Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.370/2004
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4C.370/2004 /lma

Urteil vom 23. Dezember 2004

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Nyffeler,
Gerichtsschreiber Luczak.

A. ________,
Beklagter und Berufungskläger,
vertreten durch Fürsprecherin Beatrice Gurzeler,

gegen

B.________,
Kläger und Berufungsbeklagten,
vertreten durch Fürsprecher Heinz Freivogel,

Lehrvertrag; Kündigung,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des
Kantons Bern, Appellationshof, 1. Zivilkammer,
vom 4. August 2004.

Sachverhalt:

A.
Am 14. Mai 2001 schloss A.________ (Beklagter) mit B.________ (Kläger) und
dessen Mutter einen Lehrvertrag ab, gemäss welchem der Kläger während einer
vierjährigen Lehrzeit vom 6. August 2001 bis zum 5. August 2005 zum Schreiner
hätte ausgebildet werden sollen. Die ursprünglich auf drei Monate angesetzte
Probezeit wurde wegen Schwierigkeiten des Klägers in der Schule und im
Betrieb am 31. Oktober 2001 auf sechs Monate verlängert. Im Juni 2002 fand
eine Besprechung zwischen dem Kläger und dem für ihn zuständigen
Lehrlingsbetreuer statt. Eine Kündigungsandrohung oder Verwarnung erfolgte
bei dieser Gelegenheit nicht. Anlässlich eines Gesprächs am 5. September 2002
zwischen den Parteien drohte der Beklagte dem Kläger mit der Kündigung im
Frühjahr, sofern sich sein Verhalten nicht bessere. Mit der Mutter des
Klägers wurde nach der Verlängerung der Probezeit kein Kontakt mehr gesucht.
Die Mutter wusste aber um das Gespräch vom 5. September 2002.

B.
Am 14. März 2003 kam es zu einem Zwischenfall. Der Kläger verliess seinen
Arbeitsplatz, nachdem er sich trotz wiederholter Weisung geweigert hatte,
heruntergefallene Nägel aufzusammeln. Er gab an, er sei mit seiner Mutter zum
Essen verabredet und habe daher keine Zeit dazu. Durch diesen Vorfall
eskalierte die Situation und endete schliesslich mit einer schriftlichen
Kündigung vom 24. März 2003 auf den 31. März 2003.

C.
Der Kläger gelangte an den Gerichtspräsidenten des Gerichtskreises II
Biel-Nidau und verlangte vom Beklagten Schadenersatz für entgangenen Lohn,
verspäteten Eintritt in das Erwerbsleben, Rückerstattung von Kurskosten sowie
eine Entschädigung gemäss Art. 337c Abs. 3 OR. Im Verlauf des kantonalen
Verfahrens beschränkte er seine Forderung auf Fr. 29'999.--, obwohl die ihm
zustehende Summe diesen Betrag bei weitem übersteige.

D.
Der Gerichtspräsident wies die Klage bis auf Fr. 87.20 ab. Er ging davon aus,
das Erreichen des Lehrabschlusses sei praktisch ausgeschlossen und die
Kündigung damit zulässig gewesen. Der Kläger hat dieses Urteil an den
Appellationshof weitergezogen, welcher die Klage vollumfänglich guthiess. Der
Appellationshof kam zum Schluss, trotz des Fehlverhaltens des Klägers sei das
Erreichen des Lehrabschlusses weder in schulischer noch in fachlicher
Hinsicht ausgeschlossen gewesen. Die Verfehlungen des Klägers hätten
angesichts unzureichender Kündigungsandrohungen die Auflösung des
Arbeitsverhältnisses nicht gerechtfertigt.

E.
Mit Berufung beantragt der Beklagte dem Bundesgericht die Aufhebung des
angefochtenen Entscheides und Abweisung der Forderungsklage, soweit diese (in
Bezug auf die Fr. 87.20) nicht rechtskräftig geworden sei. Der Kläger
schliesst auf kostenfällige Abweisung der Berufung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
In seiner Berufung fasst der Beklagte die tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz zusammen und ergänzt diese durch eigene Schlüsse und
Feststellungen. Soweit der angefochtene Entscheid zu diesen Vorbringen im
Widerspruch stehen sollte, verlangt er unter Verweis auf die entsprechende
Aktenstelle eine Ergänzung des Sachverhaltes nach Art. 64 OG. Ferner macht er
geltend, dem Appellationshof seien offensichtliche Versehen im Sinne von Art.
63 Abs. 2 OG unterlaufen und rügt eine Verletzung der richterlichen
Fragepflicht gemäss Art. 343 Abs. 3 OR.

1.1 Im Berufungsverfahren ist das Bundesgericht grundsätzlich an die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden. Ausnahmen von dieser
Bindung kommen nur in Betracht, wenn die Vorinstanz bundesrechtliche
Beweisvorschriften verletzt hat, wenn ihr ein offensichtliches Versehen
unterlaufen ist (Art. 63 Abs. 2 OG) oder wenn der von ihr ermittelte
Sachverhalt im Hinblick auf die Anwendung des Bundesrechts der Ergänzung
bedarf (Art. 64 OG). Art. 64 OG eröffnet den Parteien nicht die Möglichkeit,
den Sachverhalt nach Belieben zu ergänzen, um eine für sie günstige
rechtliche Würdigung zu erreichen, sondern setzt eine unrichtige
Rechtsanwendung durch die Vorinstanz voraus. Diese hat den Sachverhalt
ungenügend festgestellt, wenn sie in der Rechtsanwendung eine auf die
Streitsache anzuwendende Norm des Bundesrechts übersehen, zu Unrecht für
unmassgeblich gehalten oder unrichtig ausgelegt hat und deshalb den
gesetzlichen Tatbestand unvollständig erfasst hat. Eine Ergänzung greift
mithin nur dann Platz, wenn die Streitsache auf der Grundlage der
tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht spruchreif ist
(Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Zürich 1979, S. 552;
Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Vol. II,
Bern 1990, N. 1.3 und 2.1 zu Art. 64 OG). Sie ist hingegen ausgeschlossen,
wenn der kantonalen Instanz einzig eine falsche oder unvollständige
Sachverhaltsfeststellung vorgeworfen wird, da es sich dabei um Fragen der
Beweiswürdigung handelt, deren Überprüfung im Berufungsverfahren - soweit
nicht Vorschriften des Bundesrechts in Frage stehen - ausgeschlossen ist (BGE
130 III 102 E. 2.2 S. 106 BGE 127 III 73 E. 6a S. 81; je mit Hinweisen).

Die Partei, die den Sachverhalt berichtigt oder ergänzt wissen will, hat
darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen (Art. 55 Abs. 1 lit. d
OG; BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106; 127 III 248 E. 2c S. 252 je mit
Hinweisen). Eine Ergänzung setzt zudem voraus, dass entsprechende
Sachbehauptungen bereits im kantonalen Verfahren prozesskonform aufgestellt,
von der Vorinstanz aber zu Unrecht für unerheblich gehalten oder übersehen
worden sind, was wiederum näher anzugeben ist. Ohne diese Angaben gelten
Vorbringen, die über die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil
hinausgehen, als neu und sind damit unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE
115 II 484 E. 2a S. 485 f.). Ergänzungen und Berichtigungen des Sachverhalts
haben nur zu erfolgen, soweit sie entscheidwesentliche Tatsachen betreffen
(BGE 128 III 163 E. 3b S. 167; 119 II 84 E. 3 S. 85, 111 II 471 E. 1c S. 473
je mit Hinweisen).

1.2 Den oben dargelegten Anforderungen genügen die Vorbringen des Beklagten
nicht. Er legt nicht dar, inwiefern die gewünschten Ergänzungen oder die
gerügten offensichtlichen Versehen entscheidwesentlich sein sollen. Ebenso
zeigt er nicht auf, wo der Appellationshof Bundesrecht falsch angewandt haben
soll, so dass eine Ergänzung des Sachverhaltes notwendig wäre. In Tat und
Wahrheit übt er appellatorische Kritik an den tatsächlichen Feststellungen
der Vorinstanz, was im Rahmen der Berufung unzulässig ist. Soweit er
ausführt, die Feststellung, es sei keine fristlose Kündigung angedroht
worden, beruhe auf einem offensichtlichen Versehen, ist sein Vorbringen
haltlos. Der Appellationshof hat festgehalten, dass der Beklagte dem Kläger
im Gespräch vom 5. September 2002 mit der Kündigung gedroht hat. Wenn der
Appellationshof ausführt, es sei keine fristlose Kündigung angedroht worden,
bezieht sich das offensichtlich auf die Tatsache, dass die Kündigung nicht
sofort, sondern erst im Frühjahr in Aussicht gestellt wurde, und somit keine
"fristlose" das heisst keine sofortige Kündigung angedroht wurde. Von einem
offensichtlichen Versehen kann keine Rede sein.

1.3 Auch soweit der Beklagte sich auf eine Verletzung der richterlichen
Fragepflicht beruft, dringt er damit nicht durch. Er legt nicht dar,
inwiefern die vom Richter zu erfragenden Punkte für den Entscheid massgeblich
sein sollen. Soweit nicht entscheidwesentliche Punkte in Frage stehen, kann
von vornherein keine richterliche Fragepflicht bestehen. Die Rüge der
Verletzung der richterlichen Fragepflicht darf nicht dazu benutzt werden,
unzulässige Kritik an den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen
Entscheid zu üben.

1.4 Soweit der Beklagte dem Bundesgericht einen von den tatsächlichen
Feststellungen des Appellationshofes abweichenden Sachverhalt unterbreitet,
ist auf die Berufung nicht einzutreten.

2.
Zu prüfen bleibt die Frage, ob der Beklagte aufgrund der tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz zur sofortigen Auflösung des
Vertragsverhältnisses berechtigt war. Die obligationenrechtlichen
Bestimmungen, welche den Lehrvertrag regeln, wurden durch das Bundesgesetz
über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz, BBG, vom 13. Dezember 2002, SR
412.10) per 1. Januar 2004 angepasst. Da sich der zu beurteilende Sachverhalt
jedoch vor diesem Zeitpunkt zugetragen hat, kommen die damals geltenden
Vorschriften zur Anwendung (Art. 1 SchlT ZGB).

2.1 Art. 346 aOR enthält für den Lehrvertrag eine auf den
Ausbildungscharakter zugeschnittene nicht abschliessende Aufzählung von
Gründen, bei deren Vorliegen der Vertrag vorzeitig aufgelöst werden kann,
namentlich, wenn der Lehrling nicht über die für die Ausbildung notwendigen
körperlichen und geistigen Kräfte verfügt, oder die Ausbildung sonst nicht zu
Ende geführt werden kann (vgl. Art. 346 Abs. 2 lit. b und c aOR). In der
Lehre wird mit Rücksicht auf den Ausbildungscharakter des Lehrvertrages nicht
nur ein Recht, sondern sogar eine Pflicht zur Auflösung des Lehrvertrages
angenommen, wenn sichere Anzeichen bestehen, dass der Lehrling die
Lehrabschlussprüfung nicht bestehen kann (Thomas Dufner: Die vorzeitige
Auflösung des Lehrvertrages, Diss. Freiburg, Zürich 1988, S. 160). Während
die erste Instanz einen erfolgreichen Abschluss der Lehre für praktisch
unmöglich hielt, ging die Vorinstanz davon aus, es sei nicht ausgeschlossen,
dass der Kläger die Lehre binnen der gewöhnlichen Frist hätte erfolgreich
abschliessen können. An diese auf Beweiswürdigung beruhende Feststellung ist
das Bundesgericht gebunden. Demnach bestanden keine sicheren Anzeichen für
das Scheitern des Lehrabschlusses. Soweit der Beklagte die Kündigung mit der
Gefährdung des Erreichens des Zieles der Lehre rechtfertigen will, ist er
damit nicht zu hören.

2.2 Zu prüfen bleibt, ob die Kündigung trotz der Möglichkeit, das Lehrziel zu
erreichen, nach den gesamten Umständen zulässig war, mithin ein anderer
wichtiger Grund für eine ausserordentliche Kündigung vorlag. Grundsätzlich
gelten diesbezüglich dieselben Voraussetzungen wie bei einem normalen
Arbeitsvertrag (Art. 346 Abs. 2 aOR; Staehelin, Zürcher Kommentar, N. 4 zu
Art. 346 aOR mit Hinweisen).

2.2.1 Nach Art. 337 OR kann der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer das
Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit fristlos auflösen (Abs. 1).
Als wichtiger Grund gilt jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem
Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
nicht mehr zugemutet werden darf (Abs. 2). Über das Vorhandensein solcher
Umstände entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (Art. 337 Abs. 3 OR).
Derartige Ermessensentscheide überprüft das Bundesgericht an sich frei. Es
übt dabei aber Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz
grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgegangen
ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im
Einzelfall keine Rolle spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände
ausser Betracht gelassen hat, die hätten beachtet werden müssen. Es greift
ausserdem in Ermessensentscheide ein, wenn sich diese als offensichtlich
unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 130 III 28 E. 4.1
S. 32; 129 III 380 E. 2 S. 382 mit Hinweisen).

2.2.2 Eine fristlose Entlassung ist nur bei besonders schweren Verfehlungen
des Arbeitnehmers gerechtfertigt. Diese müssen einerseits objektiv geeignet
sein, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage zu
zerstören oder zumindest so tiefgreifend zu erschüttern, dass dem Arbeitgeber
die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zuzumuten ist, und anderseits auch
tatsächlich zu einer derartigen Zerstörung oder Erschütterung des
gegenseitigen Vertrauens geführt haben. Sind die Verfehlungen weniger
schwerwiegend, so müssen sie trotz Verwarnung wiederholt vorgekommen sein
(BGE 130 III 28 E. 4.1 S. 31; 129 III 380 E. 2.1 S. 382 mit Hinweisen). Ob
die dem Arbeitnehmer vorgeworfene Pflichtverletzung die erforderliche Schwere
erreicht, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt von den konkreten
Umständen des Einzelfalles ab.

2.2.3 Die Abmahnung hat zugleich Rüge- und Warnfunktion (Staehelin, a.a.O.,
N. 10 zu Art. 337 OR mit Hinweisen). Zwar muss für die Gültigkeit der
fristlosen Entlassung wegen leichterer Verstösse gegen die Arbeits- oder
Treuepflicht nicht unter allen Umständen die fristlose Entlassung explizit
angedroht worden sein. Indessen kann die Abmahnung ihren Warnzweck nur
erfüllen, wenn sie als solche erkennbar ist. Der Arbeitgeber muss deutlich
zum Ausdruck bringen, dass er derartige Vorkommnisse nicht für belanglos hält
und nicht mehr zu dulden gewillt ist (vgl. Staehelin, a.a.O., N. 9 zu Art.
337 OR), so dass der Arbeitnehmer aus der Verwarnung klar ersehen kann,
welche Verhaltensweisen nicht mehr toleriert werden und wie er sich in
Zukunft zu verhalten hat. Für den Arbeitnehmer muss erkennbar sein, dass er
im Wiederholungsfall die ausserordentliche Kündigung riskiert. Zur
Beurteilung der Frage, ob der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben als
ausreichend gewarnt zu gelten hat und dem Arbeitgeber bei erneuter
Pflichtwidrigkeit die Fortsetzung des Arbeitsvertrages bis zum Ablauf der
ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann, sind wiederum
die konkreten Umstände heranzuziehen. Abzustellen ist auf die Natur, Schwere
und Häufigkeit der Verfehlungen sowie die Reaktion des Arbeitnehmers auf die
erfolgte Rüge und Ermahnung (Bundesgerichtsurteil 4C.187/2004 vom 5. Juli
2004, E. 5.1 mit Hinweis; 4C.248/2000 vom 13. November 2000 E. 2b).

2.2.4 Dass die Weigerung, die heruntergefallenen Nägel aufzulesen, für sich
allein eine sofortige Kündigung rechtfertigt, behauptet auch der Beklagte
nicht. Er führt selbst aus, der Vorfall sei der Anlass und nicht der
eigentliche Grund für die vorzeitige Vertragsauflösung gewesen. Eine
derartige mindere Verfehlung berechtigt nur zur fristlosen Auflösung des
Arbeitsverhältnisses, wenn vorher entsprechende Abmahnungen gegebenenfalls
mit Androhung der Kündigung erfolgt sind. Mit dem Kläger fanden Gespräche
statt, in denen es um dessen mangelhafte Leistungen ging. Es wurde ihm sogar
die Auflösung des Vertragsverhältnisses im Frühjahr angedroht für den Fall,
dass sich bis dahin sein Verhalten nicht bessere. Gemäss dieser
Kündigungsandrohung konnte der Lehrling davon ausgehen, dass seine Leistungen
während einer gewissen Zeitspanne beobachtet würden. Mit einer Kündigung
musste er grundsätzlich erst nach Ablauf der Frist rechnen, sofern bis dahin
keine Besserung eingetreten wäre. Bei einer derartigen Kündigungsandrohung
darf der Lehrling damit rechnen, vom Arbeitgeber während der
Beobachtungsfrist regelmässig eine Einschätzung zu erhalten, ob er nun sein
Verhalten bereits wunschgemäss angepasst hat oder ob und welche weiteren
Anstrengungen noch notwendig sind. Durch die allgemein gehaltene Mahnung, der
Arbeitnehmer müsse sich binnen einer gewissen Frist bessern, wird diesem
nicht hinreichend klar gemacht, dass eine einzelne Fehlleistung oder eine
einzelne nicht allzu schwerwiegende Widerhandlung gegen eine Weisung
unmittelbar zur Kündigung führen könnte. Der Kläger musste daher bei seiner
Weigerung, die Nägel aufzusammeln, nicht mit einer sofortigen
Vertragsauflösung rechnen. Auch ist nicht auszuschliessen, dass eine Warnung,
der Kläger werde sofort entlassen, wenn er weiterhin Anordnungen der
Vorgesetzten nicht befolge, Wirkung gezeigt hätte.

2.2.5 Die wegen schlechter Leistungen angedrohte Vertragsauflösung stellte
mithin mit Bezug auf den die Kündigung auslösenden Vorfall keine hinreichende
Abmahnung dar, unabhängig davon, ob die mangelnde Leistung des Klägers
bereits einmal im Gespräch mit dem Lehrlingsbetreuer thematisiert worden ist,
wie der Beklagte behauptet. Ebenso ist unter diesen Umständen unerheblich,
wie weit die Mutter des Klägers darüber im Bilde war, dass sich das
Lehrverhältnis problematisch gestaltete. Auf die entsprechenden Vorbringen
des Beklagten ist nicht näher einzugehen.

3.
Mit Bezug auf die finanziellen Folgen der ungerechtfertigten Kündigung erhebt
der Beklagte keine Einwände gegen den angefochtenen Entscheid, den er einzig
als im Ergebnis unbillig ausgibt. Aus diesem Grunde hat das Bundesgericht das
Urteil der Vorinstanz in dieser Hinsicht nicht zu überprüfen (Art. 55 Abs. 1
lit. c OG). Damit ist die Berufung insgesamt abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Da der massgebende Streitwert Fr. 30'000.-- nicht erreicht,
ist das Verfahren kostenlos (Art. 343 Abs. 3 OR). Der Beklagte hat den Kläger
indes für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1
und 2 OG; BGE 115 II 30 E. 5c S. 42).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Beklagte hat den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Appellationshof, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Dezember 2004

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: