Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.147/2004
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7B.147/2004 /rov

Urteil vom 9. August 2004
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Raselli, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Schett.

Z. ________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch W.________,

gegen

Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Postfach, 8023
Zürich.

Grundpfandverwertung,

SchKG-Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen, vom 29. Juni 2004.

Sachverhalt:

A.
In den gegen die Z.________ AG angestrengten Grundpfandbetreibungen teilte
das Betreibungsamt den Parteien mit "Verfügung" vom 22. März 2004 mit, der
Hauseigentümerverband Zürich werde im Sinne von Art. 44 VZG (SR 281.42) mit
der Neuschätzung der Grundpfandobjekte beauftragt. Die auf den 4. März 2004
angesetzte Versteigerung sei nach der Bezahlung der an erster und zweiter
Pfandstelle betriebenen Forderungen in der Höhe von Fr. 1,8 Millionen
abgesagt worden; die seinerzeitige Schätzung vom 2. Dezember 2002 entspreche
nicht mehr den heutigen Verhältnissen.

Dagegen beschwerte sich die Z.________ AG beim Bezirksgericht Meilen als
unterer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Mit
Beschluss vom 4. Mai 2004 wurde die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf
einzutreten war. Der dagegen beim Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen erhobene Rekurs hatte keinen Erfolg. Mit Beschluss vom 29. Juni
2004 wurde das Rechtsmittel abgewiesen.

B.
B.a Mit Eingabe vom 19. Juli 2004 hat die Z.________ AG die Sache an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen. Sie
stellt folgende Anträge:

"1.Der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom

29. Juni 2004 sei aufzuheben;
2.die im Folgenden zu rügenden Verletzungen von Bundesrecht seien
höchstrichterlich festzustellen,
3.insbesondere: das Betreibungsamt A.________ sei rückwirkend und ab sofort
zu einer bundesrechtskonformen Rechnungsführung anzuhalten;
4.insbesondere: die Kompetenzüberschreitung des Betreibungsamts A.________
mit der daraus folgenden Schädigung der Beschwerdeführerin in Höhe von CHF
mindestens 129'600.-- zuzüglich Zinsen und Kosten sei höchstrichterlich
festzustellen;
5.der vorliegenden Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen."
B.bDas Obergericht hat anlässlich der Aktenübersendung auf Gegenbemerkungen
zur Beschwerde verzichtet (Art. 80 OG). Es wurden keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
1.1  Die Vorinstanz führt aus, das Bezirksgericht habe erwogen,
Anfechtungsobjekt einer auf Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit
gründenden Beschwerde im Sinne von Art. 17 SchKG bilde stets - abgesehen von
den Fällen der Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung nach Art. 17 Abs. 3
SchKG - eine Verfügung des Betreibungsamtes. Eine Verfügung sei sodann nur
anfechtbar, wenn sie nach aussen wirke (Lorandi, Betreibungsrechtliche
Beschwerde und Nichtigkeit, N. 56 zu Art. 17 SchKG). Keine Verfügungen in
diesem Sinne seien etwa blosse Meinungsäusserungen oder Absichtserklärungen
des Betreibungsorgans, selbst wenn sie schriftlich abgegeben würden, ebenso
wenig die allgemeine Amtstätigkeit als solche (Flavio Cometta, in: Kommentar
zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Hrsg.:
Staehelin/Bauer/Staehelin, SchKG I, Basel 1998, N. 22 zu Art. 17 SchKG). Hier
habe das Betreibungsamt A.________ im Gewande einer anfechtbaren Verfügung
der Rekurrentin seine Absicht eröffnet, den Hauseigentümerverband mit einer
Neuschätzung der zu verwertenden Pfandliegenschaft zu beauftragen. Die
Mitteilung dieser Absicht per Verfügung und unter Ansetzung einer
Beschwerdefrist erscheine als systemfremd und unzweckmässig. Denn der
Schätzungsvorgang, sei es durch das Betreibungsamt selbst, durch einen
Sachverständigen nach Art. 97 und Art. 140 Abs. 3 SchKG oder die Revision der
Schätzung nach Art. 44 VZG (SR 281.42), stelle zunächst einen amtsinternen
Vorgang dar. Erst das Ergebnis der Schätzung, das den Parteien mitzuteilen
sei (Art. 99 Abs. 2 VZG für das Grundpfandverwertungsverfahren), bilde eine
Verfügung, die mit Beschwerde angefochten werden könne. Mit anderen Worten
könnten die Betroffenen somit innert der Beschwerdefrist eine neue Schätzung
durch einen Sachverständigen beantragen. Das gelte auch für den Fall, dass
eine Revisionsschätzung wieder zum gleichen Ergebnis wie die ursprüngliche
Schätzung gelange (BGE 122 III 338 E. 3a S. 340). Zur Sicherung der Effizienz
der Zwangsvollstreckung bestehe im Sinne einer allgemein geübten Praxis im
erstinstanzlichen Verfahren vor SchKG-Behörden kein Anspruch auf vorgängige
Anhörung der betroffenen Personen (Isaak Meier, Das Verwaltungsverfahren vor
den Schuldbetreibungs- und Konkursbehörden, Zürich 2002, S. 26 ff.).
Stattdessen könne jeder Betroffene im Nachhinein nach Art. 17 SchKG die
getroffene Verfügung auf Gesetzmässigkeit und Angemessenheit überprüfen
lassen. Das gelte kraft besonderer Bestimmungen namentlich auch für das
Begehren auf Neuschätzung von Liegenschaften im Verwertungsverfahren (Art. 9
Abs. 2 bzw. 99 Abs. 2 VZG), hier sogar ohne weitere Voraussetzungen -
abgesehen vom Barkostenvorschuss. Erst im Schätzungsverfahren vor der
Aufsichtsbehörde geniesse der Beschwerdeführer alle prozessrechtlichen
Garantien, die sich aus dem Bundesrecht und ergänzend aus dem kantonalen
(Prozess-)Recht ergäben. So sei im Beschwerdeverfahren zur Person des
Schätzungsexperten, aber auch zum Schätzungsresultat vorgängig die
Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen, bevor es zum Entscheid komme. Bei
der "Verfügung" vom 22. März 2004 handle es sich lediglich um eine reine
Absichtserklärung, weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten
werden könne.

Die obere Aufsichtsbehörde hat diesen Erwägungen beigepflichtet und weiter
ausgeführt, die Rekurrentin würde nichts vorbringen, was im Rekursverfahren
eine andere Beurteilung nahe legen würde. Die Rekurrentin lasse ausser Acht,
dass die vorgängige in den überwiegenden Fällen zeitraubende Gewährung des
rechtlichen Gehörs die Beteiligten wohl kaum von einem Begehren um eine neue
fachmännische Schätzung nach Art. 99 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2
VZG abzuhalten vermöchten, zumal bei der Schätzung des zu verwertenden
Pfandobjekts nicht einmal behauptet werden müsse, die betreibungsamtliche
Schätzung sei unangemessen.

1.2  Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, sie habe sich auf den
Rechtsschein, der mit der Verfügung geschaffen und durch die
Rechtsmittelbelehrung bestätigt worden sei, verlassen dürfen. Der Einwand
geht fehl.
Die Beschwerdeführerin übersieht, dass die Frage, ob es sich um eine
anfechtbare Verfügung im Rechtssinne handelt, nicht nach dem Wortlaut und dem
formalen Erscheinungsbild der Mitteilung des Betreibungsamtes zu beurteilen
ist, sondern aufgrund des darin wiedergegebenen tatsächlichen rechtlichen
Gehalts (vgl. zur Publikation bestimmtes Urteil C 266/03 vom 12. März 2004,
E. 3.1). Im vorliegenden Fall musste die auf den 4. März 2004 angesetzte
Versteigerung abgesagt werden, weil die Betreibungsforderungen der ersten und
zweiten Pfandstelle bezahlt worden waren. Da die Schätzung vom 2. Dezember
2002 nicht mehr den heutigen Verhältnissen entspricht, musste eine
Neuschätzung in Auftrag gegeben werden. Gemäss Art. 44 VZG - auf den sich die
Vorinstanz zu Recht bezieht - ist das Ergebnis einer solchen neuen Schätzung
den Beteiligten mitzuteilen (vgl. dazu auch BGE 71 III 125 f.). Der Auftrag
an den Sachverständigen zur Neuschätzung der Liegenschaft stellt einen
amtsinternen Vorgang dar und hat keinen Verfügungscharakter, wie die
Aufsichtsbehörde zu Recht befunden hat. Das Betreibungsamt hat diese
Mitteilung im Zusammenhang mit der Rechtsmittelbelehrung jedoch als Verfügung
im Sinne von Art. 17 SchKG bezeichnet. Dass die Schuldnerin auf ihr Recht zur
Beschwerdeführung hingewiesen worden war, ist ohne Belang, da diese -
notabene richtige Rechtsmittelbelehrung - bloss eine Folge der
Falschbeurteilung des Schreibens vom 22. März 2004 war. Damit ist dem Vorwurf
der Beschwerdeführerin, das Obergericht habe eine Rechtsverweigerung
begangen, weil es ihr die Mitwirkung mit Bezug auf die beabsichtigte
Neuschätzung versagt habe, der Boden entzogen. Die Beschwerdeführerin scheint
auch die triftige vorinstanzliche Erwägung übersehen zu haben, dass eine
Gewährung des rechtlichen Gehörs zu unnötigen Verzögerungen führte, weil in
diesem Stadium noch kein rechtliches Verfahren angehoben worden ist.

2.
Sodann bringt die Beschwerdeführerin vor, das Betreibungsamt habe gemäss Art.
21 Abs. 1 VZG über die aus der Verwaltung entstandenen Einnahmen und Ausgaben
Rechnung zu führen. Eine solche existiere mit Bezug auf die Z.________ AG
nicht.

2.1  Das Obergericht führt dazu aus, die Rekurrentin habe im
erstinstanzlichen
Verfahren ferner verlangt, das Betreibungsamt A.________ sei anzuweisen, vor
der Einleitung weiterer Schritte über alle bisherigen Ein- und Ausgänge
bezüglich Liegenschaftenverwaltung in Sachen der Rekurrentin per Stichtag 4.
März 2004 abzurechnen sowie anschliessend die Abrechnungen korrekt
nachzuführen. Die Vorinstanz habe die Beschwerde in diesem Punkt abgewiesen,
weil sie erwogen habe, das Betreibungsamt A.________ habe in seiner
Vernehmlassung betont, die Abrechnung sei bereits erstellt. Sie müsse jedoch
mit Bezug auf die Zeit vor der Übernahme der Betreibung durch den
ausserordentlichen Stellvertreter aus C.________ nochmals überprüft werden.
Bei diesem Sachstand und da die Verwaltung der Grundpfandobjekte sich als
sehr aufwendig erweise, sei kein Grund für aufsichtsrechtliches Einschreiten
ersichtlich. Das Obergericht hat dem zugestimmt.

2.2  Von vornherein nicht eingetreten werden kann auf die Ausführungen zur
Ablösung der Schuldbriefe der Bank Y.________ und zur Aufforderung des
Betreibungsamtes an die Beschwerdeführerin zur Einzahlung von Kosten von CHF
90'000.--. Zum einen stellt dieser Vorwurf ein unzulässiges Novum dar und zum
andern wird eine Bundesrechtsverletzung nicht dargetan (Art. 79 Abs. 1 OG;
BGE 119 III 49 E. 1).
Als Nächstes bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe am 8. Juli 2004 die
Verwaltungs-Kostenrechnung vom 1. Juli 2004 erhalten und darin unter anderem
bemerkt, dass die Verwaltungsgebühr für das Jahr 1999 anstatt für vier für
fünf Monate berechnet worden sei. Darauf wie auf die weiteren Einwände, die
Vorkommnisse nach der Fällung des obergerichtlichen Entscheids betreffen,
kann nicht eingetreten werden, denn das Betreibungsamt weist darin auf die
Beschwerdemöglichkeit gemäss Art. 17 SchKG hin.

3.
Schliesslich bringt die Beschwerdeführerin vor, seit 1. April 2004 stehe das
Haus B.________ leer und werfe keine Erträge ab. Die Mieterin hätte erstmals
per 30. September 2004 mit Wirkung auf den 30. September 2005 kündigen
können. Der totale Schaden dürfte mit Sicherheit CHF 150'000.-- übersteigen.
Die Vorinstanz habe versucht, die Verzichtserklärung des Betreibungsamts als
Bestandteil einer "allgemeinen Amtstätigkeit des Betreibungsamts" zu
deklarieren. Ein einseitiger, ohne Gegenleistung freiwillig ausgesprochener
Forderungsverzicht des Betreibungsamts zulasten der Gläubiger greife weit
über die Kompetenzen des Amts hinaus.
Gemäss Art. 17 VZG gehören zu den ordentlichen Verwaltungsmassnahmen unter
anderem die Kündigung an Mieter, die Ausweisung von Mietern sowie
Neuvermietungen. Die Beschwerdeführerin macht wohl einen Ermessensmissbrauch
seitens des Betreibungsamtes geltend, doch bezwecken ihre Vorbringen -
insbesondere ihr Antrag auf Feststellung eines Schadens von mindestens CHF
129'600.-- - eine Haftbarmachung des Amtes. Sie beruft sich denn auch auf die
Staatshaftung des Art. 5 SchKG. Das Bundesgericht hat es jedoch stets
abgelehnt, auf Beschwerden einzutreten, die nicht einem praktischen Zweck des
Vollstreckungsverfahrens dienten, sondern auf die blosse Feststellung
pflichtwidrigen Handelns eines Betreibungs- und Konkursbeamten gerichtet
waren, um eine Grundlage für Schadenersatz- und Verantwortlichkeitsansprüche
zu schaffen (BGE 91 III 41 E. 7 S. 46/47; 105 III 35 E. 1; 120 III 107 E. 2
S. 109). Auf die Einwendungen kann demnach nicht eingetreten werden.

4.
Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos.

5.
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a SchKG und Art.
61 Abs. 2 lit. a GebV SchKG), und es darf keine Parteientschädigung
zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, den Beschwerdegegnerinnen (Bank
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Heinz Klarer; Bank Y.________),
dem Betreibungsamt A.________, per Adresse: Betreibungsamt C.________, und
dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 9. August 2004

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: