Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.75/2004
Zurück zum Index Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 2004
Retour à l'indice Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 2004


7B.75/2004 /bnm

Urteil vom 17. Mai 2004
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Schett.

R. L.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Obergericht des Kantons Thurgau, als kantonale Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs, Promenadenstrasse 12, 8500 Frauenfeld.

Verwertung eines Erbanteils.

SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau,
als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 22.
März 2004.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
K. L.________, W.L.________, M.L.________, J.L.________, R.L.________ und
H.L.________ bilden eine Erbengemeinschaft. Zum Nachlass gehört eine
Liegenschaft in X.________. Gestützt auf eine Betreibung von B.A.________
pfändete das Betreibungsamt Y.________ den Erbanteil von W.L.________. Da
sich die Erbengemeinschaft über die Art der Verwertung nicht einigen konnte,
ersuchte das Betreibungsamt das Gerichtspräsidium Kreuzlingen am 26. November
2001 um entsprechende Anordnung. Mit Verfügung vom 21. November 2003 schrieb
das Gerichtspräsidium Kreuzlingen das Verfahren als gegenstandslos ab,
nachdem die Liegenschaft veräussert worden war (Erwerb durch K.L.________)
und die Erben ihren Erbanteil ausbezahlt erhalten hatten. Derjenige von
W.L.________ war B.A.________ überwiesen worden.
Der von R.L.________ dagegen eingereichte Rekurs, welcher vom Obergericht des
Kantons Thurgau als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs als Beschwerde nach Art. 18 SchKG entgegengenommen worden war, hatte
keinen Erfolg.
Mit Eingabe vom 14. April 2004 hat R.L.________ den Beschluss des
Obergerichts vom 22. März 2004 an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt im Wesentlichen die Aufhebung
dieses Entscheids.

2.
2.1 Die Vorinstanz führt aus, zur Erhebung einer betreibungsrechtlichen
Beschwerde sei nur befugt, wer durch einen Entscheid der
Zwangsvollstreckungsorgane in seinen rechtlich geschützten oder tatsächlichen
Interessen betroffen sei und dadurch materiell oder formell eine Beschwer
erleide, so dass er ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder
Abänderung des Entscheids habe. R.L.________ sei (bzw. war) Mitglied der
Erbengemeinschaft L.________. Grundsätzlich sei seine Aktivlegitimation zur
Beschwerdeführung somit gegeben. Hingegen sei er durch die angefochtene
Verfügung nicht beschwert, nachdem er einzig geltend mache, er und zwei der
Geschwister, unter anderem W.L.________, hätten einen zusätzlichen
Erbanspruch in der Höhe von mindestens Fr. 7'000.--. Träfe diese Auffassung
zu, müsste dieser Erbteil zwar ebenfalls verwertet werden; hieran hätte aber
in diesem Verfahren einzig die Gläubigerin ein Interesse geltend machen
können. Diese habe sich indessen mit der ihr überwiesenen Summe zufrieden
gegeben bzw. habe sich nicht gegen die Abschreibungsverfügung verwahrt;
unbestritten sei ferner, dass die Gläubigerin nicht zu Lasten der anderen
Geschwister L.________ befriedigt worden sei, da der dem Betreibungsamt
überwiesene Betrag tatsächlich W.L.________ zugestanden habe. Gegenstand des
vorinstanzlichen Verfahrens sei nicht die Erbteilung, sondern die Verwertung
des Erbanteils von W.L.________ gewesen, weshalb auf das Rechtsmittel des
Beschwerdeführers nicht eingetreten werden könne.

2.2 Von Vornherein nicht gehört werden können die Rügen des Beschwerdeführers
mit Bezug auf den Entscheid des Bezirksgerichts Kreuzlingen, denn
Anfechtungsobjekt im Sinne von Art. 19 Abs. 1 SchKG ist lediglich der
Entscheid der oberen Aufsichtsbehörde.

2.3 Mit dem weiteren Vorbringen, mit der Überweisung des Geldes an das
Betreibungsamt hätte zugewartet werden müssen, bis die Erbschaft definitiv
geteilt worden sei, wird nicht ansatzweise im Sinne von Art. 79 Abs. 1 OG
dargetan, inwiefern das Obergericht mit der Verneinung einer Beschwer des
Beschwerdeführers Bundesrecht verletzt haben soll. Das Gleiche gilt auch für
die Rüge, mit der Auflösung der Erbengemeinschaft würden noch Kosten
entstehen, welche vorab abgezogen werden müssten. Davon abgesehen hätte der
Beschwerdeführer diesen tatsächlichen Einwand bereits im kantonalen Verfahren
geltend machen können (Art. 79 Abs. 1 OG).
Sodann macht der Beschwerdeführer geltend, wenn der Erbanteil von
W.L.________ nicht stimme, dann stimme auch sein Anteil nicht. Auch auf
diesen Einwand kann nicht eingetreten werden, denn die Behauptung, dass die
Quote dieses Miterben nicht korrekt ermittelt worden sein soll, geht aus dem
angefochtenen Beschluss, dessen Feststellungen für das Bundesgericht
verbindlich sind (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG), nicht hervor.

2.4 Schliesslich rügt der Beschwerdeführer, gestützt auf Art. 12 VVAG hätte
das Betreibungsamt oder ein Verwalter die zur Herbeiführung der Auflösung und
Liquidation des Gemeinschaftsverhältnisses erforderlichen rechtlichen
Vorkehrungen anordnen müssen. Die Bemerkung des Obergerichts sei falsch, dass
er Mitglied der Erbengemeinschaft gewesen sei.

Diesen Einwänden ist vorauszuschicken, dass das Gerichtspräsidium Kreuzlingen
als Aufsichtsbehörde im Sinne von Art. 10 VVAG tätig geworden ist. Dabei war
zu prüfen, ob der gepfändete Erbanteil als solcher verwertet werden kann,
oder ob die Auflösung der Erbengemeinschaft und die Liquidation des
Gemeinschaftsvermögens herbeigeführt werden muss. Diese rein
vollstreckungsrechtlichen Massnahmen haben grundsätzlich nichts mit den
Erbansprüchen der Miterben des Schuldners zu tun. Der Beschwerdeführer
scheint dies zu vermischen und übersieht, dass Art. 12 VVAG nicht zur
Anwendung gelangt, da die Aufsichtsbehörde eine Liquidation nicht hätte
anordnen können, denn bei einer Erbengemeinschaft hätte das Betreibungsamt
gemäss Art. 12 Satz 2 VVAG die nach Art. 609 ZGB zuständige Behörde zur
Mitwirkung veranlassen müssen (vgl. BGE 110 III 46). Es obliegt deshalb dem
Beschwerdeführer, eine Einigung mit den übrigen Erben nach Art. 607 ZGB
anzustreben oder allenfalls die Hilfe des Richters in Anspruch zu nehmen
(Art. 611 Abs. 2 ZGB), wenn er der Ansicht ist, die Erbengemeinschaft bestehe
noch bzw. es sei nicht definitiv geteilt worden.

3.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist.

Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a SchKG und Art.
61 Abs. 2 lit. a GebV SchKG), und es darf keine Parteientschädigung
zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2.
Dieses Urteil wird den Parteien, den Beschwerdegegnern, dem Betreibungsamt
Y.________ und dem Obergericht des Kantons Thurgau, als kantonale
Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Mai 2004

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Der Gerichtsschreiber: