Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.466/2004
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4C.466/2004 /ruo

Urteil vom 10. August 2005

I. Zivilabteilung

Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Nyffeler, Favre,
Gerichtsschreiber Arroyo.

A. ________ AG,
Beklagte und Berufungsklägerin,

gegen

B.________ AG, c/o C.________ AG,
Klägerin und Berufungsbeklagte.

Mietvertrag,

Berufung gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich,II.
Zivilkammer, vom 4. November 2004.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
A. ________ AG (Beklagte) mietete von der B.________ AG (Klägerin) mit
Mietverträgen für Geschäftsräume vom 18. Mai 2000 und 2. Juli 2001 Büroräume
im 1. und 4. Obergeschoss der Liegenschaft Strasse X.________ in Zürich. Die
Verträge waren erstmals auf den 30. September 2005 bzw. den 15. Juni 2006
kündbar. Am 28. Juli 2003 kündigte die Klägerin mit amtlichem Formular beide
Mietverträge auf den 31. August 2003 wegen Zahlungsverzugs der Beklagten. Die
Abnahme der Mieträumlichkeiten fand am 12. September 2003 statt. Trotz
intensiver Suche nach neuen Mietern und Insertionskosten von Fr. 11'300.--
konnte die Klägerin die Räume nicht weitervermieten. Mit Zahlungsbefehl vom
15. Januar 2004 betrieb sie die Beklagte für einen Betrag von Fr. 60'909.--
nebst Zins zu 5% seit 15. November 2003 sowie Fr. 150.-- Umtriebskosten mit
der Begründung "ausstehender Schadenersatz für ausgefallene Mietzinse
September 2003 bis Januar 2004 für die Büroräume an der Strasse X.________ in
Zürich". Die Beklagte erhob Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl.

1.1 Nach erfolgloser Schlichtungsverhandlung gelangte die Klägerin mit
Eingabe vom 19. Mai 2004 an das Mietgericht Zürich. Sie stellte im
Wesentlichen die Begehren, es seien ihr die ausstehenden Mietzinse als
Schadenersatz zuzusprechen; es sei der Rechtsvorschlag zu beseitigen und ihre
Forderung mit der Mietzinskaution zu verrechnen. Die Beklagte blieb im
Verfahren vor Mietgericht säumig. Das Mietgericht hiess die Klage mit Urteil
vom 22. Juli 2004 gut und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin Fr.
60'909.-- zuzüglich Zins zu 5% seit dem 15. November 2003 sowie
Umtriebsspesen von Fr. 150.-- zu bezahlen; der Rechtsvorschlag wurde in
diesem Umfang aufgehoben. Ausserdem wurde die Beklagte verpflichtet, der
Klägerin für den Ausfall der Mietzinse seit dem 1. Februar 2004 bis Juli 2004
Fr. 73'290.-- zu bezahlen.

1.2 Mit Beschluss vom 4. November 2004 liess das Obergericht des Kantons
Zürich die C.________ AGim kantonalen Berufungsverfahren nicht als
Vertreterin der Klägerin zu und strich sie aus dem Rubrum. Die von der
Beklagten gegen das Urteil des Mietgerichts erhobene Berufung wies das
Obergericht ab und bestätigte das angefochtene Urteil vom 22. Juli 2004.

Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies am 24. Mai 2005 die Beschwerde
der Beklagten gegen den Beschluss des Obergerichts ab, soweit es darauf
eintrat.

1.3 Mit eidgenössischer Berufung stellt die Beklagte das Rechtsbegehren, das
"Urteil" des Obergerichts des Kantons Zürich vom 4. November 2004 sei
aufzuheben; eventualiter sei die Streitsache zwecks weiterer Abklärung des
Sachverhalts an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte bringt vor, sie
habe den gesamten Umbau der gemieteten Räumlichkeiten finanziert und es stehe
ihr für den geschaffenen Mehrwert ein Entschädigungsanspruch aus Art. 260a
Abs. 3 OR zu. Da der investierte Wert auch nach allfälliger Amortisation noch
erheblich höher sei als die Forderung der Klägerin, könne sie mindestens in
diesem Umfang Verrechnung geltend machen. Die Beklagte rügt weiter, die
Vorinstanz habe offensichtlich übersehen, dass sie bereits vor
Schlichtungsbehörde gleichlautende Behauptungen wie im vorinstanzlichen
Verfahren aufgestellt habe. Die Vorinstanz habe Art. 63 und 64 OG auch
verletzt, indem sie willkürliche Annahmen getroffen und bundesrechtliche
Beweisvorschriften verletzt habe.

1.4 Die C.________ AG hat für die Klägerin eine Antwort eingereicht, in der
sie sinngemäss die Abweisung der Berufung beantragt.

2.
In Zivil- und Strafsachen können gemäss Art. 29 Abs. 2 OG nur patentierte
Anwälte sowie die Rechtslehrer an schweizerischen Hochschulen als
Parteivertreter vor Bundesgericht auftreten. Die Eingabe der C.________ AG
ist aus dem Recht zu weisen.

3.
Nach Art. 55 Abs. 1 lit. b OG hat die Berufungsschrift die genaue Angabe zu
enthalten, welche Punkte des Entscheides angefochten und welche Abänderungen
beantragt werden. Der blosse Antrag auf Aufhebung bzw. Rückweisung der Sache
genügt in der Regel nicht. Ein blosser Rückweisungsantrag ist nach der Praxis
aber dann ausreichend - und auch einzig angezeigt - wenn das Bundesgericht,
falls es die Rechtsauffassung der Berufungsklägerin für begründet erachtet,
gar kein Endurteil fällen kann, sondern die Sache zu weiteren Abklärungen an
die Vorinstanz zurückweisen muss (BGE 125 III 412 E. 1b S. 414 mit
Verweisen). Die Beklagte hält zwar dafür, ihr zur Verrechnung gestellter
Entschädigungsanspruch aus Art. 260a Abs. 3 OR überwiege die ausstehenden
Mietzinsforderungen, was sie zum Hauptantrag auf Abweisung der Klage hätte
veranlassen müssen. Da die Vorinstanz jedoch zur Höhe der
Schadenersatzforderung der Klägerin keine Feststellungen getroffen hat, ist
ohnehin allein der Eventualantrag zulässig.

4.
Mit Berufung kann geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze
Bundesrecht; wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger ist die
staatsrechtliche Beschwerde vorbehalten (Art. 43 Abs. 1 OG). Im
Berufungsverfahren ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen
der letzten kantonalen Instanz gebunden, wenn sie nicht offensichtlich auf
Versehen beruhen, unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften
zustande gekommen (Art. 63 Abs. 2 OG) oder im Hinblick auf den Tatbestand
einer anwendbaren Sachnorm ergänzungsbedürftig sind (Art. 64 OG). Werden
solche Ausnahmen geltend gemacht, so hat die Partei, welche den Sachverhalt
berichtigt oder ergänzt wissen will, darüber genaue Angaben mit
Aktenhinweisen zu machen (Art. 55 Abs. 1 lit. c und d OG; BGE 130 III 102 E.
2.2 S. 106 mit Hinweisen). Blosse Kritik an der vorinstanzlichen
Beweiswürdigung ist im Berufungsverfahren unzulässig (BGE 127 III 73 E. 6a).

4.1 Die Vorinstanz hat zur - im kantonalen Berufungsverfahren neu geltend
gemachten - Verrechnungseinrede der Beklagten erwogen, die geltend gemachten
Eigenleistungen von Fr. 25'000.-- seien weder konkret behauptet noch belegt
und die Rechnungsbelege für die behaupteten Investitionen von Fr. 110'042.70
seien unklar, da daraus nur teilweise ersichtlich sei, ob sie das Mietobjekt
beträfen. Die Beklagte hat nach den Erwägungen im angefochtenen Beschluss
keine Behauptungen zum im Zeitpunkt der Rückgabe des Mietobjektes vorhandenen
Mehrwert der Mietsache aufgestellt; schliesslich wurde die im
Berufungsverfahren neu erhobene Verrechnungseinrede  verspätet erhoben und
war somit unbeachtlich.

4.2 Die Beklagte rügt in Missachtung von Art. 43 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 1
lit. c OG, die Vorinstanz habe ihr verfassungsmässiges Recht auf willkürfreie
Behandlung mit der Annahme verletzt, sie habe erstmals vor Vorinstanz
Behauptungen zu den zur Verrechnung gestellten Ansprüchen aus Art. 260a Abs.
3 OR aufgestellt; die Vorinstanz habe dabei übersehen, dass die Beklagte
bereits vor der Schlichtungsstelle Entsprechendes vorgebracht habe. Die
Überprüfung des kantonalen Prozessrechts ist dem Bundesgericht im Verfahren
der Berufung verwehrt; wenn die Vorinstanz Vorbringen der Beklagten als
prozessual unbeachtlich unberücksichtigt lässt, liegt entgegen der Ansicht
der Beklagten auch kein Versehen im Sinne von Art. 55 lit. d in Verbindung
mit Art. 63 Abs. 2 OG vor (BGE 129 III 135 E. 2.3.2.1 S. 145, 115 II 399 E.
2a). Auf die entsprechenden Rügen der Beklagten ist nicht einzutreten.

4.3 Unzulässig ist ausserdem die Rüge, die Vorinstanz habe willkürliche
tatsächliche Annahmen getroffen, indem sie den Beweiswert der eingereichten
Rechnungen verneint habe. Es ist darauf gemäss Art. 43 Abs. 1 und Art. 55
Abs. 1 lit. c OG nicht einzutreten.

4.4  Soweit die Beklagte schliesslich die Verletzung von Art. 8 ZGB rügt,
verkennt sie, dass ihr danach ein bundesrechtlicher Anspruch auf Beweis nur
zusteht, soweit sie entsprechende Anträge im kantonalen Verfahren form- und
fristgerecht gestellt hat (BGE 129 III 18 E. 2.6 mit Verweisen). Dies trifft
nach den Erwägungen der Vorinstanz gerade nicht zu. Da die Beklagte ihre
Beweisanträge nicht bzw. nicht gemäss den anwendbaren prozessualen
Bestimmungen form- und fristgerecht gestellt hat, ist ihr bundesrechtlicher
Anspruch auf Beweis der angeblich ins Mietobjekt getätigten Investitionen
bzw. des für den Entschädigungsanspruch entscheidenden Mehrwerts nicht
verletzt. Die Rüge ist unbegründet.

5.
Auf die Berufung ist weitgehend nicht einzutreten. Soweit darauf eingetreten
werden kann, ist sie offensichtlich unbegründet. Der Beklagten ist bei diesem
Verfahrensausgang die Gerichtsgebühr zu auferlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Da
sich die Klägerin nicht (gültig) hat vernehmen lassen, ist dagegen keine
Parteientschädigung zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Beklagten auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. August 2005

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: