Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.204/2004
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7B.204/2004 /rov

Urteil vom 9. November 2004
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiberin Scholl.

1. Z.________,
2.Y.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Leo Weiss,

gegen

Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs - und Konkurssachen, Postfach, 8023
Zürich.

Liegenschaftsverwaltung,

SchKG-Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen vom 28. September 2004.

Sachverhalt:

A.
Das Betreibungsamt O.________ wurde in verschiedenen gegen Z.________ und
Y.________ (Schuldner) eingeleiteten Betreibungen mit der Verwaltung der
Liegenschaft in O.________ beauftragt. Mit Verfügung vom 20. Februar 2003 des
Betreibungsamtes wurden die Belege über die Liegenschaftsverwaltung zur
Einsicht aufgelegt und eine Gebühr von 5 % erhoben. Diese Verfügung wurde
Z.________ und Y.________ am 8. Dezember 2003 zugestellt.

B.
Dagegen gelangten Z.________ und Y.________ mit Beschwerde an das
Bezirksgericht Horgen als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen. Mit Beschluss vom 23. Juni 2004 wies dieses die Beschwerde im
Wesentlichen ab. Am 28. September 2004 wies auch das Obergericht des Kantons
Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssache einen Rekurs der beiden Schuldner ab.

C.
Z.________ und Y.________ gelangen mit Beschwerde vom 15. Oktober 2004 an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie verlangen die
Aufhebung des Beschlusses vom 28. September 2004.

Die Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Akteneinreichung auf Gegenbemerkungen
(Art. 80 Abs. 1 OG) verzichtet. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt
worden.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Mit Beschwerde an das Bundesgericht nach Art. 19 SchKG kann einzig geltend
gemacht werden, der angefochtene Entscheid beruhe auf einer Verletzung von
Bundesrecht oder von völkerrechtlichen Verträgen des Bundes; dagegen bleibt
wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte des Bürgers die staatsrechtliche
Beschwerde vorbehalten (Art. 43 Abs. 1 i.V.m. Art. 81 OG; BGE 107 III 11 E. 1
S. 12; 126 III 30 E. 1c S. 32). Nicht einzutreten ist damit von vornherein
auf die Ausführungen betreffend Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) sowie auf die
Rüge, die Aufsichtsbehörde habe die im Anspruch auf rechtliches Gehör
beinhaltete Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt.
Das Bundesgericht ist zudem an die tatsächlichen Feststellungen der
Aufsichtsbehörde gebunden, sofern sie weder offensichtlich auf einem Versehen
beruhen noch unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande
gekommen sind (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG; BGE 107 III 1 E. 1 S. 2; 119
III 54 E. 2b S. 55; 124 III 286 E. 3b S. 288). Daher sind die
Beschwerdeführer nicht zu hören, soweit sie den Sachverhalt abweichend von
den Feststellungen der Aufsichtsbehörde darstellen oder ihn ergänzen.

2.
Strittig ist zunächst die vom Betreibungsamt veranlasste Renovation zweier
leer stehender Wohnungen zu Lasten des Mietzinskontos. Mit Verfügung vom 11.
September 2002 hat das Betreibungsamt die Beschwerdeführer und die Gläubiger
über die beabsichtigten Massnahmen sowie die voraussichtlichen Kosten
informiert und sie zur Stellungnahme dazu aufgefordert. In diesem Schreiben
hat das Betreibungsamt indes keine Frist für eine Antwort angesetzt und zudem
angemerkt, bis zum Eingang einer schriftlichen Zusage würden Massnahmen zur
Vermietung der leeren Objekte unterbleiben. Nachdem sich die Beschwerdeführer
nicht vernehmen liessen, ist das Betreibungsamt von einer stillschweigenden
Zustimmung ausgegangen und hat die vorgesehene Renovation ausführen lassen.

Die Renovation der Wohnungen im Umfang von rund Fr. 12'000.--, um deren
Vermietung zu ermöglichen, ist als ausserordentliche Verwaltungsmassnahme im
Sinne von Art. 18 VZG anzusehen (vgl. auch nachfolgend E. 3.1).
Dementsprechend sind - wenn keine Gefahr im Verzug ist - vorgängig der
Schuldner und die Gläubiger anzuhören (Art. 18 Abs. 2 VZG). Dieser Pflicht
ist das Betreibungsamt mit der Verfügung vom 11. September 2002 nachgekommen.
Es wäre zweifelsohne vorzuziehen gewesen, wenn das Betreibungsamt in diesem
Schreiben eine Frist für die Stellungnahme festgesetzt und darauf hingewiesen
hätte, dass Stillschweigen als Zustimmung gewertet werde.

Indes enthält die Verfügung eine ausdrückliche Aufforderung zur
Stellungnahme. Die beiden Gläubiger haben sich denn auch innert wenigen Tagen
zu den geplanten Massnahmen schriftlich geäussert. Dass die Frage der
Renovation und Neuvermietung der leer stehenden und damit keinen Ertrag
abwerfenden Wohnungen eine gewisse Dringlichkeit aufgewiesen hat, muss auch
für die Beschwerdeführer erkennbar gewesen sein. Sich in dieser Situation
trotz der unmissverständlichen Aufforderung zur Stellungnahme jeglicher
Antwort auf die Verfügung des Betreibungsamtes zu enthalten, muss als
Verstoss gegen das Gebot von Treu und Glauben qualifiziert werden. Die
Beschwerdeführer konnten auf Grund der konkreten Umstände nicht darauf
vertrauen, dass das Betreibungsamt keinerlei Massnahmen ergreifen würde, wenn
sie einfach untätig blieben. Vielmehr wären die Beschwerdeführer gehalten
gewesen, ausdrücklich gegen die Renovation zu protestieren, wenn sie damit
nicht einverstanden gewesen sind. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das
Betreibungsamt und die Aufsichtsbehörde ihr Stillschweigen - wie in Art. 18
Abs. 2 VZG vorgesehen - als Zustimmung zu den in der Verfügung vom 11.
September 2002 vorgeschlagenen Massnahmen gewertet haben.

Offen bleiben kann damit, ob diese Rüge, soweit sie sich gegen die Vornahme
der Renovation an sich richtet, nicht als verspätet anzusehen ist, da sie -
soweit aus den Akten ersichtlich - erstmals im Verfahren gegen die Verfügung
des Betreibungsamtes vom 20. Februar 2003 erhoben worden ist. Dass die
Beschwerdeführer bis zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von der über ein Jahr
zuvor durchgeführten Renovation hatten, machen sie nicht geltend und ist
wenig wahrscheinlich.

3.
Weiter bringen die Beschwerdeführer vor, die Aufsichtsbehörde habe die
übrigen vom Betreibungsamt veranlassten Vorkehren an der Liegenschaft zu
Unrecht als ordentliche Verwaltungsmassnahmen im Sinne von Art. 17 VZG
qualifiziert. Die Massnahmen würden vielmehr unter Art. 18 VZG fallen, so
dass das Betreibungsamt ihre Zustimmung hätte einholen müssen.

3.1 Das Betreibungsamt sorgt von Amtes wegen für die Verwaltung und
Bewirtschaftung des Grundstücks, solange die Pfändung besteht. Dies gilt in
gleicher Weise im Pfandverwertungsverfahren von der Stellung des
Verwertungsbegehrens an (Art. 102 Abs. 3 SchKG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 und Art.
101 Abs. 1 VZG; BGE 120 III 138 E. 2a S. 139 f.). Die Verwaltung und
Bewirtschaftung umfasst alle Massnahmen, die zur Erhaltung des Grundstückes
und seiner Ertragsfähigkeit sowie zur Gewinnung der Früchte und Erträgnisse
nötig sind (Art. 17 VZG). Erfordert die Verwaltung mit grösseren Kosten
verbundene oder sonst wie aussergewöhnliche Massnahmen, sind nach Art. 18 VZG
die Gläubiger und der Schuldner zu ihrer Ansicht zu befragen.

3.2 Die Beschwerdeführer machen geltend, die vom Betreibungsamt vorgenommenen
Mietzinsanpassungen auf Grund des gesunkenen Hypothekarzinssatzes könnten
nicht als ordentliche Verwaltungsmassnahme im Sinne von Art. 17 VZG
qualifiziert werden.

Ob und wieweit ein Mietzins dem Hypothekarzinsfuss angepasst werden muss,
entscheidet sich nach den einschlägigen mietrechtlichen Bestimmungen
(namentlich nach Art. 269a OR i.V.m. Art. 13 Abs. 1 VMWG). Im Gegensatz zur
Auffassung der Beschwerdeführer verliert ein Mieter, der in einer gepfändeten
Liegenschaft wohnt, sein Recht auf die entsprechende Korrektur des Mietzinses
nicht. Im vorliegenden Fall haben die Mieter der gepfändeten Liegenschaft ein
Herabsetzungsbegehren gestellt. Das Betreibungsamt ist im Rahmen der
ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft befugt, die Begründetheit dieses
Begehrens zu prüfen und ihm stattzugeben, wenn die Voraussetzungen erfüllt
sind. Zwar wird durch die Herabsetzung der Mietzinse der Ertrag der Wohnungen
im Ergebnis geschmälert, dies alleine führt aber nicht dazu, diese Massnahme
als ausserordentlich im Sinne von Art. 18 VZG zu werten.

3.3 Weiter sehen die Beschwerdeführer im Ersatz von zwei Fenstern  eine
ausserordentliche Verwaltungsmassnahme. Gemäss Feststellung der
Aufsichtsbehörde waren die Holzrahmen der in Frage stehenden Fenster undicht,
so dass der Mieter bei Regen das Wasser mit Behältern auffangen musste. Eine
blosse Reparatur sei nicht mehr möglich gewesen. Damit kann davon ausgegangen
werden, dass der Ersatz der Fenster nicht nur nötig gewesen ist, um die
Ertragsfähigkeit der Liegenschaft zu bewahren, sondern auch um diese vor
grösserem Schaden an ihrer Substanz zu schützen. Die Massnahme kann nicht als
aussergewöhnlich bezeichnet werden und gemäss Feststellung der unteren
Aufsichtsbehörde, deren Erwägung sich die obere sinngemäss angeschlossen hat,
hielten sich die finanziellen Aufwendungen in "vergleichsweise engen
Grenzen". Es ist damit nicht zu beanstanden, wenn der Fensterersatz als
ordentliche Verwaltungsmassnahme nach Art. 17 VZG qualifiziert worden ist,
welche das Betreibungsamt ohne Zustimmung der Beteiligten hat vornehmen
können.

3.4 Gleiches gilt für den kritisierten Ersatz der undichten Mischbatterien.
Auch bei dieser Vorkehr ist von einer ordentlichen Verwaltungsmassnahme
auszugehen. Dem angefochtenen Beschluss lässt sich entnehmen, dass die
Defekte auf das Alter (über 20 Jahre) der Mischbatterien zurückzuführen
waren. Auf die Ausführungen der Beschwerdeführer betreffend unsachgemässer
Pflege durch die Mieter ist daher nicht einzutreten (Art. 63 Abs. 2 i.V.m.
Art. 81 OG).

3.5 Schliesslich wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Erstellung eines
Gartenzauns mit Tor für einen Gesamtbetrag von Fr. 2'500.-- zum Schutz des
Umschwungs vor Verunreinigung durch Hunde, welche die Aufsichtsbehörde
ebenfalls als ordentliche Verwaltungsmassnahme angesehen hat. Von vornherein
kann auf diese Rüge nicht eingetreten werden, soweit die Beschwerdeführer zur
Begründung auf Ausführungen verweisen, welche sie im kantonalen Verfahren
vorgebracht haben (BGE 106 III 40 E. 1 S. 42). Gleiches gilt, wenn die
Beschwerdeführer bei ihren Darstellungen von dem durch die Aufsichtsbehörde
festgestellten Sachverhalt abweichen (vgl. E. 1 vorangehend). Im Übrigen kann
das Erstellen eines Zauns kaum als "völlige Erneuerung des weiteren
Umschwunges" angesehen werden, die entsprechenden Vorbringen stossen ins
Leere. Die Abgrenzung zwischen ordentlichen und ausserordentlichen Massnahmen
lässt sich nicht streng vornehmen, der Aufsichtsbehörde steht dabei ein
gewisses Ermessen zu. Die Qualifizierung der Zaunerstellung als Massnahme
nach Art. 17 VZG weist vorliegend keine Ermessensüberschreitung auf.

4.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Das Beschwerdeverfahren ist - ausser bei Bös- oder Mutwilligkeit - kostenlos
(Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen
werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Betreibungsamt O.________ und
dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 9. November 2004

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Die Gerichtsschreiberin: