Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 22/2004
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B 22/04

Urteil vom 21. April 2005
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Widmer

Z.________, 1950, Beschwerdeführer, vertreten
durch Advokat Daniel Dietrich, Steinenschanze 6,
4051 Basel,

gegen

BVG-Sammelstiftung der Rentenanstalt, Vorsorgewerk der I.________ AG, General
Guisan-Quai 40,
8002 Zürich, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel

(Entscheid vom 21. Januar 2004)

Sachverhalt:

A.
Der 1950 geborene Z.________ arbeitete seit April 1995 als Hilfsisoleur bei
der Firma I.________ AG und war für die berufliche Vorsorge bei der
BVG-Sammelstiftung der Rentenanstalt versichert. Am 26. September 1995
stürzte er beim Herunterklettern von einem Gerüst auf den Boden. Dabei schlug
er mit dem rechten Arm an einen Teil des Gerüsts. Laut Bericht des Dr. med.
L.________ vom 13. Oktober 1995 litt der Versicherte nach dem Unfall an einer
posttraumatischen Epicondylopathie radial am rechten Ellbogen und einem
Schulter-Arm-Syndrom bei zervikalem Blockierungssyndrom. Die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Nach
vorübergehender voller Arbeitsunfähigkeit war Z.________ laut ärztlichem
Attest ab 19. Oktober 1995 wieder voll leistungsfähig. Auf den 30. November
1995 wurde er von der Arbeitgeberin entlassen. Am 27. Januar 1997 stürzte er
auf den rechten Arm. Die SUVA, welche ihre Leistungspflicht nach Eingang von
zwei Rückfallmeldungen des Versicherten abgelehnt hatte, wurde auf Beschwerde
hin vom Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 13.
November 1998 zur Vornahme weiterer Abklärungen verpflichtet. U.a. gestützt
auf ein Gutachten des Prof. B.________, Chefarzt der Abteilung für
Handchirurgie am Spital X.________, vom 10. Mai 1999 sprach die SUVA
Z.________ mit Verfügung vom 6. Oktober 2000 rückwirkend ab 1. Januar 2000
eine Invalidenrente auf der Grundlage einer Erwerbsunfähigkeit von 10 % zu,
welche das Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 23. Dezember
2003, U 130/93, letztinstanzlich auf 24 % erhöhte.

Mit Verfügung vom 17. August 2001 hatte die IV-Stelle Basel-Stadt Z.________
bei einem Invaliditätsgrad von 62 % mit Wirkung ab 1. Januar 1998 eine halbe
Invalidenrente zugesprochen. Diese Rentenzusprechung wurde vom
Eidgenössischen Versicherungsgericht mit Urteil vom 15. Oktober 2003, I
480/02, letztinstanzlich bestätigt.

B.
Z.________ ersuchte auch die Sammelstiftung der Rentenanstalt um Ausrichtung
von Invalidenleistungen. Nachdem diese ihre Leistungspflicht verneint hatte,
liess er am 7. Mai 2003 beim Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt Klage
einreichen mit dem Antrag, die Sammelstiftung sei zu verpflichten, ihm für
die Periode vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2002 einen Betrag von Fr.
109'200.-, zuzüglich Zins zu 5 % ab 1. Januar 2003, zu bezahlen. Mit
Entscheid vom 21. Januar 2004 wies das Sozialversicherungsgericht die Klage
unter Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Z.________ das vorinstanzlich
gestellte Rechtsbegehren erneuern. Ferner beantragt er, das kantonale Gericht
sei anzuweisen, bei der Festsetzung der Parteientschädigung für das
erstinstanzliche Verfahren eine Vergütung für mindestens 20 Arbeitsstunden
zuzusprechen. Sodann ersucht er um die Bewilligung der unentgeltlichen
Verbeiständung.

Während die Sammelstiftung auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine
Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Anspruch auf Invalidenleistungen haben gemäss Art. 23 BVG Personen, die
im Sinne der Invalidenversicherung zu mindestens 50 % invalid sind und bei
Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat,
versichert waren. Nach Art. 24 BVG hat der Versicherte Anspruch auf eine
volle Invalidenrente, wenn er im Sinne der Invalidenversicherung mindestens
zu zwei Dritteln, auf eine halbe Rente, wenn er mindestens zur Hälfte invalid
ist. Nach der Rechtsprechung bleibt bei einer nach dem Wechsel der
Vorsorgeeinrichtung eingetretenen Invalidität die alte Vorsorgeeinrichtung
zur Ausrichtung von Leistungen verpflichtet, wenn die Arbeitsunfähigkeit zu
einem Zeitpunkt begonnen hat, als der Versicherte ihr angehörte, und wenn
zwischen dieser Arbeitsunfähigkeit und der Invalidität ein sachlicher und
zeitlicher Zusammenhang besteht; umgekehrt ist die neue Einrichtung von
jeglicher Rentenleistungspflicht befreit (BGE 120 V 117 Erw. 2c). In
sachlicher Hinsicht liegt ein solcher Zusammenhang vor, wenn der
Gesundheitsschaden, welcher der Invalidität zu Grunde liegt, im Wesentlichen
der selbe ist, der zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Sodann setzt die
Annahme eines engen zeitlichen Zusammenhangs voraus, dass der Versicherte
nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht während längerer Zeit wieder
arbeitsfähig wurde. Die frühere Vorsorgeeinrichtung hat nicht für Rückfälle
oder Spätfolgen einer Krankheit einzustehen, die erst Jahre nach
Wiedererlangung der vollen Arbeitsfähigkeit eintreten. Andererseits darf
nicht bereits eine Unterbrechung des zeitlichen Zusammenhangs angenommen
werden, wenn der Versicherte bloss für kurze Zeit wieder an die Arbeit
zurückgekehrt ist. Ebenso wenig darf die Frage des zeitlichen Zusammhanges
zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität in schematischer (analoger)
Anwendung der Regeln von Art. 88a Abs. 1 IVV beurteilt werden, wonach eine
anspruchsbeeinflussende Verbesserung der Erwerbsfähigkeit in jedem Fall zu
berücksichtigen ist, wenn sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate
gedauert hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird. Nach der
Rechtsprechung sind bei der Frage des zeitlichen Zusammenhangs die gesamten
Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen, namentlich die Art
des Gesundheitsschadens, dessen prognostische Beurteilung durch den Arzt und
die Beweggründe, die den Versicherten zur Wiederaufnahme der Arbeit
veranlasst haben (BGE 123 V 264 Erw. 1c, 120 V 117 f. Erw. 2c/aa und bb mit
Hinweisen.

1.2 Das Reglement der BVG-Sammelstiftung für das Vorsorgewerk der I.________
AG, gültig ab 1. August 1989, sieht in Art. 5 Abs. 2 vor, dass teilweise
Invalidität von weniger als einem Viertel keinen Anspruch auf Leistungen
gibt. Nach Art. 9 des Reglements, der das Verhältnis zu anderen
Versicherungen regelt, sind für einen Versicherungsfall nach dem Bundesgesetz
über die Unfallversicherung (UVG) oder die Militärversicherung (MVG) die
Invalidenrente und die Invaliden-Kinderrenten nur im Rahmen der
Mindestleistungen gemäss BVG versichert.

2.
Der Beschwerdeführer hat nur Anspruch auf eine Invalidenrente der
Sammelstiftung, wenn er bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache
zur Invalidität mit Zusprechung einer halben Rente der Invalidenversicherung
führte, versichert war. Laut Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
vom 15. Oktober 2003 (I 480/02) beträgt der Invaliditätsgrad des
Beschwerdeführers rund 63 %. Wie das Gericht im Urteil vom 23. Dezember 2003
(U 130/03) weiter festgestellt hat, beläuft sich der Invaliditätsgrad wegen
der somatischen Unfallfolgen auf 24 %. Die Invalidität ist somit zu einem
grossen Teil die Folge eines psychischen Gesundheitsschadens. Der Anspruch
auf Leistungen der beruflichen Vorsorge setzt demnach im Sinne eines
sachlichen Zusammenhangs voraus, dass der Beschwerdeführer bereits während
der Dauer des Anstellungsverhältnisses mit der I.________ AG, verlängert um
die Nachdeckungsfrist von einem Monat gemäss Art. 10 Abs. 3 Satz 1 BVG, vor
Ende 1995 aus psychischen Gründen in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt
war.

2.1 Dr. med. L.________ hielt in seinem Bericht vom 13. Oktober 1995 über die
am Vortag durchgeführte Untersuchung fest, die geklagten Beschwerden hätten
etwas übertrieben gewirkt und seien von "einem grossen Lamento" begleitet
gewesen. In einem Zwischenbericht vom 5. September 1996 vermutete Dr.
L.________ alsdann eine schwere Fixierung der eher unbedeutenden Beschwerden,
erachtete den Versicherten aber immer noch als voll arbeitsfähig. Sodann
hielt Dr. med. F.________ in einem bei der SUVA am 12. April 1996
eingegangenen Bericht fest, dass die Behandlung der Epicondylopathia radialis
rechts noch zu Lasten des Unfallversicherers gehen sollte, wobei hier
natürlich die Gefahr der Fixierung gegeben sei. Im psychiatrischen Gutachten
zu Handen der Invalidenversicherung vom 11. Februar 2000 führte Dr.
W.________ aus, dass durch den Sturz von einem Gerüst im September 1995 eine
unheilvolle psychische Entwicklung ihren Anfang genommen zu haben scheine. Es
hätten sich psychosoziale Komplikationen eingestellt, indem der Versicherte
etwa drei Tage nach dem Unfall die Kündigung der Arbeitsstelle erhielt und
längere Zeit arbeitslos war. Erste Anzeichen einer Unfallfehlverarbeitung
erblickte der Gutachter im Zusammenhang mit der Rückfallmeldung vom 8. April
1997, wobei sich die Situation nach der ablehnenden Verfügung der SUVA
zugespitzt habe. Den Beginn der Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit setzte
Dr. med. W.________ auf Januar 1997 fest.

2.2 Aus diesen ärztlichen Darlegungen wie auch dem Gutachten des Psychiaters
Dr med. E.________ vom 3. Juli 1999 ist ersichtlich, dass schon
verhältnismässig kurze Zeit nach dem Unfall vom 26. September 1995 eine
psychische Fehlentwicklung mit einer psychogenen Fehlverarbeitung der eher
geringfügigen somatischen Unfallfolgen einsetzte. Dabei spielte auch der vom
Eidgenössischen Versicherungsgericht im Urteil vom 23. Dezember 2003 (U
130/03) erwähnte Umstand eine Rolle, dass gemäss Ausführungen des Gutachters
Prof. B.________ in der Expertise vom 10. Mai 1999 der Arm des Versicherten
nach dem Unfall zu früh wieder belastet und in der frühen Vernarbungsphase
Kortison gespritzt wurde, was die strukturelle Heilung verzögerte und
wahrscheinlich eine chronische Enthesiopathie und eine Irritationsneuropathie
des Ramus profundus des Nervus radialis nach sich zog, weshalb insgesamt von
einer ärztlichen Fehlbehandlung gesprochen werden musste. Indessen fehlen in
den zitierten Arztberichten jegliche Anhaltspunkte dafür, dass der
Beschwerdeführer bereits im Zeitraum zwischen dem Unfall vom 26. September
1995 bis zum Ende der Versicherungsdeckung bei der Sammelstiftung am 31.
Dezember 1995 aus psychischen Gründen in seiner Arbeitsfähigkeit wesentlich
beeinträchtigt war. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, welche diese
Periode betreffen, tragen allesamt einzig den somatischen Unfallfolgen
Rechnung. Soweit die Invalidität, die zur Zusprechung einer halben Rente der
Invalidenversicherung führte, auf einer psychischen Gesundheitsschädigung
beruht, entfällt somit die Leistungspflicht der Sammelstiftung, weil der
Beschwerdeführer bei Eintritt der psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit
längst nicht mehr versichert war.

2.3 Entgegen den Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist eine
Unterscheidung zwischen invalidisierenden psychischen und somatischen
Beschwerden weder künstlich noch der Sachlage unangemessen. Vielmehr lässt
sich - wie in der Unfallversicherung, wo die Haftung der SUVA für die
psychischen Unfallfolgen mangels Adäquanz des Kausalzusammenhangs zum
Unfallereignis gemäss Urteil vom 23. Dezember 2003 (U 130/03) entfällt - auch
im Bereich der beruflichen Vorsorge, hier jedoch im Hinblick auf die Frage
nach der Versicherungsdeckung, danach unterscheiden, welche Anteile der
Invalidität auf somatische, und welche auf psychische Komponenten entfallen.
Da im vorliegenden Fall kein sachlicher Zusammenhang zwischen der beim Unfall
erlittenen Ellbogenverletzung mit konsekutiver Arbeitsunfähigkeit und dem
nach dem Ende der Versicherungsdeckung eingetretenen psychischen
Gesundheitsschaden besteht, der zu einem wesentlichen Teil der Invalidität zu
Grunde liegt, hat die Vorinstanz den Leistungsanspruch des Beschwerdeführers
gegenüber der Sammelstiftung zu Recht verneint.

3.
Der Beschwerdeführer rügt des Weiteren die Höhe des von der Vorinstanz seinem
Rechtsvertreter zu Folge unentgeltlicher Verbeiständung aus der Gerichtskasse
ausgerichteten Honorars. Er ist indessen durch die Festsetzung der
Entschädigung nicht berührt und mangels eines schutzwürdigen Interesses an
der Änderung der entsprechenden Dispositiv-Ziffer des angefochtenen
Entscheids nicht Beschwerde legitimiert (Art. 103 lit. a OG; vergleiche ARV
1996/97 S. 151 Nr. 27; nicht publiziertes Urteil I. vom 11. März 1994, I
105/93; unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts in Sachen C. vom 18.
August 1997, 2A.29/1997). Der Rechtsvertreter seinerseits hat davon
abgesehen, bezüglich der Höhe der vorinstanzlichen Entschädigung in eigenem
Namen Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen. Auf den Antrag, das kantonale
Gericht sei anzuweisen, bei der Festsetzung der Parteientschädigung für das
erstinstanzliche Verfahren eine Vergütung für mindestens 20 Arbeitsstunden
zuzusprechen, ist daher nicht einzutreten.

4.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Gesuch um unentgeltliche
Verbeiständung ist stattzugeben, da die entsprechenden Voraussetzungen
erfüllt sind (Art. 152 OG; BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit
Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam
gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten
haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Advokat Daniel
Dietrich für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus
der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 21. April 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: