Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6A.60/2004
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6A.60/2004
6P.118/2004 /pai

Urteil vom 2. Dezember 2004
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Karlen,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Roger Lerf,

gegen

Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Abteilung Straf- und
Massnahmenvollzug, Schermenweg 5, Postfach 5076, 3001 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
Speichergasse 12, 3011 Bern.

6P.118/2004
Art. 9 BV (Willkür, rechtliches Gehör),

6A.60/2004
Strafvollzug; Reststrafe nach Unterbrechung des Vollzugs,

staatsrechtliche Beschwerde (6P.118/2004) und Verwaltungsgerichtsbeschwerde
(6A.60/2004) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom
17. August 2004.

Sachverhalt:

A.
Das Wirtschaftsstrafgericht des Kantons Bern verurteilte X.________ am 21.
November 2001 wegen Veruntreuung, mehrfacher qualifizierter Veruntreuung
sowie mehrfacher Widerhandlung gegen die AHV-Gesetzgebung zu 3 ½ Jahren
Zuchthaus, unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 57 Tagen. X.________
trat die Freiheitsstrafe am 15. April 2002 in der Strafvollzugsanstalt
Witzwil an. Aufgrund eines schweren Arbeitsunfalles am 2. August 2002 musste
er notfallmässig in das Inselspital Bern verbracht werden, wo er bis zum 22.
August 2002 verblieb. Im Anschluss daran hielt er sich bis zum 1. November
2002 in verschiedenen Rehabilitationskliniken auf. Nachdem er aus den Spital-
bzw. Pflegeanstalten entlassen worden war, liess er seine persistierenden
Beschwerden im Rahmen einer mindestens einmal wöchentlich stattfindenden
ambulanten Physiotherapie behandeln.

B.
Am 6. August 2002 verfügte die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug (ASMV)
des Kantons Bern die Unterbrechung des Strafvollzugs rückwirkend auf den 2.
August 2002. Am 16. April 2004 ordnete die ASMV den Vollzug der Reststrafe ab
1. Juni 2004 an, nachdem sie die Hafterstehungsfähigkeit von X.________
gestützt auf das im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung erstellte
Gutachten des Inselspitals Bern vom 11./16. Dezember 2003 bejaht hatte.
Sowohl die Polizei- und Militärdirektion (POM) des Kantons Bern als auch das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern wiesen die dagegen erhobenen Beschwerden
X.________s am 17. Juni bzw. 17. August 2004 im Hauptpunkt ab. Das
Verwaltungsgericht reduzierte indessen die noch zu vollziehende Reststrafe um
70 Tage.

C.
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde und
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Mit beiden Rechtsmitteln
beantragt er die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, soweit die
Rehabilitation ab 1. November 2002 nicht an die Reststrafe angerechnet werde.
Eventualiter sei das Verwaltungsgericht anzuweisen, die anrechenbare Zeit der
Rehabilitation an den Strafrest zu ermitteln. Subeventualiter sei die
Rehabilitationszeit auf die Dauer des Reststrafvollzugs anzurechnen.

Das Verwaltungsgericht und die POM des Kantons Bern ersuchen in ihren
Vernehmlassungen um Abweisung beider Rechtsmittel, mit Bezug auf die
staatsrechtliche Beschwerde, soweit überhaupt einzutreten sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und
inwieweit es auf die bei ihm eingereichten Beschwerden eintreten kann (BGE
128 I 46 E. 1a S. 48, mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hat vorliegend
sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch Verwaltungsgerichtsbeschwerde
erhoben. Gemäss Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde indes
nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonst wie durch
Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer anderen Bundesbehörde
gerügt werden kann. Entsprechend der subsidiären Natur der staatsrechtlichen
Beschwerde ist daher zunächst zu prüfen, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegeben ist.

1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid des
Verwaltungsgerichts. Streitgegenstand bildet die Anordnung des Vollzugs der
zu verbüssenden Reststrafe des als hafterstehungsfähig erachteten
Beschwerdeführers. Dabei handelt es sich um eine strafvollzugsrechtliche
Entscheidung, die sich auf Art. 40 StGB stützt. Diese Bestimmung gehört
formell zwar dem Strafrecht an, enthält materiell jedoch Verwaltungsrecht und
fällt deshalb unter den Begriff des öffentlichen Rechts des Bundes. Damit
steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offen (Art. 98
lit. g und Art. 100 lit. f [e contrario] OG; BGE 122 IV 51 E. 1; 106 IV 330
E. 1).

1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann beim Bundesgericht die
Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich der Überschreitung oder des
Missbrauchs des Ermessens, gerügt, sowie eine unrichtige und unvollständige
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts geltend gemacht werden (Art.
104 lit. a und b OG). Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann auch
die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden, da auch die
Bundesverfassung zum Bundesrecht im Sinne von Art. 104 OG gehört (BGE 122 IV
8 E. 2a). Für diesen Fall übernimmt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde die
Funktion der staatsrechtlichen Beschwerde. Im Verfahren der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind auch auf unselbständiges kantonales
Ausführungsrecht zum Bundesrecht gestützte Anordnungen zu überprüfen sowie
auf übrigem kantonalem Recht beruhende Anordnungen, die einen hinreichend
engen Sachzusammenhang mit der im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu
beurteilenden Frage des Bundesverwaltungsrechts aufweisen. Soweit dagegen dem
angefochtenen Entscheid selbständiges kantonales Recht ohne den genannten
Sachzusammenhang zum Bundesrecht zugrunde liegt, steht ausschliesslich die
staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung (BGE 119 Ib 380 E. 1b, mit
Hinweisen).

1.3 Vorliegend beanstandet der Beschwerdeführer nicht nur eine unrichtige
Anwendung und Auslegung von Art. 40 StGB, sondern er macht auch eine
Verletzung seiner verfassungsmässigen Rechte im Rahmen des amtsärztlichen
Begutachtungsverfahrens geltend. Da er insoweit Bundesrecht als verletzt
rügt, sind seine Vorbringen im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu
prüfen. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist in diesem Umfang deshalb
nicht einzutreten. Weiter trägt der Beschwerdeführer eine Verletzung
kantonalen Verfahrensrechts vor. Er kritisiert, dass ihm entgegen der Art. 18
und 20 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Bern
(VRPG/BE) vom 23. Mai 1989 keine Mitwirkungsrechte bei der
Gutachtenerstellung gewährt worden seien und der ernannte Sachverständige
aufgrund unzulässiger Delegation seine Expertenpflicht gemäss Art. 19 Abs. 1
lit. g VRPG/BE verletzt habe. Ebenso liege ein Verstoss gegen die
Ausstandsvorschriften gemäss Art. 9 VRPG/BE vor, da der Vorsteher der ASMV
trotz einer gegen ihn eingereichten Disziplinaranzeige weiter am
verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren teilgenommen habe. Auch diese
kantonalrechtlichen Verfahrensrügen sind zufolge ihres Sachzusammenhangs mit
den zu beurteilenden bundesrechtlichen Fragen im Rahmen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu behandeln (vgl. BGE 129 II 297 E. 3.2; 122
II 274 E. 1b/aa). Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist demnach auch in
dieser Hinsicht nicht einzutreten.

2.
Der Beschwerdeführer kritisiert eine unrichtige Feststellung des
massgeblichen Sachverhalts gemäss Art. 104 lit. b OG in Verbindung mit Art.
105 Abs. 2 OG. Die Vorinstanz habe aktenwidrig festgehalten, dass er die
Hafterstehungsfähigkeit nicht bestreite. Ferner habe sie den Inhalt der
Verfügung der ASMV vom 6. August 2002 unzutreffend wiedergegeben.

Ein Blick in den angefochtenen Entscheid und die kantonalen Akten zeigt die
offensichtliche Unbegründetheit der Rügen. Es ist deshalb nicht näher darauf
einzugehen.

3.
Der Beschwerdeführer stellt das Gutachten vom 11./16. Dezember 2003 in Frage.
Dieses genüge den Anforderungen an eine interdisziplinäre Gesamtbeurteilung
nicht. Es fehle nicht nur an einer Begutachtung durch einen Neurologen,
sondern auch an einer solchen durch einen unabhängigen Orthopäden. Ausserdem
habe einer der beiden bestellten Experten seine Aufgabe vollständig an seine
Hilfskräfte übertragen, ohne ersichtliche eigene Expertenleistungen zu
erbringen. Eine solche Delegation sei gestützt auf Art. 19 VRPG/BE
unzulässig. Unter diesen Umständen sei nicht nur der Anspruch des
Beschwerdeführers auf das rechtliche Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV verletzt,
sondern auch das Fairnessgebot gemäss Art. 6 EMRK sowie der Grundsatz von
Treu und Glauben gemäss Art. 5 BV und Art. 9 BV.

3.1 Das Verfahren der Begutachtung unterliegt allen einschlägigen
Rechtsstaatsprinzipien der Verfassung, namentlich den Garantien eines fairen
Verfahrens. Ein Gutachten muss von einem unabhängigen und unparteiischen
Sachverständigen nach den Regeln der Kunst erstellt werden (BGE 127 I 196 E.
2b; 125 II 541 E. 4; 118 Ia 144 E. 1c). Wird ein bestimmter Sachverständiger
mit der Begutachtung betraut, hat er den Auftrag grundsätzlich persönlich
auszuführen (vgl. BGE 127 I 54 E. 2e; Entscheid 6P.40/2001 vom 14. September
2001 E. 4d/ee; 6P.153/1999 vom 27. April 2000 E. 3b/dd). Genügt ein Gutachten
diesen Anforderungen nicht, verstossen die Sachverhaltsfeststellungen eines
Gerichts, welches bei seiner Entscheidfindung dennoch darauf abstellt, gegen
wesentliche Verfahrensbestimmungen im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG (vgl. etwa
auch Entscheid 2A.561/1996 vom 25. März 1998 E. 3).

3.2 Das beanstandete Gutachten, welches die Frage der Hafterstehungsfähigkeit
des Beschwerdeführers behandelt, besteht aus zwei Kernstücken: Der
psychiatrischen Begutachtung vom 11. Dezember 2003 und der somatischen
Beurteilung vom 16. Dezember 2003, welche sich namentlich mit den
neurologischen und orthopädischen Aspekten der gesundheitlichen
Einschränkungen des Beschwerdeführers auseinandersetzt. Das Gutachten vom
11./16. Dezember 2003 basiert nicht nur auf eigenen Untersuchungen, sondern
berücksichtigt auch die medizinischen Stellungnahmen zur bisherigen
Krankengeschichte. Damit liegt eine umfassende interdisziplinäre Beurteilung
des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers vor. Der Umstand, dass kein
Neurologe an der Begutachtung mitwirkte, ist vor dem Hintergrund, dass die
somatische Beurteilung durch Internisten erfolgte, ohne Belang. Denn diese
sind hinreichend kompetent, Befunde angrenzender Fachgebiete - etwa solche
der Orthopädie oder der Neurologie - selbst zu ermitteln und zu bewerten
(Arnold Erlenkämper, Rechtliche Grundlagen, in: Venzlaff/Foerster,
Psychiatrische Begutachtung, 4. Auflage, München 2004, S. 628). Die Kritik
des Beschwerdeführers, das Gutachten sei nicht nach den Regeln der Kunst bzw.
nach den regierungsrätlichen Vorgaben erstellt worden, erweist sich daher als
verfehlt.

Ebenso wenig dringt er mit der Rüge durch, sein verfassungsmässiger Anspruch
auf einen unabhängigen Sachverständigen sei verletzt, weil der orthopädische
Status durch den Facharzt, der ihn im Rahmen seiner Unfallverletzungen
behandelt und betreut habe, erhoben wurde. Denn ein Experte gilt nicht schon
alleine deshalb als befangen, weil er sich mit einer Person schon früher
einmal befasst bzw. diese begutachtet hat. Nur wenn aufgrund konkreter
Anhaltspunkte dargetan ist, dass er weder willens noch fähig ist, seinen
Auftrag unvoreingenommen zu erfüllen, kann er aus Befangenheitsgründen
abgelehnt werden (Entscheid 1P.431/2002 vom 6. November 2002 E. 2.3). Solche
Anzeichen sind vorliegend nicht ersichtlich und werden vom Beschwerdeführer
auch nicht geltend gemacht. Hinzu kommt, dass die mit der somatischen
Begutachtung primär betrauten Internisten die orthopädische Befunderhebung
ohnehin mit beurteilt haben. Davon, dass es an einer unabhängigen
orthopädischen Beurteilung fehlt, kann daher nicht die Rede sein.

Soweit der Beschwerdeführer einwendet, das beanstandete Gutachten sei
mangelhaft, weil einer der Sachverständigen seine Aufgabe gänzlich an
Hilfskräfte delegiert habe, ist sein Vorbringen ebenfalls unbegründet. Gemäss
vorliegendem Gutachtenauftrag wurde die Durchführung der Begutachtung
(lediglich) der Leitung des für die somatische Beurteilung verantwortlichen
Sachverständigen unterstellt. Der Beizug von Hilfskräften war dem Auftrag
folglich inhärent. Hinweise dafür, dass der fragliche Sachverständige die
fachliche Leitung für die Gut-achtenerstellung nicht uneingeschränkt
übernommen habe, bestehen nicht. Auch aus dem hier als verletzt gerügten Art.
19 Abs. 1 lit. g VRPG/BE ergibt sich unter dem Aspekt der Zulässigkeit einer
Delegation nichts Zusätzliches, regelt die erwähnte Gesetzesbestimmung doch
nur, dass die Behörden zur Feststellung des Sachverhalts Gutachten von
Sachverständigen heranziehen können.

3.3 Die Vorinstanz hat demnach ohne weiteres auf das Gutachten vom 11./16.
Dezember 2003 abstellen dürfen. Da dem Beschwerdeführer im Übrigen auch kein
Mitwirkungsrecht bei der Instruktion der Sachverständigen zustand, ist
entgegen seiner Ansicht nicht relevant, dass ihm das dreitägige amtsärztliche
Untersuchungsprogramm nicht vorgängig bekannt gegeben worden ist (vgl. BGE
125 II 591 E. 7d). Dies gilt umsomehr, als er seine Bedürfnisse anlässlich
der konkreten Untersuchung hat einbringen können. Nichts anderes ergibt sich
in dieser Hinsicht aus den als verletzt gerügten Art. 18 und 20 VRPG/BE. Die
Vorbringen des Beschwerdeführers erweisen sich demnach insgesamt als
unbegründet.

4.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 40 StGB. Die Vorinstanz
habe die zitierte Gesetzesbestimmung, insbesondere deren Anrechnungsklausel,
unrichtig ausgelegt. Sie habe an die Strafe nur gerade seinen Aufenthalt in
den Spitälern bzw. Rehabilitationszentren angerechnet, nicht aber seine daran
anschliessende ambulante Behandlung mit Einzelphysiotherapie, Gruppenturnen,
Bädern und Training an Spezialgeräten. Da seine persönliche Freiheit durch
diese zeitlich intensive Therapie, welche mehrmals wöchentlich stattgefunden
habe, beträchtlich eingeschränkt worden sei, hätten die von der
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Anrechenbarkeit
freiheitsentziehender Massnahmen gemäss Art. 43 und 44 StGB sinngemäss
Anwendung finden müssen.

4.1 Art. 40 StGB bestimmt in Abs. 1, dass der Vollzug der Freiheitsstrafe nur
aus wichtigen Gründen unterbrochen werden dürfe, und in Abs. 2, dass der
Aufenthalt in einer Heil- oder Pflegeanstalt, in welche der Verurteilte
während des Vollzugs verbracht werden müsse, grundsätzlich auf die Strafe
anzurechnen sei (BGE 106 IV 321 E. 7a; 103 Ib 184 E. 3). Die Vorinstanz hat
sich mit der zitierten Gesetzesbestimmung, insbesondere deren Auslegung,
unter Berücksichtigung von Lehre und Rechtsprechung eingehend
auseinandergesetzt. Sie hat namentlich ausgeführt, dass kranke oder
verunfallte Strafgefangene in der Regel im Strafvollzug belassen und in
diesem Rahmen behandelt würden, mit der Folge, dass die Behandlungszeit ohne
weiteres Teil des Strafvollzugs bilde. Hätte die ASMV daher im konkreten Fall
richtigerweise auf eine Unterbrechung des Strafvollzugs verzichtet, wäre der
stationäre Aufenthalt des Beschwerdeführers in den verschiedenen Heil- und
Pflegeanstalten klarerweise Teil des Strafvollzugs gewesen. Aus diesem Grund
müsse vorliegend Art. 40 Abs. 2 StGB Anwendung finden. Dem Beschwerdeführer
seien demnach die Spital- und Pflegeaufenthalte bis 1. November 2002 an die
Strafe anzurechnen. Die Zeit danach sei hingegen nicht mehr zu
berücksichtigen. Denn die ambulante Therapie des Beschwerdeführers sei nicht
als Anstaltsaufenthalt im Sinne von Art. 40 Abs. 2 StGB zu verstehen und
daher nicht als Strafvollzug anzuerkennen (vgl. BGE 122 IV 51 E. 3c). Auf
diese grundsätzlich zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz kann verwiesen
werden.

4.2 Soweit der Beschwerdeführer die Anrechnungsregelung im Rahmen der
freiheitsentziehenden Massnahmen gemäss Art. 43 und 44 StGB analog angewendet
wissen will, ist Folgendes zu bemerken: Die Anrechnung des Massnahmevollzugs
auf den Strafvollzug kommt nur in Frage, wenn das Gericht die
freiheitsentziehende Massnahme angeordnet hat. Dann aber bildet die
Anrechnung des Massnahmevollzugs auf den Strafvollzug die Regel (BGE 109 IV
78 E. 3f und g). Hingegen braucht das Gericht eine freiwillig durchgeführte
Behandlung, welche es nicht formell verfügt hat, bei der nachträglichen
Beurteilung nicht zu berücksichtigen; es sei denn, dass dadurch eine sonst
vom Richter anzuordnende Sanktion antizipiert wird (vgl. BGE 105 IV 297 E.
2).

Die Frage, ob die von der Praxis entwickelten Grundsätze zur Anrechnung
freiheitsentziehender Massnahmen gemäss Art. 43 oder 44 StGB auf den
vorliegenden Fall anwendbar sind, ist schon deshalb zu verneinen, weil der
Beschwerdeführer die medizinisch indizierte Therapie freiwillig und nicht auf
behördliche Anordnung hin durchgeführt hat. Dass er aus gesundheitlichen
Gründen in seiner Bewegungsfreiheit und Lebensqualität eingeschränkt war,
ändert daran nichts. Denn der Beschwerdeführer hätte den Strafvollzug wieder
antreten und seine gesundheitlichen Probleme im Rahmen des Vollzugs behandeln
lassen können.

4.3 Damit hat die Vorinstanz zu Recht von einer Anrechnung der ambulanten
Behandlung an die Strafe abgesehen. Da auch die lange Verfahrensdauer zur
Rückversetzung in den Strafvollzug nicht auf einem behördlichen Fehlverhalten
beruht, sondern vielmehr der Eingabenflut des Beschwerdeführers zuzuschreiben
ist, kann die Rehabilitationszeit auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und
Glauben nicht berücksichtigt werden.

5.
Der Beschwerdeführer kritisiert, die restriktive Anwendung von Art. 40 StGB
verletze das Verbot der Doppelbestrafung, zumal er neben der Freiheitsstrafe
auch die schmerzvolle Rekonvaleszenz voll verbüssen müsse. Damit verstosse
der angefochtene Entscheid gegen die Art. 3 und 6 EMRK, Art. 5, 9 und 10 Abs.
3 BV sowie Art. 1 StGB.

Auch dieser Einwand ist unbehelflich. Denn der Beschwerdeführer hätte den
Strafvollzug - wie bereits bemerkt - trotz seiner gesundheitlichen
Beschwerden ohne weiteres wieder aufnehmen können.

6.
Schliesslich macht der Beschwerdeführer eine willkürliche Anwendung von
Ausstandsvorschriften gemäss Art. 9 VRPG/BE geltend und rügt in dieser
Hinsicht Art. 5 und 9 BV (recte: Art. 29 Abs. 1 BV) als verletzt. Da er gegen
den Vorsteher der ASMV eine Disziplinaranzeige erhoben habe, hätte derselbe
wegen Befangenheit keine Vernehmlassung im Beschwerdeverfahren vor der POM
einreichen dürfen.
Allein der Umstand, dass gegen ein Behördenmitglied eine Disziplinar- oder
Strafanzeige erhoben wird, vermag eine Befangenheit nicht zu begründen. Denn
es bestünde die Gefahr des Rechtsmissbrauchs und der Möglichkeit, mit einem
derartigen Vorgehen eine Amtsperson aus sachfremden Gründen in den Ausstand
zu zwingen (vgl. BGE 116 Ia 32 E. 3b/bb; 114 Ia 50 E. 5b/gg, mit Hinweisen).
Die Beschwerde ist daher auch in dieser Hinsicht unbegründet.

7.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach abzuweisen.

Angesichts der Aussichtslosigkeit der Beschwerdebegehren kann das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege nicht gutgeheissen werden (Art. 152 OG). Der
Beschwerdeführer wird folglich kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG ). Bei der
Bemessung der Gerichtsgebühr ist auf seine angespannte finanzielle Lage
Rücksicht zu nehmen.

Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung der
Beschwerden gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

4.
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer
auferlegt.

5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Polizei- und Militärdirektion
des Kantons Bern, Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie dem Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Dezember 2004

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: