Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 107/2004
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B 107/04

Urteil vom 3. März 2005
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Lanz

K.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser,
Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

gegen

Vorsorgestiftung der Firma X.________

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 9. September 2004)

Sachverhalt:

A.
K. ________ war über seine Arbeitgeberfirma bei der Vorsorgestiftung der
Firma X.________ berufsvorsorgeversichert. Deren Stiftungsrat beschloss im
September 1999 eine Teilliquidation und reichte der kantonalen
Aufsichtsbehörde am 14. März 2001 den "Liquidationsplan" ein. Darin wurden
auch die freien Mittel beziffert und die Kriterien für deren Verteilung auf
die Destinatäre aufgeführt. Mit Verfügung vom 14. März 2002 stellte die
Aufsichtsbehörde fest, dass eine Teilliquidation vorliege, und sie genehmigte
den Verteilungsplan. Die Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft, was
die Aufsichtsbehörde der Vorsorgestiftung am 16. Mai 2002 bestätigte. Mit
Schreiben vom 23. Juli 2002 stellte die Vorsorgestiftung K.________ die
Auszahlung des auf ihn entfallenden Anteils von Fr. 51'638.- der freien
Mittel in Aussicht. Hierauf kam sie in der Folge insofern zurück, als sie den
Anteil des K.________ mit der Begründung, die freien Mittel hätten sich wegen
seit der letzten Verteilungsberechnung hinzugekommenen Verpflichtungen,
namentlich weiteren Invaliditätsfällen und Steuerbelastungen, verringert, auf
nurmehr Fr. 44'340.- resp. Fr. 44'000.- (hier differieren die Darstellungen)
bezifferte und lediglich diesen Betrag auch auszahlte.

B.
Am 19. August 2003 reichte K.________ beim Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich gegen die Vorsorgestiftung Klage ein mit dem Rechtsbegehren,
ihm sei die Differenz von Fr. 7638.- (nebst Zins ab dato) zum ursprünglich in
Aussicht gestellten Anteil an den freien Mitteln zuzusprechen. Das Gericht
trat auf die Klage mit der Begründung der fehlenden sachlichen Zuständigkeit
nicht ein (Entscheid vom 9. September 2004).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt K.________ beantragen, es sei der
vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Sache zur materiellen
Beurteilung an das Sozialversicherungsgericht zurückzuweisen.
Die Vorsorgestiftung schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV)
nimmt Stellung mit dem Antrag, es sei das Verfahren zu sistieren und der
Beschwerdegegnerin Gelegenheit zu geben, bei der Aufsichtsbehörde ein Gesuch
um Revision des Entscheides über die Genehmigung des Verteilungsplanes
einzureichen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Zu prüfen ist einzig, ob die Vorinstanz zu Recht mit der Begründung der
mangelnden sachlichen Zuständigkeit auf die am 19. August 2003 erhobene Klage
nicht eingetreten ist. Dies beurteilt sich nach den rechtlichen Verhältnissen
im Zeitpunkt der Klageeinreichung. Die im Rahmen der 1. BVG-Revision und des
Bundesgesetzes vom 3. Oktober 2003 über Fusion, Spaltung, Umwandlung und
Vermögensübertragung (Fusionsgesetz, FusG) zu verschiedenen Zeitpunkten ab 1.
April 2004 in Kraft getretenen Rechtsänderungen im Bereich der beruflichen
Vorsorge sind mangels anderslautender Übergangsbestimmungen nicht anwendbar.

2.
Da das Verfahren nicht die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen, sondern eine prozessuale Frage zum Gegenstand hat,
prüft das Eidgenössische Versicherungsgericht nur, ob das vorinstanzliche
Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch
des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich
unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art.
104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

3.
Das kantonale Gericht begründet seinen Entscheid damit, der Beschwerdeführer
stelle klageweise die Neuberechnung der freien Mittel durch die
Vorsorgeeinrichtung in Frage und beharre auf dem ursprünglichen
Verteilungsplan in der von der Aufsichtsbehörde genehmigten Version. Dies
beschlage ausschliesslich aufsichtsrechtliche Belange, namentlich die
Festlegung der freien Mittel insgesamt und die Frage, inwiefern die
Genehmigungsverfügung vom 14. März 2002 einer Abänderung zugänglich sei oder
nicht.

4.
Die Grundsätze zum Rechtsweg bei Streitigkeiten um freie Mittel bei Teil-
oder Gesamtliquidationen von Vorsorgeeinrichtungen nach Art. 23 FZG und
namentlich die Rechtsprechung über die zu beachtende Differenzierung zwischen
der Ausgestaltungs- und der Umsetzungsphase des Verteilungsplanes sind im
angefochtenen Entscheid zutreffend dargestellt.

Danach sind Einwendungen gegen den Verteilungsplan nicht mittels Klage beim
Berufsvorsorgegericht nach Art. 73 BVG, sondern auf dem Verwaltungsrechtsweg
nach Art. 74 BVG gegen die Genehmigungsverfügung der Aufsichtsbehörde
vorzubringen. Anders verhält es sich, wenn der Verteilungsplan rechtskräftig
genehmigt ist und es einzig noch um seine Umsetzung geht. Aufgrund des
rechtsgültigen Verteilungsplanes besteht ein Rechtsanspruch auf freie Mittel,
welcher durch die Umschreibung der Gruppe der Anspruchsberechtigten
individualisiert und dem Umfang nach mit der Bezifferung der gesamten freien
Mittel und dem Verteilungsschlüssel objektiv bestimmt oder bestimmbar ist.
Der Beschreitung des Klageweges zur Geltendmachung eines solchen Anspruches
steht damit nichts mehr im Wege (in HAVE 2004 S. 125 f. zusammengefasst
wiedergegebenes Urteil R. vom 14. November 2003, B 41/03; sodann Urteil R.
vom 14. November 2003, B 53/03, je mit Hinweisen).

5.
Im vorliegenden Fall lag bei Einreichung der Klage ein mit rechtskräftiger
und - jedenfalls bis zur Klageerhebung - nicht in Revision oder
Wiedererwägung gezogener Verfügung der Aufsichtsbehörde genehmigter
Verteilungsplan vor. Damit ist die sachliche Zuständigkeit des
Berufsvorsorgegerichtes zur Beurteilung von aus diesem Verteilungsplan
hergeleiteten Ansprüchen auf freie Mittel als Voraussetzung für das Eintreten
auf die Klage gegeben.

Ob sich die gemäss dem Verteilungsplan vorhandenen freien Mittel
zwischenzeitlich verringert haben, wie die Vorsorgeeinrichtung geltend macht,
und dies gegebenenfalls auch eine revisions- oder wiedererwägungsweise
Änderung der Verfügung, mit welcher der bestehende Verteilungsplan genehmigt
wurde, zu begründen vermöchte, lässt die hier einzig interessierende und im
dargelegten Sinne beantwortete Frage der sachlichen Zuständigkeit unberührt.
Da ein aufsichtsbehördlicher Entscheid über ein solches Revisions- oder
Wiedererwägungsbegehren die hier vorzunehmende Beurteilung der sachlichen
Zuständigkeit nicht beeinflussen würde, besteht auch kein Anlass für die vom
BSV beantragte Sistierung des letztinstanzlichen Verfahrens. Aus dem gleichen
Grund kann offen bleiben, ob die von der kantonalen Aufsichtsbehörde
gegenüber der Beschwerdegegnerin geäusserte Auffassung zutrifft, wonach sich
die Genehmigung des Verteilungsplanes nicht auf die darin genannten absoluten
Zahlen bezogen habe, weshalb eine zwischenzeitlich infolge unvorhersehbarer
Ereignisse eingetretene Verminderung des zu verteilenden Vermögens keine neue
Verfügung erforderlich mache.

Zusammenfassend hat das - im Übrigen unstreitig örtlich und funktionell
zuständige - kantonale Gericht zu Unrecht seine sachliche Zuständigkeit
verneint.

6.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Seinem Ausgang
entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen und dem
Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 156 Abs. 1 und
Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 9. September 2004
aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie über die
Klage vom 19. August 2003 materiell entscheide.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird dem Beschwerdeführer
zurückerstattet.

4.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 3. März 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: