Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 17/2004
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B 17/04

Urteil vom 23. August 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Arnold

S.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Beat Liechti,
Zeughausgasse 18, 3000 Bern 7 Bärenplatz,

gegen

Winterthur-Columna, Stiftung für berufliche Vorsorge, Paulstrasse 9, 8400
Winterthur, Beschwerdegegnerin,

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 21. Januar 2004)

In Erwägung,
dass A.________ (geb. 1948), seit 1983 von seiner Ehefrau S.________
gerichtlich getrennt, auf Grund seiner Anstellung ab Juni 1999 beim Verband
X.________ in der Winterthur-Columna Stiftung für die obligatorische
berufliche Vorsorge (nachfolgend: Vorsorgeeinrichtung)
berufsvorsorgeversichert gewesen war,
dass der Versicherte, seit Sommer 2000 schwer erkrankt, am 1. Dezember 2000
(Eingang laut Stempel am 4. Dezember 2000) durch seine Rechtsanwältin Frau
Fürsprecherin Cimber Schudel bei der Vorsorgeeinrichtung ein Gesuch um
Begünstigungsänderung zu Gunsten seiner Lebenspartnerin K.________ anhängig
machte (vgl. auch das ebenfalls vom 1. Dezember 2000 datierende
unterzeichnete Formular "Begünstigungsänderung", dessen Eingang bei der
Beschwerdegegnerin nach Lage der Akten nicht festgestellt werden kann),
dass die in Abschnitt 4 der Stiftungsurkunde, im Reglement für die
Personalvorsorge (PVR [gültig ab 1. Januar 1991]) sowie im
Organisationsreglement vorgesehene Personalvorsorge-Kommission des SVJ mit
Schreiben vom 15. Dezember 2000 (Eingang 21. Dezember 2000) der
Vorsorgeeinrichtung mitteilte, sie habe "am 13. Dezember 2000 beschlossen,
dieses Gesuch vollumfänglich zu unterstützen",
dass A.________ am 20. Dezember 2000 verstarb, worauf die Vorsorgeeinrichtung
K.________ als vom Verstorbenen erheblich unterstützte Lebensgefährtin ein
Todesfallkapital nach Ziff. 3.4.9 in Verbindung mit Ziff. 3.4.11 lit. a
drittes Alinea und Abs. 3 PVR auszahlte, hingegen eine entsprechende Leistung
an die Witwe S.________ ablehnte,
dass das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die von S.________ mit
dem Rechtsbegehren erhobene Klage, es sei die Vorsorgeeinrichtung zu
verpflichten, ihr ein Todesfallkapital von Fr. 154'543.-, zuzüglich
Verzugszins von 5 % ab 15. März 2001, zu bezahlen, durch Entscheid vom 21.
Januar 2004 abwies,
dass S.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen  und das im kantonalen
Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern lässt,
dass die Vorsorgeeinrichtung auf Abweisung der Beschwerde schliesst,
währenddem die als Mitbeteiligte zur Vernehmlassung aufgeforderte K.________
auf eine Stellungnahme verzichtet,
dass das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) unter Hinweis auf die
Gerichts- und Verwaltungspraxis zum Begriff der "Unterstützung in erheblichem
Masse" von einer Antragstellung absieht,
dass der Prätendentenstreit um das reglementarische Todesfallkapital
Versicherungsleistungen aus weitergehender beruflicher Vorsorge (Art. 49 Abs.
2 BVG) betrifft und daher der Gerichtsbarkeit nach Art. 73 Abs. 1 und 4 BVG
unterliegt,
dass dem Eidgenössischen Versicherungsgericht volle Kognition zusteht, es
insbesondere nicht an die Tatsachenfeststellungen der gerichtlichen
Vorinstanz gebunden ist (Art. 132 lit. b OG),
dass in formeller Hinsicht kantonales Gericht und Parteien verschiedener
Auffassung darüber sind, ob die formellen reglementarischen Voraussetzungen
für eine Änderung der Begünstigtenordnung eingehalten worden sind,
dass der angefochtene Entscheid unter diesem Blickwinkel nicht bestätigt
werden kann, weil die Auffassung des Sozialversicherungsgerichts, das
"massgebliche Reglement (fordere) einzig ein schriftliches und begründetes
Gesuch", welchem "Erfordernis (...) durch das Schreiben der vom Verstorbenen
unbestrittenermassen mandatierten Anwältin vom 1. Dezember 2000 erschöpfend
Rechnung getragen" worden sei, die einschlägigen vorsorgerechtlichen
Vertragsgrundlagen verkennt und damit Bundesrecht verletzt (Art. 104 lit. a
OG; BGE 116 V 335 oben; SZS 1995 S. 47), indem das gemäss Ziff. 3.4.11 Abs. 5
PVR zwecks Einführung einer speziellen Begünstigungsordnung an die
Personalvorsorge-Kommission zu richtende begründete Gesuch ein Verfahren
auslöst, für dessen Abwicklung das Organisationsreglement - Bestandteil der
oben erwähnten vorsorgevertraglichen Regelungen - in Anbetracht der hohen auf
dem Spiele stehenden wirtschaftlichen Interessen der Prätendenten zwingend zu
beachten ist, insbesondere dessen Abschnitt 4 über die Sitzungen und zu
fassenden Beschlüsse,
dass sich das Gleiche ohne weiteres auch aus dem Grundsatz der paritätischen
Verwaltung ergibt, welche nach ausdrücklicher Gesetzesvorschrift im Bereich
der weitergehenden Vorsorge ebenfalls beachtlich bleibt (Art. 49 Abs. 2 in
Verbindung mit Art. 51 BVG),
dass dem kantonalen Entscheid auch in Bezug auf die materielle Streitfrage
nach dem Anspruchserfordernis der erfolgten Unterstützung in erheblichem
Masse mangels hinreichend genauer und vollständiger Tatsachenfeststellungen
nicht beigepflichtet werden kann, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu
Recht gerügt wird,
dass demzufolge beim gegenwärtigen Stand der Aktenlage nicht abschliessend
beurteilbar ist, ob der verstorbene A.________ seine Lebensgefährtin
K.________ in der von der Gerichts- und Verwaltungspraxis umschriebenen Weise
erheblich unterstützt hat (SZS 1998 S. 72; vgl. auch SZS 1994 S. 58;
Mitteilungen des BSV über die berufliche Vorsorge Nr. 3, publiziert in ZAK
1987 S. 284 f.; Thomas Koller, Begünstigtenordnung 2. und 3. Säule, Gutachten
zuhanden des BSV, in: Beiträge zur sozialen Sicherheit Nr. 18/98, S. 13),
dass sich daher im Sinne der Beweisanträge der Klägerin im vor- und
letztinstanzlichen Verfahren dazu und zur reglementarisch weiter verlangten
besseren Berücksichtigung des Vorsorgezweckes (Ziff. 3.4.11 Abs. 3 in fine
PVR) Aktenergänzungen aufdrängen, welche das kantonale Gericht nachzuholen
haben wird,
dass, sollte sich trotz durchgeführten Aktenergänzungen der für die
Anspruchsvoraussetzung der erfolgten Unterstützung in erheblichem Masse
wesentliche Sachverhalt nicht mit mindestens überwiegender Wahrscheinlichkeit
beweisen lassen, somit Beweislosigkeit eintreten, die Folgen hiefür nach den
Regeln über die materielle Beweislast zu verteilen wären (BGE 117 V 264; RKUV
1984 Nr. K 570 S. 52; ZAK 1989 S. 408),
dass demgegenüber die Echtheit der Unterschrift im Formular vom 1. Dezember
2000 nicht anzuzweifeln ist, lässt sich doch die Abschwächung des
Schriftzuges - unter Bewahrung seines charakteristischen Kernes - ohne
weiteres durch den damaligen schlimmen Krankheitszustand des am 20. Dezember
2000 Verstorbenen erklären,
dass auch dessen zu vermutende Urteilsfähigkeit nicht in Frage zu stellen ist
(vgl. das über seinen Zustand am fraglichen Tag des 1. Dezember 2000
hinreichend Auskunft gebende ärztliche Schreiben des Inselspitals Bern vom

29. März 2001),
dass die Auffassung der Beschwerdegegnerin, die Beschwerdeführerin könne in
Anbetracht der von ihr aus Erster und Zweiter Säule insgesamt bezogenen
Leistungen mangels Versorgerschaden von vornherein keinen Anspruch auf
Todesfallkapital geltend machen, jeglicher reglementarischer Grundlage
entbehrt (vgl. Ziff. 4.2.3 PVR),
dass die Parteien und die Mitbeteiligte in Anbetracht der Verhältnisse,  wie
sie sich nach den vorhandenen Akten abzeichnen, an den Gedanken der
Billigkeit erinnert seien (vgl. SVR 1996 BVG Nr. 51 S. 151, wonach im Rahmen
von Art. 20 Abs. 2 BVV 2 der Anspruchskonkurrenz von Witwe und geschiedener
Ehefrau oft Verhältnisse zu Grunde liegen, die nach einem billigen Ausgleich
rufen), zumal die streitige Anspruchsberechtigung einem (gerichtlichen)
Vergleich ohne weiteres zugänglich ist,
dass das Verfahren kostenlos ist (Art. 134 OG) und die obsiegende
Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen
Versicherungsgericht Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten der
unterliegenden Beschwerdegegnerin hat (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159
Abs. 1 und 2 OG),
erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der
angefochtene Entscheid vom 21. Januar 2004 aufgehoben und die Sache an das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen wird, damit es,
nach Aktenergänzungen im Sinne der Erwägungen, über die Klage neu entscheide.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin für das letztinstanzliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, K.________ und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 23. August 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: