Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.242/2004
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4C.242/2004 /grl

Urteil vom 6. Oktober 2004

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichter Nyffeler, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Widmer.

A. ________,
Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Gieri Caviezel,

gegen

B.________,
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter
Diener.

Gewährleistungsansprüche aus Kaufvertrag,

Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, Zivilkammer,
vom 17. Februar 2004.

Sachverhalt:

A.
A. ________ (Klägerin, Käuferin) erwarb mit Kaufvertrag vom 13. Dezember 1999
von B.________ (Beklagte, Verkäuferin) die Liegenschaft "........" in
X.________ (Parzelle Nr. 1386, Plan 11 Grundbuch X.________), umfassend ein
Wohnhaus und 604 m2 Gebäudegrundfläche, Hofraum und Garten. Der Kaufpreis
belief sich auf Fr. 450'000.--. Vor dem Verkauf hatte die Verkäuferin diverse
Renovationsarbeiten durchführen lassen. In Ziffer 8 des Kaufvertrages wurde
die Gewährleistung für körperliche und rechtliche Mängel des Kaufgrundstücks
im gesetzlich zulässigen Rahmen ausgeschlossen. Der Besitzesantritt wurde auf
den 1. Januar 2000 festgelegt, wobei die Käuferin mit ihrer Familie das Haus
bereits kurz vor Weihnachten 1999 bezog und nach den Angaben der Verkäuferin
bereits seit Oktober 1999 über das Haus verfügt haben soll.
In der Folge traten in der Liegenschaft Mängel in Form von
Feuchtigkeitserscheinungen und deren Auswirkungen auf. Im Frühjahr 2001
beauftragte die Käuferin den Architekten L.________, die Schäden am Wohnhaus
in einem Privatgutachten festzustellen und eine Grobschätzung für die
Instandstellung vorzunehmen. Der Gutachter ermittelte in seinem Bericht vom
26. April 2001 einen Aufwand von Fr. 148'400.-- zur Mängelbeseitigung. In
einem Nachtrag vom 22. September 2001 stellte er zudem an diversen Stellen im
und am Haus Schimmelpilzbildungen und sonstige Feuchtigkeitsspuren fest und
legte die Sanierungskosten auf weitere Fr. 37'000.-- fest.

B.
Die Käuferin belangte die Verkäuferin am 14. November 2001 vor Bezirksgericht
Landquart auf Bezahlung von Fr. 149'433.-- bzw. eines Betrages nach
richterlichem Ermessen nebst Zins. Auf Gesuch der Klägerin auf Sicherstellung
eines gefährdeten Beweises hin behielt sich der Bezirksgerichtspräsident in
der Beweisverfügung vom 23./25. Januar 2002 die Anordnung einer Expertise
vor. Darauf reichte die Klägerin ein Wiedererwägungsgesuch sowie ein
ärztliches Zeugnis ein, nach dem davon auszugehen sei, dass ihr am 12.
Oktober 2000 geborenes Kind eine allergische Reaktion auf die im feuchten
Wandmilieu des Hauses vorkommenden Schimmelpilze aufweise; da sich die Hals-,
Nasen-, Ohren- und Lungensymptomatik trotz gezielter Behandlung nicht
besserte, habe der Arzt der Familie dringend geraten, so rasch wie möglich
einen Wohnungswechsel zu vollziehen. Mit Verfügung vom 5. März 2002 hiess der
Bezirksgerichtspräsident das Gesuch um Sicherstellung des gefährdeten
Beweises gut und beauftragte den Experten M.________ mit der Beweissicherung.
Dieser stellte in allen untersuchten Proben sehr reichlich Kolonien oder
Sporen verschiedener Pilze fest, unter anderem auch einer Gattung, die beim
Einatmen als Allergene wirke. Mit Urteil vom 20. August 2003 wies das
Bezirksgericht die Klage ab.
Eine gegen dieses Urteil erhobene kantonalrechtliche Berufung der Klägerin
wies das Kantonsgericht von Graubünden am 17. Februar 2004 ab. Es kam zum
Ergebnis, der Gewährleistungsausschluss sei wirksam. Die Beklagte habe die
Klägerin nicht absichtlich über Mängel getäuscht bzw. solche absichtlich oder
grobfahrlässig verschwiegen. Die Ausschlussklausel sei auch nicht unwirksam,
weil der Mangel gänzlich ausserhalb dessen liege, womit ein Erwerber
vernünftigerweise rechnen müsse.

C.
Die Klägerin beantragt mit eidgenössischer Berufung, das Urteil des
Kantonsgerichts aufzuheben und die Klage gutzuheissen, eventuell die Sache an
die Vorinstanz zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 19. Juli 2004 wurde der Klägerin für das bundesgerichtliche
Verfahren die unentgeltliche Prozessführung bewilligt und ein unentgeltlicher
Rechtsbeistand beigegeben.
Eine in gleicher Sache erhobene staatsrechtliche Beschwerde hat die Klägerin
mit Schreiben vom 17. August 2004 zurückgezogen.
Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten
sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Nach Art. 197 in Verbindung mit Art. 221 OR haftet der Verkäufer dem Käufer
sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache
nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre
Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich
mindern. Er haftet auch dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat. Diese
gesetzliche Gewährleistungsregelung ist dispositiver Natur. Die
Gewährleistung kann von den Parteien eingeschränkt oder ausgeschlossen werden
(Honsell, Basler Kommentar, N. 1 zu Art. 199 OR). Von dieser Möglichkeit
haben die Parteien im vorliegenden Fall weitestgehend Gebrauch gemacht, indem
sie die Gewährleistung für körperliche und rechtliche Mängel des
Kaufgrundstücks im gesetzlich zulässigen Rahmen ausschlossen.

2.
Eine Vereinbarung über die Aufhebung oder Beschränkung der
Gewährleistungspflicht ist ungültig, wenn der Verkäufer dem Käufer die
Gewährsmängel arglistig verschwiegen hat (Art. 199 OR). Ein arglistiges bzw.
absichtliches Verschweigen seitens des Verkäufers setzt namentlich voraus,
dass er die Mängel kannte oder jedenfalls kennen musste (Giger, Berner
Kommentar, N. 34 zu Art. 199 OR).
Die Vorinstanz stellte insoweit fest, dass die Liegenschaft im massgeblichen
Zeitpunkt keine erkennbaren Mängel aufgewiesen habe und dass die Beklagte
keine Kenntnis von den Mängeln haben konnte, wie sie in den eingeholten
Expertisen geschildert werden. Diese Feststellung darüber, was die Beklagte
gewusst hat, beschlägt eine Tatfrage und bindet das Bundesgericht im
Berufungsverfahren (BGE 126 III 59 E. 4b; 118 II 58 E. 3a; 113 II 25 E. 1a S.
27; 83 II 297 E. 5b S. 308, je mit Hinweisen). - Eine dagegen gerichtete
staatsrechtliche Beschwerde hat die Klägerin am 17. August 2004
zurückgezogen. Steht damit verbindlich fest, dass die Beklagte von den
Mängeln nichts wusste und nichts wissen konnte, hat die Vorinstanz ein
arglistiges Verschweigen der Mängel durch die Beklagte und eine Ungültigkeit
des Gewährleistungsausschlusses nach Art. 199 OR zutreffend verneint.

3.
In der Lehre ist umstritten, ob für Freizeichnungen in Kaufverträgen die
weitergehende Vorschrift von Art. 100 Abs. 1 OR zu beachten ist, nach der die
Wegbedingung der Haftung auch für grobe Fahrlässigkeit unzulässig ist (vgl.
zum Stand der Lehrmeinungen Honsell, a.a.O., N. 1 zu Art. 199 OR mit
zahlreichen Hinweisen). Das Bundesgericht hat diese Frage in seiner
bisherigen Rechtsprechung offen gelassen (BGE 126 III 59 E. 4a S. 67; 107 II
161 E. 7b S. 166 f.). Sie braucht auch im vorliegenden Fall nicht entschieden
zu werden. Nachdem die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich
festgestellt hat, dass die Beklagte keine Kenntnis von den Mängeln haben
konnte und keinen Grund hatte, nach versteckten Mängeln suchen zu lassen, ist
der Beklagten insoweit von vornherein keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen,
die eine Ungültigkeit des Gewährleistungsausschlusses nach Art. 100 Abs. 1 OR
zur Folge haben könnte. Die Berufung der Klägerin auf diese Bestimmung ist
daher unbehelflich.

4.
Die Parteien streiten sodann darüber, ob die Mängel der verkauften
Liegenschaft vom Wirkungsbereich des vertraglich vereinbarten
Gewährleistungsausschlusses erfasst werden.

4.1 Die Vorinstanz bejahte dies. Sie erwog, im Zeitpunkt des Übergangs von
Nutzen und Gefahr seien nach dem Beweisergebnis keine nicht dem Alter des
Hauses entsprechenden Mängel erkennbar gewesen. Selbst wenn eine vom Experten
M.________ beanstandete, vor rund 20 Jahren angebrachte Innenisolation wegen
Feuchtigkeitsproblemen erfolgt wäre, habe die Beklagte davon ausgehen können,
diese werde fachgemäss angebracht. Sie habe demnach keinen Anlass gehabt,
nach verdeckten Mängeln zu suchen, nachdem auch keine Reklamationen seitens
der Mieter erfolgt seien, die das Haus vor dem Kauf durch die Klägerin
bewohnt hatten.

4.2 Die Klägerin macht dagegen geltend, die in der Liegenschaft vorhandenen
Mängel erwiesen sich als überaus gravierend und erheblich. Sie seien in hohem
Masse gesundheitsschädigend und machten das Bewohnen des Hauses unzumutbar.
Ihre Behebung verursache Kosten in der Höhe eines Drittels des Kaufpreises
der Liegenschaft. Sie lägen daher auch bei einem älteren Haus ausserhalb
dessen, womit vernünftigerweise zu rechnen sei, und würden vom
Gewährleistungsausschluss nicht erfasst. Entscheidend sei dafür, dass im
Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Gefahr derartige Mängel vorhanden
waren. Dies habe das Kantonsgericht in Verletzung von Bundesrecht verkannt,
indem es erwogen habe, die Aufhebung der Gewährleistung erweise sich als
gültig, da im Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Gefahr keine Mängel
erkennbar gewesen seien und die Beklagte keinen Anlass gehabt habe, nach
versteckten Mängeln zu suchen. Es habe mit der Erkennbarkeit der Mängel auf
ein nicht massgebliches Kriterium abgestellt. In der Folge habe es Art. 8 ZGB
verletzt, indem es den Antrag verwarf, zu den wesentlichen Fragen des
tatsächlichen Vorliegens von Mängeln und deren Ursachen sowie zur
Feststellung der Kosten für deren Beseitigung eine Expertise durchzuführen.
Der von der Vorinstanz ermittelte Sachverhalt sei daher im Sinne von Art. 64
OG zu ergänzen.

4.3 Diese Rügen erscheinen als begründet. Zur Beurteilung, ob ein bestimmter
Mangel unter den Gewährleistungsausschluss fällt, muss einerseits ermittelt
werden, ob und in welchem Ausmass er im massgeblichen Zeitpunkt des
vereinbarten Besitzesantritts tatsächlich vorhanden war (zum massgeblichen
Zeitpunkt vgl. Art. 220 OR; Giger, a.a.O., N. 42 zu Art. 197 OR; Honsell,
a.a.O., N. 11 zu Art. 197 OR; Schumacher/Rüegg, in: Alfred Koller [Hrsg.],
Der Grundstückkauf, 2. Aufl., Bern 2001, S. 230 Rz. 162). Andererseits ist zu
beurteilen, ob der Mangel in den vertraglich festgelegten Wirkungsbereich der
Gewährleistungsausschlussklausel fällt. Welchen Umfang eine
Freizeichnungsklausel hat, ist eine Frage der Vertragsauslegung (vgl. BGE 126
III 59 E. 5a; 109 II 24 E. 4).

4.3.1 Die Vorinstanz hat hinsichtlich der Tragweite der Freizeichnungsklausel
keinen übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien festgestellt. Die
Klausel ist daher nach dem Vertrauensprinzip so auszulegen, wie sie nach
ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden
werden durfte und musste. Dabei handelt es sich um eine Rechtsfrage, die das
Bundesgericht frei überprüfen kann (BGE 130 III 66 E. 3.2; 126 III 59 E. 5b,
119 E. 2a S. 120; 107 II 161 E. 6b, je mit Hinweisen).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung fällt ein Mangel bei
objektivierter Auslegung dann nicht unter den Gewährleistungsausschluss, wenn
er gänzlich ausserhalb dessen lag, womit ein Käufer vernünftigerweise rechnen
musste. Dabei hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, womit ein
Käufer zu rechnen hat (BGE 126 III 59 E. 4a; 107 II 161 E. 6c/d S. 164 mit
Hinweisen; vgl. dazu auch Giger, a.a.O., N. 10 zu Art. 199 OR). Es kommt für
die Auslegung wesentlich darauf an, zu welchem erkennbaren Zweck jemand einen
Gegenstand gekauft hat. Insofern sind Mängel, die eine Sache weitgehend für
den vorgesehenen Gebrauch untauglich machen, anders zu werten als solche, die
diesen zwar erschweren, aber dennoch zulassen. Für die Beurteilung der Frage,
ob ein bestimmter Mangel unter den Gewährleistungsausschluss fällt oder
nicht, ist deshalb auf den wirtschaftlichen Zweck des Kaufvertrages
abzustellen (BGE 72 II 267 E. 3 S. 269; vgl. zum Ganzen auch das Urteil
4C.273/1995 vom 1. November 1995, E. 4a, ZBGR 77/1996 S. 330 ff.).
Dementsprechend hat das Bundesgericht in BGE 107 II 161 E. 6e S. 165 bei der
Beurteilung der Frage, ob ein Mangel gänzlich ausserhalb dessen lag, womit
der Käufer vernünftigerweise rechnen musste, auch das Ausmass des Schadens
berücksichtigt.
Damit ein Mangel von einer allgemein formulierten Freizeichnungsklausel nicht
erfasst wird, genügt es nicht, dass er unerwartet ist; er muss auch den
wirtschaftlichen Zweck des Geschäfts erheblich beeinträchtigen (Urteil vom 1.
November 1995, a.a.O., E. 4a). Dies heisst allerdings nicht, dass zunächst
ohne Rücksicht auf das Ausmass des Mangels zu beurteilen ist, ob er seiner
Art nach gänzlich ausserhalb von dem liegt, womit vernünftigerweise zu
rechnen ist, und erst, wenn dies bejaht wurde, in einem zweiten Schritt zu
prüfen wäre, ob der wirtschaftliche Zweck des Vertrages im Sinne einer
kumulativen Voraussetzung erheblich beeinträchtigt wird. Vielmehr ist im
Rahmen einer einheitlichen gesamthaften Beurteilung festzustellen, ob der
Käufer mit den Mängeln einer bestimmten Art im vorhandenen Ausmass rechnen
musste. - Auch wenn ein Käufer, der ein Haus zu Wohnzwecken erwirbt, mit
Mängeln einer bestimmten Art grundsätzlich rechnen muss, heisst dies nicht,
dass er mit ihnen auch in einem Ausmass rechnen muss, welches das Haus
weitgehend für den vorgesehenen Wohnzweck untauglich macht.
Die Frage, ob ein Mangel einer Liegenschaft den wirtschaftlichen Zweck des
Vertrages erheblich beeinträchtigt, kann grundsätzlich nicht ohne Rücksicht
auf das Verhältnis zwischen dem Kaufpreis für das mutmasslich mängelfreie und
für den vorausgesetzten Gebrauch taugliche Kaufobjekt und den Kosten einer
allfälligen Mängelbehebung zur Herstellung der Tauglichkeit zum
vorausgesetzten Gebrauch beantwortet werden. Vorbehalten bleibt immerhin der
Fall, dass ein Verkäufer den Kaufpreis mit Rücksicht auf eine
Freizeichnungsklausel und das Alter der Liegenschaft tief ansetzt. Unter
dieser Voraussetzung können auch im Verhältnis zum Kaufpreis relativ hohe
Mängelbehebungskosten den wirtschaftlichen Zweck des Vertrages kaum erheblich
beeinträchtigen. Dass die Beklagte vorliegend den Preis entsprechend tief
angesetzt habe, lässt sich indessen den vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellungen nicht entnehmen (Art. 63 Abs. 2 OG).
Freizeichnungsklauseln haben im Allgemeinen die Funktion, dem Verkäufer zu
ermöglichen, seine Gewährleistung nicht für die uneingeschränkte Qualität der
Kaufsache erbringen zu müssen, weil er das Risiko von Mängeln selber nicht
einschätzen kann (Urteil des Bundesgerichts vom 1. November 1995, a.a.O., E.
4b). Insbesondere beim Verkauf von Altbauten besteht regelmässig ein
entsprechendes Bedürfnis und wird denn auch im Regelfall jede Gewährleistung
ausgeschlossen (Schumacher/Rüegg, a.a.O., S. 225 Rz. 137). Mit Rücksicht
darauf übt die bundesgerichtliche Rechtsprechung mit der Annahme, dass ein
Mangel völlig ausserhalb dessen lag, womit vernünftigerweise zu rechnen war,
und daher nicht unter die Klausel fällt, allgemein Zurückhaltung. Der Richter
darf eine Freizeichnungsklausel insbesondere nicht schon für unwirksam
erklären, weil sie gegen sein Gerechtigkeitsempfinden verstösst.
In BGE 72 II 267 hat das Bundesgericht einen allgemeinen
Gewährleistungsausschluss hinsichtlich eines gebrauchten, ohne die
erforderliche Bewilligung auf Holzgas umgebauten Lastwagens als wirksam
erachtet, obwohl der Käufer in der Folge die Bewilligung für die
Inbetriebnahme nicht erhielt; der Käufer hätte, nachdem gesetzliche
Bestimmungen über die Bewilligung des Umbaus erlassen worden waren, mit ihnen
rechnen müssen (BGE 72 II 267 E. 3 S. 269 f.). In einem weiteren Fall
schützte das Bundesgericht die allgemein formulierte Freizeichnungsklausel
für Bauland, auf dem eine Ölverschmutzung mit Sanierungskosten von über 10%
des Kaufpreises von Fr. 3 Mio. zu Tage trat; das Gericht hielt dafür, es sei
mit einem entsprechenden Mangel in seinem Ausmass zu rechnen gewesen, da den
Parteien bekannt war, dass auf dem Grundstück früher ein Gewächshaus unter
Verwendung einer Heizanlage betrieben wurde (BGE 107 II 161 E. 6d/e). Mit
Urteil vom 1. November 1995 (a.a.O.) war sodann ein Fall zu beurteilen, in
dem beim Umbau und der Erweiterung eines älteren Wohnhauses eine
reparaturbedürftige Wasserleitung zum Vorschein kam, die ein öffentliches
Gewässer führte, dessen Bestand im Grundbuch nicht vermerkt war, und
Sanierungskosten im Rahmen von zehn Prozent des Kaufpreises verursachte. Das
Bundesgericht schloss auch hier, es handle sich um einen Mangel, der nicht
ausserhalb dessen liege, was nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr von
der Ausschlussklausel als erfasst gelten müsse. In BGE 126 III 59 E. 5c hatte
sich das Bundesgericht ferner mit einer Freizeichnungsklausel zu befassen,
die speziell formuliert war und Mängel aus der Zeit vor dem Besitz der
Verkäuferin am Kaufgegenstand, einer ursprünglich wertvollen Vase, von der
Gewährleistung ausschloss. Erst nach der Abwicklung des Kaufvertrags wurde
bekannt, dass die Vase in der Zeit vor dem Besitz der Verkäuferin wegen eines
Sprungs im obersten Bereich verkürzt und dadurch weitgehend entwertet worden
war. Das Bundesgericht hielt dafür, es sei nach Treu und Glauben davon
auszugehen, dass die Parteien mit einer solchen Möglichkeit rechneten, als
sie die Gewährleistung für die Zeitspanne, in der die Veränderung vorgenommen
worden war, ausschlossen. Anders entschied das Bundesgericht in einem Fall,
in dem Land dem Preis nach unzweifelhaft als Bauland verkauft worden war,
sich aber in der Folge wegen eines darauf lastenden Bauverbots als
unüberbaubar erwies: Die Freizeichnungsklausel, nach der das Grundstück in
dem Zustand übergeben werde, in dem es sich zur Zeit befinde, und seitens des
Verkäufers für irgendwelche Mängel keine Währschaft geleistet werde, sei nur
auf körperliche Mängel des Kaufgrundstücks zu beziehen. Der Käuferin sei
damit nicht eindeutig zu erkennen gegeben worden, dass der Verkäufer für die
Überbaubarkeit nicht habe einstehen wollen. Entsprechend liess das
Bundesgericht die Berufung der Käuferin auf Grundlagenirrtum zu (BGE 91 II
275 E. 2).

4.3.2 Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Kaufvertrag
enthält eine allgemein formulierte Freizeichnungsklausel. Die Klägerin hat im
kantonalen Verfahren geltend gemacht, das Haus habe bereits im Zeitpunkt des
Übergangs von Nutzen und Gefahr versteckte Feuchtigkeitsmängel aufgewiesen,
die das als Wohnhaus verkaufte Gebäude unbewohnbar machten und deren Behebung
Sanierungskosten von rund einem Drittel des Kaufpreises verursache. Sie hat
damit das Vorhandensein von Mängeln behauptet, von denen im Lichte der
dargestellten Praxis über die vertrauenstheoretische Ermittlung des
Wirkungsbereichs von Freizeichnungklauseln nicht ohne weiteres gesagt werden
kann, sie würden vom vereinbarten Gewährleistungsausschluss erfasst. Zwar ist
bei einem Hauskauf grundsätzlich mit Feuchtigkeitsmängeln zu rechnen. Dies
gilt besonders im vorliegenden Fall, in dem das streitbetroffene Kaufobjekt
nach den vorinstanzlichen Feststellungen in einem Gebiet mit hohem
Grundwasserspiegel liegt und ein gewisses Alter sowie eine bescheidene
Bausubstanz aufweist. Fraglich erscheint indessen, ob die Klägerin
vernünftigerweise damit rechnen musste, dass im massgeblichen Zeitpunkt
entsprechende Mängel im behaupteten - und noch verbindlich festzustellenden -
Ausmass vorlagen. Die Behauptungen der Beklagten hinsichtlich der im
massgeblichen Zeitpunkt vorhandenen Mängel betrafen somit wesentliche
Tatsachen. Dennoch traf die Vorinstanz dazu keine Sachverhaltsfeststellungen
im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG. Sie hielt lediglich fest, es sei durch die
Privatgutachten des Architekten L.________ vom 26. April 2001 und vom 22.
September 2001 sowie das Beweisgutachten der M.________ + Partner AG vom 23.
April 2002 bewiesen, dass die streitbetroffene Liegenschaft (im Zeitpunkt der
Begutachtung) mit Mängeln behaftet gewesen sei. Ihr Urteil enthält indessen
keine tatsächlichen Feststellungen über die im Zeitpunkt des Besitzesantritts
des Kaufobjekts am 1. Januar 2000 vorhandenen Mängel, ihre Ursachen und die
Kosten zu deren Behebung. Entscheidend ist indessen zum einen, ob
(versteckte) Mängel im behaupteten Ausmass im Zeitpunkt des Übergangs von
Nutzen und Gefahr vorhanden waren, und zum andern, ob die Klägerin damit
hätte rechnen müssen, oder ob sie völlig ausserhalb dessen lagen, womit
vernünftigerweise zu rechnen war (vgl. die vorstehenden Erwägungen 4.3. und
4.3.1). Indem die Vorinstanz erwog, die Aufhebung der Gewährleistung erweise
sich als gültig, da im Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Gefahr keine
Mängel erkennbar gewesen seien und die Beklagte keinen Anlass gehabt habe,
nach versteckten Mängeln zu suchen, verkannte sie, dass sich die gesetzliche
Pflicht zur Gewährleistung auch oder gar in erster Linie auf vorhandene, aber
versteckte Mängel bezieht und vorliegend zu beurteilen ist, ob die
vereinbarte Freizeichnungsklausel für solche gültig ist. - Die Frage, ob
Mängel nach Treu und Glauben von einer Freizeichnungsklausel nicht erfasst
werden, dürfte sich bei erkennbaren Mängeln ohnehin kaum je ernsthaft
stellen.
Hat die Vorinstanz damit, von ihrer unrichtigen Rechtsauffassung ausgehend,
keine verbindlichen Feststellungen über das tatsächliche Vorliegen der
behaupteten versteckten Mängel im massgeblichen Zeitpunkt und über ihr
Ausmass getroffen, ist es dem Bundesgericht nicht möglich, zu beurteilen, ob
bei Übergang von Nutzen und Gefahr der streitbetroffenen Liegenschaft Mängel
vorlagen, die nach Treu und Glauben nicht mehr als vom
Gewährleistungsausschluss erfasst betrachtet werden dürfen. Die Sache ist
daher nach Art. 64 OG zur Vervollständigung der Sachverhaltsfeststellungen an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird - gegebenenfalls mittels Einholung
der von der Klägerin beantragten Expertise - Feststellungen darüber zu
treffen haben, ob und in welchem Ausmass im Zeitpunkt des Besitzesantritts
Feuchtigkeitsmängel vorhanden waren, wobei auch deren Ursachen und die Kosten
zu deren Behebung zu ermitteln sind. Anschliessend wird die Vorinstanz unter
Berücksichtigung aller Umstände des Falles zu beurteilen haben, ob die
festgestellten Mängel nach Treu und Glauben als vom Gewährleistungsausschluss
erfasst betrachtet werden dürfen (Erwägung 4.3.1 vorne), und erneut über die
Klage entscheiden müssen.

5.
Nach dem Ausgeführten ist die Berufung teilweise gutzuheissen, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Sachverhaltsergänzung und zu
neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Da damit der Ausgang des Rechtsstreits noch offen ist, rechtfertigt es sich,
die Gerichtsgebühr den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen und die
Parteikosten für das bundesgerichtliche Verfahren wettzuschlagen (Art. 156
Abs. 1 und 3 und Art. 159 Abs. 2 OG). Zufolge Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege ist der Gerichtskostenanteil der Klägerin einstweilen auf die
Gerichtskasse zu nehmen (Art. 152 Abs. 1 und 3 OG). Auch das Honorar des
klägerischen Rechtsbeistandes geht einstweilen auf die Gerichtskasse (Art.
152 Abs. 2 und 3 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts von
Graubünden vom 17. Februar 2004 wird aufgehoben und die Sache zur
Sachverhaltsergänzung und zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an
die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'500.-- wird den Parteien je zur Hälfte
auferlegt, wobei die Klägerin zufolge Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege einstweilen von der Bezahlung ihres Anteils befreit wird.

3.
Die Parteikosten werden wettgeschlagen.

4.
Rechtsanwalt Dr. Gieri Caviezel, Chur, wird aus der Bundesgerichtskasse ein
Honorar von Fr. 6'500.-- ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Oktober 2004

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: