Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.152/2004
Zurück zum Index I. Zivilabteilung 2004
Retour à l'indice I. Zivilabteilung 2004


4C.152/2004 /lma

Urteil vom 9. Juli 2004

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiberin Schoder.

A. ________,
Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Reto Ziegler,

gegen

B.________ AG,
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Manfred Messmer.

Mietvertrag; Mietzinserhöhung,

Berufung gegen den Sitzungs-Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich,
II. Zivilkammer, vom 11. März 2004.

Sachverhalt:

A.
Mit Vertrag vom 29. August 1996 vermietete A.________(Kläger) der B.________
AG auf den 1. Januar 1997 diverse Büro-, Werkstatt- und Lagerräume in der
Liegenschaft X.________ zu einem Mietzins von Fr. 11'000.-- netto pro Monat.
Der Vertrag war frühestens auf den 30. September 2002 kündbar und hernach je
auf Ende März und Ende September mit einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist. In
Ziffer 26 des Nachtrages I zum Mietvertrag vereinbarten die Parteien was
folgt:
"Der Mieterin wird hiermit auf den Ablauf der festen Vertragsdauer am
30.9.2002 ein Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages um weitere 5
Jahre eingeräumt. Will die Mieterin dieses Optionsrecht ausüben, so hat sie
die Vermieterin bis spätestens 1 Jahr vor Ablauf der festen Vertragsdauer
(also am 30.9.2001) schriftlich davon in Kenntnis zu setzen. Wird das
Optionsrecht rechtzeitig ausgeübt, so ist die Vermieterin berechtigt, den
Mietzins auf den Beginn der Optionsdauer den dannzumal herrschenden orts- und
quartierüblichen Verhältnissen anzupassen. Wird das Optionsrecht nicht
ausgeübt und erfolgt von keiner Seite eine Kündigung, verlängert sich dieser
Vertrag jeweils um 12 Monate."
Während der festen Vertragsdauer gilt der Mietzins nach Ziffer 28 des
Nachtrages I als indexiert.

In der Folge wurde das Mietobjekt verkleinert und der Nettomietzins
entsprechend reduziert. Ausserdem wurde der Mietzins gestützt auf den
Landesindex der Konsumentenpreise angepasst, so per 1. Januar 2002 von Fr.
9'307.-- auf Fr. 9'363.-- entsprechend einem Indexstand von 101.2 Punkten.

B.
Mit Schreiben vom 25. September 2001 erklärte die Beklagte dem Kläger, von
ihrem Optionsrecht Gebrauch zu machen. Sie bat ihn, ihr die Konditionen für
die Optionsdauer mitzuteilen. Hierauf wurde ihr am 22. Februar 2002 ein
Entwurf für einen neuen Mietvertrag zu einem Mietzins von Fr. 11'000.--
zugestellt. Nachdem ihr der Kläger am 23. April 2002 Frist zur Stellungnahme
bis zum 17. Mai 2002 angesetzt hatte, schrieb ihm die Beklagte am 13. Mai
2002, sie sei mit dem Vertragsentwurf nicht einverstanden. Am 29. Juli 2002
kündigte der Kläger der Beklagten mit amtlichem Formular eine
Mietzinserhöhung auf den 1. Oktober 2002 an, die er mit teilweiser Anpassung
an orts- und quartierübliche Mietzinse infolge Ausübung des Optionsrechts
begründete. Als die Beklagte diese Mietzinserhöhung anfocht, liess es der
Kläger beim alten Mietzins bewenden.

C.
Mit amtlichem Formular vom 5. November 2002 erhöhte der Kläger den Mietzins
gestützt auf einen Indexstand von 102.5 Punkten auf Fr. 9'483.--. Die
Beklagte focht diese Mietzinserhöhung bei der Schlichtungsbehörde an. Eine
Einigung kam nicht zustande. Der Kläger gelangte hierauf an das Mietgericht
des Bezirks Zürich, welches sein Begehren um Feststellung der
Nichtmissbräuchlichkeit der angekündigten Mietzinserhöhung mit Urteil vom 24.
November 2003 schützte. Das Obergericht des Kantons Zürich hiess jedoch eine
Berufung der Beklagten mit Beschluss vom 11. März 2004 gut, hob das Urteil
des Bezirksgerichts vom 24. November 2003 auf und stellte fest, dass die mit
amtlichem Formular vom 5. November 2002 auf den 1. Januar 2003 mitgeteilte
Mietzinserhöhung missbräuchlich sei. Anders als das Bezirksgericht, welches
der Auffassung war, der Beklagten sei eine echte Option eingeräumt worden,
kam das Obergericht zum Schluss, es liege keine echte Option vor, denn beide
Parteien seien davon ausgegangen, die neuen Konditionen müssten erst
ausgehandelt werden. Eine Verlängerung des Mietverhältnisses um fünf Jahre
durch einseitige Erklärung der Beklagten sei deshalb nicht zustande gekommen.
Die Veränderung des Landesindexes könne daher nur zu 40 % überwälzt werden.
Dieser Erhöhungsanspruch werde aber durch einen Herabsetzungsanspruch des
Mieters wegen zwischenzeitlich gesunkenem Hypothekarzinssatz kompensiert.
Eine Mietzinserhöhung sei daher nicht gerechtfertigt.

D.
Der Kläger beantragt dem Bundesgericht mit eidgenössischer Berufung, es sei
in Aufhebung des Beschlusses des Obergerichts des Kantons Zürich vom 11. März
2004 festzustellen, dass die Mietzinserhöhung vom 5. November 2002 auf den 1.
Januar 2003 auf Fr. 9'483.-- netto pro Monat (zuzüglich Nebenkosten) nicht
missbräuchlich sei.

Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung und auf Bestätigung des
angefochtenen Beschlusses.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Unter den Parteien ist im Wesentlichen streitig, ob die am 25. September 2001
abgegebene Erklärung der Beklagten, sie wolle von ihrem Optionsrecht Gebrauch
machen, die Entstehung eines neuen fünfjährigen Mietvertrages bewirkt hat.
Andernfalls wäre die Indexierung dahingefallen (Art. 269b OR; BGE 124 III 57
E. 3a S. 58 f., mit Hinweisen). Da die Beklagte diese Rechtsfolge für den
Fall, dass von einer unechten Option auszugehen sein sollte, nicht in Abrede
stellt, ist einzig zu prüfen, ob die Vorinstanz mit der Annahme, trotz dem in
der streitigen Klausel verwendeten Ausdruck "Option" sei der Beklagten kein
Gestaltungsrecht eingeräumt worden, Bundesrecht verletzt hat, wie der Kläger
mit der Berufung geltend macht.

2.
2.1 Der Inhalt eines Vertrages bestimmt sich in erster Linie durch subjektive
Auslegung, das heisst nach dem übereinstimmenden wirklichen Parteiwillen
(Art. 18 Abs. 1 OR). Nur wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung
unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die
Parteierklärungen so auszulegen, wie sie vom Empfänger in guten Treuen
verstanden werden durften und mussten (BGE 129 III 118 E. 2.5 S. 122; 128 III
265 E. 3a S. 267, je mit Hinweisen). Während das Bundesgericht die
objektivierte Vertragsauslegung als Rechtsfrage prüfen kann, beruht die
subjektive Vertragsauslegung auf Beweiswürdigung, die vorbehältlich der
Ausnahmen von Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG der bundesgerichtlichen
Überprüfung im Berufungsverfahren entzogen ist (BGE 129 III 118 E. 2.5 S.
122; 126 III 25 E. 3c S. 29, je mit Hinweisen).

2.2  Bei der Ermittlung der Bedeutung des vereinbarten Optionsrechts schloss
die Vorinstanz aus der nachträglich gewechselten Korrespondenz, mithin in
Würdigung der Beweise, beide Parteien seien davon ausgegangen, dass über die
neuen Konditionen noch verhandelt werden müsse. Dem Kläger ist daher im
Berufungsverfahren verwehrt, die aufgrund der Ermittlung des tatsächlichen
Parteiwillens erfolgte Feststellung der Vorinstanz, die Fortdauer des
Mietverhältnisses sei vom übereinstimmenden Willen beider Parteien abhängig
gewesen, in Zweifel zu ziehen. Das gilt auch, soweit er in diesem
Zusammenhang Versehensrügen erhebt. Er zeigt nicht auf, welche Aktenstelle
die Vorinstanz übersehen oder unrichtig, d.h. nicht in ihrer wahren Gestalt,
insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut wahrgenommen hätte (BGE 119
II 353 E. 5c/aa S. 357; 115 II 484 E. 2a S. 485 f.). Er verkennt, dass ein
Versehen nicht schon dadurch belegt ist, dass sich das Aktenstück bei der
Beweiswürdigung nicht erwähnt findet, sondern es muss klar sein, dass es bei
der Bildung der richterlichen Überzeugung auch implizit nicht einbezogen,
also in den Akten unentdeckt geblieben oder vergessen worden ist. Inwiefern
dies der Fall sein soll, legt der Kläger nicht dar. Auch soweit er eine
Verletzung von Art. 8 ZGB geltend macht, kritisiert er die Beweiswürdigung,
wie er selbst anführt. Darauf ist nicht einzutreten.

3.
3.1 Ein Optionsrecht gibt der betreffenden Partei die Möglichkeit, durch
einseitige Willenserklärung unmittelbar ein inhaltlich bereits festgelegtes
Vertragsverhältnis herbeizuführen oder zu verlängern (BGE 122 III 10 E. 4b S.
15; 113 II 31 E. 2a S. 34 f., mit Hinweisen). Ein optionsbelasteter Vertrag
ist ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft. Die Geltung eines solchen
Vertrages hängt von der blossen, später erfolgenden Willenserklärung einer
der am Vertrag beteiligten Partei ab, ihn gelten zu lassen (BGE 122 III 10 E.
4b S. 15, mit Hinweisen). Das Vorliegen einer echten Option setzt deshalb
stets voraus, dass eine Einigung über alle wesentlichen Vertragselemente
bereits stattgefunden hat. Bezieht sich die Optionsklausel auf den Abschluss
oder die Verlängerung eines Mietvertrags, muss somit im Zeitpunkt der
Ausübung des Optionsrechts feststehen, welche Mietsache der Vermieter zu
welchem Mietzins dem Mieter zu überlassen hat (vgl. Art. 253 OR;
Bundesgerichtsurteil 4C.17/2004 vom 2. Juni 2004, E. 6.2.1, mit Hinweisen).
Sehen die Parteien vor, dass über die Höhe des Mietzinses nach Ausübung der
eingeräumten Befugnis erst verhandelt wird, liegt keine Option im dargelegten
Sinne vor, da die einseitige Erklärung nicht bereits Vereinbartes in Gang
setzt. Der Vorinstanz ist demnach beizupflichten, soweit sie unter Hinweis
auf Higi, Zürcher Kommentar, N 71 f. zu Art. 255 OR, erwog, es sei eine
unechte Option gegeben, wenn die Optionserklärung nicht sogleich die
Fortsetzung des Mietverhältnisses zum bereits bekannten Vertragsinhalt
bewirke, sondern dem Verpflichteten entweder die Möglichkeit eröffne, dem
Berechtigten neue Konditionen vorzuschlagen oder ihn dazu anhalte, ernsthafte
Verhandlungen mit dem Berechtigten über neue Konditionen aufzunehmen. Die
Vorinstanz erkannte zutreffend, dass in derartigen Konstellationen die
Ausübungserklärung nicht unmittelbar rechtsgestaltend wirkt, was aber für
eine echte Option unabdingbar wäre.

3.2  Nach der unter den Parteien geltenden Abrede ist die Vermieterin bei
rechtzeitiger Ausübung des Optionsrechts berechtigt, den Mietzins auf Beginn
der Optionsdauer - gemeint ist wohl die neu beginnende fünfjährige
Vertragsdauer - den dannzumal herrschenden orts- und quartierüblichen
Verhältnissen anzupassen. Daraus erhellt, dass bei Ausübung des Optionsrechts
über ein essentiale negotii, den Mietpreis, noch keine Gewissheit bestand.
Unter diesen Umständen vermochte die Erklärung der Beklagten vom 25.
September 2001, dass sie von ihrem Optionsrecht Gebrauch mache, das
Inkrafttreten eines neuen auf fünf Jahre befristeten Mietvertrages nicht
auszulösen. Die Parteien haben sich im Anschluss an die Erklärung über die
Ausübung der Option auch nicht über die Höhe des Mietzinses, der während
einer neuen fünfjährigen Mietdauer gelten sollte, ins Einvernehmen gesetzt.
Ein Vertrag hierüber ist daher nicht zustande gekommen. Vielmehr kam jene
Bestimmung des ursprünglichen Vertrages zum Tragen, wonach der Vertrag zwölf
Monate im Voraus auf Ende März und Ende September kündbar ist. Davon ist auch
die Vorinstanz ausgegangen, weshalb sie auch im Rahmen der Subsumtion kein
Bundesrecht verletzt hat.

4.
Aus den dargelegten Gründen hält der angefochtene Entscheid vor Bundesrecht
stand. Die Berufung ist daher abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist,
wobei der Kläger als unterliegende Partei kosten- und entschädigungspflichtig
wird (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Kläger auferlegt.

3.
Der Kläger hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Juli 2004

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: