Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.240/2004
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7B.240/2004 /bnm

Urteil vom 14. Januar 2005
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Marazzi,
Gerichtsschreiber Gysel.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt,
Bäumleingasse 5, Postfach 964, 4001 Basel.

Fortsetzung einer Betreibung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 24. November 2004.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
1.1 In der von der Versicherung Y.________ eingeleiteten Betreibung Nr. 1
stellte das Betreibungsamt des Kantons Basel-Stadt X.________ am 5. August
2004 den Zahlungsbefehl zu. X.________ erhob Rechtsvorschlag.

Am 3. September 2004 erliess der Zentrale Betreibungsdienst der Versicherung
Y.________ gestützt auf Art. 49 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil
des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) eine Verfügung, worin sie
X.________ verpflichtete, der Betreibungsgläubigerin Fr. 5'393.90 zu
überweisen, den Rechtsvorschlag aufhob und für den Betrag von Fr. 5'128.25
samt Gläubiger- und bisherigen Betreibungskosten (Fr. 40.-- bzw. Fr. 75.--)
sowie für einen Anteil von Fr. 20.-- am Verzugsschaden definitive
Rechtsöffnung erteilte.

Mit Eingabe vom 18. Oktober 2004 stellte die Versicherung Y.________ unter
Beilage einer Bescheinigung vom gleichen Tag, wonach beim Zentralen
Betreibungsdienst keine Einsprache gegen die Aufhebung des Rechtsvorschlags
eingegangen und die betreffende Verfügung mithin rechtskräftig sei, das
Begehren um Fortsetzung der Betreibung.

Am 3. November 2004 setzte das Betreibungsamt X.________ Frist an zur
allfälligen Erhebung von Einreden gemäss Art. 81 Abs. 2 SchKG.

1.2 Mit Eingabe vom 9. November 2004 reichte X.________ bei der
Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt Beschwerde
ein und verlangte, es sei das Fortsetzungsbegehren aufzuheben (gemeint: es
sei diesem nicht stattzugeben).

Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde am 24. November 2004 ab.

1.3 X.________ nahm dieses Urteil am 3. Dezember 2004 in Empfang. Mit einer
vom 8. Dezember 2004 datierten und am gleichen Tag zur Post gebrachten
Eingabe führt er (rechtzeitig) Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichts und erneuert das im kantonalen Verfahren
gestellte Rechtsbegehren. Ferner beantragt er, die von ihm gegen die
Verfügung der Versicherung Y.________ vom 3. September 2004 erhobene
Einsprache vom 8. November 2004 sei zuzulassen und eventualiter seien die
Basler Gerichts- und Aufsichtsbehörden wegen Befangenheit von
Gerichtspräsident Z.________ zu rügen.

Die kantonale Aufsichtsbehörde hat sich zur Beschwerde nicht geäussert (vgl.
Art. 80 OG).

Die Beschwerdegegnerin Versicherung Y.________ schliesst auf Abweisung der
Beschwerde. Das Betreibungsamt hat sich nicht vernehmen lassen.

2.
Der Beschwerdeführer erhebt gegenüber dem Vorsitzenden der kantonalen
Aufsichtsbehörde, der mehrere ihn bzw. seine Partnerin betreffende andere
Verfahren präsidiert habe und präsidiere, den Vorwurf der Befangenheit (im
Sinne von Art. 10 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG). Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts vermag indessen der Umstand, dass ein Richter in einem
früheren Verfahren in der Sache der betreffenden Person gegen diese
entschieden hat, keinen tauglichen Ausstandsgrund zu bilden (BGE 117 Ia 372
E. 2c S. 374 mit Hinweisen).

3.
Die Prüfung der Voraussetzungen für das Eintreten auf eine Einsprache nach
Art. 52 ATSG fällt nicht in die Zuständigkeit der Betreibungsbehörden und
damit der erkennenden Kammer. Zuständig sind letztlich die richterlichen
Instanzen (vgl. Art. 57 ATSG). Auf den Antrag, die gegen die Verfügung der
Versicherung Y.________ vom 3. September 2004 erhobene Einsprache zuzulassen,
ist daher von vornherein nicht einzutreten.

4.
Der Gläubiger, gegen dessen Betreibung Rechtsvorschlag erhoben worden ist,
kann (unter Beachtung der Fristbestimmungen des Art. 88 SchKG) die
Fortsetzung der Betreibung verlangen, sobald er einen rechtskräftigen
Entscheid erwirkt hat, der den Rechtsvorschlag ausdrücklich beseitigt (Art.
79 Abs. 1 SchKG). Er hat mit dem Fortsetzungsbegehren ein mit der
Rechtskraftbescheinigung versehenes Exemplar des Entscheids vorzulegen (vgl.
Rückseite des Betreibungsformulars Nr. 4 Ziff. 2 der Erläuterungen; André E.
Lebrecht, in: Kommentar zum SchKG, Basel 1998, N. 14 zu Art. 88).

4.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, die dem Fortsetzungsbegehren zugrunde
liegende Verfügung vom 3. September 2004, worin die  Versicherung Y.________
den Rechtsvorschlag beseitigt hatte, sei auf Grund eines von ihm erteilten
Auftrags von der Post zurückbehalten und ihm erst am 11. Oktober 2004
ausgehändigt worden. Dem Sinne nach macht er damit geltend, die Frist von 30
Tagen zur Erhebung einer Einsprache gegen die Verfügung (Art. 52 Abs. 1 ATSG)
sei am 18. Oktober 2004, als die Rechtskraftbescheinigung ausgestellt bzw.
das Fortsetzungsbegehren eingereicht wurde, noch gar nicht abgelaufen
gewesen.

4.2 Diesem Einwand hält die kantonale Aufsichtsbehörde entgegen, die als
"Lettre signature" versandte Verfügung der Versicherung Y.________ sei am 4.
September 2004 in A.________ eingetroffen und hätte dem Beschwerdeführer am
gleichen Tag zugestellt werden können. Dass es dazu nicht gekommen sei, liege
offensichtlich an dem der Post erteilten Zurückbehalte-Auftrag, der bereits
damals bestanden habe und bis am 11. Oktober 2004 gültig gewesen sei.

Alsdann erklärt die Vorinstanz, der Beschwerdeführer, der von der gegen ihn
geführten Betreibung Kenntnis gehabt und gegen den Zahlungsbefehl Recht
vorgeschlagen habe, hätte dafür sorgen müssen, dass die Verfügung, mit der
die Versicherung Y.________ als Verwaltungsbehörde über den Rechtsvorschlag
entscheiden würde, ordnungsgemäss zugestellt werden könne. Mit der Erhebung
des Rechtsvorschlags habe der Beschwerdeführer in einer für ihn erkennbaren
Weise ein Verfahren ausgelöst, auf Grund dessen er in den darauf folgenden
Wochen, längstens allenfalls Monaten, mit einem Entscheid der Versicherung
Y.________ habe rechnen müssen. Unter den gegebenen Umständen habe es nicht
genügen können, der Post den Auftrag zu erteilen, die während seiner
Abwesenheit eintreffenden Sendungen zurückzubehalten. Ein als "Lettre
signature" oder mit Rückschein versandter Gerichts- bzw.
Verwaltungsentscheid, der dem Empfänger durch die Post zur Abholung angezeigt
worden sei, gelte als zugestellt, wenn die siebentägige Abholfrist unbenützt
abgelaufen sei. Gleiches gelte bei einem Zurückbehalte-Auftrag. Im Sinne
einer Zustellfiktion sei hier deshalb davon auszugehen, dass die strittige
Verfügung als nach Ablauf der achttägigen (recte: siebentägigen) Frist, d.h.
als am 11. September 2004, zugestellt zu betrachten sei. Die Einsprache gegen
die Verfügung wäre daher bis zum 10. Oktober 2004 zu erheben gewesen. Mit
seiner erst am 8. November 2004 zur Post gebrachten Eingabe habe der
Beschwerdeführer die Verfügung nicht rechtzeitig angefochten, so dass die
Versicherung Y.________ das Fortsetzungsbegehren habe stellen dürfen und
dieses vom Betreibungsamt zu bearbeiten gewesen sei.

5.
5.1 Der Auffassung der kantonalen Aufsichtsbehörde ist nicht beizupflichten:
In BGE 130 III 396 - wo es ebenfalls um eine von einer Krankenkasse
angehobene Betreibung gegangen war - hat die erkennende Kammer entschieden,
die Zustellung des Rechtsöffnungsentscheids dürfe nicht fingiert werden. Der
Rechtsvorschlag bewirke die Einstellung der Betreibung und mit der
Rechtsöffnung werde auch dort, wo die Krankenkasse den Rechtsvorschlag als
Rechtsöffnungsinstanz selbst beseitigen könne, ein neues Verfahren in die
Wege geleitet (E. 1.2.3 S. 399 f.).

Dass die strittige Verfügung der Versicherung Y.________ dem Beschwerdeführer
zu einem früheren Zeitpunkt als dem von ihm genannten 11. Oktober 2004
ausgehändigt worden sei, stellt die Vorinstanz nicht fest. Damit ist davon
auszugehen, dass die 30-Tage-Frist zur Erhebung einer Einsprache erst an
diesem Tag ausgelöst wurde und die Beseitigung des Rechtsvorschlags am 18.
Oktober 2004, dem Zeitpunkt der Einreichung des Fortsetzungsbegehrens,
demnach noch nicht in Rechtskraft erwachsen sein konnte (vgl. BGE 130 III 396
E. 1.3 S. 400).

5.2 Waren nach dem Gesagten die Voraussetzungen für die Fortsetzung der
Betreibung nicht erfüllt, verletzt die Zulassung des betreffenden Begehrens
und die vom Betreibungsamt am 3. November 2004 erlassene Verfügung (Ansetzung
der Frist zur Erhebung allfälliger Einreden gemäss Art. 81 Abs. 2 SchKG)
Bundesrecht. Diese ist daher aufzuheben.

6.
Das Beschwerdeverfahren ist kostenfrei (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und nach Art.
62 Abs. 2 GebVSchKG ist die Zusprechung einer Parteientschädigung
ausgeschlossen.

Demnach erkennt die Kammer:

1.
1.1 Soweit auf die Beschwerde einzutreten ist, wird sie teilweise
gutgeheissen.

1.2 Das Urteil der Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt
Basel-Stadt vom 24. November 2004 und die Verfügung des Betreibungsamtes des
Kantons Basel-Stadt vom 3. November 2004 (Fristansetzung für allfällige
Einreden im Sinne von Art. 81 Abs. 2 SchKG) werden aufgehoben.

2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin  Versicherung
Y.________, dem Betreibungsamt des Kantons Basel-Stadt und der
Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 14. Januar 2005

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Der Gerichtsschreiber: