Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.424/2004
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4C.424/2004 /lma

Urteil vom 15. März 2005

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Nyffeler, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Widmer.

A. ________ AG,
Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Lorenzo Schmid,

gegen

B.________,
Kläger und Berufungsbeklagten, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marco Toller.

Auftrag; Kostenüberschreitung,

Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, Zivilkammer,
vom 22. März 2004.

Sachverhalt:

A.
Im Frühjahr 1993 erstellte die A.________ AG (Beklagte) für B.________
(Kläger), der seit April 1992 unter der Firma C.________ ein Glashandels- und
Glasbearbeitungsgeschäft betrieb, ein Vorprojekt samt Kostenschätzung für den
Bau eines Gewerbehauses mit Wohnung in Domat/Ems. Anfangs 1994 betraute der
Kläger die Beklagte mit den Architekturarbeiten für die Realisierung des
Neubaus. Die Beklagte unterbreitete dem Kläger zusammen mit dem
Baueingabeprojekt vom 18. Februar 1994 eine approximative
Baukostenzusammenstellung, in der die Erstellungskosten (einschliesslich
Grundstückskosten) mit total Fr. 1'695'000.-- beziffert wurden.

Im Zuge der Ende Mai 1994 begonnenen Bauausführung stellte sich heraus, das
die Kosten erheblich höher ausfallen würden. So unterbreitete die Beklagte
dem Kläger am 8. August 1994 einen ersten Kostenvoranschlag, in dem er die
Gesamtkosten auf Fr. 1'936'272.05 bezifferte. In einem zweiten
Kostenvoranschlag vom 18. Oktober 1994 wurden die Kosten auf Fr. 1'860'279.45
reduziert. Die Bauabrechnung vom 31. Mai 1996 wies schliesslich Baukosten von
Fr. 2'020'681.45 aus. Für die entstandenen Mehrkosten forderte der Kläger von
der Beklagten Schadenersatz. Im Jahre 2000 verkaufte er die Liegenschaft für
Fr. 1'100'000.--.

B.
Der Kläger belangte die Beklagte am 22. November 1999 beim Bezirksgericht
Plessur auf Zahlung von Fr. 325'681.45 nebst Zins. Am 26. März 2001 wurde
über ihn der Konkurs eröffnet. Das Gerichtsverfahren konnte dennoch durch den
Kläger weitergeführt werden, nachdem die Konkursverwaltung am 25. Juli 2001
mitgeteilt hatte, es sei weder ein Gläubiger noch die Konkursverwaltung an
einer Prozessführung interessiert. Das Bezirksgericht Plessur verpflichtete
die Beklagte mit Urteil vom 3. Oktober 2002, dem Kläger Fr. 302'681.45 nebst
Zins zu bezahlen. Eine von der Beklagten dagegen eingelegte
kantonalrechtliche Berufung wies das Kantonsgericht von Graubünden am 22.
März 2004 ab.

C.
Die Beklagte beantragt mit eidgenössischer Berufung vom 11. November 2004,
das Urteil des Kantonsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell
die Forderung des Klägers zu reduzieren. Allenfalls sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung. Am 20. Dezember 2004 hat er
überdies um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege unter Beigabe eines
unentgeltlichen Rechsbeistands ersucht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Im Berufungsverfahren ist das Bundesgericht grundsätzlich an die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bzw. der Erstinstanz, auf deren
Erwägungen die Vorinstanz im vorliegenden Fall umfassend verwiesen hat,
gebunden. Ausnahmen von dieser Bindung kommen nur in Betracht, wenn die
Vorinstanz bundesrechtliche Beweisvorschriften verletzt hat, wenn ihr ein
offensichtliches Versehen unterlaufen ist (Art. 63 Abs. 2 OG) oder wenn der
von ihr ermittelte Sachverhalt im Hinblick auf die Anwendung des Bundesrechts
der Ergänzung bedarf (Art. 64 OG). Die Partei, die den Sachverhalt berichtigt
oder ergänzt wissen will, hat darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu
machen (Art. 55 Abs. 1 lit. d OG; BGE 130 III 102 E. 2.2; 127 III 248 E. 2c
S. 252; 115 II 484 E. 2a S. 485 f., je mit Hinweisen). Blosse Kritik an der
Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts kann dagegen mit Berufung nicht
vorgetragen werden (BGE 127 III 73 E. 6a; 126 III 10 E. 2b S. 12 f.; 119 II
84 E. 3; 118 II 365 E. 1).

Wie in den nachfolgenden Erwägungen zu zeigen ist, weicht die Beklagte in
ihrer Berufungsbegründung, wie auch in der umfangreichen
Sachverhaltsdarstellung, die sie ihren Ausführungen voranstellt, in
zahlreichen Punkten von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ab.
Sie übt dabei teilweise unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung der
Vorinstanz, erhebt aber keine Sachverhaltsrügen nach Art. 63 Abs. 2 und Art.
64 OG, die es dem Bundesgericht gegebenenfalls erlauben würden, den
vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt zu berichtigen oder zu ergänzen.
Ihre Ausführungen haben insoweit unbeachtet zu bleiben.

2.
Streitig ist die Haftung der Beklagten für die Überschreitung des
Kostenvoranschlags im Rahmen der Planung und Realisierung eines Bauprojekts
aufgrund eines mit ihr als Architektin unter Übernahme der SIA-Norm 102
abgeschlossenen Gesamtvertrages. Die kantonalen Gerichte haben die
Haftungsfrage unter zutreffender Anwendung der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung nach Auftragsrecht beurteilt (vgl. BGE 127 III 543 E. 2a S.
545; 114 II 53 E. 2b; 109 II 462; vgl. auch BGE 122 III 61 und 119 II 249;
ferner Fellmann, Haftung für falsche Kostenschätzung, in: Alfred Koller
[Hrsg.], Recht der Architekten und Ingenieure, Tagungsband, St. Gallen 2002
S. 211 ff., S. 225 ff. [nachfolgend zit. als Fellmann, a.a.O.]; Schumacher,
Die Haftung des Architekten aus Vertrag, in: Gauch/Tercier [Hrsg.], Das
Architektenrecht, 3. Aufl., Freiburg 1995, Rz. S. 113 ff., 230 ff., Rz. 743
[nachfolgend zitiert als Schumacher, a.a.O.]). Nach ihren unbestrittenen
Feststellungen wurde der im vorliegenden Fall massgebliche Kostenvoranschlag
nach Abzug der vom Kläger wegen Bestellungsänderungen oder Sonderwünschen zu
vertretenden Mehrkosten um Fr. 302'681.45 überschritten. Sie erklärten die
Beklagte für diese Kostenüberschreitung in vollem Umfang haftbar.

Die Beklagte bestreitet sinngemäss, dass dem Kläger durch die Überschreitung
ihrer Kostenprognose überhaupt oder jedenfalls in dem von der Vorinstanz
anerkannten Umfang ein Schaden entstanden sei, für den sie als Architektin
einzustehen habe. Sie anerkennt zwar, dass sie bei schuldhafter Verletzung
ihrer Pflichten grundsätzlich für Bausummenüberschreitungen hafte. Die
Vorinstanz habe indessen zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass dem
Architekten bei Bausummenüberschreitungen schon grundsätzlich eine
Toleranzgrenze von 10 % zuzubilligen sei; insbesondere sei vorliegend
entgegen der vorinstanzlichen Annahme keine Kostenlimite vereinbart worden,
die eine Toleranz beseitigen würde. Da den Kläger ein schweres Mitverschulden
an der Kostenüberschreitung treffe, wäre der diese Grenze überschreitende
Betrag überdies hälftig zu teilen gewesen, soweit nicht gar von einer die
Haftung ausschliessenden Unterbrechung des Kausalzusammenhangs auszugehen
sei. Schliesslich sei die Vorinstanz bei der Berechnung des Schadens von
einem unzutreffenden Schadensbegriff ausgegangen.

3.
Der Beauftragte haftet dem Auftraggeber nach Art. 398 Abs. 2 OR für getreue
und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäfts. Er hat zum Nutzen
und nicht zum Schaden des Auftraggebers zu handeln und den Auftraggeber
unaufgefordert über alle Punkte aufzuklären, die er nicht kennt oder nicht zu
kennen verpflichtet ist, die aber für seinen Entschluss, den Auftrag zu
erteilen oder aufrecht zu erhalten wesentlich sind (BGE 127 III 357 E. 1d;
119 II 249 E. 2a, 333 E. 5a; vgl. Fellmann, a.a.O., S. 236). Der beauftragte
Architekt hat im Rahmen des ihm erteilten Auftrages, allgemein, d.h. auch
ohne besondere Vereinbarungen über die Handhabung oder Begrenzung der
Baukosten, unaufgefordert eine Kostenberechnung anzustellen und den Bauherrn
über die zu erwartenden Kosten zu informieren. Namentlich hat er einen
Kostenvoranschlag sorgfältig zu erstellen und die Baukosten ständig daraufhin
zu überprüfen, ob sie sich im Rahmen des Voranschlags halten (BGE 119 II 249
E. 3b; 115 II 62 E. 3d S. 67; 108 II 197 E. 2a mit Hinweisen; Schumacher,
a.a.O., S. 236 ff., insbes. Rz. 749 ff.). Im vorliegenden Fall haben die
Parteien die SIA-Norm 102 (Ausgabe 1984) als Vertragsinhalt übernommen, die
als Leistungsinhalt des Vertrags in den Ziffern 3.6, 4.1.4 und 4.2.5 für die
Vorprojektphase eine Grobschätzung der Baukosten und in der Projektphase
einen detaillierten Kostenvoranschlag aufgrund eines genauen Baubeschriebs
sowie laufende Kostenkontrollen in den folgenden Phasen der Realisierung
vorsieht.

Werden bei einem Bauprojekt die vorgesehenen Kosten überschritten, kann der
Architekt je nach der Ausgestaltung des konkreten Vertrages und den Ursachen,
die zur Kostenüberschreitung geführt haben, unterschiedlich haftbar werden.
Zu unterscheiden ist dabei namentlich, ob die Mehrkosten auf Zusatzkosten
oder auf Ungenauigkeiten des Voranschlages bzw. auf mangelnde
Kostenüberwachung zurückzuführen sind (BGE 122 III 61 E. 2a; 119 II 249 E.
3b/aa).

3.1 Die Haftung für vertragswidrig verursachte Zusatzkosten, die dem Bauherrn
bei richtiger Bauausführung erspart geblieben wären, hat mit der Haftung für
die Überschreitung des Kostenvoranschlages als solcher grundsätzlich nichts
zu tun (Fellmann, a.a.O., S. 217; Schumacher, a.a.O., Rz. 761). Sie besteht
unabhängig von der Erstellung eines Kostenvoranschlages; der Architekt hat
diese Mehrkosten als Schaden zu ersetzen, soweit er sie schuldhaft verursacht
hat, wie beispielsweise durch unwirtschaftliche oder fehlerhafte Planung,
ungünstige Vergebung oder unrichtige Weisungen (BGE 122 III 61 E. 2a).
Entsprechende Mehrkosten werden der Beklagten vorliegend nicht zum Vorwurf
gemacht.

3.2 Wird der Kostenvoranschlag aus anderen Gründen überschritten, namentlich
weil er auf ungenauen Kostenberechnungen beruhte oder weil der Architekt
seine Pflichten zur Kostenüberwachung im Verlauf der Bauausführung nicht
genügend wahrnahm, liegt auch darin eine Schlechterfüllung des Vertrags, für
die der Architekt bei Verschulden haftet. Zu ersetzen ist dabei der
Vertrauensschaden, den der Bauherr erlitten hat, weil er in die
Verlässlichkeit der Kosteninformationen vertraut und dementsprechend seine
Dispositionen getroffen hat, d.h. nachteilige Vorkehren getroffen und
vorteilhafte unterlassen hat (BGE 122 III 61 E. 2c/aa; 119 II 249 E. 2b/aa;
Fellmann, a.a.O., S. 233).

3.2.1 Ein Vertrauensschaden kann dabei von vornherein nur bestehen, soweit
der Bauherr auf die Richtigkeit des Voranschlags überhaupt vertraut hat, was
namentlich voraussetzt, dass er den Voranschlag überhaupt als solchen zur
Kenntnis nahm und nicht um dessen Unrichtigkeit wusste (nachstehende Erwägung
4; vgl. Gauch, Überschreitung des Kostenvoranschlages - Notizen zur
Vertragshaftung des Architekten (oder Ingenieurs), BR 1989 79 ff., S. 82).
Grundsätzlich darf der Bauherr im Vertrauen darauf handeln, dass der von ihm
als Spezialist zur Bauausführung zugezogene Architekt seine Pflichten
vollständig, sorgfältig und rechtzeitig erfüllt; er ist namentlich nicht
gehalten und regelmässig auch nicht in der Lage, die Tätigkeit des
Architekten zu überwachen und die Kostenprognose auf ihre Richtigkeit hin zu
überprüfen (Schumacher, Die Haftung des Architekten für seine
Kosteninformationen, recht 1994 126 ff. S. 136; derselbe, a.a.O., Rz. 748,
772; vgl. Fellmann, a.a.O., S. 229; derselbe, Berner Kommentar, N. 366 zu
Art. 398 OR; Hannes Zehnder, Die Haftung des Architekten für die
Überschreitung seines Kostenvoranschlages, Diss. Freiburg 1993, Rz. 318).
Dabei ist zu beachten, dass es zu den Pflichten des Architekten gehört, den
Bauherrn auch über den Genauigkeitsgrad seiner Kosteninformation aufzuklären.
Auch keine Information kann eine Information sein, nämlich diejenige, dass
der Bauherr nicht mit Mehrkosten zu rechnen habe. Unterlässt der Architekt
eine Aufklärung über Kostenrisiken, insbesondere über die Ungenauigkeit
seiner Kostenprognosen, erweckt er grundsätzlich den Eindruck und damit das
Vertrauen des Bauherrn, besondere Risiken bestünden nicht (Schumacher,
a.a.O., Rz. 748; Fellmann, a.a.O., S. 229).

3.2.2 Haben die Parteien keine besondere Vereinbarung über die Genauigkeit
des Kostenvoranschlages getroffen, besteht nach herrschender Lehre und
Rechtsprechung eine Toleranzgrenze, die nach allgemeiner Annahme beim
detaillierten Kostenvoranschlag für einen Neubau 10 % beträgt. Eine solche
Grenze ist auch in der vorliegend Vertragsinhalt bildenden SIA-Norm 102,
Ziff. 4.2.5 enthalten. Mit dieser Toleranz soll den Unwägbarkeiten, die mit
der Kostenschätzung und der Verwirklichung eines Bauvorhabens verbunden sind,
und den sich im Lauf der Realisierung allenfalls verändernden Verhältnissen
Rechnung getragen werden (Fellmann, a.a.O., S. 230 ff.; Schumacher, a.a.O.,
Rz. 760; Urteil des Bundesgerichts 4C.287/1991 vom 22. Dezember 1992 E. 5a;
vgl. auch Gauch, a.a.O., S. 83). Mangels besonderer Absprache kann allerdings
auch eine vereinbarte Toleranzgrenze nicht als Haftungsbeschränkungsklausel
ausgelegt werden, die den Architekten im Rahmen der Toleranzgrenze von der
Haftung für Vertragsverletzungen befreien würde. In der Regel ändert die
Toleranzgrenze nichts am Kostenziel des Bauherrn, das vom Architekten trotz
Toleranzgrenze bzw. Unsicherheit jeder Prognose für die Zukunft angestrebt
werden muss (Schumacher, a.a.O., Rz. 756 S. 240; vgl. dazu auch Fellmann,
Berner Kommentar, Rz. 516 f. zu Art. 398 OR). Entsprechend dem Ausgeführten
kommen der Toleranzgrenze verschiedene Funktionen zu, die einerseits im
Bereich der Abklärung, ob eine Pflichtverletzung gegeben ist, andererseits im
Bereich der Schadensberechnung liegen.

3.2.2.1 Was den Bereich des Beweises einer Vertragsverletzung angeht, kennt
der Bauherr häufig nur das Ausmass der Kostenüberschreitung, aber nicht oder
nicht vollumfänglich deren Ursachen. Der Toleranzgrenze kommt hier die
Funktion eines doppelten Anscheinsbeweises zu, nämlich sowohl zu Gunsten des
Architekten als auch zu Gunsten des Bauherrn. Kostenüberschreitungen, welche
die Toleranzgrenze übersteigen, lassen dabei auf Pflichtverletzungen des
Architekten schliessen, solche unterhalb dieser Grenze hingegen auf das
Fehlen von Pflichtverletzungen. Dieser Anscheinsbeweis kann entkräftet
werden, wenn die dadurch belastete Partei Tatsachen nachweist, die Zweifel an
dieser Folgerung erwecken. Insbesondere zerstört der Nachweis, dass die
Überschreitung des Kostenvorschlages nicht in allgemeinen Unsicherheiten
begründet war, sondern in klaren Fehlern bzw. Sorgfaltswidrigkeiten des
Architekten, die mit dem Prognose-Charakter des Voranschlags unmittelbar
nichts zu tun haben, den Anscheinsbeweis zu dessen Gunsten, auch wenn die
Kostenüberschreitungen unterhalb der Toleranzgrenze liegen (vgl. Schumacher,
a.a.O., Rz. 759 f.; Fellmann, a.a.O., S. 230 f.; Urteil 4C.287/1991 vom 22.
Dezember 1992 E. 5a).

3.2.2.2 Die Zerstörung des Anscheinsbeweises durch den Bauherrn hat zur
Folge, dass die dem Architekten nachgewiesene Pflichtverletzung auch eine
entsprechende Schadenersatzpflicht für Kostenüberschreitungen "innerhalb der
Toleranzgrenze" nach sich zieht. Die Toleranzgrenze schafft also, sofern sie
nicht ausdrücklich als haftungsbeschränkender Genauigkeitsgrad für den
Kostenvoranschlag festgelegt worden ist, nicht einen Bereich, innerhalb
dessen Kostenüberschreitungen vom Bauherrn unter allen Umständen
entschädigungslos hingenommen werden müssen und damit bei der
Schadensberechnung ausser Betracht fallen. Es trifft zwar zu, dass der
Bauherr davon ausgehen muss, dass eine präzise Voraussage der Kosten nicht
möglich ist und er daher auch bei sorgfältiger Berechnung der Baukosten
innerhalb einer Toleranzgrenze mit Kostenüberschreitungen zu rechnen hat,
soweit er darüber informiert worden ist (Erwägung 3.2.1 vorne). Das heisst
aber nicht, dass er als Auftraggeber auch Fehler oder andere
Pflichtverletzungen des Architekten akzeptieren muss. Beim direkten Beweis
einer Vertragsverletzung kann sich der Architekt nicht auf eine
Toleranzgrenze berufen, sondern hat für die daraus resultierende
Kostenüberschreitung grundsätzlich einzustehen, soweit davon auszugehen ist,
der Bauherr hätte bei deren Kenntnis anders disponiert (vgl. Schumacher,
a.a.O., Rz. 759 f., 772; Fellmann, a.a.O., S. 230 f.; Urteil 4C.287/1991 vom
22. Dezember 1992 E. 5a; a.M. Gauch, a.a.O., S. 83; Zehnder, a.a.O., Nr.
192).

Umgekehrt ist in Fällen, in denen der Bauherr dem Architekten keine
Pflichtverletzung nachweisen kann, die unmittelbar zu quantifizierbarem
Schaden geführt hat, bei der Schadensberechnung davon auszugehen, dass der
Bauherr bis zur Toleranzgrenze von vornherein keinen Vertrauensschaden
erleiden kann, da er bis zur Toleranzgrenze mit Kostenüberschreitungen
rechnen muss (Fellmann, a.a.O., S. 235). Nach der zutreffenden Auffassung von
Schumacher kann sich der Architekt allerdings mit Rücksicht auf die
weitreichenden Aufklärungs- und Benachrichtigungspflichten des Beauftragten
bei der Ermittlung des Vertrauensschadens auch in diesem Fall nur dann
uneingeschränkt auf die Toleranzgrenze berufen, wenn er den Bauherrn über das
Bestehen einer solchen und über deren Tragweite rechtzeitig orientiert hat
(vgl. vorstehende Erwägung 3.2.1); der Architekt darf sich namentlich nicht
darauf verlassen, dass der Bauherr aus eigener Initiative die Angaben von
Genauigkeitsgraden in der umfangreichen SIA-Ordnung 102 selber nachliest und
versteht (Schumacher, a.a.O., Rz. 774; so auch Fellmann, a.a.O., S. 236 f.).
Entsprechend sieht Art. 4.2.5 der SIA-Norm 102 vor, dass der Genauigkeitsgrad
von +/- 10 % wie auch Beträge für Unvorhergesehenes im Kostenvoranschlag zu
nennen sind. Ist eine entsprechende Orientierung unterblieben, muss im
Einzelfall festgestellt werden, welches konkrete Vertrauen der Bauherr nach
Treu und Glauben in die Kosteninformationen des Architekten haben durfte
(Schumacher, a.a.O., Rz. 775; Fellmann, a.a.O., S. 237).

3.3 Will der Bauherr das Risiko einer von ihm zu tragenden
Kostenüberschreitung selbst im Rahmen der Toleranzgrenze ausschliessen, kann
er bei Vertragsschluss oder auch im Verlaufe der Planung eine Kostenlimite
festsetzen oder sich vom Architekten eine Bausummengarantie abgeben lassen
(vgl. dazu Fellmann, a.a.O., S. 218 ff.; Schumacher, a.a.O., Rz. 737 ff.).
Bei der vorliegend im Raum stehenden Kostenlimite handelt es sich um eine
Weisung des Bauherrn, nach der die Kosten des Bauwerks einen bestimmten
Betrag nicht übersteigen dürfen. Ob der Bauherr eine Limite erteilt hat, ist
eine Auslegungsfrage (vgl. zur Vertragsauslegung BGE 130 III 66 E. 3.2; 129
III 118 E. 2.5; 128 III 265 E. 3a; 127 III 444 E. 1b). Wenn der Architekt
bemerkt oder bemerken muss oder Anlass zu Zweifeln hat, dass die Kostenlimite
nicht eingehalten werden kann, hat er die Arbeiten grundsätzlich unverzüglich
einzustellen, Abklärungen zu treffen und den Bauherrn zu orientieren, damit
Massnahmen zur Einhaltung der Kostengrenze getroffen werden können. Kommt er
diesen Pflichten sorgfaltswidrig nicht nach, und verschuldet er damit die
Überschreitung der Limite, hat er dem Bauherrn den dadurch verursachten
Schaden zu ersetzen. Dieser besteht grundsätzlich in den Mehrkosten, die der
Bauherr durch die Weisung verhindern wollte, ohne dass eine Toleranz in Abzug
zu bringen ist (vgl. dazu BGE 108 II 197 E. 2; Schumacher, a.a.O., Rz. 737
f.; vgl. dazu auch Zehnder, a.a.O., N. 71).

4.
Die kantonalen Instanzen bejahten, dass der Kläger vorliegend grundsätzlich
auf die Genauigkeit der ihm unterbreiteten Kostenschätzung vom 18. Februar
1994 habe vertrauen dürfen (vgl. dazu die vorstehende Erwägung 3.2.1).
Darüber hinaus hielten sie mit mehrfacher Begründung fest, dass sich die
Beklagte nicht auf eine Toleranz von 10 % berufen könne, in deren Rahmen eine
Haftung für die Überschreitung des Kostenvoranschlages entfallen würde
(Erwägungen 3.2.2 und 3.3 vorne).

4.1 Zunächst führten sie aus, dass die Beklagte dem Kläger vor dem Baubeginn
ausser der Kostenschätzung vom 18. Februar 1994 keine weiteren
Kosteninformationen vorgelegt habe. Diese sei daher die einzige Grundlage für
den Entscheid über die Realisierung des Bauvorhabens gewesen. Da die Beklagte
den Kläger zudem nicht besonders über deren Genauigkeitsgrad orientiert bzw.
dem Kläger nach seinen glaubhaften Aussagen gar eine Abweichung um höchstens
1-2 % von den geschätzten Kosten in Aussicht gestellt habe, sei dieser
grundsätzlich in seinem Vertrauen auf die Genauigkeit der Schätzung zu
schützen. Allein der Umstand, dass die Beklagte die Kostenschätzung als
"approximativ" bezeichnet habe, sei unter den vorliegend gegebenen Umständen
nicht ausreichend gewesen, um das Vertrauen des Klägers in deren Genauigkeit
zu zerstören. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigten, dass die Beklagte
den Kläger bei der Finanzierung beraten und ausser der Kostenschätzung ein
Finanzierungskonzept für die Baute erstellt habe. Sie habe damit ersichtlich
gewusst, dass der Kläger mit dem Bauvorhaben an seine finanziellen Grenzen
gegangen sei. Dies werde auch schon durch die Tatsache bewiesen, dass sie
sich die Mühe genommen habe, auch eine Tragbarkeitsberechnung anzustellen.
Die Beklagte müsse sich demnach auf der Kostenschätzung bzw. dem durch das
beigefügte Finanzierungskonzept vermittelten und durch die Unterlassung
weiterer Kosteninformationen bestärkten Eindruck der veranschlagten Baukosten
behaften lassen. Der Umstand, dass der Kläger als Glaser im Baunebengewerbe
tätig gewesen sei und dass damit davon ausgegangen werden könne, ihm seien
aus seiner Tätigkeit Toleranzbereiche, wie sie die SIA-Norm 102 vorsehe,
bekannt, ändere unter den gegebenen Umständen nichts daran, dass er in die
Richtigkeit und Genauigkeit der Kostenschätzung habe vertrauen dürfen. Es
könne im Übrigen nicht davon gesprochen werden, dass er wegen seiner
Tätigkeit über das erforderliche Spezialwissen verfügt hätte, das es ihm
gestattet hätte, die Kostenschätzung auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen
und eine Fehlerhaftigkeit erkennen zu können.

Die Vorinstanz hat darüber hinaus erkannt, der Kläger habe angesichts des
erkennbaren Wissens der Beklagten über seine finanziellen Möglichkeiten nach
Treu und Glauben davon ausgehen dürfen, der Beklagten mit der Genehmigung der
Kostenschätzung vom 18. Februar 1994 eine absolute Kostenlimite über die
geschätzte Summe von Fr. 1'695'000.-- gesetzt zu haben, obwohl diese von der
Beklagten als approximative Kostenschätzung bezeichnet worden sei.

Die Beklagte hält dafür, die kantonalen Gerichte hätten die bundesrechtlichen
Bestimmungen über die Vertragsauslegung verletzt, indem sie erkannten, der
Kläger habe auf die Genauigkeit der Kostenschätzung vom 18. Februar 1994
vertrauen dürfen bzw. er habe nach Treu und Glauben von der Vereinbarung
einer Kostenlimite ausgehen dürfen. Sie macht dazu im Wesentlichen geltend,
der Kläger habe über die Kenntnisse verfügt, die ihm eine Beurteilung der
Kostenschätzung vom 18. Februar 1994 auf ihre Richtigkeit hin erlaubt hätten,
und die Parteien hätten bereits im Jahre 1993 Gespräche über mögliche Kosten
geführt, bei denen sie von höheren Erwartungen ausgegangen seien. Damit
weicht sie von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ab und ergänzt
diese, wobei sie keine Ausnahme nach Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG anruft und
lediglich unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz übt. Sie
ist daher insoweit nicht zu hören.

Wenn die kantonalen Gerichte aufgrund ihrer vorstehend dargestellten
Erwägungen schlossen, der Kläger habe in einer Weise Vertrauen in die
Genauigkeit der ihm am 18. Februar 1994 vorgelegten Kostenschätzung haben
dürfen, welche die Berücksichtigung einer Toleranz zu Gunsten der Beklagten
ausschliesse, ist dies im Lichte der Grundsätze, die in den vorstehenden
Erwägungen 3.2.1 und 3.2.2.2 dargestellt wurden, bundesrechtlich nicht zu
beanstanden. Die Beklagte hat den Kläger nicht über den Genauigkeitsgrad der
ihm vor Baubeginn einzig vorgelegten Kosteninformation in Kenntnis gesetzt
und der Kläger durfte nach den von den Gerichten berücksichtigten konkreten
Umständen auf die Genauigkeit des Kostenvoranschlags vertrauen.

Ob die Vorinstanz darüber hinaus zu Recht angenommen hat, der Kläger habe
nach Treu und Glauben von einer Kostenlimite ausgehen dürfen, braucht bei
dieser Sachlage und mit Blick auf die weiteren, wie nachfolgend darzulegen
ist, ebenfalls gegebenen Voraussetzungen für die Haftung der Beklagten nicht
entschieden zu werden. Immerhin ist dabei darauf hinzuweisen, dass in der
Lehre davon ausgegangen wird, der Architekt müsse nach Treu und Glauben von
einer Kostenlimite ausgehen, wenn der Bauherr ihm gegenüber betone, dass ihm
für die Realisierung eines Vorhabens nur eine bestimmte Summe zur Verfügung
stehe (Schumacher, a.a.O., Rz. 738; Fellmann, a.a.O., S. 218). Nach den
vorinstanzlichen Feststellungen wies der Kläger die Beklagte zwar nicht
ausdrücklich darauf hin, ihm stehe nur der Betrag von Fr. 1'695'000.-- zur
Verfügung. Die Vorinstanz hielt aber immerhin fest, die Beklagte habe
gewusst, dass der Kläger mit dieser Summe an die Grenzen seiner finanziellen
Möglichkeiten ging und keine Mehrkosten werde verkraften können. Bei dieser
Sachlage dürfte auch ihr Schluss, die Beklagte habe die Genehmigung der
Kostenschätzung vom 18. Februar 1994 als Setzung einer Kostenlimite verstehen
müssen, kaum als bundesrechtswidrig zu betrachten sein.

4.2 Die Vorinstanz hielt ferner unter Verweisung auf die Erwägungen der
Erstinstanz dafür, eine Toleranz falle ausser Betracht, weil der Beklagten im
Zusammenhang mit der Handhabung der Kosten verschiedene Pflichtverletzungen
direkt hätten nachgewiesen werden können. So habe die Beklagte in eindeutiger
Verletzung von Ziffer 4.2.5 der SIA-Norm 102 erst am 8. August 1994, also
erst in der Phase der Bauausführung statt bereits in der Projektphase vor
Baubeginn, eine als Kostenvoranschlag bezeichnete, detaillierte
Kostenzusammenstellung vorgelegt. Die dem Kläger vorher einzig unterbreitete,
als approximative Kostenschätzung bezeichnete Kosteninformation vom 18.
Februar 1994 habe für ihn die alleinige Grundlage für seinen Entscheid über
die Realisierung des Bauvorhabens gebildet, sei dafür aber ungenügend
gewesen. Denn diese habe sich in verschiedenen Punkten als unsorgfältig und
unvollständig erarbeitet erwiesen. Überdies habe die Beklagte den Kläger auch
nicht rechtzeitig über nachfolgend bekannt gewordene Abweichungen der Kosten
von der Schätzung orientiert. Diese Pflichtverletzungen seien für die gesamte
Abweichung der Baukosten von der massgeblichen, da Grundlage für den
Bauentscheid bildenden Kostenschätzung vom 18. Februar 1994 ursächlich.

Die Beklagte macht dagegen im Wesentlichen geltend, die Vorinstanz habe
verkannt, dass sie keine Pflichtverletzungen begangen habe, die für die
Verteuerung des Gewerbe- und Wohnbaus ursächlich gewesen seien. Insbesondere
habe sie das Projekt nicht eigenmächtig abgeändert, vergrössert oder mit
teureren Materialien erstellen lassen. Die Vorinstanz lasse ausser Acht, dass
selbst bei rechtzeitigem Vorliegen eines Kostenvoranschlages das projektierte
Bauvorhaben in der entsprechenden Kostengrösse hätte realisiert werden
müssen. Mit diesen Vorbringen verkennt die Beklagte die in vorstehender
Erwägung 3 dargestellten Grundsätze über die Haftung des Architekten für den
Vertrauensschaden, den der Bauherr aus einer ungenügenden Kosteninformation
erleidet. Danach wäre es gerade die Pflicht der Beklagten gewesen, dem Kläger
einen sorgfältig ausgearbeiteten Kostenvoranschlag zu einem Zeitpunkt zu
unterbreiten, in dem er noch die Möglichkeit hatte, ohne schwerwiegende
rechtliche oder tatsächliche Nachteile zu erleiden auf seinen Entschluss über
die Ausführung des Projekts zurückzukommen, indem er es noch abändern lassen
oder darauf verzichten konnte. Der Beklagten wird sodann als
haftungsbegründende Pflichtverletzung nicht vorgeworfen, vertragswidrig
Zusatzkosten verursacht zu haben, die dem Kläger bei richtiger Bauausführung
erspart geblieben wären (vgl. vorstehende Erwägung 3.1.1). Die Vorinstanz hat
die Beklagte vielmehr für den Vertrauensschaden haftbar erklärt, der dem
Kläger daraus erwuchs, dass er auf die ihm als Grundlage seines Bauentscheids
einzig unterbreitete und daher massgebliche (vgl. Schumacher, a.a.O., Rz.
751) Kosteninformation der Beklagten vom 18. Februar 1994 vertraut hatte, die
sich im Nachhinein als unrichtig erwies, weil sie unsorgfältig erarbeitet
worden war. Die Beklagte räumt insoweit selber ein, dass ihre Kostenprognose
falsch war, da diese auf ungenügenden Berechnungen beruhte, und dass ihr im
Weiteren vorzuwerfen ist, vor Baubeginn keinen Kostenvoranschlag
ausgearbeitet zu haben, wie auch nachher, bis zum 6. August 1994 keine
periodischen Kosteninformationen abgegeben zu haben. Die Vorinstanz hat somit
auch kein Bundesrecht verletzt, soweit sie entschied, die Beklagte könne sich
nicht auf die Toleranzgrenze berufen, da die Kostenüberschreitungen
vollumfänglich auf direkt nachweisbare Pflichtverletzungen der Beklagten
zurückzuführen seien.

4.3 Die Vorinstanz hat damit zu Recht erkannt, der Kläger habe auf die
Richtigkeit und die Genauigkeit der Kostenschätzung vom 18. Februar 1994
vertrauen dürfen und die Beklagte könne sich bei der Schadensberechnung nicht
auf eine Toleranzmarge von 10 % berufen.

5.
Auch wenn bei der Bestimmung des durch die Überschreitung des
Kostenvoranschlages entstandenen Vertrauensschadens des Bauherrn wie im
vorliegenden Fall keine Toleranzgrenze zu berücksichtigen ist, entspricht der
Vertrauensschaden nicht ohne weiteres dem gesamten, die Kostenprognose des
Architekten übersteigenden Betrag.

5.1
5.1.1Ein Ersatzanspruch entfällt zunächst mangels Vertrauensschadens, soweit
der Architekt beweist, dass der Bauherr an seinen Dispositionen resp. an
seinem Verhalten nichts geändert hätte, wenn ihm die Unrichtigkeit des
Voranschlages bewusst gewesen wäre. Der Bauherr ist nur soweit geschädigt,
als ihm Mehrkosten entstanden sind, die er durch alternatives Verhalten hätte
vermeiden können und wahrscheinlich vermieden hätte, wenn er richtig und
rechtzeitig über die mutmasslichen Kosten aufgeklärt worden wäre. Die
Schädigung, für die der Architekt grundsätzlich einzustehen hat, ergibt sich
somit daraus, dass der Bauherr bei Kenntnis der Unrichtigkeit des
Kostenvoranschlags anders disponiert hätte. Als hypothetisches
Alternativverhalten kommt dabei etwa in Betracht, dass der Bauherr bei
(genügend) genauem Kostenvoranschlag eine günstigere Finanzierung der
Gesamtkosten erreicht, das Bauwerk auf kostengünstigere Weise realisiert oder
von der Realisierung überhaupt abgesehen hätte. Soweit der Bauherr sein
Bauvorhaben bei richtiger Information trotzdem unverändert durchgeführt, die
über den Kostenvoranschlag hinausgehenden Kosten also ohnehin in Kauf
genommen hätte, ist ihm kein Schaden entstanden. Hätte er dagegen auf das
Bauvorhaben verzichtet oder jedenfalls weniger dafür ausgegeben, so ist in
den Mehrausgaben grundsätzlich eine ungewollte Vermögensverminderung zu sehen
(BGE 122 III 61 E. 2c/aa S. 64; 119 II 249 E. 3b/aa S. 252; Schumacher,
a.a.O., Rz. 767 ff., 777; Fellmann, a.a.O., S. 235; Gauch, a.a.O., S. 81 f.;
Zehnder, a.a.O., Rz. 236 ff.). Dass er sich bei richtiger Information anders
verhalten und damit Kosten erspart hätte, muss grundsätzlich der Bauherr
dartun (vgl. zu den Anforderungen an den entsprechenden Beweis und an den
Gegenbeweis des Architekten zu seiner Entlastung: Schumacher, a.a.O., Rz. 768
f.; derselbe, a.a.O., recht 1994 S. 135; Fellmann, a.a.O., S. 235 f.; siehe
ferner auch BGE 117 Ib 197 E. 5c und d S. 209 f.).
5.1.2 Die Vorinstanz stellte unter Verweisung auf die einlässlichen
Erwägungen des Bezirksgerichts fest, dass der Kläger das Bauvorhaben
angesichts seiner beschränkten finanziellen Möglichkeiten nicht oder
jedenfalls nicht in der realisierten Form in Angriff genommen hätte, wenn er
gewusst hätte, dass der veranschlagte Betrag von Fr. 1'695'000.-- für dessen
Realisierung nicht ausreichen würde; es sei davon auszugehen, dass er alles
getan hätte, um die eingetretene finanzielle Entwicklung zu verhindern. An
diesem Schluss vermöge angesichts der fehlenden Sachkunde des Klägers mit
Bezug auf die Kostenerfassung und -kontrolle bei einem Bauvorhaben namentlich
die Tatsache nichts zu ändern, dass er vor Baubeginn nicht auf der Vorlegung
eines Kostenvoranschlages bestanden habe. Auch die Behauptungen der Beklagten
über das Fehlen einer angemessenen Reaktion des Klägers auf den ihm am 8.
August 1994 unterbreiteten Kostenvoranschlag vermöchten den gezogenen Schluss
nicht zu entkräften; im damaligen Zeitpunkt seien - von ohnehin zu Lasten des
Klägers gehenden Kosten für gehobenen Ausbau von Küche und Bädern abgesehen -
keine wesentlichen Kosteneinsparungen mehr möglich gewesen und dem Kläger sei
nichts anderes übrig geblieben, als mit der Realisierung des Bauvorhabens im
ursprünglich geplanten Umfang fortzufahren. Der Vertrauensschaden bestehe
insofern in der gesamten Kostenüberschreitung, soweit diese nicht auf
Sonderwünsche des Klägers zurückzuführen sei, da davon auszugehen sei, der
Kläger hätte die entsprechenden Mehrkosten bei richtiger Kosteninformation
verhindert.

Die kantonalen Instanzen haben ihre Überzeugung hinsichtlich des
hypothetischen Alternativverhaltens des Klägers nach dem Dargelegten aufgrund
von erhobenen Beweisen und aus den Umständen des konkreten Falles gewonnen.
Damit haben sie in Beweiswürdigung eine tatsächliche Feststellung getroffen,
an die das Bundesgericht mangels substanziierter Sachverhaltsrügen nach Art.
63 Abs. 2 und Art. 64 OG im Berufungsverfahren gebunden ist (BGE 122 III 61
E. 2c/bb; vgl. dazu auch BGE 127 III 453 E. 5d; 126 III 10 E. 2b, je mit
Hinweisen). Was die Beklagte dagegen vorbringt, ist nicht geeignet, eine
Bundesrechtsverletzung aufzuzeigen, sondern stellt blosse Kritik an der
Beweiswürdigung der kantonalen Instanzen dar, die zudem weitgehend auf von
der Vorinstanz nicht festgestellten Sachverhaltselementen gründet. Mit dieser
ist sie im vorliegenden Verfahren nicht zu hören, weshalb es insoweit bei den
vorinstanzlichen Feststellungen zum Schaden bleibt.

5.2 Es entspricht einem Grundsatz des schweizerischen Schadenersatzrechts,
dass sich der Geschädigte Vorteile, die ihm aus dem Schadenereignis erwachsen
sind, auf seinen Schaden anrechnen lassen muss, andernfalls er bereichert
wäre (Brehm, Berner Kommentar, N. 27 ff. zu Art. 42 OR; Schumacher, a.a.O.,
S. 238). Dem Bauherrn entsteht daher im Weiteren nur insoweit ein zu
ersetzender Schaden, als die Baute entsprechend der Kostenüberschreitung
nicht einen objektiven Mehrwert aufweist und als ein - aufgedrängter -
Mehrwert des Hauses für ihn nutzlos ist oder die Investition gar seine
wirtschaftlichen Möglichkeiten übersteigt. Da ein Mehrwert dem Bauherrn
insoweit als Vorteil anzurechnen ist, als er ein persönliches Interesse daran
hat, kann der massgebliche Schaden als Differenz zwischen dem objektiven Wert
der Baute und dem subjektiven Nutzen des Bauherrn daran umschrieben werden
(BGE 122 III 61 E. 2c/aa; 119 II 249 E. 3b/bb S. 253; vgl. dazu Fellmann,
a.a.O., S. 223 f., 238 f.; Schumacher, a.a.O., Rz. 779 ff.; Gauch, a.a.O., S.
85).

5.2.1 Die Vorinstanz verneinte, dass die streitbetroffene Liegenschaft im
Zeitpunkt ihrer Fertigstellung bzw. der Vorlage der Schlussabrechnung
gegenüber den geschätzten Kosten von Fr. 1'695'000.-- überhaupt einen
objektiven Mehrwert aufgewiesen habe. Sie berücksichtigte dabei, dass der
Verkehrswert der Liegenschaft in diesem Zeitpunkt amtlich auf Fr.
1'776'000.-- geschätzt worden war. Sie hielt indessen fest, dass der
Verkehrswert im Jahre 1999 amtlich nur noch auf Fr. 1'622'000.-- geschätzt
worden sei und die Liegenschaft im Jahre 2000 aufgrund der anhaltenden
finanziellen Schwierigkeiten des Klägers für einen Preis von bloss Fr.
1'100'000.-- habe verkauft werden müssen. Angesichts dieser Umstände hielt es
die Vorinstanz für reine Spekulation und nicht glaubhaft, dass der Kläger die
Liegenschaft nach Erstellung des Bauprojekts zum amtlich geschätzten Wert
hätte verkaufen können. Sie hat damit aufgrund der konkreten Umstände
beweismässig geschlossen, dass die Liegenschaft im Zeitpunkt ihrer
Fertigstellung keinen objektiven Mehrwert aufwies. Darin liegt eine
tatsächliche Feststellung, an die das Bundesgericht im Rahmen der Berufung
grundsätzlich gebunden ist (Art. 63 Abs. 2 OG).

5.2.2 Die Beklagte macht dagegen allerdings geltend, die Vorinstanz habe den
bundesrechtlichen Schadensbegriff verkannt (vgl. dazu BGE 127 III 73 E. 4a
mit Hinweisen), indem sie angenommen habe, der Schaden bestehe in der
Differenz zwischen der Kostenschätzung von Fr. 1'695'000.-- und den effektiv
abgerechneten Kosten von Fr. 2'020'681.45, also in der effektiv errechneten
Kostenüberschreitung. Massgeblich sei vielmehr die Differenz des
Vermögensstandes des Klägers, wie er sich vor der Erstellung der Baute im Mai
1994 und nach Abschluss des Konkursverfahrens präsentiert habe. Damit macht
sie im Wesentlichen geltend, dass die Vorinstanz den für die
Schadensberechnung massgeblichen Zeitpunkt falsch angesetzt habe. Sie
übersieht dabei, dass der Schaden aus vertraglichen Leistungsstörungen im
Regelfall auf den Zeitpunkt der Erfüllung zu berechnen ist, wenn vom hier
nicht gegebenen Fall abgesehen wird, in dem der Gläubiger die
Schadensberechnung im Urteilszeitpunkt verlangt (vgl. BGE 122 III 53 E. 4c S.
57; 109 II 474 E. 3 S. 476; vgl. dazu auch BGE 130 III 591 E. 3.1 S. 597;
Wiegand, Basler Kommentar, N. 51 zu Art. 97 OR; Gauch/Schluep/Rey,
Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 8. Aufl., Zürich 2003,
Rz. 2655 ff.). Die Vorinstanz hat bei der Schadensberechnung somit zutreffend
auf den Zeitpunkt der Erfüllung, d.h. auf denjenigen der Fertigstellung der
Baute bzw. der Vorlage der Schlussabrechnung abgestellt, in dem der Umfang
der schadensbegründenden Kostenüberschreitung feststand. Welche Entwicklung
das Vermögen des Klägers im Konkursverfahren nahm, hat die Vorinstanz somit
zu Recht ausser Acht gelassen.

5.2.3 Hat die Vorinstanz bundesrechtskonform verneint, dass die Liegenschaft
im massgebenden Zeitpunkt gegenüber der Kostenschätzung vom 18. Februar 1994
einen objektiven Mehrwert aufwies, erübrigt sich die Ermittlung eines
subjektiven Mehrwertes der Liegenschaft für den Kläger.

6.
Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass der Kläger im vorliegenden Fall
auf die Genauigkeit der ihm unterbreiteten Kostenschätzung unter Ausschluss
einer Toleranz von 10 % vertrauen durfte (Erwägung 4 vorne). Ferner steht
fest, dass er bei rechtzeitiger Kenntnis der Unrichtigkeit der
Kostenschätzung auf das Bauvorhaben verzichtet oder dieses jedenfalls auf
kostengünstigere Weise realisiert hätte, um jegliche Mehrkosten gegenüber der
geschätzten, für ihn gerade noch tragbaren Baukostensumme von Fr.
1'695'000.-- zu verhindern (vorstehende Erwägung 5.1). Schliesslich weist die
Baute keinen der Kostenüberschreitung entsprechenden Mehrwert gegenüber dem
Kostenvoranschlag auf, der dem Kläger als Vorteil auf seinen Schaden
anzurechnen wäre (Erwägung 5.2). Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz zu
Recht erkannt, dass sich der zu ersetzende Vertrauensschaden auf den vollen
Betrag der Kostenüberschreitung unter blossem Abzug der von ihm zu
vertretenden Mehrkosten für Ausbau und Änderungswünsche beläuft.

Da das Verhalten der Klägers bereits bei der Ermittlung des
Vertrauensschadens berücksichtigt ist, insbesondere indem festgestellt wurde,
dass ihm im Zeitpunkt, als ihm die Kostenüberschreitung bekannt wurde, nichts
anderes übrig blieb, als das Projekt in der geplanten Form fertig stellen zu
lassen, besteht für eine Reduktion des Schadenersatzes wegen
Selbstverschuldens nach Art. 99 Abs. 3 OR in Verbindung mit Art. 43 f. OR
kein Raum (vgl. dazu Schumacher, a.a.O., Rz. 786; Fellmann, a.a.O., S. 243
f.). Auch die entsprechenden Vorbringen der Beklagten erweisen sich damit
ohne weiteres als unbegründet.

7.
Die Berufung ist aus den dargelegten Gründen abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Ausgangsgemäss wird die Beklagte für das Verfahren vor
Bundesgericht kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art.
159 Abs. 2 OG).

Das Gesuch des Klägers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist
angesichts des Verfahrensausgangs in Bezug auf die Prozesschancen begründet.
Die Bedürftigkeit des Klägers ist aufgrund der eingereichten Unterlagen und
angesichts der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im kantonalen
Verfahren zu bejahen. Ferner lässt die Komplexität des Verfahrens den Beizug
eines Rechtsanwalts als gerechtfertigt erscheinen. Dem Gesuch um Bewilligung
der unentgeltlichen Rechtspflege ist daher zu entsprechen, was angesichts des
Verfahrensausgangs zur Folge hat, dass dem Rechtsvertreter des Klägers das
Honorar für den Fall der Uneinbringlichkeit zu garantieren ist (Art. 152 Abs.
1 und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'500.-- wird der Beklagten auferlegt.

3.
Die Beklagte hat den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
7'500.-- zu entschädigen. Für den Fall der Uneinbringlichkeit wird dieses
Honorar dem Rechtsvertreter des Klägers zufolge Bewilligung der
unentgeltlichen Rechtspflege aus der Bundesgerichtskasse bezahlt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. März 2005

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: