Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.275/2004
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4C.275/2004 /lma

Urteil vom 26. Oktober 2004

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Nyffeler,
Gerichtsschreiber Mazan.

A. ________,
A.________ AG,
Beklagte und Berufungskläger, beide vertreten durch Rechtsanwalt Lukas Nauer,

gegen

B.________,
C.________,
Kläger und Berufungsbeklagte, beide vertreten durch Rechtsanwalt Andreas
Clavadetscher,

Mietvertrag; Mietzinsherabsetzung,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 4.
Zivilkammer, vom 11. Mai 2004.

Sachverhalt:

A.
B. ________ und C.________ (Kläger) mieteten in Bremgarten/AG von A.________
(Beklagter) eine Wohnung zu einem Nettomietzins von Fr. 1'680.-- monatlich.
Die Mietzinsberechnung basierte auf einem Hypothekarzins von 4 %. Per 1. Juli
2003 hatte die Aargauische Kantonalbank den Hypothekarzinssatz von 3,5 % auf
3,25 % herabgesetzt. Die Kläger berechneten einen Herabsetzungsanspruch von
8,26 %, den sie um 0,5 % auf 7,76 % reduzierten, indem sie in diesem Umfange
den vom Beklagten geltend gemachten pauschalen Abzug von 0,5 % für allgemeine
Kostensteigerung anerkannten. Der Senkungsanspruch von 7,76 % berechnet auf
Fr. 1'680.-- belief sich auf Fr. 130.35.

B.
Mit Eingabe an den Gerichtspräsidenten von Bremgarten vom 11. September 2003
stellten die Kläger den Antrag:
"1.Es sei der monatliche Nettomietzins von Fr. 1'680.-- des Mietobjektes
4.5-Zi-Wohnung, 1. OG links, in Bremgarten, zufolge Missbräuchlichkeit um Fr.
123.15 auf monatlich Fr. 1'556.85, gültig ab 1.7.2003 herabzusetzen.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten."
Mit Entscheid vom 30. Januar 2004 hiess der Gerichtspräsident von Bremgarten
das Herabsetzungsbegehren gut und setzte den Nettomietzins per 1. Juli 2003
von Fr. 1'680.-- zufolge Missbräuchlichkeit um Fr. 123.15 auf monatlich Fr.
1'556.85 herab.
Mit Urteil vom 11. Mai 2004 wies das Obergericht des Kantons Aargau eine vom
Beklagten dagegen erhobene Beschwerde ab.

C.
Mit Berufung vom 9. Juli 2004 beantragt der Beklagte dem Bundesgericht, das
Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 11. Mai 2004 sei aufzuheben
und das Herabsetzungsbegehren der Kläger abzuweisen; eventualiter sei das
Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten
sei.
Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Berufung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz hat erwogen, der Beklagte sei mit dem Beweis der Einrede der
Orts- und Quartierüblichkeit des angefochtenen Mietzinses gescheitert. Er sei
nicht in der Lage gewesen, mindestens fünf taugliche Vergleichsobjekte für
seine Mietliegenschaft in Bremgarten anzugeben. Der Beklagte, der
ursprünglich zwölf Vergleichsobjekte genannt habe, habe zu Recht auf die vier
in Wohlen gelegenen Objekte verzichtet. Damit sei noch für drei Wohnungen in
Zufikon und fünf Objekte in Bremgarten die Tauglichkeit zu prüfen.
Die drei Wohnungen in Zufikon könnten insgesamt nicht als Vergleichsobjekte
in Betracht gezogen werden. Selbst wenn man mit dem Beklagten das Gebiet
Bremgarten und Zufikon als einen Ort betrachten wollte, lägen die Objekte in
Zufikon in einem anderen Quartier als das Mietobjekt der Kläger. Die
Vergleichsobjekte seien nicht etwa nur durch eine Strasse oder eine
willkürlich gezogene Quartiersgrenze, sondern durch die Reuss und einen
weiteren Ortsteil von Bremgarten klar voneinander getrennt. Wenn wie hier die
Quartiere verschiedenen Gemeinden zugehörten, sei auch die unterschiedliche
Ortsattraktivität (Steuerfuss etc.) von Bedeutung. Das Objekt der Kläger in
Bremgarten sei zudem von den gängigen Einkaufsmöglichkeiten meilenweit
entfernt. Hingegen seien die Einkaufszentren vom Zufiker Quartier Unterdorf
in bequemer Fussdistanz erreichbar.
Auch die drei Vergleichsobjekte im Bereich "Bremgarten Ost" lägen nicht im
gleichen Quartier wie das Objekt der Kläger, welches im Bereich "Bremgarten
West" liege. Aus diesem Bereich habe der Beklagte aber nur zwei
Vergleichsobjekte angeboten, was eindeutig nicht genüge.

2.
Der Kläger rügt, die Vorinstanz habe ihrer Beurteilung der von ihm
angebotenen Vergleichsobjekte einen falschen Begriff der orts- oder
quartierüblichen Mietzinse zugrunde gelegt. (Art. 269a lit. a OR). Die
Vorinstanz habe dem Umstand nicht Rechnung getragen, dass das Bundesgericht
seine Praxis gelockert habe, so dass auch Mietobjekte "an einer schlechteren
Lage, mit einer kleineren Fläche, einer tieferen Ausstattung, in einem
schlechteren Zustand und aus einer älteren Bauperiode als das Ausgangsobjekt"
zum Vergleich herangezogen werden könnten. Auf Gemeindegrenzen dürfe nicht
absolut abgestellt werden, wo die Siedlungsentwicklung auf sie keine
Rücksicht genommen habe und ihre Beachtung letztlich zur künstlichen Trennung
von sozusagen Ortsgewachsenem führen würde. Es treffe zwar zu, dass die drei
Vergleichsobjekte im Bereich "Bremgarten Ost" nicht im gleichen Quartier
lägen wie das Mietobjekt der Kläger. Nach der gelockerten bundesgerichtlichen
Rechtsprechung müsse es aber grundsätzlich zulässig sein, auch Mietobjekte
aus einem andern Quartier zum Vergleich heranzuziehen.

3.
Ein Mietzins ist in der Regel dann nicht missbräuchlich, wenn er im Rahmen
der orts- und quartierüblichen Mietzinse liegt (Art. 269a lit. a OR).
Massgebend für die Ermittlung der orts- und quartierüblichen Mietzinse sind
Mietobjekte, die nach Lage, Grösse, Zustand, Ausstattung und Bauperiode mit
der zu beurteilenden Mietsache vergleichbar sind (Art. 11 Abs. 1 VMWG
[Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen, SR
221.213.11]).

3.1 Der Vermieter, der sich auf den orts- und quartierüblichen Mietzins
beruft, hat den von ihm geltend gemachten Mietzins mit dem Hinweis auf
vergleichbare Mietobjekte zu belegen. Dabei verlangt die Rechtsprechung
mindestens fünf vergleichbare Wohnungen, welche mit Bezug auf Lage, Grösse,
Ausstattung, Zustand sowie Bauperiode im Wesentlichen die gleichen Merkmale
des konkret zu beurteilenden Objektes aufweisen. Nur auf diese Weise kann
eine Schlussfolgerung gezogen werden, die eine gewisse Sicherheit vermittelt
(BGE 123 III 317 E. 4a S. 319 m.w.H.).
3.2 Die Vorinstanz hat - wie oben dargelegt - die konkreten Gründe angegeben,
weshalb die drei vom Beklagten bezeichneten Mietobjekte in Zufikon ausser
Betracht fallen. Diese vom Beklagten im Einzelnen nicht angefochtenen Gründe
brauchen nicht wiederholt zu werden. Es ist auch nicht nachvollziehbar, wie
der Beklagte die von der Vorinstanz verbindlich festgestellte Abtrennung des
Mietobjektes der Kläger von den Vergleichsobjekten durch die Reuss und einen
Ortsteil von Bremgarten als künstliche Grenze bezeichnen kann.

3.3 In Bezug auf die in Bremgarten gelegenen Vergleichsobjekte hat der
Beklagte eingeräumt, dass die drei in "Bremgarten Ost" liegenden Objekte
nicht im gleichen Quartier wie die Wohnung der Kläger liegen. Da die Orts-
und Quartierüblichkeit grundsätzlich nur beurteilt werden kann, wenn die zu
vergleichenden Objekte im gleichen Quartier liegen, fallen auch diese drei in
einem anderen Quartier gelegenen Wohnungen ausser Betracht. Ob und unter
welchen Voraussetzungen ein Mietobjekt aus einem angrenzenden, aber nach den
wesentlichen Kriterien kaum vom Quartier des Ausgangsobjektes
unterscheidbaren Quartier ausnahmsweise zum Vergleich herangezogen werden
könnte, kann im vorliegenden Fall dahin gestellt bleiben. Der Beklagte vermag
nämlich keine Gründe anzugeben, weshalb im vorliegenden Fall eine Ausnahme
gerechtfertigt sein könnte.

3.4 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Vorinstanz die
Vergleichstauglichkeit der in Zufikon und in "Bremgarten Ost" gelegenen
Wohnungen zu Recht verneint hat. Die Berufung ist daher abzuweisen.

4.
Bei diesem Verfahren wird der Kläger kosten- und entschädigungspflichtig
(Art. 156 Abs. 1 und 159 Abs. 2 OG).

Das Bundesgericht erkennt:

1.
Die Berufung wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beklagten auferlegt.

3.
Der Beklagte hat die Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, 4.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Oktober 2004

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: