Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.155/2004
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7B.155/2004 /rov

Urteil vom 23. August 2004
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Schett.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern,
Hochschulstrasse 17, Postfach 7475, 3001 Bern.

unentgeltliche Rechtspflege in einem Beschwerdeverfahren nach Art. 17 SchKG,

SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und
Konkurssachen für den Kanton Bern vom 22. Juli 2004.

Sachverhalt:

A.
Der Schuldner Y.________ bezog nach einem Berufsunfall Taggelder der
Versicherungsgesellschaft Z.________. Gestützt auf das versicherungsärztliche
Gutachten verfügte die Versicherung am 30. März 2004 die Einstellung der
Taggeldzahlung und die Ausrichtung einer einmaligen Summe von Fr. 17'500.--
und erklärte damit ihre Leistungspflicht für beendet. Mit Schreiben vom 19.
April 2004 wies das Betreibungs- und Konkursamt A.________ die
Versicherungsgesellschaft an, von dieser Summe einen Teilbetrag von Fr.
10'270.-- dem Schuldner Y.________ zur Deckung der von Dezember 2003 bis Juni
2004 anstehenden Fehlbeträge des Existenzminimums auszubezahlen und die
verbleibenden Fr. 7'230.-- dem Betreibungsamt zu Handen der
Pfändungsgläubiger zur Verfügung zu stellen.
Der Schuldner beharrte dagegen auf dem vollen Betrag von Fr. 17'500.-- als
unpfändbare Integritätsentschädigung im Sinne von Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9
SchKG und ersuchte um Erlass einer beschwerdefähigen Verfügung. Mit Verfügung
vom 28. April 2004 vertrat das Amt die Auffassung, bei der Kapitalzahlung
handle es sich um die Pauschalablösung der Unfalltaggelder und demzufolge um
beschränkt pfändbares Ersatzeinkommen gemäss Art. 93 Abs. 1 SchKG.

B.
Die Beschwerde des Schuldners wurde von der Aufsichtsbehörde in Betreibungs-
und Konkurssachen für den Kanton Bern am 22. Juli 2004 gutgeheissen, die
Verfügung des Betreibungs- und Konkursamtes A.________ vom 28. April 2003
wurde aufgehoben und die Unpfändbarkeit der Versicherungsentschädigung von
Fr. 17'500.-- festgestellt. Sie begründete ihren Entscheid im Wesentlichen
damit, dass die Versicherungssumme in der Police als sogenanntes
"Integritätskapital" bezeichnet werde und die Entschädigung funktionell eine
unpfändbare Genugtuung im Sinne von Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9 SchKG darstelle.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtsverbeiständung wurde jedoch abgewiesen, da die Mitwirkung eines
Anwaltes bei einem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren in aller
Regel nicht notwendig sei (BGE 122 I 10). Die Mitwirkung eines Anwaltes sei
entbehrlich gewesen, zumal nicht etwa geltend gemacht worden sei, der
Beschwerdeführer sei der deutschen Schriftsprache nicht genügend mächtig.

C.
Mit Eingabe vom 5. August 2004 hat Fürsprecher X.________ bei der
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts Beschwerde
eingereicht und beantragt, der Entscheid der Aufsichtsbehörde vom 22. Juli
2004 sei in dem Sinne abzuändern, dass das Gesuch von Y.________ vom 10. Mai
2004 um unentgeltliche Prozessführung im Beschwerdeverfahren gemäss Art. 17
ff. SchKG gutgeheissen werde.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat bei der Übersendung der Akten auf
Gegenbemerkungen verzichtet (Art. 80 OG). Vernehmlassungen wurden nicht
eingeholt.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
1.1  Der Beschwerdeführer bringt vor, gemäss Lehre und Rechtsprechung müsse
jeder durch einen Entscheid der Aufsichtsbehörde in ihren rechtlich
geschützten Interessen berührten Person die Beschwerdebefugnis eingeräumt
werden (BGE 113 III 1 ff.). Er habe Y.________ im Beschwerdeverfahren gemäss
Art. 17 ff. SchKG vertreten. Dieser sei Sozialhilfeempfänger und verfüge über
kein liquidierbares Vermögen. Die zu beurteilende Rechtsfrage habe nicht
derart einfach gewesen sein können, wenn sie vom Betreibungs- und Konkursamt
A.________ als falsch beurteilt worden sei und die Verfügung des Amtes von
der Aufsichtsbehörde habe aufgehoben werden müssen.

1.2  Die Weiterziehung des Entscheides einer Aufsichtsbehörde nach Art. 18
und
19 SchKG steht grundsätzlich nur einem davon in seinen Rechten Betroffenen
zu, also je nach Ausgang des Verfahrens dem Beschwerdeführer oder einem
Beschwerdegegner (BGE 119 III 4 E. 1 S. 5). Obwohl das Bundesgericht - wie
der Beschwerdeführer zu Recht vorbringt - auch Dritten unter Umständen die
Beschwerdelegitimation nach Art. 17 ff. SchKG einräumt, kann vorliegend offen
gelassen werden, ob sein faktisches Interesse an der Erteilung der
unentgeltlichen Rechtspflege an seinen Mandanten genügt.
Für das Beschwerdeverfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden statuiert
Art. 29 Abs. 3 BV (bzw. Art. 4 aBV) einen bundesrechtlichen Mindestanspruch,
über welchen die Kantone hinausgehen können (Franco Lorandi,
Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit, N. 26 zu Art. 20a SchKG, S.
147; Markus Dieth, Beschwerde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen gemäss
Art. 17 ff. SchKG, Diss. Zürich 1999, S. 123; Gilliéron, Commentaire de la
loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, art. 1-88, N. 167
zu Art. 20a SchKG). Die unentgeltliche Rechtsvertretung ist zu gewähren, wenn
der Beschwerdeführer bedürftig, das Verfahren nicht aussichtslos und die
anwaltschaftliche Vertretung sachlich geboten ist (BGE 122 I 8 E. 2c S. 10;
BGE 122 III 392 E. 3b S. 393/394). Der Beschwerdeführer beruft sich
insbesondere auf den zuletzt angeführten Bundesgerichtsentscheid. Daraus kann
er jedoch nichts zu seinen Gunsten ableiten, soweit die Beschwerdeführerin
die unentgeltliche Rechtspflege, welche von der Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer gewährt worden war, von der Beschwerdeführerin für das
Verfahren vor dem Bundesgericht gestützt auf Art. 152 OG verlangt worden war.

Der Beschwerdeführer beruft sich im Weiteren auf Art. 29 Abs. 3 Satz 2 BV,
was im Rahmen einer Beschwerde nach Art. 19 Abs. 1 SchKG nicht zulässig ist
(Art. 43 Abs. 1 i.V.m. Art. 81 OG; BGE 121 III 24 E. 2b S. 28 mit Hinweisen).
Zu Recht macht er keine Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 19 SchKG
geltend, da es solche betreffend die unentgeltliche Rechtspflege nicht gibt.
Auf die Beschwerde kann somit nicht eingetreten werden.

2.
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a SchKG und Art.
61 Abs. 2 lit. a GebV SchKG), und es darf keine Parteientschädigung
zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungs- und Konkursamt
A.________ und der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den
Kanton Bern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. August 2004

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Der Gerichtsschreiber: