Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.82/2004
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4C.82/2004 /grl

Urteil vom 3. Mai 2004

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichter Favre, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Charif Feller.

A. ________ GmbH,
Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Advokat Michael Pérez,

gegen

B.________ AG,
Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Advokat Dr. Ralph H. Steyert,

Werkvertrag; Mängel,

Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Zivil- und Strafrecht, vom 3. Juni 2003.

Sachverhalt:

A.
Die A.________ GmbH (Beklagte) beauftragte die B.________ AG (Klägerin) im
Jahre 2000 mehrmals mündlich und kurzfristig mit dem Bedrucken von Fahnen.
Diese waren für kürzere Einsätze bei verschiedenen Endabnehmern bestimmt. Mit
Telefonanruf vom 7. Februar und Fax vom 12. Februar 2001 rügte die Beklagte,
das Druckbild sei nach vierzehntägigem Gebrauch der Fahnen bereits verblasst.
Vom Rechnungsbetrag von Fr. 53'070.95 bezahlte die Beklagte lediglich Fr.
2'670.60. Die Zahlung des übrigen Betrages verweigerte sie unter Hinweis auf
die gerügten Mängel.

B.
Mit Klage vom 15. August 2001 beim Bezirksgericht Arlesheim verlangte die
Klägerin von der Beklagten die Bezahlung von Fr. 50'400.35 nebst Zins sowie
Fr. 100.- Zahlungsbefehlskosten und ersuchte um Beseitigung des
Rechtsvorschlages im genannten Umfang.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Arlesheim vom 27. August 2002 wurde die
Beklagte zur Bezahlung der oben genannten Beträge verpflichtet.

Das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht,
bestätigte das erstinstanzliche Urteil am 3. Juni 2003.

C.
Die Beklagte beantragt dem Bundesgericht mit eidgenössischer Berufung die
Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts und die Rückweisung der Sache an
die Vorinstanz zu neuer Entscheidung.

Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass es sich vorliegend um
Werklieferungsverträge und bezüglich des gerügten Ausbleichens der Farbe und
der Nässe-Empfindlichkeit der Fahnen um versteckte Mängel handelt. Sie macht
geltend, das Kantonsgericht habe Art. 370 Abs. 3 OR falsch angewendet und die
Mängelrüge zu Unrecht als verspätet betrachtet.

1.1 Das Bundesgericht hat seiner Entscheidung im Berufungsverfahren die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zu Grunde zu legen, es sei denn,
sie beruhten auf einem offensichtlichen Versehen, seien unter Verletzung
bundesrechtlicher Beweisvorschriften zu Stande gekommen oder bedürften der
Ergänzung, weil das kantonale Gericht in fehlerhafter Rechtsanwendung einen
gesetzlichen Tatbestand nicht oder nicht hinreichend klärte, obgleich ihm
entscheidwesentliche Behauptungen und Beweisanträge rechtzeitig und in der
vorgeschriebenen Form unterbreitet wurden (vgl. Art. 63 und 64 OG; BGE 127
III 248 E. 2c). Blosse Kritik an der Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts
kann mit der Berufung nicht vorgebracht werden (BGE 127 III 73 E. 6a).

1.2 Das kantonale Urteil hält fest, die Beklagte stelle sich auf den
Standpunkt, die Mangelhaftigkeit der Fahnen sei erst zweifelsfrei erstellt
gewesen, nachdem ihr Parteigutachten vom 27. April 2001 vorgelegen habe; die
Rügen vom 7. und 12. Februar 2001 seien lediglich vorsorglich erfolgt. Das
Kantonsgericht stellt dazu fest, die Beklagte habe die Fahnen für
verschiedene Endabnehmer bestellt. Eine erste Bestellung sei am 5. September
2000 für eine vom 17. September 2000 bis 7. Januar 2001 stattfindende
Ausstellung erfolgt. Danach seien weitere Bestellungen für verschiedene
Endabnehmer aufgegeben worden. Die letzte Lieferung sei Ende Dezember 2000
erfolgt. In der Mängelrüge vom 12. Februar 2001 habe die Beklagte ausgeführt,
das Druckbild auf den Fahnen verblasse schon nach einer Aushangsfrist von 14
Tagen. Aus den Auftragsbestätigungen ergebe sich, dass sämtliche Fahnen per
Express bzw. per Velokurier geliefert worden seien. Es sei somit davon
auszugehen, dass die Fahnen jeweils dringend benötigt und unmittelbar nach
Erhalt aufgehängt worden seien. Das Kantonsgericht kommt zum Schluss, dass
die Mängel ca. 14 Tage nach Erhalt, d.h. für die erste Lieferung Anfang
Oktober 2000 und für die letzte Lieferung Anfang bis Mitte Januar 2001
entdeckt wurden.

1.3 Die Beklagte geht davon aus, dass die Mehrheit der Fahnen gegen Ende
November und im Verlauf des Dezembers 2000 ausgeliefert und die meisten
gleich nach Auslieferung aufgehängt worden sind. Sie behauptet jedoch, dass,
entgegen den Feststellungen der Vorinstanz, diese Fahnen nicht sogleich
während einer längeren Dauer im Freien aufgehängt, sondern nur für
Kurz-Anlässe wie die Eröffnung eines Einkaufszentrums, Fotoaufnahmen,
Weihnachtsfeiern und Pressekonferenzen verwendet und nach wenigen Tagen
wieder abgehängt worden seien. Danach, d.h. Ende Januar bzw. Anfang Februar
2001, sei ein Teil der Fahnen wieder für längere Zeit im Freien aufgehängt
worden. Es sei auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung naheliegend, dass
für Kurz-Anlässe die Fahnen höchstens ein bis zwei Tage aufgehängt würden.
Die Klägerin selbst habe betont, dass die Fahnen nur für kurze Zeit gedacht
seien. Da für die Erkennbarkeit des Mangels der Fahnen eine ununterbrochene
Aushangsdauer bzw. Lichtbestrahlung von 14 Tagen notwendig und es dazu erst
Ende Januar bzw. Anfang Februar 2001 gekommen sei, könne, entgegen der
Ansicht des Kantonsgerichts, nicht davon ausgegangen werden, dass die Mängel
bereits 14 Tage nach Erhalt, d.h. Anfang Oktober 2000 und für die letzte
Lieferung Anfang bis Mitte Januar 2001, entdeckt worden seien. Die erstmals
telefonisch erhobene Mängelrüge vom 7. Februar 2001 bzw. die schriftliche
Mängelrüge vom 12. Februar 2001 seien rechtzeitig erfolgt.

1.4 Die Beklagte beruft sich weder auf eine bundesrechtliche Beweisvorschrift
noch rügt sie ein Versehen im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG (E.1.1 hievor).
Ihre Ausführungen stützen sich auf Tatsachen, die sich im angefochtenen
Urteil nicht finden. Insbesondere muss mit dem Kantonsgericht davon
ausgegangen werden, dass alle Fahnen jeweils unmittelbar nach Erhalt
aufgehängt worden sind. Sodann ergibt sich aus der vorinstanzlichen
Sachverhaltsdarstellung, dass die Fahnen nicht erst Ende Januar bzw. Anfang
Februar 2001 erstmals ununterbrochen 14 Tage aufgehängt worden sind. Vielmehr
hat die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, die erste
Bestellung vom 5. September 2000 sei für eine vom 17. September 2000 bis 7.
Januar 2001 stattfindende Ausstellung, d.h. bereits im Jahr 2000 für einen
Aushang von mehreren Monaten bestimmt gewesen. Unter diesen Umständen stösst
die Behauptung der Beklagten, es bestehe eine allgemeine Lebenserfahrung,
dass die für Kurz-Anlässe benötigten Fahnen höchstens ein bis zwei Tage
hängen würden, ins Leere.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich die Berufung in dieser
Hinsicht, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann, als unbegründet
erweist.

2.
2.1 Die Beklagte ist ferner der Auffassung, das Erfordernis der sofortigen
Rüge sei grosszügig zu handhaben und es sei im konkreten Zweifelsfall eher zu
Gunsten des Bestellers zu entscheiden, wenn es sich nicht beispielsweise um
einen Baumangel, sondern wie vorliegend um einen Fall handle, bei dem durch
das Zuwarten kein weiterer Schaden entstanden sei. Bei der Beurteilung, ob
eine Mängelrüge rechtzeitig erfolgt sei, sei auf die konkreten Umstände des
Einzelfalles Rücksicht zu nehmen. Vorliegend sei eine Rügefrist von mehr als
sieben bis zehn Tagen angebracht.

2.2 Das Kantonsgericht hält in seinem Urteil fest, dass es auf die konkreten
Umstände des Einzelfalles ankomme, wobei in der Regel eine Rüge, die innert
einer Woche seit Entdeckung des Mangels erfolge, rechtzeitig sei. Im nicht
kaufmännischen Verkehr könne es sich rechtfertigen, die Rügefrist etwas
grosszügiger zu bemessen. Bei der Beklagten handle es sich um einen
kaufmännisch geführten Betrieb. Auch seien sonst keine Gründe ersichtlich,
die eine längere als die allgemein übliche Rügefrist von sieben bis zehn
Tagen rechtfertigen würden. Die Rüge vom 7. bzw. 12. Februar 2001 müsse als
massiv verspätet angesehen werden.

2.3 Bei der Beurteilung, ob eine Rüge rechtzeitig erfolgt ist, muss zwar auf
die konkreten Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Art der Mängel
abgestellt werden. Entscheide in anderen Fällen sind deshalb nur mit
Zurückhaltung heranzuziehen. Wohl trifft es zu, dass die Rügefrist kurz zu
bemessen ist, wenn es sich um einen Mangel handelt, bei dem die Gefahr
besteht, dass ein Zuwarten zu einem grösseren Schaden führen kann (BGE 118 II
142 E. 3b S. 148 mit Hinweis). Aber auch wenn dies wie vorliegend nicht der
Fall ist, hält das Bundesgericht eine siebentägige Rügefrist für angemessen
(vgl. Urteil 4C.143/1996 vom 12. November 1996, E. 2d, worin es um undichte
Kamin-Rohre ging). Der Vorinstanz kann mithin keine Verletzung von
Bundesrecht vorgeworfen werden.

3.
Die Beklagte begründet ihren Rückweisungsantrag damit, dass das kantonale
Urteil die Frage, ob ein Werkmangel vorliegt, nicht geprüft habe. Falls das
Bundesgericht ihre Rechtsauffassung, nämlich die Rechtzeitigkeit der
Mängelrüge, teilen würde, müsse zur Frage des Werkmangels eine amtliche
Expertise angeordnet werden. Das Bundesgericht könne somit in dieser Sache
selbst kein Urteil fällen (vgl. dazu BGE 125 III 412 E. 1b S. 414).

Da vorliegend die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge zu verneinen ist, entfällt
die Frage der Rückweisung an die Vorinstanz.

4.
Nach dem Gesagten ist die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beklagte kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Beklagten auferlegt.

3.
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
3'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Mai 2004

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: