Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.72/2004
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4C.72/2004 /ast

Urteil vom 3. Juni 2005

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Nyffeler, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Mazan.

X. ________ Treuhand AG,
Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andres
Büsser,

gegen

Y.________ Holding AG,
Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur.
Christoph Locher.

Auftrag; Sorgfaltspflicht aus Beratungstätigkeit,

Berufung gegen den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons St. Gallen vom
19. November 2003.

Sachverhalt:

A.
Die Y.________ Holding AG mit Sitz in St. Gallen (Klägerin) wurde 1974 unter
der Firmenbezeichnung A.________ AG gegründet. Das Unternehmen stellte
Druckmaschinen für den Etikettendruck her und verkaufte diese weltweit. Der
Vertrieb der Maschinen in Nord- und Südamerika wurde über die Tochterfirma
Y.________ Inc. in Newtown (USA) abgewickelt. 1994 wurde die
Y.________-Gruppe umstrukturiert und der Firmenname der A.________ AG in
Y.________ Holding AG geändert.
Anlässlich der Generalversammlung vom 28. September 1990 wurde die X.________
Treuhand AG mit Sitz in St. Gallen (Beklagte) als Revisionsstelle der
Klägerin gewählt. In ihrer Eigenschaft als Revisionsstelle überprüfte sie die
Jahresrechnungen 1990, 1991 und 1992. Zusätzlich zur Ernennung als
Revisionsstelle wurde der Beklagten, die mit ihrem Verwaltungsratsdelegierten
C.________ an der erwähnten Generalversammlung anwesend war, auch ein
Beratungsmandat erteilt. Dazu wurde im Protokoll der Generalversammlung
Folgendes festgehalten:
"Herr A.________ sr. führt aus, dass die A.________ AG der ICME den Auftrag
erteilte, ein Konzept über die Gruppenstrategie und Gruppenstruktur zu
entwickeln. Über die Pago AG, Buchs, haben die Herren A.________ erfahren,
dass Herr C.________ die Pago-Gruppe Buchs erfolgreich strukturiert hat. Die
A.________ AG erteilte daher Herrn C.________ von der X.________ Treuhand AG
das Mandat, mit Herrn A.________ jr. eine Führungsstruktur zu erarbeiten und
zu implementieren. Ferner erhält er den Auftrag, eine neue Gruppenstruktur zu
erarbeiten. In diesem Zusammenhang erscheint es als sinnvoll, der X.________
Treuhand AG das Kontrollstellmandat zu übertragen und sie gleichzeitig um
Steuerberatung anzufragen."
Im Rahmen dieses Beratungsmandats besuchte C.________ im Oktober 1990 und im
Dezember 1990 die amerikanische Tochtergesellschaft Y.________ Inc. Diese
Beratungstätigkeit war im Sommer 1991 beendet.

B.
Am 17. August 1992 wurden der Geschäftsführer der Y.________ Inc. (Dr.
D.________) und deren Finanzchef (E.________) fristlos entlassen. Es wurden
ihnen massive Verletzungen ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten zur Last
gelegt. Die Y.________ Inc. ging in den USA gerichtlich gegen D.________ vor.
Dabei kam es zu einem Vergleich. Nach der Darstellung der Klägerin einigte
man sich darauf, dass D.________ einen Betrag von Fr. 150'000.-- zuzüglich
fünf Raten von je USD 50'000.-- bezahle. Hievon seien aber effektiv nur Fr.
141'192.-- bezahlt worden. D.________ habe den Konkurs angemeldet.
Die Klägerin wirft der Beklagten im Zusammenhang mit ihren Erhebungen bei der
Y.________ Inc. im Oktober und Dezember 1990 eine Verletzung ihrer
vertraglichen Sorgfaltspflicht vor. Obwohl die Verfehlungen der beiden
Kaderleute D.________ und E.________ für die Beklagte hätte offensichtlich
sein müssen, habe es diese unterlassen, die Klägerin zu informieren. Aus
diesem Grund sei es den beiden Mitarbeitern gelungen, die Klägerin auch nach
den erwähnten Besuchen noch während mehr als einem Jahr zu schädigen. Das von
den forensischen Buchprüfern Nihill & Riedley erstellte Gutachten habe für
den fraglichen Zeitraum einen Schadensbetrag von insgesamt Fr. 2'818'356.--
ergeben. Unter Berücksichtigung aller Risiken mache die Klägerin lediglich
den Betrag von Fr. 1'800'000.-- geltend.
Am 22. September 1997 beantragte die Klägerin dem Handelsgericht des Kantons
St. Gallen, die Beklagte sei zur Zahlung von Fr. 1'800'000.-- zuzüglich Zins
zu 5 % seit 3. März 1995 zu verpflichten. Mit Entscheid vom 19. November 2003
verpflichtete das Handelsgericht des Kantons St. Gallen die Beklagte zur
Bezahlung von Fr. 1'250'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 3. März 1995. Im
Mehrbetrag wurde die Klage abgewiesen.

C.
Mit Berufung vom 11. Februar 2004 beantragt die Beklagte dem Bundesgericht,
das Urteil des Handelsgerichts des Kantons St. Gallen vom 19. November 2003
sei aufzuheben; die Klage sei abzuweisen, eventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung. Gleichzeitig erhebt sie
Anschlussberufung mit dem Antrag, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons
St. Gallen vom 19. November 2003 sei aufzuheben und die Beklagte sei zu
verpflichten, der Klägerin Fr. 1'800'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 3. März
1995 zu bezahlen; eventualiter sei die Sache zur Ergänzung des Sachverhaltes
und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Anschlussberufung sei abzuweisen, soweit auf sie
einzutreten sei.

D.
Parallel zur eidgenössischen Berufung hat die Beklagte auch kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde ans Kassationsgericht des Kantons St. Gallen erhoben.
Mit Entscheid vom 22. September 2004 hat das Kassationsgericht die
Nichtigkeitsbeschwerde - abgesehen von der Streichung eines Halbsatzes auf S.
28 des Handelsgerichtsentscheides - abgewiesen.
Eine dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde hat das Bundesgericht mit
Urteil vom heutigen Tag abgewiesen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

I. Berufung

1.
Die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien untersteht unbestritten dem
Auftragsrecht (Art. 394 ff. OR). Umstritten ist jedoch der Gegenstand und der
Umfang des der Beklagten erteilten Auftrages.

1.1 Das Handelsgericht hat dazu im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei
an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 14. September 1990 zur
Revisionsstelle gewählt worden. Gleichzeitig seien ihr zusätzliche Aufgaben
übertragen worden wie die Erarbeitung einer neuen Führungs- und
Gruppenstruktur. An der Verwaltungsratssitzung vom 14. November 1990 seien
der Beklagten weitere Aufträge erteilt worden, die sich u.a. auf die
Begleitung der Budgetierung 1991, Varianten der Beteiligung DuoTech/Comco und
Anlage der US-Dollar-Gelder bezogen hätten. Das Protokoll der
Verwaltungsratssitzung vom 14. November 1990 dokumentiere die grosse
Spannweite des der Beklagten übertragenen Auftrags. Gemäss diesem Protokoll
habe C.________ einlässlich Bericht erstattet über den Ist-Zustand der
A.________-Gruppe und sei dabei auch auf die finanzielle Situation der
Klägerin sowie der Y.________ Inc. und weiterer Unternehmen eingegangen.
Ferner habe er über das Thema der Liquiditätssicherung und der finanziellen
Führung referiert, wobei er das "Fehlen eines Rechnungswesens" bemängelt und
für das Geschäftsjahr 1990 der Umsatzerreichung höchste Priorität eingeräumt
habe. Als "lebenswichtig" habe er auch die Drosselung der Personalkosten
erachtet. Gleichzeitig habe er ausdrücklich "Turn-around-Massnahmen"
gefordert. Der Umfang der Beratungstätigkeit der Beklagten werde auch durch
die Honorarrechnungen der Beklagten belegt, die sich für das letzte
Vierteljahr 1990 auf rund Fr. 100'000.-- und für das Jahr 1991 auf rund Fr.
200'000.-- belaufen haben. Daraus schliesst die Vorinstanz, dass dem
amerikanischen Tochterunternehmen Y.________ Inc. im Rahmen dieses Mandats
erhebliche Bedeutung zugekommen sei. Der Beklagten sei zwar insoweit
zuzustimmen, dass ihr Auftrag nicht explizit dahingegangen sei, sich mit der
Tochterunternehmung Y.________ Inc. als solcher zu befassen. Gleichwohl habe
sich die Beklagte notwendigerweise damit auseinanderzusetzen gehabt. Dass
sich die Beklagte auch tatsächlich mit der Y.________ Inc. beschäftigt habe,
zeigten unter anderem die zwei Besuche von C.________ in den USA und das
bereits erwähnte Verwaltungsratsprotokoll vom 14. November 1990. Die
Ausführungen, die C.________ darin zu Y.________ Inc. gemacht habe, hätten
dort einen breiten Raum eingenommen.
Dagegen wendet die Beklagte im Wesentlichen ein, sie sei nicht beauftragt
gewesen, sich mit der Tochterunternehmung Y.________ Inc. in den USA zu
beschäftigen. Es habe keine Pflicht bestanden, die Geschäftstätigkeit der
Tochterfirma einer umfassenden und einlässlichen Prüfung zu unterziehen. Es
habe höchstens eine Treuepflicht bestanden, der Klägerin allfällige Tatsachen
mitzuteilen, die sie im Rahmen des Beratungsvertrages in Bezug auf die
Tochtergesellschaft Y.________ Inc. wahrgenommen habe, welcher Pflicht sie
nachgekommen sei.

1.2 Umstritten ist der Umfang und damit der Inhalt des zwischen den Parteien
abgeschlossenen Vertrages. Der Inhalt eines Vertrages bestimmt sich in erster
Linie durch subjektive Auslegung, das heisst nach dem übereinstimmenden
wirklichen Parteiwillen (Art. 18 Abs. 1 OR). Nur wenn eine tatsächliche
Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des
mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des
Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und
Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und
mussten. Während das Bundesgericht die objektivierte Vertragsauslegung als
Rechtsfrage prüfen kann, beruht die subjektive Vertragsauslegung auf
Beweiswürdigung, die vorbehältlich der Ausnahmen von Art. 63 Abs. 2 und Art.
64 OG der bundesgerichtlichen Überprüfung im Berufungsverfahren entzogen sind
(BGE 129 III 702 E. 2.4 S. 707, 127 III 444 E. 1b S. 445, 121 III 118 E.
4b/aa S. 123).
Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz mit dem Hinweis auf Umstände, die
nach der unbestrittenen Erteilung des Auftrages eingetreten sind - namentlich
die Ausführungen von C.________ anlässlich der Verwaltungsratssitzung vom 14.
November 1990 zur Y.________ Inc. sowie die beiden Besuche von C.________ bei
der Y.________ Inc. in den USA -, eine tatsächliche Feststellung über den
wirklichen Parteiwillen getroffen. Das nachträgliche Verhalten der Parteien,
das im angefochtenen Urteil erwähnt wird, lässt erkennen, wie die Parteien
den Vertrag seinerzeit tatsächlich verstanden haben (BGE 107 II 417 E. 6 S.
418 m.w.H.; vgl. auch BGE 118 II 365). Das Handelsgericht hat somit im Rahmen
der subjektiven Vertragsauslegung für das Bundesgericht verbindlich
festgehalten, dass sich die beteiligten Parteien tatsächlich darin einig
gewesen waren, dass der Auftrag auch die Überprüfung der Y.________ Inc. zum
Gegenstand hatte. Die Ausführungen der Beklagten zum Umfang des Auftrages
sind daher angesichts der verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz zum
tatsächlichen Konsens der Parteien unzulässig (Art. 63 Abs. 2 OG), weshalb
insofern auf die Berufung nicht einzutreten ist.

1.3 Damit ist nur zu prüfen, ob der Beklagten im Zusammenhang mit ihrer
Tätigkeit, die sie für die Klägerin bei deren Tochtergesellschaft Y.________
Inc. in den USA verrichtete, eine Vertragsverletzung vorzuwerfen ist. Gemäss
Art. 398 Abs. 2 OR haftet der Beauftragte dem Auftraggeber für getreue und
sorgfältige Ausführung der ihm übertragenen Geschäfte. In Bezug auf das Mass
der Sorgfalt des Beauftragten verweist Art. 398 Abs. 1 OR auf die
Bestimmungen zur Sorgfaltspflicht des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis.
Gemäss Art. 321e Abs. 2 OR richtet sich der Sorgfaltsmassstab nach den
Fähigkeiten, Fachkenntnissen und Eigenschaften des Beauftragten, die der
Auftraggeber gekannt hat oder hätte kennen müssen. Massgebend sind dabei alle
Umstände des Einzelfalles. Einschränkend ist zu berücksichtigen, dass der
Beauftragte nicht für jede Massnahme und Unterlassung einzustehen hat, welche
aus nachträglicher Betrachtung den Schaden bewirkt oder vermieden hätte (BGE
127 III 357 E. 1b und c S. 359).
Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Beklagte in einer schwierigen
wirtschaftlichen Situation der Klägerin als Beraterin beigezogen wurde. Die
Beklagte selbst sprach von der Notwendigkeit eines "Turn-around".
Insbesondere sei klar gewesen, dass die amerikanische Tochterfirma Y.________
Inc. mit Schwierigkeiten konfrontiert gewesen sei. C.________ habe an einer
Verwaltungsratssitzung vom 28. November 1990 von der Notwendigkeit
gesprochen, "Y.________ zu sanieren und mit ausreichendem Eigenkapital
auszustatten". Die Buchhaltungszahlen der Y.________ Inc. hätten einen
massiven Anstieg des Volumens des Handelsgeschäfts gezeigt, ohne dass
entsprechende Mittel in die Mutterfirma zurückgeflossen seien, und es habe
ein auffallend hoher Debitorenstand vorgelegen. Unter Berücksichtigung dieser
Umstände ist die Auffassung des Handelsgerichts nicht zu beanstanden, dass
die Beklagte der Klägerin spätestens ab Dezember 1990 dringend hätte nahe
legen müssen, die gesamte Geschäftstätigkeit der Y.________ Inc. einer
umfassenden und einlässlichen Prüfung zu unterziehen. Als wirtschaftliche
Beraterin der Klägerin wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, ihre
Auftraggeberin auf die Probleme bei der Y.________ Inc. hinzuweisen und eine
umfassende Überprüfung der Situation nahe zu legen. Entgegen der Auffassung
der Beklagten ist die Sorgfaltspflichtverletzung nicht darin zu sehen, dass
sie nicht selbst eine gründliche Überprüfung der Y.________ Inc. vornahm -
die wohl die Grenzen ihres Mandates überschritten hätte -, sondern dass nicht
eine gründliche Überprüfung dringend empfohlen wurde. Dass die Beklagte die
schwierige Situation der Y.________ Inc. erkannt hat bzw. hätte erkennen
müssen, ergibt sich aus dem zweimaligen Besuch von C.________ bei der
Y.________ Inc. in den USA und den Buchhaltungszahlen per Ende 1990, die klar
machten, dass das Volumen des Handelsgeschäfts der Y.________ Inc. zwar
massiv angestiegen war, ohne dass aber entsprechende Mittel zur Mutterfirma -
der Klägerin - zurückgeflossen wären. Unbegründet ist auch der Einwand der
Beklagten, es habe kein spezieller Auftrag für Abklärungen bei der Y.________
Inc. bestanden. Wie bereits erwähnt ergibt sich die
Sorgfaltspflichtverletzung nicht aus unterlassenen Abklärungen bei der
Y.________ Inc., sondern daraus, dass der Klägerin als Muttergesellschaft der
Y.________ Inc. trotz Kenntnissen über Unstimmigkeiten bei der Y.________
Inc. nicht eine gründliche Überprüfung der Betriebsführung bei der Y.________
Inc. dringend nahe gelegt worden war. Schliesslich ist auch der Einwand
unbegründet, die Unstimmigkeiten bei der Y.________ Inc. hätten sich aufgrund
"späterer Untersuchungen" ergeben, für welche die Beklagte nicht einzustehen
habe. Wie das Handelsgericht verbindlich festhielt, hätte spätestens ab
Vorliegen der Buchhaltungszahlen im Dezember 1990 Anlass bestanden, die
Geschäftstätigkeit der Y.________ Inc. gründlich zu durchleuchten.

1.4 Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass der Auftrag der
Beklagten auch die Überprüfung der Geschäftstätigkeit der Y.________ Inc.
umfasste - wie sich insbesondere aus dem zweimaligen Besuch in den USA sowie
den Äusserungen C.________s an Verwaltungsratssitzungen ergibt - (E. 1.2) und
dass der Beklagten eine Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen ist, weil sie
der Klägerin trotz Kenntnissen von Unregelmässigkeiten bei der Y.________
Inc. nicht dringend empfahl, die Geschäftstätigkeit der amerikanischen
Tochtergesellschaft gründlich überprüfen zu lassen (E. 1.3).

2.
Weiter macht die Beklagte geltend, das Handelsgericht habe übersehen, dass
die Klägerin in ihrer Eigenschaft als "Alleinaktionärin" der direkt
geschädigten Y.________ Inc. nur mittelbar geschädigt sei. Dieser
Reflexschaden könne nicht geltend gemacht werden.

2.1 Das Bundesgericht hatte unlängst Gelegenheit, grundsätzlich zu
entscheiden, dass der mittelbar geschädigte Aktionär keine Möglichkeit hat,
mittels Individualklage Ansprüche gegen die Organe der direkt geschädigten
Gesellschaft geltend zu machen (zur Publikation bestimmter Entscheid
4C.111/2004 vom 9. November 2004, E. 3.1.1). Daraus kann allerdings für den
vorliegenden Fall nichts abgeleitet werden. Abgesehen davon, dass die
Anwendbarkeit von schweizerischem Verantwortlichkeitsrecht im Zusammenhang
mit der amerikanischen Y.________ Inc. nicht auf der Hand liegt (Art. 154 ff.
IPRG, vgl. aber auch Art. 159 IPRG), ist im vorliegenden Fall entgegen der
Auffassung der Beklagten ohnehin nicht das Problem zu beurteilen, ob ein
reflexgeschädigter Aktionär vom Schädiger Ersatz verlangen kann. Von einer
mittelbaren Schädigung der Klägerin könnte nämlich nur die Rede sein, wenn
die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Organ oder Vertragspartnerin der
Y.________ Inc. einen direkten Schaden und damit der reflexgeschädigten
Eigentümerin der Y.________ Inc. - der Klägerin - einen mittelbaren Schaden
verursacht hätte. Die Beklagte hatte aber zu keiner Zeit irgendwelche
Rechtsbeziehungen zur Y.________ Inc., und zwar weder als Organ noch als
Vertragspartner. Demgegenüber hat die Beklagte der Klägerin in ihrer
Eigenschaft als Vertragspartnerin im Rahmen des ihr erteilten Auftrages
aufgrund einer unsorgfältigen Geschäftsbesorgung einen unmittelbaren
(Vermögens-) Schaden zugefügt. Dieser Schaden ist nicht im Vermögen der
Y.________ Inc., sondern direkt im Vermögen der Klägerin eingetreten. Die
Auffassung der Beklagten, die Klägerin berufe sich auf einen Reflexschaden,
erweist sich somit als unbegründet, weil sich die Klägerin effektiv auf einen
direkt in ihrem Vermögen eingetretenen Schaden beruft, welcher ihr von der
Beklagten als ihre Vertragspartnerin zugefügt wurde.

2.2 Unbegründet ist die Berufung auch insoweit, als die Beklagte dem
Handelsgericht eine falsche Verwendung des bundesrechtlichen Schadensbegriffs
vorwirft. Schaden ist nach der Rechtsprechung die ungewollte Verminderung des
Reinvermögens. Er kann in einer Verminderung der Aktiven, einer Vermehrung
der Passiven oder in einem entgangenen Gewinn bestehen und entspricht der
Differenz zwischen dem gegenwärtigen Vermögensstand und dem Stand, den das
Vermögen ohne das schädigende Ereignis hätte (BGE 129 III 331 E. 2.1 S. 332
m.w.H.). Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Vorinstanz diesen
Schadensbegriff nicht verkannt. Vielmehr ist die Vorinstanz zutreffend davon
ausgegangen, dass aufgrund der unsorgfältigen Geschäftsbesorgung durch die
Beklagte das Reinvermögen der Klägerin insoweit vermindert wurde, als Dritte
- D.________ und E.________ - nicht an der Schädigung der Y.________ Inc.
gehindert wurden. Die Höhe der Schädigung verursacht durch zehn
Einzelereignisse wurde gutachterlich abgeklärt. Diese Ausführungen zum
Ausmass des Schadens sind tatsächlicher Natur und der Überprüfung durch das
Bundesgericht im Berufungsverfahren entzogen (Art. 63 Abs. 2 OG, BGE 123 III
241 E. 3a S. 243 m.w.H.).
2.3 Aus diesen Gründen hat das Handelsgericht auch das Vorliegen eines
ersatzfähigen Schadens zu Recht bejaht.

3.
Die Beklagte macht weiter geltend, dass ihr Verhalten - sofern überhaupt von
einer Sorgfaltspflichtverletzung auszugehen sei - aus verschiedenen Gründen
nicht kausal für den angeblich eingetretenen Schaden sei.

3.1 Vorweg ist im Zusammenhang mit der Prüfung der Kausalität festzuhalten,
dass hier der Sonderfall zu prüfen ist, inwieweit eine Unterlassung -
Versäumnis, der Klägerin eine gründliche Überprüfung der Geschäftstätigkeit
der Y.________ Inc. dringend nahe zu legen - für den Eintritt eines
allfälligen Schadens kausal gewesen sein soll. Grundsätzlich unterscheidet
die Rechtsprechung auch bei Unterlassungen zwischen natürlichem und adäquatem
Kausalzusammenhang (allgemein: 123 III 110 E. 2 S. 111 m.w.H.; speziell für
Unterlassungen: BGE 115 II 440 E. 5a S. 447 m.w.H.). Während bei einer
Handlung die wertenden Gesichtspunkte erst bei der Beurteilung der Adäquanz
zum Tragen kommen, spielen diese Gesichtspunkte bei der Unterlassung in der
Regel jedoch schon bei der Feststellung der hypothetischen Kausalität eine
Rolle. Es ist daher bei Unterlassungen in der Regel nicht sinnvoll, den
festgestellten oder angenommenen hypothetischen Geschehensablauf auch noch
auf seine Adäquanz zu prüfen (BGE 115 II 440 E. 5a S. 447 f. m.w.H.). Die
Feststellungen des Sachrichters im Zusammenhang mit der Kausalität von
Unterlassungen und der damit verbundenen hypothetischen Annahmen sind daher
entsprechend der allgemeinen Regel über die Verbindlichkeit der
Feststellungen zum natürlichen Kausalzusammenhang für das Bundesgericht
bindend (Art. 63 Abs. 2 OG). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die
hypothetischen Annahmen des Sachrichters ausschliesslich auf allgemeiner
Lebenserfahrung beruhen, die im Berufungsverfahren überprüft werden können
(allgemein: BGE 126 III 10 E. 2b S. 12 m.w.H.; speziell für Unterlassungen:
BGE 115 II 440 E. 5b S. 448 f. m.w.H.).
3.2 Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass die angefochtenen vorinstanzlichen
Ausführungen zur Kausalität nicht ausschliesslich auf allgemeiner
Lebenserfahrung beruhten. Prozessentscheidend ist das von F.________
erstattete Gerichtsgutachten. Gewiss äussert sich dieses Gutachten in erster
Linie zur Höhe der Schädigung. Dabei wurden zehn Einzelereignisse
durchleuchtet. Zu jedem einzelnen Ereignis wurde kurz die "Ausgangslage", die
"durchgeführten Arbeiten/Feststellungen", der relevante "Zeitraum" und der
konkrete "Schaden" abgehandelt. Aufgrund dieser kurzen Umschreibung konnte
sich die Vorinstanz im Rahmen der Beweiswürdigung ein Bild machen, inwiefern
die Unterlassung ursächlich für den Schadenseintritt war. Die Beklagte führte
denn selbst auch aus, die Vorinstanz habe sich auf "die zeitlichen
Verhältnisse gemäss gutachterlicher Feststellung" bezogen. Zwar mag auch die
allgemeine Lebenserfahrung bei den Überlegungen der Vorinstanz zum
hypothetischen Geschehensablauf eine Rolle gespielt haben, doch ändert das
nichts daran, dass die Ausführungen des Handelsgerichts zum hypothetischen
Geschehensablauf letztlich als Ergebnis einer Beweiswürdigung zu werten sind.
Da das Bundesgericht im Berufungsverfahren grundsätzlich an das Ergebnis der
Beweiswürdigung gebunden ist (Art. 63 Abs. 2 OG), ist insofern auf die
Berufung nicht einzutreten.

3.3 Soweit eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs geltend gemacht wird,
ist die Berufung unbegründet. Nach der Rechtsprechung wird eine Unterbrechung
des Kausalzusammenhangs etwa dann angenommen, wenn das Selbstverschulden des
Geschädigten derart intensiv erscheint, dass es ein konkurrierendes
Verschulden des Schädigers gleichsam verdrängt oder als unbedeutend
erscheinen lässt (BGE 116 II 519 E. 4a S. 524 m.w.H.). Die Klägerin führt nun
in keiner Art und Weise aus und dem angefochtenen Urteil kann auch nicht
entnommen werden, inwieweit der Klägerin ein derart grobes Selbstverschulden
vorzuwerfen sein soll, dass ihr eigenes Verschulden völlig unbedeutend
erscheint. Von einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs kann keine Rede
sein.

4.
Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass die Berufung unbegründet
ist, soweit darauf einzutreten ist. Die in der Berufung weiter erhobenen
Beanstandungen im Zusammenhang mit dem Mass der Ersatzpflicht, den
Reduktionsgründen und dem Selbstverschulden betreffen die gleiche Thematik,
die von der Klägerin in der Anschlussberufung aufgeworfen wird. Es
rechtfertigt sich, diese Beanstandungen beider Parteien unter der folgenden
Ziffer gemeinsam zu behandeln.
II. Anschlussberufung

5.
Bei der Bemessung des Schadenersatzes geht die Vorinstanz davon aus, dass der
Klägerin ein Selbstverschulden anzulasten sei, welches eine Reduktion des
Schadenersatzanspruchs um rund 40 % rechtfertige. Die Klägerin beanstandet
mit Anschlussberufung die Reduktion als zu hoch, und die Beklagte hält sie in
ihrer Berufung für zu gering.

5.1 Zur Bemessung der Schadenersatzpflicht hat die Vorinstanz ausgeführt, der
Klägerin könne der Vorwurf nicht erspart bleiben, dass sie es unterlassen
habe, sich im Rahmen der Y.________-Gruppe so zu organisieren, dass
insbesondere gegenüber der Y.________ Inc. eine angemessene Kontrolle
hinsichtlich Finanzwesen und Management gewährleistet gewesen sei. Von
Bedeutung sei dabei insbesondere, dass in den Jahren 1990 und 1991 A.________
sen., A.________ jun. und A.________ dem Verwaltungsrat der Klägerin wie auch
demjenigen der Y.________ Inc. angehört hätten. Diese Organe wären deshalb
verpflichtet gewesen, auch ihre Aufsichts- und Kontrollpflichten in Bezug auf
die Tochtergesellschaft wahrzunehmen. Dazu seien sie umso mehr verpflichtet
gewesen, nachdem C.________ im Sommer 1991 seine Tätigkeit abgeschlossen
habe. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge sei davon auszugehen, dass ein
früheres Eingreifen der Organe der Klägerin bei der Y.________ Inc. zu einer
Verminderung des entstandenen Schadens hätte führen können, was der Klägerin
als Selbstverschulden anzurechnen sei.

5.2
Gemäss Art. 44 Abs. 1 OR kann der Richter bei Selbstverschulden des
Geschädigten die Ersatzpflicht ermässigen oder ganz von ihr entbinden. Bei
der Bemessung der Kürzung steht dem Richter ein weites Ermessen zu. Solche
Ermessensentscheide überprüft das Bundesgericht zwar an sich frei. Es übt
dabei aber Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos
von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgegangen ist, wenn
sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine
Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht
gelassen hat, die hätten beachtet werden müssen. Es greift ausserdem in
Ermessensentscheide ein, wenn sich diese als offensichtlich unbillig und als
in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 128 III 390 E. 4.5 S. 399
m.w.H.).
5.3 Die Beklagte beanstandet die Reduktion der Ersatzpflicht zufolge
Selbstverschuldens der Klägerin um 40 % als zu gering, weil die Vorinstanz
nicht berücksichtigt habe, dass die Klägerin den Schaden, den die von ihr
ernannten leitenden Angestellten D.________ und E.________ der Y.________
Inc. zugefügt hätten, grundsätzlich selbst zu tragen habe. Richtig ist zwar,
dass nach der Rechtsprechung eine juristische Person die Gefahr grundsätzlich
selbst zu tragen hat, dass ihr die selbst bestellten Organpersonen Schaden
zufügen (BGE 121 III 69 E. 4a S. 73 f. m.w.H.). Aus zwei Gründen vermag die
Beklagte aber aus dieser Rechtsprechung nichts abzuleiten. Einerseits hat die
Vorinstanz keine Feststellungen getroffen, ob es sich bei den genannten
Personen nach dem auf die amerikanische Y.________ Inc. anwendbaren Recht
(vgl. Art. 155 lit. i IPRG) um Organpersonen handelte; auch die Beklagte
selbst behauptet keine Organstellung, sondern spricht nur von "leitenden
Angestellten". Andrerseits sind die erwähnten Personen nicht Organe der
geschädigten Klägerin; Organe der Klägerin sind die oben genannten
Verwaltungsräte (vgl. E. 5.2), die ihre Aufsichts- und Kontrollpflichten
nicht wahrgenommen haben, was zu einer Reduktion der Ersatzpflicht um 40 %
führte. Soweit die Beklagte das Ausmass der Reduktion um 40 % kritisiert,
beanstandet sie die Ermessensbetätigung durch die Vorinstanz. Diesbezüglich
besteht aus den erwähnten Gründen kein Anlass, das Ermessen des
Bundesgerichts an dasjenige des kantonalen Sachrichters zu stellen. Auch
insofern erweist sich die Berufung somit als unbegründet.

5.4 Die Klägerin wirft dem Handelsgericht in der Anschlussberufung
insbesondere eine Verletzung von Art. 8 ZGB vor, weil es die Reduktion der
Ersatzpflicht in erster Linie damit begründet habe, die Klägerin habe es nach
dem Ende der beklagtischen Beratungstätigkeit unterlassen, genügend
Managementkapazitäten aufzubauen, obwohl die Beklagte nie entsprechende
Behauptungen aufgestellt habe. Dieses Argument ist schon deshalb verfehlt,
weil die Klägerin selbst einräumt, dass die Beklagte in ihren Rechtsschriften
die Reduktionsgründe geltend gemacht habe, und weil die Beklagte in der
Anschlussberufungsantwort weitere Stellen anführt, wo sie entsprechende
Behauptungen aufgestellt habe. Es kann daher keine Rede sein, dass das
Handelsgericht bei der Bemessung der Reduktion auf Gründe abgestellt hat
("unterlassener Aufbau genügender Managementkapazitäten"), die nicht hätten
berücksichtigt werden dürfen. Die übrigen Beanstandungen betreffen die dem
Handelsgericht zustehende Ermessensbetätigung, die wie erwähnt nur mit
Zurückhaltung überprüft wird und unter Berücksichtigung der erwähnten
Kriterien nicht zu beanstanden ist. Auch die Anschlussberufung ist daher
unbegründet.
III. Kosten- und Entschädigungsfolgen
Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Die Anschlussberufung ist abzuweisen. Die Beklagte wird in Bezug auf die
Berufung und die Klägerin in Bezug auf die Anschlussberufung kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). Die
gegenseitigen Entschädigungsansprüche sind zu verrechnen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. Die
Anschlussberufung wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 23'000.-- wird im Umfang von Fr.
15'000.-- der Beklagten und im Umfang von Fr. 8'000.-- der Klägerin
auferlegt.

3.
Die Beklagte hat die Klägerin für das Verfahren vor Bundesgericht nach
Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche mit Fr. 8'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons St. Gallen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Juni 2005

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: