Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 35/2004
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B 35/04

Urteil vom 30. November 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber
Nussbaumer

S.________, 1967, Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch die Eidgenössische
Finanzverwaltung, Rechtsdienst, 3003 Bern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 29. März 2004)

Sachverhalt:

A.
S. ________ (geboren 9. Februar 1967) war als Mitarbeiter der Post seit 1.
März 1987 bei der Eidgenössischen Versicherungskasse (später: Pensionskasse
des Bundes PKB) im Rahmen der beruflichen Vorsorge versichert. Mit Beendigung
seines Dienstverhältnisses bei der Kreispostdirektion X.________ per 30.
April 2000 schied er auf diesen Zeitpunkt hin auch aus der PKB aus. Mit
Eingabe vom 22. Juli 2000 ersuchte er die PKB um Barauszahlung seines
Austrittsguthabens infolge Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit.
Die PKB errechnete eine Austrittsleistung von Fr. 62 570.65 sowie
Verzugszinsen in Höhe von Fr. 945.50 und überwies S.________ nach Abzug des
Quellensteuerbetrages von Fr. 4544.45 den Nettobetrag von Fr. 58 971.70.

B.
Mit Klage vom 24. Juni 2002 stellte S.________ den Antrag, die PKB habe ihm
eine Austrittsleistung von Fr. 125 141.30 auszurichten. Am 18. Juni 2003
teilte die Eidgenössische Finanzverwaltung dem Verwaltungsgericht des Kantons
Bern mit, die Vorsorgeverhältnisse seien per 1. Juni 2003 infolge einer
gesetzlich vorgesehenen Universalsukzession von der bisherigen Pensionskasse
PKB auf die Pensionskasse des Bundes Publica übergegangen. Die Klage gegen
die Schweizerische Eidgenossenschaft sei wegen fehlender Passivlegitimation
abzuweisen und das Verfahren sei mit der Publica, eventuell mit der
Pensionskasse der Post fortzuführen.

Mit Urteil vom 29. März 2004 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
die Klage teilweise gut und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger zusätzlich
Fr. 4544.45 (entsprechend dem Abzug für Quellensteuer) nebst Zins ab 9.
September 2000 zu bezahlen (Ziff. 4 des Dispositivs). Die Anträge auf
Verfahrenssistierung, auf einen Parteiwechsel sowie auf die Beiladung einer
andern Pensionskasse wies es im Sinne der Erwägungen ebenfalls ab (Ziff. 2
des Dispositivs).

C.
S.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei ihm
auch der Arbeitgeberanteil des Pensionskassenguthabens samt Zinsen
auszuzahlen.

Die Eidgenössische Finanzverwaltung beantragt Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. In verfahrensrechtlicher Hinsicht verlangt
sie, das Verfahren sei mit der Pensionskasse der Post als Beklagte
weiterzuführen. Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Publica seien
zum Verfahren beizuladen. Eventuell sei das Verfahren mit der Publica als
Beklagte weiterzuführen und die Schweizerische Eidgenossenschaft und die
Pensionskasse seien beizuladen.

Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Streitigkeit unterliegt der Gerichtsbarkeit der in Art. 73 BVG
erwähnten richterlichen Behörden, welche sowohl in zeitlicher als auch in
sachlicher Hinsicht zuständig sind (Art. 25 FZG; BGE 122 V 323 Erw. 2, 120 V
18 Erw. 1a, je mit Hinweisen).

1.2 Beim Prozess um Austrittsleistungen (Entstehung, Höhe, Erfüllung usw.)
handelt es sich um einen Streit um Versicherungsleistungen, weshalb sich die
Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nach Art. 132
OG richtet. Danach ist die Kognition nicht auf die Verletzung von Bundesrecht
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt,
sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen
Verfügung. Das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung
des rechterheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der
Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen. Ferner ist das
Verfahren regelmässig kostenlos (Art. 134 OG; BGE 129 V 253 Erw. 1.2, 126 V
165 Erw. 1).

2.
Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht mit Präsidialverfügung vom 25.
März 2004 im Verfahren B 61/02 festgestellt hat, kann die zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft, vertreten durch die Eidgenössische
Finanzverwaltung, und der Publica strittige Frage, ob infolge
Universalsukzession alle Ansprüche gegenüber der ersten auf die zweite
übergegangen sind, nicht im Rahmen eines einzelnen Prozesses zwischen einem
Versicherten und der Vorsorgeeinrichtung vorfrageweise entschieden werden.
Demnach ist der Antrag auf Parteiwechsel abzuweisen. Dementsprechend lässt
sich auch nicht beanstanden, dass das kantonale Gericht einen Parteiwechsel
abgelehnt hat. Dasselbe ergibt sich darüber hinaus, weil der
Beschwerdegegnerin gegenüber dem vorinstanzlichen Urteil keine weiteren
Verpflichtungen erwachsen, nachdem die Verwaltungsgerichtsbeschwerde - wie
nachstehend zu zeigen ist - unbegründet ist. Es kann demnach auch davon
abgesehen werden, weitere Beteiligte zum Verfahren beizuladen.

3.
3.1 Nach Art. 2 Abs. 2 des Freizügigkeitsgesetzes (FZG) bestimmt die
Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement die Höhe der Austrittsleistung; diese
muss mindestens so hoch sein wie die nach den Bestimmungen des 4. Abschnitts
des FZG berechnete Austrittsleistung.

Laut Art. 17 Abs. 1 FZG, der den Mindestbetrag regelt, hat die versicherte
Person bei Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung zumindest Anspruch auf die
eingebrachten Eintrittsleistungen samt Zinsen sowie auf die von ihr während
der Beitragsdauer geleisteten Beiträge samt einem Zuschlag von 4 % pro
Altersjahr ab dem 20. Altersjahr, höchstens aber von 100 %. Das Alter ergibt
sich aus der Differenz zwischen dem Kalenderjahr und dem Geburtsjahr.

Gemäss Art. 45 der Verordnung über die Pensionskasse des Bundes
(PKB-Statuten, SR 172.222.1) entspricht die Austrittsleistung dem Barwert der
erworbenen Leistungen. Das Mitglied hat mindestens Anspruch auf die
eingebrachten Eintrittsleistungen samt Zinsen sowie auf die von ihm während
der Beitragsjahre geleisteten Beiträge samt einem Zuschlag von 4 % pro
Altersjahr ab dem 20. Altersjahr, höchstens aber von 100 %. Der Anspruch nach
Art. 15 BVG ist in jedem Fall gewährleistet.

3.2 Unbestritten ist, dass die nach Art. 17 Abs. 1 FZG berechnete
Austrittsleistung für den Beschwerdeführer den höchsten Betrag ergibt. Der
Beschwerdeführer ist indessen der Auffassung, im Rahmen von Art. 17 Abs. 1
FZG seien auch die Arbeitgeberbeiträge mitzugeben.
Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht im Urteil W. vom 4. August 2004
(B 104/03) entschieden hat, umfassen die in Art. 17 Abs. 1 FZG genannten, von
der versicherten Person geleisteten Beiträge nur die Arbeitnehmerbeiträge.
Nichts anderes ergibt sich aus Art. 45 der PKB-Statuten, der inhaltlich mit
Art. 17 Abs. 1 FZG übereinstimmt, wie das kantonale Gericht zu Recht erwogen
hat. Art. 17 Abs. 1 FZG, der die Mindestleistung definiert, ist aus dem
früheren Recht (Art. 331a und 331b OR) hervorgegangen. Nach dem klar aus den
Materialien ersichtlichen Willen des Gesetzgebers sind der vor Eintritt des
Vorsorgefalles aus der Vorsorgeeinrichtung austretenden versicherten Person
sowohl die mitgebrachte Austrittsleistung als auch ihre allfällige
Einkaufssumme verzinst mitzugeben. Weiter ist ihr der selber erbrachte Teil
zum Auf- und Ausbau des Vorsorgeschutzes mitzugeben, d.h. ihre ordentlichen
und ausserordentlichen Beiträge und ihre Beiträge zur Nachfinanzierung von
Leistungsverbesserungen infolge Lohnerhöhungen. Diese Beiträge sind um einen
altersabhängigen Zuschlag zu erhöhen, der im Alter 20 beginnt und sich pro
Altersjahr um 4 % erhöht. Durch diesen Zuschlag erhält die versicherte Person
mit zunehmendem Alter einen stets höher werdenden Anteil am Beitrag des
Arbeitgebers, bis dieser Zuschlag 100 % der von der versicherten Person
geleisteten Beiträge erreicht (Botschaft des Bundesrates zu einem
Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge, BBl 1992 III 591). Diese gesetzliche
Konzeption erfasst allein die vom Arbeitnehmer geleisteten Beiträge, erhöht
um einen jährlichen Zuschlag, und kommt auch im klaren Wortlaut von Art. 17
Abs. 1 FZG zum Ausdruck. Danach hat die versicherte Person Anrecht "auf die
von ihr während der Beitragsdauer geleisteten Beiträge samt einem Zuschlag
von 4 Prozent pro Altersjahr ab dem 20. Altersjahr, höchstens aber von 100
Prozent". Der mit dem in Art. 17 Abs. 1 FZG vorgesehenen Zuschlag verfolgte
Zweck, der versicherten Person mit zunehmendem Alter einen stets höher
werdenden Anteil am Beitrag des Arbeitgebers zu verschaffen, setzt
selbstredend voraus, dass die Arbeitgeberbeiträge grundsätzlich nicht zur
Austrittsleistung gehören, sondern dass Anteile davon erst nach Massgabe der
Versicherungsdauer erworben werden können.

3.3 Im Übrigen ist die Festlegung der Austrittsleistung in betraglicher
Hinsicht unbestritten geblieben und es ergeben sich auch aus den Akten keine
Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die von der Beschwerdegegnerin in der Vernehmlassung vom 27. Mai 2004
gestellten Verfahrensanträge werden abgewiesen.

2.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Amt für Sozialversicherung und
Stiftungsaufsicht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.

Luzern, 30. November 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: