen dem
1. Mai 1991 und 30. September 1993 eingetreten ist, als der Beschwerdeführer
zufolge seines Anstellungsverhältnisses und unter Beachtung der
Nachdeckungsfrist nach Art. 10 Abs. 3 BVG bei der Beschwerdegegnerin
vorsorgeversichert war (BGE 118 V 38 f. Erw. 2a und seitherige
Rechtsprechung):
2.2.1Es mangelt insbesondere an aussagekräftigen echtzeitlichen
Arztberichten, welche eine psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit im hier
interessierenden Zeitraum belegen. Das gilt namentlich für das Kurzzeugnis
des Dr. med. E.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie, vom 27. August 1993,
worin für die Zeit vom 24. August bis 1. September 1993 ohne nähere
Begründung eine krankheitsbedingte, vollständige Arbeitsunfähigkeit
bescheinigt wurde. Der Vorinstanz ist weiter darin beizupflichten, dass auch
die übrigen Stellungnahmen des Dr. med. E.________ zur Arbeitsfähigkeit,
worunter der Bericht vom 24. November 2004, welcher statt der vom kantonalen
Gericht einverlangten kompletten Krankengeschichte eingereicht wurde, nicht
beweistauglich sind (BGE 125 V 352 Erw. 3). Es besteht mangels Anhaltspunkten
für ein Leiden, das nicht nur zu ärztlicher Behandlung geführt, sondern sich
auch auf das Arbeitsverhältnis nachweislich negativ ausgewirkt hätte, kein
Anlass, die bisher nicht zu den Akten gegebene Krankengeschichte nochmals
edieren zu lassen (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 94).

2.2.2 Auch unter Berücksichtigung der letztinstanzlich einverlangten
ärztlichen Stellungnahme des Dr. med. B.________ vom 6. Oktober 2004 ist
davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer zwar wohl seit mehreren Jahren
über gesundheitliche Beeinträchtigungen klagt. Nach Lage der Akten wurde ein
psychisches Leiden aber erstmals im psychiatrischen Konsilium der
Psychiatrischen Poliklinik des Spitals Z.________ (vom 28. November 1994)
eingehend diskutiert, dies nachdem die Rheumatologen des Spitals während der
stationären Behandlung vom 1. bis 23. November 1994 ein lumbospondylogenes
Syndrom rechts (bei diskreter Chondrose, beginnender Spondylose und
Spondylarthrose L4/5, L5/S1 und Status nach Morbus Scheuermann)
diagnostiziert hatten und zum Schluss gelangt waren, eine weitere
physiotherapeutische Behandlung sei nicht erfolgversprechend. Die Beschwerden
hätten sich während der dreiwöchigen Hospitalisation nicht gebessert, der
Beschwerdeführer zeige ein kaum verständliches Schmerzverhalten, eine lokale
Infiltration sei ohne Erfolg geblieben, wobei sich der Beschwerdeführer im
Wasser praktisch ohne Einschränkungen normal bewegen würde, was insgesamt zum
Verdacht führe, das Beschwerdebild könne durch psychosoziale Probleme
überlagert sein (Bericht vom 29. November 1994).

2.3 Nach dem Gesagten fehlen eindeutige Belege dafür, dass die gemäss den
Organen der Eidgenössischen Invalidenversicherung letztlich zur Invalidität
führende psychische Gesundheitsschädigung während des
Versicherungsverhältnisses mit der Beschwerdegegnerin eingetreten ist und -
kumulativ erforderlich (Erw. 1) - sich seither durchgehend nachteilig auf das
berufliche Fortkommen des Beschwerdeführers ausgewirkt hätte. Etwas anderes
ist mit Blick auf die zeitlichen Verhältnisse und die bezogen auf den hier
interessierenden Zeitraum spärliche medizinische Aktenlage weder bewiesen
noch beweisbar (zur antizipierten Beweiswürdigung vgl. Erw. 2.2.1 am Ende).
Ist bei freier Prüfung ein Anspruch auf eine Invalidenrente nach BVG zu
verneinen, kann offen bleiben, ob die invalidenversicherungsrechtliche
Leistungszusprechung, welche im Wesentlichen auf der Beurteilung des
Gesundheitszustandes und der Stellungnahme zur Arbeitsfähigkeit gemäss dem
Gutachten des Dr. med. K.________ (vom 2. Mai 1995) basierte, im Lichte der
Rechtsprechung, wonach eine diagnostizierte anhaltende somatoforme
Schmerzstörung allein in der Regel keine lang dauernde, zu einer Invalidität
führende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit im Sinn von Art. 4 Abs. 1 IVG zu
bewirken vermag (BGE 130 V 352), nicht offensichtlich zu Unrecht erfolgte.

3.
Da Versicherungsleistungen im Streite liegen, sind gemäss Art. 134 OG keine
Gerichtskosten zu erheben. Hinsichtlich der Parteientschädigung (Art. 159 in
Verbindung mit Art. 135 OG) ist vom Grundsatz auszugehen, dass
Vorsorgeeinrichtungen als mit der Durchführung öffentlich-rechtlicher
Aufgaben betraute Organisationen im Sinne des Art. 159 Abs. 2 OG in fine auch
im Falle des Obsiegens grundsätzlich keine Parteientschädigung beanspruchen
können. Hievon abzugehen besteht kein Anlass, weil das Verhalten des
Beschwerdeführers nicht als leichtsinnig oder mutwillig zu qualifizieren ist
(BGE 126 V 150 Erw. 4b).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigungen
zugesprochen.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 29. März 2005

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: