Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6A.54/2004
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6A.54/2004 /pai

Urteil vom 3. Februar 2005
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Weissenberger.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Abteilung IV,
Unterstrasse 28,
9001 St. Gallen.

Entzug des Führerausweises für die Dauer von drei Monaten,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Abteilung IV, vom 7. Juli
2004.

Sachverhalt:

A.
X. ________ fuhr mit seinem Personenwagen am 28. August 2002 um 07.08 Uhr auf
der Autostrasse A52 in Esslingen. Bei einer Geschwindigkeit von circa 87 km/h
näherte er sich auf circa fünf bis zehn Meter einem in die gleiche Richtung
fahrenden Personenwagen und hielt diese Distanz während einer gewissen, nicht
näher ermittelten Zeit aufrecht.

B.
Wegen dieses Vorfalls verurteilte das Statthalteramt des Bezirks Uster
X.________ am 15. Januar 2003 zu einer Busse von Fr. 300.--, in Anwendung von
Art. 90 Ziff. 1 und Art. 34 Abs. 4 SVG sowie Art. 12 Abs. 1 VRV. Die
Strafverfügung wurde rechtskräftig.

Mit Verfügung vom 25. Februar 2003 entzog das Strassenverkehrs- und
Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen X.________ den Führerausweis wegen
ungenügenden Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren (Art. 34 Abs. 4
SVG und Art. 12 Abs. 1 VRV in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 SVG) für die
Dauer von drei Monaten. Einen von X.________ dagegen erhobenen Rekurs wies
die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen am 7. Juli 2004 ab.

C.
X.________ erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die Dauer des
Führerausweisentzugs auf einen Monat herabzusetzen. Die
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen beantragt, die Beschwerde
abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gegen kantonal letztinstanzlich angeordnete Warnungsentzüge ist eine
Verwaltungsgerichtsbeschwerde dem Bundesgericht innert 30 Tagen seit
Eröffnung der Verfügung einzureichen (Art. 106 Abs. 1 OG). Gesetzlich oder
richterlich bestimmte Fristen stehen insbesondere vom 15. Juli bis und mit
dem 15. August still (Art. 34 Abs. 1 lit. b OG). Die Vorinstanz hat ihren
Entscheid am 14. Juli 2004 mit eingeschriebener Post aufgegeben. X.________
hat den eingeschriebenen Brief im Verlauf des Monats August entgegengenommen.
Seine Beschwerde ist am 31. August 2004 beim Bundesgericht eingegangen.
Angesichts der bis zum 15. August 2004 dauernden Gerichtsferien ist seine
Beschwerde fristgerecht erfolgt.

2.
Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei sich seines Fehlverhaltens bewusst
und könne auch dessen Bewertung als mittelschweren Fall nachvollziehen. Da er
jedoch niemanden verletzt oder gefährdet habe, jederzeit hätte gefahrlos
anhalten können und sein Leumund durch die Geschwindigkeitsüberschreitung im
August 2001 nicht als getrübt eingestuft werden dürfe, erachte er einen
Führerausweisentzug von mehr als einem Monat als unverhältnismässig.

2.1 Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe auf der Autostrasse A 52
in Esslingen bei einer Geschwindigkeit von rund 87 km/h gegenüber einem
vorausfahrenden Personenwagen einen Abstand von ca. fünf bis zehn Meter
eingehalten. Unter optimalen Verhältnissen hätte der Beschwerdeführer bei der
gefahrenen Geschwindigkeit nach der Faustregel "halber Tacho" jedoch einen
Abstand von mehr als 40 Meter einhalten müssen. Bei Anwendung der
"1/6-Tacho-Regel", welche die Grenze zum schweren Fall festlege, hätte der
Beschwerdeführer einen Abstand von mindestens 15 Meter zum vorausfahrenden
Fahrzeug beachten müssen. Allerdings sei zu beachten, dass der eingehaltene
Abstand nicht exakt habe festgestellt werden können und die gefahrene Distanz
nicht bekannt sei. Deshalb könne im Einklang mit der ersten Instanz
angenommen werden, dass nur eine mittelschwere und nicht eine schwere
Gefährdung vorliege, auch wenn der 1/6-Tacho-Abstand allenfalls zeitweise
unterschritten worden sein dürfte. Auch das Verschulden sei als mittelschwer
zu qualifizieren. Ausgehend davon sei der Führerausweis für die Dauer von
mindestens einem Monat zu entziehen (Art. 16 Abs. 2 und Art. 17 Abs. 1 lit. a
SVG). Massnahmeerhöhend wirke sich der getrübte Leumund aus. Dem
Beschwerdeführer sei der Führerausweis wegen Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf einer Autostrasse um 27 km/h vom 12.
März bis 11. April 2002 für einen Monat entzogen worden. Zwischen dem ersten
und dem neuen Vorfall seien nur rund 16 Monate vergangen. Eine erhöhte
Sanktionsempfindlichkeit sei nicht gegeben. Demgemäss erweise sich eine
Entzugsdauer von drei Monaten als angemessen (angefochtener Entscheid, S. 7
ff.).
2.2 Das Bundesgericht hat in BGE 126 II 358 einen Sachverhalt beurteilt, der
mit dem hier zu beurteilenden Fall nahezu identisch ist. Es hat die Bewertung
der kantonalen Instanz als mindestens mittelschweren Fall im Sinne von Art.
16 Abs. 2 SVG und die Anordnung eines Führerausweisentzugs geschützt. Auf die
entsprechenden Erwägungen des Bundesgerichts kann hier grundsätzlich
verwiesen werden.

Die Vorinstanz hat das Fehlverhalten des Beschwerdeführers zutreffend als
mindestens mittelschweren Fall gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG gewertet, der
mangels besonderer Umstände zum Entzug des Führerausweises führen muss. Zu
prüfen bleibt, ob die Dauer des Führerausweisentzugs vor Bundesrecht
standhält.

2.3 Massgebend für die Bemessung der Dauer des Führerausweisentzugs sind vor
allem die Schwere des Verschuldens, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie
die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen (Art. 33 Abs. 2
VZV). Alle Umstände sind dabei gesamthaft zu würdigen, und es ist im
Einzelfall die Entzugsdauer so festzusetzen, dass die mit der Massnahme
beabsichtigte erzieherische und präventive Wirkung am besten erreicht wird.
Den kantonalen Behörden steht bei der Bemessung der Entzugsdauer ein weiter
Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn dieses
Ermessen überschritten oder missbraucht wurde. Dies ist namentlich der Fall,
wenn die kantonalen Behörden einzelne Umstände zu Unrecht ganz ausser Acht
lassen oder in einer unhaltbaren Weise gewichten (BGE 128 II 173 E. 4b).

2.4 Bei der Festsetzung der Dauer des Entzugs ist die Vorinstanz von der
gesetzlichen Mindestentzugsdauer (ein Monat, Art. 17 Abs. 1 lit. a SVG)
ausgegangen und hat diese nach Massgabe der Zumessungsregel von Art. 33 Abs.
2 VZV erhöht.

Das Verschulden des Beschwerdeführers wiegt wie bereits dargelegt jedenfalls
mittelschwer. Mit seiner Fahrweise hat er die Vorschrift von Art. 34 Abs. 4
SVG, wonach gegenüber allen Strassenbenützern ein ausreichender Abstand zu
wahren ist, in nicht mehr leicht wiegender Weise verletzt und damit gegen
eine elementare Sicherheitsregel verstossen. Wie die Vorinstanz zutreffend
angenommen hat, kommt das Fehlverhalten angesichts des überaus geringen
Abstandes zum Vorderfahrzeug einem schweren Fall nahe. Gestützt darauf durfte
sie die Mindestentzugsdauer deutlich erhöhen. Das gilt auch für den Umstand,
dass der Beschwerdeführer nur rund viereinhalb Monate nach einem
Führerausweisentzug erneut eine Verkehrsregelverletzung beging, die zu einem
Führerausweisentzug führen muss. Die Vorinstanz legt zwar nicht dar, in
welchem Umfang sie die einzelnen Erhöhungsgründe gewichtet, doch wird bei
einer Gesamtwürdigung aller massgebenden Gesichtspunkte eine Dauer von drei
Monaten allen Umständen gerecht und erscheint nicht übermässig hart. Eine
Ermessensverletzung ist zu verneinen.

3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art.
156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Verwaltungsrekurskommission
des Kantons St. Gallen, Abteilung IV, sowie dem Strassenverkehrs- und
Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Strassen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Februar 2005

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: