Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.172/2004
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4C.172/2004 /sza

Urteil vom 4. Oktober 2004

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Nyffeler, Favre, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Gelzer.

X. ________ A/S,
Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Herrn Dr. Michael Ritscher
und/oder Herrn Mark Schweizer, Rechtsanwälte,

gegen

Y.________ AG,
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Herrn Dr.Werner Stieger
und/oder Herrn Dr. Fritz Blumer, Rechtsanwälte.

Patentrecht; örtliche Zuständigkeit; IPRG,

Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 1. April
2004.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ A/S ist eine Gesellschaft mit Sitz in Kopenhagen. Sie ist
Inhaberin eines in der Schweiz eingetragenen Patents für ein pharmazeutisches
Produkt. Die Y.________ AG ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Cham.

B.
Am 1. September 2003 erhob die X.________ A/S beim Handelsgericht des Kantons
Bern gegen die Y.________ AG eine Klage auf Unterlassung einer
Patentverletzung und auf Leistung von Schadenersatz.

Zur Begründung der Zuständigkeit führte die Klägerin an, da ein
internationaler Sachverhalt vorliege, sei das Lugano Übereinkommen anwendbar.
Dieses sehe in Art. 5 Ziff. 3 vor, dass Klagen aus unerlaubter Handlung vor
den Gerichten des Ortes erhoben werden könnten, an dem das schädigende
Ereignis eingetreten sei. Dies sei im vorliegenden Fall Bern, da die Beklagte
in einer Apotheke in Bern ein Produkt verkauft habe, welches das Patent der
Klägerin verletze. Damit liege der Handlungs- und Erfolgsort der
Patentverletzung in Bern.

Die Beklagte wendete ein, das Berner Handelsgericht sei örtlich nicht
zuständig.

Mit Verfügung vom 24. November 2003 beschränkte der Instruktionsrichter das
Verfahren auf die Frage der Zuständigkeit des Berner Handelsgerichts. Dieses
verneinte seine Zuständigkeit und trat daher mit Urteil vom 1. April 2004 auf
die Klage nicht ein.

C.
Die Klägerin erhebt eidgenössiche Berufung mit den Anträgen, das Urteil des
Handelsgerichts vom 1. April 2004 sei aufzuheben, die Unzuständigkeitseinrede
der Beklagten sei abzuweisen und die Streitsache sei zur materiellen
Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Berufung richtet sich gegen ein Endurteil, weil das Verfahren durch den
angefochtenen Entscheid beendet wird. Dieser ist berufungsfähig, da er eine
Zivilrechtsstreitigkeit mit einem Streitwert von über Fr. 8'000.-- (Art. 46
OG), betrifft und er nicht durch ein ordentliches kantonales Rechtsmittel
angefochten werden kann (Art. 48 Abs. 1 OG). Auf die form- und fristgerechte
Berufung der durch den angefochtenen Entscheid belasteten Klägerin ist daher
einzutreten.

2.
2.1 Das Handelsgericht nahm an, es liege ein internationaler Sachverhalt vor,
da die Parteien ihre Sitze in verschiedenen Staaten hätten. Die Zuständigkeit
sei daher nach den Normen des internationalen Zivilprozessrechts zu
bestimmen.

2.2 Entgegen ihrer ursprünglichen Meinung macht die Klägerin vor
Bundesgericht geltend, das Handelsgericht sei zu Unrecht von einem
internationalen Sachverhalt ausgegangen. Es habe ausser Acht gelassen, dass
die Frage des Auslandsbezugs nicht abstrakt, sondern im Einzelfall zu
bestimmen sei. Dass immer dann ein internationales Verhältnis vorliege, wenn
mindestens eine Partei ihren Wohnsitz im Ausland habe, sei lediglich eine
Faustregel und dürfe nicht unbesehen auf jedes Rechtsverhältnis und jedes
Rechtsgebiet angewendet werden. So werde die Auffassung vertreten, es liege
kein internationales Verhältnis vor, wenn die Zuständigkeit des
schweizerischen Richters wegen des hiesigen Domizils der Beklagten gegeben,
schweizerisches Recht anwendbar und überdies die Vollstreckung des Urteils
auf die Schweiz beschränkt sei. Der Fall liege erst dann anders, wenn die
Beklagte im Ausland domiziliert sei, weil sich dann die Frage der
gerichtlichen Zuständigkeit stelle. Demnach sei im vorliegenden Fall ein
genügender Auslandsbezug zu verneinen, da die Klägerin eine Verletzung eines
schweizerischen Schutzrechts durch eine in der Schweiz domizilierte
Gesellschaft geltend mache und die Vollstreckung des Urteils auf die Schweiz
beschränkt sei. Da somit kein internationales Verhältnis vorliege, richte
sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Bundesgesetz über den Gerichtsstand
in Zivilsachen (Gerichtsstandsgesetz, GestG). Dieses sehe in Art. 25 vor,
dass für Klagen aus unerlaubter Handlung - wozu nach einhelliger Lehre und
Rechtsprechung auch Klagen aus Patentverletzungen gehörten - das Gericht am
Wohnsitz oder Sitz der geschädigten Person oder der beklagten Partei oder am
Handlungs- oder am Erfolgsort zuständig sei.

2.3 Das Gerichtsstandsgesetz kommt nur zur Anwendung, wenn kein
internationales Verhältnis vorliegt (Art. 1 Abs. 1 GestG; vgl. auch der
spiegelbildliche Art. 1 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über das
Internationale Privatrecht, IPRG). Ein internationales Verhältnis setzt einen
über den schweizerischen Rechtsraum hinausreichenden Bezug voraus. Welcher
Art und Intensität der Auslandsbezug sein muss, wird gesetzlich nicht
definiert. Demnach ist im Einzelfall unter Berücksichtigung des Sachbereichs
zu prüfen, ob ein genügender Auslandsbezug vorliegt (Volken, in: Zürcher
Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 17 zu Art. 1 IPRG; Schnyder, in: Basler
Kommentar, N. 2 zu Art. 1 IPRG, m.w.H.; Urt. des BGer. 5C.184/1995 vom 10.
Januar 1996, E. 5a). So begründet zum Beispiel die ausländische
Staatsangehörigkeit einer Partei nicht in jedem Sachbereich einen relevanten
Bezug zum Ausland (Schnyder, a.a.O., N. 2 zu Art. 1 IPRG; Dominik Gasser, in:
Gerichtsstandsgesetz, Kommentar zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in
Zivilsachen, hrsg. von Franz Kellerhals et. al., N 16 zu Art. 1 GestG).
Bezüglich des ausländischen Wohnsitzes einer Partei ist zu beachten, dass der
Kommissionsberichterstatter Iten im Nationalrat   zum Anwendungsbereich des
IPRG ausführte, das Gesetz befasse sich mit Rechtsverhältnissen, die wegen
des Wohnsitzes oder des Aufenthaltes der beteiligten Personen, wegen des
Sitzes einer juristischen Person [oder] wegen der Natur des Geschäftes
grenzüberschreitende Merkmale aufweisen (AB 1986 N, S. 1282). Diese Aussage
lässt darauf schliessen, der Gesetzgeber habe beim ausländischen Wohnsitz
einer Partei unabhängig vom Sachbereich einen erheblichen Auslandbezug
bejahen wollen. Dies wird durch Art. 176 Abs. 1 IPRG bestätigt, der vorsieht,
dass die Bestimmungen des Kapitels über die internationale
Schiedsgerichtsbarkeit für Schiedsgerichte mit Sitz in der Schweiz gelten,
sofern beim Abschluss der Schiedsvereinbarung wenigstens eine Partei ihren
Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Schweiz hatte.
Demnach liegt beim Wohnsitz bzw. Sitz einer Partei im Ausland immer ein
internationales Verhältnis vor (Gasser, a.a.O., N. 16 zu Art. 1 GestG;
einschränkend: François Knoepfler/Philippe Schweizer, Droit international
privé suisse, 2. Aufl., S. 25 Rz. 19, welche annehmen, ein ausländischer
Wohnsitz einer Partei begründe oft [souvent] einen genügenden Auslandbezug).
Entsprechend hat das Bundesgericht in solchen Fällen stets ein
internationales Verhältnis bejaht (BGE 119 II 167 E. 2a; 117 II 204 E. 2b S.
207; Urt. des BGer. 4C.477/1993 vom 13. Juni 1994, E. 4a). Dabei ist
unerheblich, welche Partei ihren Sitz oder Wohnsitz im Ausland hat. Entgegen
der Annahme der Klägerin schafft auch der ausländische Sitz der klagenden
Partei bezüglich der Zuständigkeit einen internationalen Bezug. Dies
entspricht der Formulierung von Art. 176 Abs. 1 IPRG und dem Umstand, dass
das IPRG regelmässig die Gerichte am Wohnsitz des Beklagten als zuständig
erklärt (vgl. Art. 2 IPRG) und es damit auch Fälle erfasst, in denen die
beklagte Partei in der Schweiz domiziliert ist.

2.4 Nach dem Gesagten ist das Handelsgericht zu Recht davon ausgegangen, auf
Grund des Sitzes der Klägerin im Ausland liege ein internationales Verhältnis
vor.

3.
Im internationalen Verhältnis wird die Zuständigkeit der schweizerischen
Gerichte durch das IPRG geregelt, wobei völkerrechtliche Verträge vorbehalten
sind (Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 IPRG). Zu diesen Verträgen gehört das
Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Lugano
Übereinkommen, LugÜ; SR 0.275.11). Dieses geht von der Regel aus, dass
Personen die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben,
ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates
zu verklagen sind (Art. 2 Abs. 1 LugÜ). Unter dem Titel besondere
Zuständigkeiten sieht Art. 5 LugÜ Möglichkeiten vor, dass eine Person, die
ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen
Vertragsstaat verklagt werden kann. So können gemäss Art. 5 Ziff. 3 LugÜ
Ansprüche aus unerlaubter Handlung vor dem Gericht des Ortes eingeklagt
werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.

3.1 Das Handelsgericht ging davon aus, der Gerichtsstand gemäss Art. 5 Ziff.
3 LugÜ komme im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil die Beklagte mit
Sitz in der Schweiz in diesem Land und nicht in einem anderen Vertragsstaat
eingeklagt werde. Diese Einschränkung ergebe sich schon aus dem Wortlaut der
Bestimmung und entspreche der herrschenden Lehre, welche zu Recht davon
ausgehe, das Lugano Übereinkommen habe nicht den Sinn, die örtliche
Zuständigkeit abweichend vom nationalen Recht festzulegen. Art. 2 Abs. 1 LugÜ
bestimme daher nicht das innerstaatlich zuständige Gericht, sondern lege
lediglich die internationale Zuständigkeit fest. Zur Bestimmung des in der
Schweiz örtlich zuständigen Gerichts müsse daher das IPRG, vorliegend dessen
Art. 109, herangezogen werden.

3.2 Die Klägerin rügt, das Handelsgericht gehe mit der herrschenden Lehre von
einer zu wortlautbezogenen Auslegung von Art. 5 LugÜ aus und lasse den Sinn
und Zweck der besonderen Zuständigkeiten ausser Acht. Dieser bestehe darin,
der Sach- bzw. Beweisnähe und der Prozessökonomie Rechnung zu tragen. Wenn
demnach in Art. 5 Ziff. 1 LugÜ wahlweise der Gerichtsstand des
Erfüllungsortes zur Verfügung stehe, so habe dies gemäss der zutreffenden
Meinung von Stefan Auer (in: Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- und
Handelssachen, hrsg. von Böckenstiegel/Geimer/Schütze, München 2003, Band II,
S. 77 ff.) unabhängig davon zu gelten, ob der Erfüllungsort sich zufällig im
Land befindet, in dem die beklagte Partei ihren Wohnsitz hat. Dasselbe müsse
bezüglich des Gerichtsstandes am Handlungs- und Erfolgsort gemäss Art. 5
Ziff. 3 LugÜ gelten.

3.3 Das Lugano Übereinkommen ist nach den Grundsätzen über die Auslegung
eines internationalen Vertrages auszulegen (vgl. BGE 126 III 540 E. 2a/aa).
Ein solcher ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der
gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung
und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen (Art. 31 Abs. 1 des Wiener
Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969; SR 0.111).
Erscheint der Wortlaut einer Bestimmung als eindeutig, so ist von der daraus
abgeleiteten Bedeutung nur abzuweichen, wenn aus dem Zweck der Norm, dem
Zusammenhang oder seiner Entstehungsgeschichte mit Sicherheit auf eine vom
Wortlaut abweichende Willenseinigung der Vertragsstaaten zu schliessen ist
(BGE 125 V 503 E. 4b mit Hinweisen).

3.4 Nach der allgemeinen Zuständigkeitsvorschrift in Art. 2 LugÜ sind die
Gerichte des Vertragsstaates zuständig, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz
hat. In einem anderen Vertragsstaat kann er nach den besonderen
Zuständigkeiten gemäss Art. 5 LugÜ verklagt werden. Diese Zuständigkeiten
kommen damit nach dem Wortlaut und der systematischen Stellung von Art. 5
LugÜ im Verhältnis zu Art. 2 LugÜ nur zur Anwendung, wenn in einem anderen
als dem Wohnsitzstaat des Beklagten geklagt wird. Dafür, dass diese Bedeutung
dem Zeck von Art. 5 widersprechen und dieser über den Wortlaut hinaus auch
die Bestimmung des Gerichtsstandes innerhalb des Wohnsitzstaates des
Beklagten regeln möchte, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Demnach
ist mit der herrschenden Lehre davon auszugehen, das Lugano Übereinkommen
bestimme den Gerichtsstand im Wohnsitzstaat des Beklagten nicht (Reinhold
Geimer, in: Europäisches Zivilverfahrensrecht, Kommentar zur EuGVVO, EuEheVO,
EuZustellungsVO, zum Lugano Übereinkommen und zum nationalen Kompetenz- und
Anerkennungsrecht, von Reinhold Geimer und Rolf A. Schütze, 2. Aufl. München
2004, N. 3 zu Art. 5 EuGVÜ/LugÜ; Jan Kropholler, Europäisches
Zivilprozessrecht, Kommentar zu EuGVO und Lugano Übereinkommen, 7. Aufl.
Heidelberg 2002, N. 4 vor Art. 5 EuGVO, je mit weiteren Hinweisen).

3.5 Nach dem Gesagten ist das Handelsgericht zu Recht davon ausgegangen, Art.
5 Ziff. 3 LugÜ komme im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, da die
Klägerin die Klage im Sitzstaat der Beklagten erhoben hat.

4.
4.1 Gemäss Art. 25 GestG können Klagen aus unerlaubter Handlung - wozu auch
Verletzungen von Patentrechten gehören - unter anderem am Handlungs- oder
Erfolgsort erhoben werden (vgl. Flavio Romerio, in: Gerichtsstandsgesetz,
Kommentar zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen, Hrsg.
Müller/Wirth, N. 12 zu Art. 25 GestG). Dieser Gerichtsstand steht der
Klägerin nicht offen, da sie als Gesellschaft mit Sitz im Ausland gemäss Art.
109 IPRG alleine bei den Gerichten am (Wohn-)Sitz der Beklagten klagen kann.
Das Handelsgericht kam zum Ergebnis, diese Einschränkung der Wahlmöglichkeit
des Gerichtsstandes für ausländische Gesellschaften verstosse nicht gegen das
Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum vom
15. April 1994 (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property
Rights, TRIPS-Übereinkommen; SR 0.632.20 Anhang C1 zum Abkommen zur
Errichtung der Welthandelsorganisation). Zur Begründung führte das
Handelsgericht zusammengefasst an, das Prinzip der Inländerbehandlung gemäss
Art. 3 Abs. 1 TRIPS-Übereinkommen erfasse gemäss Fn. 214 auch die
Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum und damit auch die Frage der
gerichtlichen Zuständigkeit. Jedoch behalte Art. 3 Abs. 1 TRIPS-Übereinkommen
gewisse Übereinkommen vor. Dazu gehöre die Pariser Verbandsübereinkunft zum
Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967
(PVÜ; SR 0.232.04), welche in Art. 2 Abs. 3 vorsehe, dass unter anderem
Rechtsvorschriften jeder der Verbandsländer über das gerichtliche und das
Verwaltungsverfahren und die Zuständigkeit dem Grundsatz der
Inländerbehandlung vorgehen würden. Daraus folge, dass von diesem Grundsatz
in Zuständigkeitsfragen eine Ausnahme grundsätzlich zulässig sei. Zu beachten
sei jedoch, dass gemäss Art. 3 Abs. 2 TRIPS-Übereinkommen Ausnahmen von der
Inländerbehandlung nur zulässig seien, wenn diese mit Bestimmungen dieses
Übereinkommens vereinbar sind und wenn sie nicht so angewandt werden, dass
sie versteckte Handelsbeschränkungen darstellen. Eine Unvereinbarkeit mit den
Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens sei zu verneinen, da dieses lediglich
verlange, dass die Verfahren zur Durchsetzung von Rechten am geistigen
Eigentum recht und billig, weder unnötig kompliziert noch kostspielig seien
und keine unangemessenen Fristen oder ungerechtfertigte Verzögerungen mit
sich brächten (Art. 41 Abs. 2 und Art. 42 TRIPS). Diese Voraussetzungen
würden durch die örtliche Zuständigkeit nicht berührt. Auch stelle eine
Einschränkung des Ausländers gegenüber dem Inländer im "forum shopping" keine
versteckte Handelsbeschränkung dar. Eine solche könnte allenfalls vorliegen,
wenn gewisse Gerichte kostspielige Zulassungsverfahren, wesentlich länger
dauernde oder ineffizientere Rechtswege vorsehen oder prohibitive
Kostenvorschüsse oder Sicherheitsleistungen verlangen würden. Dies sei in der
Schweiz nicht der Fall, da die Gerichtssysteme in den verschiedenen Kantonen
grundsätzlich gleichwertig seien. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass
Patentsachen in gewissen Kantonen von Handelsgerichten und in anderen
Kantonen durch die ordentlichen Gerichte beurteilt würden. Damit sei
unabhängig vom Gerichtsstand ein wirksamer Schutz von Patenten gewährleistet.
Demnach sei die Ausnahme vom Grundsatz der Nichtdiskriminierung hinsichtlich
des Gerichtsstandes mit dem TRIPS-Übereinkommen vereinbar.

4.2 Die Klägerin macht geltend, das Handelsgericht habe bei seinen
Ausführungen über die grundsätzliche Gleichwertigkeit der Schweizer
Gerichtssysteme ausser Acht gelassen, dass es für die Klägerin ein grosser
Vorteil sei, vor einem Gericht klagen zu können, das über Erfahrung in
Patentsachen verfüge, wie zum Beispiel das Berner Handelsgericht. So habe das
GATT-Panel in einem Entscheid vom 7. November 1998 entschieden, dass eine
eingeschränkte Wahlmöglichkeit bezüglich der Gerichtsstände - je nachdem ob
in- oder ausländische Produkte betroffen sind - eine ungünstigere Behandlung
und damit eine prozessuale Diskriminierung zur Folge haben könne. Eine solche
sei gemäss Art. 3 Ziff. 1 TRIPS-Übereinkommen unzulässig. Soweit das
Handelsgericht anführe, gemäss Art. 2 Abs. 3 PVÜ seien die Bestimmungen der
Verbandsländer über die Zuständigkeit vorbehalten, lasse es unberücksichtigt,
dass die Pariser Verbandsübereinkunft von 1967 datiere und sich seither die
Rechtswirklichkeit, insbesondere bezüglich der Schaffung von
Wahlmöglichkeiten hinsichtlich des Gerichtsstandes und den damit
zusammenhängenden Vorteilen, erheblich geändert hätten.

4.3 Das Lugano Übereinkommen lässt Übereinkommen unberührt, denen die
Vertragsstaaten angehören oder angehören werden und die für besondere
Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung oder die
Vollstreckung von Entscheidungen regeln (Art. 57 LugÜ). Zu diesen
Übereinkommen gehört das TRIPS-Übereinkommen. Dieses sieht in Art. 3 Abs. 1
unter dem Titel "Inländerbehandlung" folgende Regelung vor:
"Die Mitglieder gewähren den Staatsangehörigen der anderen Mitglieder eine
Behandlung, die diese gegenüber ihren eigenen Staatsangehörigen in Bezug auf
den Schutz214 des geistigen Eigentums nicht benachteiligt, vorbehaltlich der
bereits in der Pariser Verbandsübereinkunft (1967), der Berner Übereinkunft
(1971), dem Rom-Abkommen oder dem Vertrag über den Schutz des geistigen
Eigentums an integrierten Schaltkreisen vorgesehenen Ausnahmen. [...]"
In der Fussnote 214 wird zum Begriff Schutz festgehalten:

"Im Sinne der Artikel 3 und 4 schliesst «Schutz» die Angelegenheiten ein,
welche die Verfügbarkeit, den Erwerb, den Umfang, die Aufrechterhaltung und
die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum betreffen, sowie diejenigen
Angelegenheiten, welche die Ausübung der in diesem Abkommen ausdrücklich
behandelten Rechte an geistigem Eigentum betreffen."

Die Pariser Verbandsübereinkunft sieht in Art. 2 Abs. 3 folgende Ausnahme von
der Inländerbehandlung vor:

"Ausdrücklich bleiben vorbehalten die Rechtsvorschriften jedes der
Verbandsländer über das gerichtliche und das Verwaltungsverfahren und die
Zuständigkeit sowie über die Wahl des Wohnsitzes oder die Bestellung eines
Vertreters, die etwa nach den Gesetzen über das gewerbliche Eigentum
erforderlich sind."

Diese Ausnahme erfasst die Zuständigkeit bzw. nach dem französischen
Originaltext (Art. 29 Abs. 1 PVÜ) "la compétence", worunter namentlich die
Zuständigkeit im Prozess bezüglich Rechte am geistigen Eigentum zu verstehen
ist (vgl. Karl-Heinz Fezer, in: Markenrecht, Kommentar zum Markengesetz, zur
Pariser Verbandsübereinkunft und zum Madrider Markenabkommen, 3. Aufl.
München 2001, N. 6 zu Art. 3 PVÜ). Demnach ist bezüglich der Zuständigkeit
eine Ausnahme von der Inländerbehandlung im Rahmen von  Art. 3 Abs. 2
TRIPS-Übereinkommen zulässig. Diese Bestimmung schreibt vor:

"Die Mitglieder dürfen in Bezug auf Gerichts- und Verwaltungsverfahren,
einschliesslich der Bestimmung einer Zustellungsanschrift und der Bestellung
eines Vertreters im Hoheitsbereich eines Mitglieds, von den nach Absatz 1
zulässigen Ausnahmen nur Gebrauch machen, wenn diese notwendig sind, um die
Einhaltung von Gesetzen und sonstigen Vorschriften sicherzustellen, die mit
den Bestimmungen dieses Abkommens nicht unvereinbar sind, und wenn diese
Praktiken nicht so angewandt werden, dass sie versteckte
Handelsbeschränkungen darstellen."

Bei der Prüfung der Vereinbarkeit einer Ausnahme mit den Bestimmungen des
TRIPS-Übereinkommen ist zu beachten, dass dieses insbesondere bezweckt, einen
wirksamen und ausreichenden Schutz der Rechte am geistigen Eigentum zu
fördern, bzw. sicherzustellen und diesbezüglich in Art. 41 und Art. 42
Minimalanforderungen stellt (vgl. Präambel zum TRIPS-Übereinkommen; vgl.
Daniel Gervais, The TRIPS Agreement, Drafting History ans Analysis, 2. Aufl.
London 2003, S. 101). Bezüglich der Zuständigkeit in der Schweiz ist zu
beachten, dass Art. 76 des Bundesgesetzes über Erfindungspatente (SR. 232.14)
den Kantonen vorschreibt, für die in diesem Gesetz vorgesehenen Zivilklagen
eine Gerichtsstelle zu bezeichnen, welche für das ganze Kantonsgebiet als
einzige kantonale Instanz entscheidet.

4.4 Wie das Handelsgericht zu Recht anführt, steht die für die Klägerin
gegenüber inländischen Gesellschaften eingeschränkte Wahlmöglichkeit
bezüglich des Gerichtsstandes im Widerspruch zum Prinzip der
Inländerbehandlung gemäss Art. 3 Abs. 1 TRIPS-Übereinkommen. Dieser
Widerspruch ist jedoch durch den Vorbehalt der Ausnahmen in der Pariser
Verbandsübereinkunft gedeckt, da diese ein Abweichen von der
Inländerbehandlung im Bereich der Zuständigkeit zulässt. Mit dieser Ausnahme
wird im vorliegenden Fall nicht gegen die Bestimmungen des
TRIPS-Übereinkommens verstossen, da mit dem Handelsgericht davon auszugehen
ist, dass in der Schweiz unabhängig vom kantonalen Gerichtsstand ein dem
TRIPS-Übereinkommen entsprechender Schutz der Rechte am geistigen Eigentum
gewährleistet ist. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass gewisse
kantonale Gerichte mit Patentprozessen wenig Erfahrung haben (vgl. dazu die
Kritik von Werner Stieger, Unklares, Ungereimtes und Unvollendetes beim
internationalen Patentprozess (in der Schweiz), in: Internationales
Zivilprozess- und Verfahrensrecht III, Hrsg. Karl Spühler, S. 57 ff., S. 65
f). Alsdann ist nicht erkennbar und wird von der Klägerin auch nicht geltend
gemacht, dass die fehlende Wahlmöglichkeit bezüglich des Gerichtsstandes zu
einer versteckten Handelsbeschränkung führen würde. Demnach liegt die
Ausnahme vom Prinzip der Inländerbehandlung bezüglich der örtlichen
Zuständigkeit der staatlichen Gerichte in den von Art. 3 Abs. 2
TRIPS-Übereinkommen gezogenen Grenzen und ist damit zulässig. Der Einwand der
Klägerin, eine Ausnahme von der Inländerbehandlung bezüglich der
Zuständigkeit sei auf Grund der seit der Vereinbarung der Pariser
Verbandsübereinkunft veränderten Verhältnisse nicht mehr gerechtfertigt, ist
unbeachtlich, da Völkerrecht für das Bundesgericht und die anderen
rechtsanwendenden Behörden massgebend ist, und diese demnach nicht befugt
sind, völkerrechtliche Übereinkommen an veränderte Verhältnisse anzupassen
(Art. 191 BV).

5.
Nach dem Gesagten ist die Berufung abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird die Klägerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156
Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). Bei der Bemessung der Parteientschädigung
wird die Mehrwertsteuer im Rahmen des geltenden Tarifs pauschal
berücksichtigt (Beschluss der Präsidentenkonferenz vom 8. Mai 1995).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 15'000.-- wird der Klägerin auferlegt.

3.
Die Klägerin hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
17'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Bern
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Oktober 2004

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: